Dogtown, die Nacht bricht an. Nur die neonfarbenen OLED-Wände erinnern noch daran, dass dies hier einst ein Bezirk von Pacifica sein sollte, jenem Dubai Night Citys, einer Luxus-Oase, der im Krieg der Konzerne das Geld ausging.
Wir stehen auf einem hohen Baugerüst, welches eigentlich mal ein Sportstadion werden sollte. Blicken nach oben – Raketen zischen auf ein Flugzeug zu, es geht runter, rauscht förmlich über unseren Kopf hinweg und stürzt mit einer krachenden Explosion in Dogtown ab – es ist die Space Force One, die Regierungsmaschine von Präsidentin Myers der New United States of America.
Und wie fantastisch sieht das bitte aus: Wir sitzen in einer nur so von NEON funkelnden Cyberpunk-Bar im super stylishen Headquarter von CD Projekt RED im schönen Warschau, spielen auf einer RTX 4090, alle Grafikeinstellungen auf Maximum gedreht und im Overdrive-Modus – mit vollem Real-Time-Pathtracing. Jener Next-Generation-Technologie nach Raytracing, bei der jeder Lichtstrahl beim Auftreffen auf Oberflächen physikalisch korrekt reflektiert, gebrochen oder absorbiert wird. Und das ist der Crysis-Moment, auf den PC-Spieler seit Jahrzehnten warten.

Mega spannend: Phantom Liberty ist als Spionage-Thriller inszeniert, politische Intrigen im Stil von 24 meets House of Cards inklusive. Und es sieht einfach verdammt gut aus. Die Spiegelungen des Exosuits der Lady hier, die Schärfe ihrer Gesichtstextur, die Natürlichkeit der Lippen. Hammer.
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„Can It Run Crysis?“, darf jetzt abgelöst werden von „Can It Run Cyberpunk with Path Tracing?“. Crysis war ein Spiel, welches seiner Konkurrenz 2008 mehrere Grafikgenerationen voraus war.
Und Cyberpunk 2077: Phantom Liberty ist jetzt allen anderen mindestens eine Grafikgeneration voraus: Das ist ein komplett neues Erlebnis, was Spiele auf eine ganz andere, viel cineastischere Ebene führt. Wo wir es sonst gewohnt sind, fast schon einen Lichtkegel auf Protagonisten gerichtet zu haben, wenn wir uns mit ihnen unterhalten, kann hier der sanfte Schein von Neon-Licht in einem Markt die Gesichter nur umreißen, so dass wir sie erst auf nahe Distanz richtig sehen.

Auch hier: Wie scharf die Mantis Blades wirken, wie echt sich die Spiegelungen des Umgebungslichts auf dem Stahl anfühlen. Das ist dieser Crysis-Moment, auf den wir echt lange gewartet haben.
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Und das funktioniert fantastisch in dieser skurrilen Hightech-Welt von Cyberpunk, in der Menschen bionische Augen haben oder wir ihr Exoskelett am Rücken erst beim Aufstehen sehen. Was Cyberpunk ja so unfassbar stark macht, ist das jeder Verkäufer in einem Markt eine Geschichte zu erzählen hat, die die Fantasie von Night City transportiert. Da gibt’s die einen, die durch den Krieg ihre Beine verloren haben. Und die anderen, die sich aus Spaß und weil es en vogue ist, augmentieren lassen.

Einfach mal darauf achten, wie echt das Feuer hier wirkt – wie die Flammen in den Himmel schießen und dort vom Scheinwerfer der Drohne durchbrochen werden. Das fühlt sich an, wie einen Film zu spielen, was sehr beeindruckend ist.
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Path Tracing ist eine enorm spannende Technologie, weil sie oft ganz subtil wirkt – werfen wir Rauchgranaten in einen Raum, der von Rotlicht geflutet ist, dann wirkt das sehr authentisch – Rauch wirkt dicht wie Rauch und nicht künstlich, auch weil die Farbwerte dieses rötlichen Rauchs sich auf die Spiegelungen auswirken. Flammen sehen aus wie echte Flammen, gerade dieses Zusammenspiel von Ruß, Rauchwolken, Partikel-Flimmern in der Luft. Diese rauchige Farbwelt wirft zudem jetzt ihre eigenen Schatten und breitet sich über der Szenerie aus. Das fühlt sich ein bisschen an, wie durch einen Christopher-Nolan-Film zu laufen. Oder John Wick 4 in einer Cyberpunk-Welt zu erleben.

PC WELT’s Gaming-Spezialist Benjamin Kratsch zu Gast bei CD Projekt RED: Direkt am Eingang begrüßt uns die wunderschön gearbeitete Collector’s Edition von Cyberpunk 2077 in Monster-XL-Größe und alle Meeting-Räume sind im Cyberpunk-Design gehalten. Ein Special zum Studio-Besuch folgt bald.
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Dogtown ist eine fantastische Open-World

Dogtown hat diesen Vibe eines Las Vegas, das nicht fertig geworden ist: Die kunstvolle Pyramide mit LED-Architektur erinnert etwa an das Luxor, aber rund herum sind überall runtergekommene Kasinos, unfertige Bars, Müll und Schrott all überall.
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CD Projekt RED ist unglaublich gut darin ein Setting über seine Menschen und Architektur zu definieren: Dogtown ist dieser wilde Mix aus „Sollte mal das Las Vegas von Night City werden“, mit edlen Hotelkomplexen und verschwenderischer Architektur mit gecurvten OLED-Wänden. Und dann wirkt es an anderer Stelle wieder so improvisiert und selbst zusammengeschustert, wie etwa in Mad Max: Fury Road. In dem die Konzerne keine Rolle spielen, der von einem ehemaligen Militär namens Colonel Hanson mit strenger Hand regiert wird und doch ist es nicht einer dieser apokalyptische Orte, wie etwa Downtown LA in Blade Runner 2049.

Der Markt hier bietet Militech-Hardware, die der Konzern hier nach dem Krieg vergessen hat und in Night City seltene Cyberware. Aber jede Figur hat auch eine Geschichte zu erzählen, die mal traurig ist, mal witzig, mal einfach nur skurril und zynisch wie diese Welt eben ist.
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Sondern eine eingeschworene kleine Gemeinde – als die futuristische Air Force One auf einen Markt abstürzt, reißt sie zahlreiche Menschen in den Tod, wirbelt Fahrzeuge durch die Gegend, löst Explosionen in einem Wohntrakt aus und weil hier keiner mit Feuerwehr- oder Trauma-Einheiten rechnen kann (die nur einfliegen, wenn man die richtige Versicherung hat), helfen sich die Leute selbst.
Empfehlung für Design-Fans: Das offizielle Art-Book zu Cyberpunk 2077 gibt sehr viele tiefgehende Einblicke in den aufwendigen Design-Prozess von CD Projekt RED.
Genau das ist ja das Schöne an einer Open-World: Wir können uns hier auf eines der Motorräder setzen, etwa die Brennan Apollo am Wegesrand, durch die Absperrung von Colonel Hansens Truppen rasen und uns das erste wilde Feuergefecht von Phantom Liberty liefern.

Secret-Service-Roboter des NSU versuchen Space Force One mit der Präsidentin an Bord zu sichern, das Raumschiff wird aber bereits von Kurt Hansens Special Forces umstellt.
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Oder gucken zu, wie die Menschen von Dogtown andere aus den Trümmern ziehen, Drohnen mit Suchscheinwerfern unterstützen und genießen ein wenig diese spannende Architektur.
Dogtown ist groß, in diesem ersten Abschnitt hat es wirklich diesen Las-Vegas-Vibe, es gibt etwa eine LED-Pyramide, die direkt an das Hotel Luxor am Strip erinnert. Oben drüber thronen Kräne, die scheinbar schon ewig nicht mehr benutzt wurden und das halbe Viertel ist eine Baustelle, enorm viel Müll inklusive – eine Müllabfuhr hat der Hansen wohl nicht.

Dogtown ist viel größer als man vielleicht denken könnte: Es gibt dieses Hotel-Plaza, Wohnhäuser, Geschäftsviertel, aber auch die militärische Festung von Colonel Hansen, die eine regelrecht dystopische Ära verbreitet.
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Die Bar-Kette Haven, die es auch in Night City gibt, wollte hier wohl auch einen Standort errichten – wir cruisen an einem LED-Schild vorbei. Das Schild gibt’s noch, die Bar wurde aber nie gebaut, dafür steht jetzt ein Mehrfach-Raketenwerfer dort. Man mag hier wohl keine Gäste. Moment Mal, kamen von dort nicht die Raketen auf die US-Präsidentin?
Cyberpunk 2077 im Jahr 2023: Ein bahnbrechendes Epos das Open-World neu definiert
Komplett neues Gameplay und KI

Waffen-Fanatiker Hansen schickt uns Killer-Roboter von Militech auf den Hals. Gott sei Dank können wir jetzt auch aus Autos und von Motorrädern mit MP5s und anderen einhändigen Waffen ballern.
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All right, wir sind ehrlich: Wir hätten Hansens Spezialkommandos auch ganz im Solid-Snake-Style umgehen können, Phantom Liberty gibt uns hier stets die Wahl, aber der Weg zur abgestürzten Space Force One ist nur so gepflastert mit seinen Truppen.
Wir können die natürlich auch mit der Nekomata-Sniper mit Thermal-Visier aus Distanz ausschalten, aber sobald wir ihnen näher kommen, zeigen sich die nützlichen Skills des brand neuen Relic-Skilltree: Als Fast Solo können wir aus der Luft eine Art Bullet-Time aktivieren und in Zeitlupe den Feind durchlöchern – entweder sneaky, mit der Apparition in Kombination mit einem Schalldämpfer.

Praktisch: Auf dem Graumarkt von Dogtown gibt’s Bullet-Time-Cyberware – wenn Keanu Reeves schon unser Hologram-Buddy ist, wollen wir ja auch wie in Matrix ballern.
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Oder dem guten alten Warden-Strumgewehr, welches wir vorher aufladen für maximale Feuerkraft – dank Path Tracing mit besonders opulentem Mündungsfeuerschatten. Mit neuen Reflex-Builds blocken wir jetzt Kugeln in der Luft mit den Mantis Blades und lassen sie mit etwas Können so abprallen, dass sie ihre Absender auf den Friedhof von Dogtown befördern.
Oder mit unserem Katana auf einem Motorrad Gas geben und bei einer Verfolgungsjagd Hansens Jungs die Reifen aufschlitzen.
Oder via Cyberware während der Fahrt Autos hacken, eine Vollbremsung einleiten oder sie spontan explodieren lassen.

Mit Katanas wehren wir jetzt Kugeln ab und schlitzen als Motorradbiker Reifen auf, was die Waffe der Ninjas sehr viel vielseitiger macht. CD Projekt RED verfeinert enorm viele Features auf smarte Art.
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Praktisch gegen die jetzt sehr viel aggressivere und smartere Polizei-KI respektive Barghest-Security von Dogtown, die versucht uns mit T-Bone-Manövern einzukesseln, von der Straße zu rammen und ihre gepanzerten Trucks und Humvees für Straßensperren aufstellt. Die wir sogleich mit Hitze-gesteuerten Raketen in die Luft jagen, die fest im Auto montiert sind. Yippie-Ya-Yeah Schweinebacke. Diese neuen, gepanzerten und bis an die Zähne bewaffneten Fahrzeuge im James-Bond-Style sind eines der Highlights von Phantom Liberty. Gatling auf der Motorhaube? Lenkraketen an der Flügeltür? Dogtown hat für jeden etwas parat.

Die Barghest führen abgefahrene Panzerfahrzeuge Marke Eigenbau ein, die mehr Waffen an Bord haben als der Aston Martin von James Bond. Darf es eine Gatling auf der Motorhaube sein? Oder Lenkraketen aus den Seitenflügeln.
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Je nach Heat-Level, können wir unser Aussehen via Cyberware ändern, die Cops und Dogtown-Söldner erkennen uns dann nicht mehr direkt.
Fantastisch: Diese vielen KI-Optimierungen für Söldner, Security und das Night City Police Department kommt auch für das Hauptspiel. Bei maximalen Heatlevel, müssen wir uns sogar 5 neuen Max-Tec-Special-Forces-Bossen stellen.
Starke Story und Charaktere

Die Figuren sind bisher durch die Bank exzellent geschrieben: Vor allem Präsidentin Myers ist ziemlich Badass drauf, wirkt aber auch herrlich intrigant – schließlich war sie CEO von Militech, hat also sicherlich eine Tonne Leichen im Fundament ihrer Villa vergraben.
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Zunächst mal die wichtigste Nachricht zuerst: Phantom Liberty hat richtig viel Keanu Reeves: Johnny Silverhand ist immer noch dieser Ex-Rockstar, Ex-Militär, der einen ziemlichen Abfuck auf die Welt hat, aber seinen Zynismus in die besten One-Liner steckt, die wir so in den letzten Jahren in Videogames erlebt haben.
Er ist schon der derbe Typ, der auch mal einen Marke: „Die Politiker-Schlampe wird dir ihre Faust einen Meter in den Arsch rammen und ihn nie wieder rausziehen“ abfeuert, aber das ist eben Johnny, wie er leibt und lebt.

Das hat uns richtig gefreut: Keanu Reeves hat ganz offensichtlich einen Mega-Spaß mit seinem sarkastischen One-Liner-König Johnny Silverhand. In unserer Demo war der, der heimliche Star.
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Er meint damit President Myers, die ebenfalls großartig aufspielt – der ganze Cast von Phantom Liberty schreit einfach HBO-Qualität und das ist ein Prädikat, was sich nicht viele Spiele verdienen. Die Lady ist übrigens auch ziemlich Badass, hat uns total an Harrison Ford in Air Force One erinnert und seinen legendären One-Liner „Get. Off. My. Plane.“ Als ihre schneeweißen Secret-Service-Roboter, die auch von Apple kommen könnten, in einen Hinterhalt geraten, lädt Miss President selbst die M221 Saratoga durch und durchlöchert ein paar Söldner.
Große Empfehlung: CD Projekts Narrative Director Igor Sarzyński gibt einen sehr tiefen Einblick darin, wie sich sein Team von echten CIA-Fällen für ihren Spionage-Thriller haben inspirieren lassen:
Und wen spielt Idris Elba? Solomon Reed, Myers bester Agent, der von der Agency verraten wurde und so ihr Schläfer wurde. Er ist so der klassische CIA-Typ, gut darin Regierungen zu Fall zu bringen, ohne dass man merkt, dass die USA dahinterstecken. Phantom Liberty hat diesen Nervenkitzel eines Spionage-Thrillers, weil wir keine Ahnung haben, wem wir hier trauen können und wer nur seine Spielchen mit uns abzieht. Irgendwo zwischen 24 und Clear & Present Danger.
Generell sind alle Charaktere sehr gut geschrieben, mit vielen Schattierungen – es gibt in Cyberpunk nicht die klassisch Guten und Bösen, sondern nur Macher, die ihre Ziele durchsetzen.

„Konflikt ist Storytelling“, wie der Chefautor sagt. Colonel Hansen ist ein enorm spannender Gegenspieler, weil er quasi die Rolle eines Escobar spielt – er sorgt für die Einwohner von Dogtown, die dadurch nicht merken, dass er sie eigentlich unterjocht.
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Songbird: Will V bei ihrer Erkrankung helfen, gibt uns den Job, verschwindet dann einfach nach Bruchladung der Space Force One. Warum? Sie scheint wenig besorgt um die Präsidentin, ist aber sehr daran interessiert, die finale Bestätigung zu erhalten, dass sie auch wirklich tot ist – so als hätte sie jemand dafür bezahlt. Oder kann sie einfach nur keine Emotionen zeigen, weil sie eine Holo-KI ist? Spannend…

CD Projekt RED verspricht den größten DLC der Firmengeschichte und es wirkt auf jeden Fall so, als würden wir eine Menge neuer Charaktere kennenlernen, bei denen man immer nicht so richtig weiß: Freund, Nutznießer, Zweck-Partner?
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President Myers: Scheint selbst nur bedingt an die politische Elite ihres Landes zu glauben und wirkt dezent durchtrieben – eine Machtpolitikerin, die sicherlich kein Problem hätte ihre Agenten zu opfern, um Präsidentin zu bleiben. Die aber in gewissen Momenten auch sehr menschlich wirkt, fast freundschaftlich, aber sie war CEO von Militech und Waffenlieferanten sind selten die Good Guys.
Sie bietet uns die Marke als NSU-Agent an. Die wir ablehnen oder auf die wir schwören können, was sicherlich entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen wird. Bei den Gangs dürfte ein NSU-Agent eher eine Kugel zu erwarten haben, bei gewissen Konzernen dürfte das hingegen Türen öffnen

Idris Elba ist eine interessante Besatzung, weil er viele Rollen spielen kann: Der harte Haudegen, der einsame Wolf in Luther. Aber auch den Charme eines James Bond versprühen kann, was wir hier in dieser Szene sehen. Mit ihm kann CD Projekt viel variieren.
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Solomon Reed: Idris Elba ist ein Charakterdarsteller und spielt in Phantom Liberty, wie wir ihn kennen und lieben, etwa aus Luther. In Cyberpunk ist er der Typ Jack Bauer: Ein harter Hund und alter Wolf, der viel Schnee gesehen hat. Seine eher zurückhaltende Art ist tendenziell eine gute Wahl, denn Johnny Silverhand ist und bleibt ein Plappermaul. Da schadet ein kühler, methodischer Taktierer nicht, der aber durchaus im Club auch den feinen Gentleman mimen kann. Die erste Geige spielt er aber eher selten, Keanu Reeves bleibt die Rampensau von Cyberpunk. Und das ist auch gut so
Cyberpunk 2077: Phantom Liberty erscheint am 26. September 2023 für PC, Xbox Series X/S und Playstation 5