Das Landgericht Göttingen hat ein Urteil (Az.: 4 O 78/23 vom 1.9.2023) gefällt, das jeden Internetnutzer interessieren dürfte: Ein Mobilfunkkunde, der an seinem Wohnort über längere Zeit keinen Mobilfunkempfang hatte, bekommt fast 3000 Euro Entschädigung. Obwohl er sein Handy sonst überall nutzen konnte.
Der Fall
Der Kunde hat zwei Mobilfunkverträge (5,99 Euro und 6,99 Euro) bei dem Unternehmen, das Mobilfunkdienste unter unterschiedlichen Marken anbietet. Die Störung des Mobilfunknetzes begann im Februar 2022. Sowohl der Kunde als auch dessen Familienmitglieder konnten ihre Handys rund zehn Monate lang nicht mehr zu Hause nutzen. Außerhalb dieses Bereiches war es dem Kunden aber möglich, die Handys zu nutzen.
Der Kunde meldete mehrmals die Störung, auch über die Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur. Doch das Mobilfunkunternehmen beseitigte die Störung an dem Standort in Göttingen nicht. Stattdessen redete sich das Mobilfunkunternehmen damit heraus, dass es keinen vollständigen Ausfall gegeben habe und dass der Kunde zu Hause das WLAN ja für Telefonate nutzen konnte. Laut Unternehmen war der Sendemast überlastet.
Der Kunde forderte daraufhin von seinem Mobilfunkbetreiber nach § 58 Abs. 3 TKG eine Entschädigung, die der Kunde für unterschiedliche Verträge und Zeiträume berechnete. Der Kläger nannte einen Sturm als mögliche Ursache für die Ausfälle: “Es sei ab dem 17.02.2022 vermutlich aufgrund eines Sturmes zum Ausfall der am Sendemast auf dem Kreishaus in G installierten Mobilfunknetztechnik des O-Mobilfunknetzes gekommen”.
Doch das Mobilfunkunternehmen entgegnete, dass der Kläger und dessen Familie während der Störungszeit sogar mehr telefoniert hätten als in vergleichbaren Monaten des Vorjahres, wie Rechtsanwalt Kotz in seinem Beitrag ausführt. Das namentlich nicht genannte Mobilfunkunternehmen weigerte sich, dem Kunden eine Entschädigung zu bezahlen. Ein Schlichtungsverfahren der Bundesnetzagentur brachte ebenfalls keine Lösung. Deshalb zog der Kläger vor Gericht.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Göttingen gab der Klage teilweise statt. Das Mobilfunkunternehmen muss 2.810 Euro zuzüglich Zinsen an den Kläger zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits teilen sich beide Parteien: 63 Prozent zahlt der Kläger und 38 Prozent das verklagte Unternehmen.
Zur Höhe der Entschädigung stellte das Gericht fest (zitiert nach Rechtsanwalt Kotz):
Der Höhe nach kann der Kläger nach § 58 Abs. 3 S. 2 TKG für den dritten und vierten Tag nach Eingang der Störungsmeldung 5 Euro oder 10 Prozent und ab dem fünften Tag 10 Euro oder 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Monatsentgelte bei Verträgen mit gleichbleibendem monatlichem Entgelt verlangen, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Vorliegend belaufen sich die vertraglich vereinbarten Monatsentgelte auf 5,99 € bzw. 6,99 €, sodass vorliegend die Tagespauschale die höhere Entschädigung darstellt. Die Störungsmeldung betreffend die Rufnummer 123 erfolgte am 22.03.2022, sodass ein Anspruch ab dem 25.03.2022 besteht.
Kanzlei Kotz
Das Gericht fährt fort: “Gemessen hieran steht ihm bezogen auf die Rufnummer 123 eine Entschädigung in Höhe von 2.810,00 €, die sich wie folgt zusammensetzt:
- 25. – 31. März 2022: 2 Tage à 5,00 Euro, 5 Tage à 10,00 Euro 60,00 Euro
- April 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
- Mai 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
- Juni 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
- Juli 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
- August 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
- September 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
- Oktober 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
- November 2022: 30 Tage à 10,00 Euro 300,00 Euro
- Dezember 2022: 31 Tage à 10,00 Euro 310,00 Euro
- Summe: 2.810,00 Euro
Dazu kommen noch die Zinsen.
Rechtsanwalt Kotz hält es für möglich, dass diese Entscheidung ein Präzedenzfall sein könnte, dem andere Gerichte folgen. In jedem Fall sollten sich Internetnutzer dieses Urteil notieren, um sich gegebenenfalls darauf berufen zu können.
In diesem Zusammenhang ist wichtig: Melden Sie einen Ausfall immer umgehend Ihrem Internet-Provider. Binnen zwei Tagen muss der Internet-Provider beziehungsweise das Mobilunternehmen den Ausfall beheben, andernfalls können Sie eine finanzielle Entschädigung erwarten.