Kürzlich hat sich mein Kollege Kris Wallburg von Nvidia abgewandt und hat sich eine AMD-Grafikkarte gekauft – das sind seine Gründe. Doch wie so vieles im Leben ist auch die Frage nach der „besten“ Grafikkarte nicht so einfach zu beantworten – weil höchst individuell und von den eigenen Anforderungen abhängig. Als jemand, der mit der RTX-4000-Generation den Sprung in Team Grün zu Nvidia gewagt hat, möchte ich hier meine Gründe dafür niederschreiben.
Die höchste Performance bietet nur Nvidia
Dieser Punkt ist nur für eine kleine Gruppe relevant und deshalb möchte ich ihn auch nur anreißen: Wenn Sie die derzeit maximale Leistung auf dem Markt suchen, vollkommen unabhängig, ob fürs Gaming oder für Kreativanwendungen, kommen Sie um Nvidia nicht herum.
Die RTX 4090 (zu unserem Test) ist absolut konkurrenzlos und bietet sowohl Gamern als auch Kreativ-Anwendern einen Leistungssprung gegenüber der Vorgängergeneration, den wir wohl seit der legendären GTX 1080 Ti (im Test) nicht mehr gesehen haben. Zum ersten Mal ist es überhaupt möglich, anspruchsvolles Raytracing, zum Beispiel in Cyberpunk 2077, auch ohne KI-Skalierung à la DLSS in 4K bei spielbaren FPS-Zahlen zu erreichen.
Für mehr Details verweise ich Sie gerne auf unseren ausführlichen Test: Nvidia Geforce RTX 4090 im Test: Viel schneller und effizienter als gedacht.
Zusammengefasst lässt sich aber sagen, dass die RTX 4090 ein absolutes Rechenmonster ist, das die gesamte Konkurrenz alt aussehen lässt. Bei der Rasterisierungsleistung wird die Radeon RX 7900 XTX (im Test), AMDs derzeit schnellste GPU, bereits um 25 Prozent geschlagen in UHD-Auflösung. Bei aktiviertem Raytracing vergrößert sich der Vorsprung auf über 60 Prozent, in manchen Spielen ist die RTX 4090 (bei Amazon) sogar doppelt so schnell.
Nicht zu vergessen ist das Thema Effizienz, denn auch hier liegt die Ada Lovelace GPU klar vor der Konkurrenz. Für diese Topleistung zahlen Sie bei der RTX 4090 auch einen Premiumpreis, doch dafür bekommen Sie die beste Grafikkarte, die der Markt derzeit zu bieten hat.
Der Preismythos: Warum die teurere Karte doch oft die bessere Wahl ist
Beim Vergleich zweier Grafikkarten mit etwa der gleichen Leistung ist oft der Preis das Zünglein an der Waage, das letztlich über den Kauf entscheidet. Was dabei aber häufig nicht berücksichtigt wird, ist, wie sich die Leistungsaufnahme der Produkte mit der Zeit auf den Preis auswirkt.
Geld sparen beim Gaming: Die effizientesten Grafikkarten
Im Grunde ist es eine ganz einfache Rechnung: Zusätzlich zu den Anschaffungskosten bezahlen Sie jedes Jahr den Strom, den ihre Grafikkarte verbraucht. Wenn eine Karte etwas teurer in der Anschaffung ist, aber deutlich effizienter arbeitet, können Sie so die höheren Anfangskosten nach einigen Jahren ausgleichen und kommen letztlich sogar günstiger weg.

Sebastian Schenzinger
Ein Beispiel: Eine RX 6800 XT von AMD (im Test) hat in etwa die gleiche Rasterisierungsleistung wie eine RTX 4070 von Nvidia (im Test) und kostet derzeit rund 70 Euro weniger (zum Preisvergleich). Wenn Sie also keinen großen Wert auf Raytracing legen, ist die AMD-Karte die bessere Wahl, oder?
Nicht unbedingt, denn die RTX 4070 benötigt fast 100 Watt weniger beim Gaming. Abhängig von Ihren Strompreisen und wie viel Sie jeden Tag spielen oder die Karte voll auslasten, haben Sie die 70 Euro Aufpreis in etwa zwei Jahren wieder eingespart. Wie Sie die Stromkosten Ihrer Grafikkarte berechnen, erfahren Sie ebenfalls in unserem Artikel.
Sie sehen, der Anschaffungspreis ist nur ein Aspekt der Kostenrechnung.
Nvidia ist Innovationstreiber
DLSS, Raytracing, Nvidia Reflex, G-Sync: Das sind nur einige der Innovationen, mit denen Nvidia in den vergangenen Jahren den Markt aufgemischt hat. Team Grün setzt die Trends und die Konkurrenz zieht nach – ohne (zumindest bislang) die gleiche Qualität erreichen zu können.
Das soll nicht heißen, dass beispielsweise AMDs FSR oder Intels XeSS nicht ebenfalls beeindruckende Ergebnisse liefern können. Gerade AMD macht mit ihrer DLSS-Alternative vieles richtig und die bisherigen Informationen zu FSR 3 klingen vielversprechend. Aber auch wenn AMD FSR 3 für das erste Halbjahr angekündigt hat, ist es halt nach wie vor nicht verfügbar und wir haben bereits August. Nvidias DLSS 3 ist dagegen bereits seit letztem Oktober in Spieler implementiert. Deshalb müssen wir Nvidias DLSS 3 inklusive Frame Generation mit AMDs FSR 2 vergleichen – und dieses Duell entscheidet Nvidia sowohl bei der gewonnenen Performance als auch bei der Bildqualität klar für sich.
Und auch wenn Raytracing noch am Beginn der Entwicklung steht, ist es auf lange Sicht definitiv die Zukunft. In den nächsten Jahren dürften wohl noch große Sprünge erzielt werden, ein anschauliches Beispiel hierfür ist der Overdrive-Mode in Cyberpunk 2077. Während viele Spiele noch auf einen Hybrid aus Rasterisierung und Raytracing setzen, basiert der Overdrive Mode auf vollständigem Pathtracing. Da ich in 1440p und mit hohen Settings spiele, ist dafür entsprechend viel Raytracing-Leistung und ein performantes KI-Upscaling erforderlich. Beides Punkte, in denen Nvidia aktuell die Nase vorn hat.
Dies muss nicht so bleiben, AMD wird weiter hart daran arbeiten, diesen Rückstand einzuholen. Und auch AMDs Technologien haben einige Argumente für sich sprechen, wie mein Kollege in seinem Artikel sehr richtig erklärt. Doch der Vorsprung, den Nvidia derzeit noch hat, überzeugte mich, den Wechsel in Team Grün zu wagen.
Kreativanwender sind bei Nvidia besser aufgehoben
CG Director, eine Hardware-Website mit speziellem Fokus auf Kreativanwendungen, hat eine Liste aus zwölf Grafikkarten zusammengestellt, die am besten für kreative Arbeiten geeignet sind. Dabei haben die Kollegen kleine und große Budgets berücksichtigt. Die Liste ist zwar nicht mehr ganz aktuell, doch der Fakt, dass sich ausschließlich Nvidia-GPUs in der Liste finden, zeigt die Stellung von Nvidia in der Kreativszene.
Ein wichtiger Faktor dabei ist CUDA, eine von Nvidia entwickelte Schnittstelle, bei der die Grafikkarte die CPU als Co-Prozessor unterstützen kann. Der hoch spezialisierte Chip kann somit alle möglichen Arten von Berechnungen durchführen. Besonders Abläufe, die parallelisierbar sind, also nicht sequentiell abgearbeitet werden müssen, können so deutlich schneller bearbeitet werden, als mit einer CPU. AMD setzt dagegen auf das quelloffene OpenCL, welches aber erstens oftmals nicht die gleiche Leistung liefert wie CUDA und zweitens für die Entwickler schwerer zu implementieren ist.

Sebastian Schenzinger
CUDA ist ein proprietäres Interface, entwickelt von und nur kompatibel mit Nvidia-GPUs. Da viele Kreativanwendungen die CUDA-Schnittstelle nutzen, leiden Karten anderer Hersteller häufig unter schlechterer Performance oder werden sogar gar nicht unterstützt.
Mit der Einführung der RT-Cores auf den RTX-GPUs hat Nvidia ein weiteres Ass im Ärmel: Optix. Optix ist ebenfalls ein prorietäres Framework von Nvidia, welches darauf abzielt, die Berechnung von Raytracing zu beschleunigen. Und Raytracing dient nicht nur dazu, Spiele realistischer aussehen zu lassen, sondern kann auch Kreativanwendungen signifikant beschleunigen, ein anschauliches Beispiel hierfür ist Blender.
Auch Nvidias NVENC, eine Technologie zur schnelleren Encodierung von Videos, ist für viele Anwender unverzichtbar. Hinzu kommt, dass Nvidia sogar unterschiedliche Treiber für Gamer und Kreative zur Verfügung stellt: die Game-Ready-Treiber und die Studio-Treiber.
Beim Kauf meiner letzten Grafikkarte waren kreative Anwendungen für mich kaum ein Thema. Das hat sich in den vergangenen Jahren jedoch geändert und Anwendungen wie Adobes Premiere Pro und After Effects gehören zu meinen täglichen Werkzeugen. Und somit war mein Wechsel zu Nvidia bereits beschlossen.
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Ein paar abschließende Worte
Nachdem ich ausführlich dargelegt habe, warum ich mich letztlich für den Kauf einer Nvidia-Grafikkarte entschieden habe (für eine GeForce RTX 4070, um genau zu sein), könnte der Eindruck entstehen, dass mir die Entscheidung leicht fiel. Doch eine neue Grafikkarte ist ein Investment, das im Idealfall einige Jahre halten soll – und will deshalb gut überlegt sein.
Sie wissen am besten, welche Anforderungen Sie an Ihre Hardware haben und auf welche Aspekte Sie Wert legen. Noch unentschlossen? Lesen Sie auch den Artikel meines Kollegen, in dem genau erklärt, warum er sich letztlich für eine AMD-Grafikkarte entschieden hat. Danach kennen Sie das Für und Wider beider Hersteller und können selbst entscheiden.