Dosierte Innovation - mehr geben die neuen iPads nicht her. Können iPad Air 2 und iPad Mini 3 damit an den Top--Tablets mit Android und Windows vorbeiziehen?

Apple hat ein Problem: Nicht wegen Bendgate und Hairgate. Die aufgebauschten Mini-Skandale minderten nicht den Verkaufserfolg des iPhone 6 Plus und des iPhone 6. Apples Problem ist das iPad. Das einstige Vorzeigeobjekt lahmt und mit ihm der ganze Tablet-Markt. Marktforscher stellen ein verlangsamtes Wachstum der Verkaufszahlen fest und diagnostizieren eine Unlust der Käufer, sich in kurzen Abständen neue Tablets zuzulegen, die sich technisch kaum unterscheiden. Jetzt hat Apple die neuen iPads vorgestellt: Gelingt der Befreiungsschlag mit
iPad Air 2 und iPad Mini 3?
Das iPad Air 2 ist dünner, schneller und bietet eine bessere Kamera. Außerdem bringt das große Apple-Tablet jetzt einen Fingerscanner (Touch ID) mit, der unter anderem das Bezahlen über Apple Pay (das aber bisher nur in den USA funktioniert) und den Einkauf im App-Store sowie für In-App-Käufe ermöglicht. Touch ID hat auch das neue iPad Mini 3, das ansonsten weitgehend unverändert gegenüber dem Vorgänger bleibt.

iPad Air 2: Apple holt auf und überholt
Mit dem Galaxy Tab S hatte Samsung das iPad Air überholt - es war leichter und flacher. Mit dem Air 2 darf sich Apple diese Krone bei den großen Tablets zurückholen: Das Air 2 ist 6,1 Milliemeter flach, während das Galaxy Tab S bei 6,9 Millimeter liegt. Auch beim Gewicht zieht das iPad Air 2 vorbei: Das WLAN-modell wiegt 437 Gramm, die LTE-Version 444 Gramm laut Apple. Das LTE-Modell des Galaxy Tab S kommt auf 468 Gramm. Das macht sich gut in Werbebroschüren, dem Tablet-Nutzer bringen diese minimalen Gewichtsgewinne aber nur wenig.
Mit Touch-ID bekommt nun auch das iPad Air 2 den Fingerabdruck-Scanner, den das iPhone schon seit zwei Generationen besitzt. Das Galaxy Tab S bringt ebenfalls einen Fingerabdruck-Scanner mit: Damit können Sie sich nicht das Tablet entsperren, sondern auch per Paypal zahlen. Solange Apple Pay nur in den USA verfügbar ist - er startet dort am 20. Oktober -, können Sie mit Touch ID dagegen nur in den App-Stores von Apple mit dem Finger Zahlungen freischalten. Allerdings war im Praxis-Test der Scanner des Galaxy Tab S deutlich unbequemer und fehleranfälliger als das Pendant im iPhone.
Einen 64-Bit-Prozessor hat auch das Nexus 9
Einen neuen Prozessor bringt das iPad Air 2 ebenfalls mit: Der 64-Bit-Chip A8X soll 40 Prozent schneller sein als der A7 im ersten iPad Air sowie eine 2,5fach höhere Grafikleistung bringen. In vielen System- und Grafiktests war aber Apple schon bisher etwas schneller als die CPUs im Samsung Galaxy Tab S - diesen Vorsprung dürfte der A8X vergrößern.
Neue Konkurrenz erwächst dem iPad Air 2 dagegen im Nexus 9: Das gestern vorgestellte Mini-Tablet Nexus 9 von Google, das HTC fertigt, verfügt ebenfalls über einen 64-Bit-Dual-Core-Prozessor, den Nvidia Tegra K1 mit Denver-Kern. Dessen 32bittiger Quad-Core-Bruder, der im Nvidia Shield Tablet sitzt, war in allen Grafik-Benchmarks dem A7 klar überlegen.

Die Rechenleistung des A8X soll aber nicht nur Spiele beschleunigen, sondern neue Kamera-Funktionen im iPad Air 2 ermöglichen: Die Fotokamera hat Apple von 5 auf 8 MP aufgebohrt - und zieht bei den Megapixel mit dem Galaxy Tab S gleich. Die Kamera im neuen iPad Air bietet unter anderem Zeitraffer und wie das iPhone eine Zeitlupe mit 120 Bildern pro Sekunde bei 720p-Auflösung. Auch Samsung wertet die Kamera-Funktionen im Galaxy Tab S durch eigene Apps deutlich auf und tut dafür mehr als die meisten Android-Tablets.
Das Display im Air 2 bleibt unverändert - was die Zahlen angeht: 9,7 Zoll und 2048 x 1536 Pixel. Damit bietet das Galaxy Tab S mit 10,5 Zoll Diagonale und 2560 x 1600 Bildpunkten trotz des größeren Display die höhere Punktedichte mit 288:264 ppi. Auch bei der Bildqualität kann Samsung dank des AMOLED-Bildschirms mit dem Air 2 mithalten. Apple verspricht beim Air 2 durch eine anti-reflektierende Beschichtung bis zu 56 Prozent weniger Spiegelung auf der Bildschirmoberfläche. Dazu trägt auch bei, dassPanel,Touch-Oberfläche und Schutzglas ohne luftdurchlässige Zwischenräume miteinander verbunden sind.
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Apple iPad Air 2 |
Apple iPad Air |
Samsung Galaxy Tab S 10.5 |
Microsoft Surface Pro 3 |
---|---|---|---|---|
Betriebssystem |
iOS 8.1 |
iOS 7 |
Android 4.4 |
Windows 8.1 Pro |
Displaygröße |
9,7 Zoll |
9,7 Zoll |
10,5 Zoll |
12 Zoll |
Displayauflösung, Seitenverhältnis |
2048 x 1536 (LCD); 4:3 |
2048 x 1536 (LCD); 4:3 |
2560 x 1600 (AMOLED) |
2160 x 1440 (LCD) |
Display, Punktdichte |
264 ppi |
264 ppi |
288 ppi |
216 ppi |
Splitscreen-Modus |
nein |
nein |
ja |
ja |
Prozessor |
Apple A8X |
Apple A7 (1,4 GHz, Dual-Core) |
Samsung Exynos 5420 (1,9 GHz, Octo-Core) |
Intel Core i3/i5/i7 (Dual-Core) |
64-Bit-Fähigkeit |
ja |
ja |
nein |
ja |
interner Speicher |
16, 64, 128 GB |
16, 32, 64, 128 GB |
16 GB |
64, 128, 256, 512 GB |
Speichererweiterung |
nein |
nein |
Micro-SD |
Micro-SD |
Kameras |
8 MP / 1,3 MP (Front) |
5 MP / 1,3 MP (Front) |
8 MP / 2,1 MP (Front) |
4,5 MP / 2,1 MP (Front) |
Gewicht |
437 Gramm |
477 Gramm |
468 Gramm |
811 Gramm |
Maße |
24 x 16,9 x 0,61 cm |
24 x 16,9 x 0,75 cm |
24,7 x 17,8 x 0,69 cm |
29,2 x 20,2 x 0,91 |
WLAN |
11ac (2x2) |
11n Dual-Band |
11ac (2x2) |
11ac |
4G |
LTE |
LTE |
LTE |
nein |
Fingerprint-Scanner / NFC |
ja / ja |
nein / nein |
ja / nein |
nein / nein |
Preis |
489 bis 809 Euro |
479 bis 869 Euro |
499 bis 599 Euro |
799 bis 1949 Euro |
Beim WLAN zieht Apple nun mit Samsung gleich: Im neuen iPad Air 2 steckt 11ac-WLAN mit einer 2x2-Antennenkonfiguration. Damit sind theoretisch bis zu 867 MBit/s per Funk möglich - wie beim Samsung Galaxy Tab S schon jetzt. Das Air 2 ist damit das erste iPad mit einem 11ac-WLAN.
Das iPad mit 32 GB fällt weg
Wie beim iPhone 6 und 6 Plus wird es vom iPad Air 2 kein Modell mit 32 GB Speicher mehr geben - und natürlich nach wie vor keine Möglichkeit, den Speicher durch eine Micro-SD-Karte zu erweitern. Vielnutzer stoßen aber bei 16 GB Speicher schnell an ihre Grenzen - sie müssen nun das 64-GB-Modell nehmen. Oder zum ersten Air greifen, das noch mit 32 GB Speicher zu haben ist für 439 Euro. Das Galaxy Tab S gibt es nur mit 16 GB Speicher. Es lässt sich allerdings per Micro-SD-Karte erweitern.
Das günstigste iPad Air 2 mit 16 GB und WLAN kostet 489 Euro - und ist damit zehn Euro teurer als das iPad Air bei seinem Start. Der Hersteller-Preis liegt aber immer noch 10 Euro unter dem UVP von Samsung für das Galaxy Tab S 10.5. Im Online-Handel ist das Samsung-Tablet derzeit aber schon ab rund 460 Euro zu haben - und die Erfahrung zeigt, dass die Preise für die Galaxy Tabs rascher und tiefer fallen als bei den preisstabilen iPads.

Das ungeliebte Kind: Apple iPad Mini 3
Das kleine iPad ist in akuter Gefahr bedeutungslos zu werden. Sein stärkster Konkurrent ist kein andere Tablet, sondern das iPhone 6 Plus. Wer braucht ein Mini-Tablet, wenn er ein Maxi-Smartphone haben kann?
Mit der lieblosen und extrem kurzen Abhandlung in der Keynote schien Apple diesen Eindruck zu bestätigen. Das iPad Mini scheint nur noch zu existieren, um einen möglichst niedrigen Einstiegspreis für ein iPad zu bieten. Das Mini 3 gibt es ab 389 Euro (16 GB und WLAN). Noch niedriger legt Apple die Preise für die beiden älteren Mini-Modelle, die weiterhin im Programm bleiben: Das iPad Mini 2 gibt es ab 289 Euro, das erste Mini ist für 239 Euro zu haben. Damit bietet sich auch für preisbewußte Tablet-Käufer jetzt eine Apple-Alternative - bisher war dieser Preisbereich fest in der Hand von Android.
|
Apple iPad Mini 3 |
Apple iPad Mini 2 (Mini Retina) |
HTC Google Nexus 9 |
Samsung Galaxy Tab S 8.4 |
---|---|---|---|---|
Betriebssystem |
iOS 8.1 |
iOS 7 |
Android 5.0 |
Android 4.4 |
Displaygröße |
7,9 Zoll |
7,9 Zoll |
8,9 Zoll |
8,4 Zoll |
Displayauflösung |
2048 x 1536 (LCD) |
2048 x 1536 (LCD) |
2048 x 1536 (LCD) |
2560 x 1600 (AMOLED) |
Display, Punktdichte |
326 ppi |
326 ppi |
288 ppi |
359 ppi |
Splitscreen-Modus |
nein |
nein |
nein |
ja |
Prozessor |
Apple A7 (1,3 GHz, Dual-Core) |
Apple A7 (1,3 GHz, Dual-Core) |
Nvidia Tegra K1 (2,3 GHz, Dual-Core) |
Samsung Exynos 5420 (1,9 GHz, Octo-Core) |
64-Bit-Fähigkeit |
ja |
ja |
ja |
nein |
interner Speicher |
16, 64, 128 GB |
16, 32, 64, 128 GB |
16, 32 GB |
16 GB |
Speichererweiterung |
nein |
nein |
nein |
Micro-SD |
Kameras |
5 MP / 1,2 MP (Front) |
5 MP / 1,2 MP (Front) |
8 MP / 1,6 MP (Front) |
6 MP / 2,1 MP (Front) |
Gewicht |
341 Gramm |
341 Gramm |
425 Gramm |
299 Gramm |
Maße |
20,0 x 13,4 x 0,75 cm |
20,0 x 13,4 x 0,75 cm |
22,6 x 15,4 x 0,78 cm |
12,5 x 21,2 x 0,68 cm |
WLAN |
11n Dual-Band (2x2) |
11n Dual-Band (2x2) |
11ac (2x2) |
11ac (2x2) |
4G |
LTE |
LTE |
LTE |
LTE |
Fingerprint-Scanner / NFC |
ja / ja |
nein / nein |
nein / ja |
ja / nein |
Preis |
389 bis 709 Euro |
389 bis 779 Euro |
399 bis 569 Euro |
399 bis 499 Euro |
Auch das kleine iPad bekommt den Touch-ID-Sensor - ansonsten bleibt es weitgehend unverändert. Angetrieben wird es nach wie vor vom A7-Prozessor, das 7,9-Zoll-Display zeigt 2048 x 1536 Bildpunkte. Die gleiche Auflösung bringt das Nexus 9 auf 8,9 Zoll unter. Sein Tegra K1 dürfte aber bedeutend schneller sein als der Prozessor des Mini 3.
Gewicht und Abmessung übernimmt das Mini 3 ebenfalls vom Vorgänger - und verliert damit den Schlankheits-Wettbewerb gegen das Samsung Galaxy Tab S 8.4, das 299 Gramm wiegt und 6,8 Millimeter flach ist.
Auch beim Min i3 spart sich Apple das 32-GB-Modell und liefert das Mini-Tablet nur noch mit 16, 64 oder 128 GB aus. Die sinnvolle Zwischengröße 32 GB bekommen Sie aber beim Nexus 9. Das Google-Tablet verfügt außerdem über ein WLAN nach dem aktuellen 11ac-Standard, während Apple beim Mini 3 nach wie vor auf 11n setzt.

Wo bleibt das große iPad?
Gerüchte um ein iPad Pro mit 12,9-Zoll-Display bewahrheiteten sich nicht. Dabei hatten einige Experten ein Profi-iPad erwartet, erweitert um Splitscreen-Funktionen wie sie Tablets von Samsung und Microsoft schon seit einiger Zeit bieten. Sie verbessern das Multi-Tasking und sollen vor allem Geschäftsnutzer von einem Tablet überzeugen. Gerade hier müsste Apple aber nachbessern, um seine Zielgruppe zu erweitern.
Fazit: Zu wenig, um umzusteigen
Mit den neuen iPads ist es wie bei Blockbuster-Filmen: Fortsetzungen sind langweilig, haben aber oft eine Erfolgsgarantie. Ein bisschen leichter, ein bisschen dünner - und mit Touch ID. Das ist zu wenig, um dem Tablet-Markt neue Impulse zu verleihen und mehr Nutzer für iPads zu begeistern. Die größte Innovation sind noch die Verbesserungen an der Kamera, wobei diese für die meisten Tablet-Nutzer weit weniger wichtig ist als bei einem Smartphone.
Die Android-Konkurrenz von Samsung und Google/HTC muss sich mit ihren Top-Produkten nicht hinter den neuen iPads verstecken. Viel cleverer, als den Kampf um die Top-Tabletkrone unbedingt gewinnen zu wollen, scheint dagegen Apples Schachzug, die Vorgängermodelle deutlich im Preis zu reduzieren. iPad-Um- oder Einsteiger sollten daher eher zum preisreduzierten Air greifen als zum neuen Air 2. Besitzer eines iPad 3 beispielsweise machen dadurch einen klaren Sprung nach vorne bei der Leistung und dem Design - auch wenn sie dann auf ein goldfarbenes iPad verzichten müssen.
Die niedrigen Einstiegspreise für das Mini und das Mini 2 könnten ebenfalls viele preisorientierten Käufer auf Apple aufmerksam machen. Denn damit sinkt der Preisabstand zwischen ordentliche ausgestatteten Android-Mini-Tablets und den günstigsten iPads.