Man sagt Microsoft nach, dass es sich für Hardware nie sonderlich engagiert habe, es sei denn, es hätte sich ein profitabler Erfolg abgezeichnet. Und so wurden im Laufe der Jahre nicht nur die echten Flops, sondern auch manches gute Produkt wieder vom Markt genommen.
An einige davon wollen wir uns in diesem Beitrag erinnern. Zuvor aber noch dieser aktuelle Hinweis: Microsoft Hardware stirbt – keine Tastaturen und Mäuse mehr.
Microsoft RAM Card/Soft Card/System Card
Microsoft stellte in den frühen 1980er Jahren die RAM Card her, eine der ersten Solid-State-Disks sowohl für den Apple II als auch für den IBM PC. Die RAM Card war kein nichtflüchtiger Speicher wie heutige SSDs, sondern eine Art Speichererweiterungskarte. Ein Apple II, der über 48 KB verfügte, ließ sich damit um 16 KB RAM erweitern.
Die Version für den PC fügte bis zu 256 KB in 64-KB-Blöcken hinzu und wurde mit der RAM-Drive-Software geliefert, die auf das RAM wie auf eine Festplatte zugriff.

Google Books / InfoWorld
Interessant war auch die Soft Card, eine eigenständige Karte mit einem Z80-Mikroprozessor. Durch die Kombination von RAM Card und Soft Card entstand ein Dual-Mikroprozessor-System für Apple mit satten 56 KB RAM. Für PCs gab es die System Card, die zusätzlich 256 KB Arbeitsspeicher, einen Druckspooler und eine parallele Druckerschnittstelle bot.
Microsoft Mach 10 / Mach 20
Statt mit der 4,77-MHz-8088-CPU eines IBM PC / PC XT leben zu müssen, konnte man diese auswechseln und durch eine Mach-10-Karte ersetzen und damit im Wesentlichen auf eine 9,54-MHz-8088-CPU aufrüsten.
Mit der 1988 erschienenen Mach 20 bekam man eine 8-MHz-80286-CPU: ein langsamerer Chip, aber zwei Generationen voraus! Mit einem Mausanschluss und einem Sockel für einen 80287-Mathe-Coprozessor. Und Windows 2.0 im Standardmodus. Es gab sogar eine Memory-Plus-Tochterkarte, die bis zu 3,5 Megabyte RAM ermöglichte, und eine weitere Disk-Plus-Tochterkarte, an die man ein 5,25- oder 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk anschließen konnte.
Raymond Chen von Microsoft schreibt, dass man die Mach 20 für rund 450 Euro kaufen konnte, während die Aufrüstung auf einen vollwertigen IBM PC AT um die 3.650 Euro kostete.
Trotzdem war die Karte ein Flop. Um den Verkauf anzukurbeln, stellte Microsoft sogar eine Version von OS/2 speziell für die Mach 20 her. Laut Chen verkaufte Microsoft insgesamt 11 Exemplare. Acht davon wurden zurückgegeben.
Microsoft / Timex Datalink
1994 brachte Timex zusammen mit Microsoft die Timex Datalink auf den Markt, eine wasserdichte (sogar weltraumtaugliche!) Digitaluhr, die von echten Astronauten im Weltraum getragen wurde. Die Datalink war eine der ersten Smartwatches, bei der die Daten optisch über einen blinkenden CRT-Computermonitor über einen Sensor auf die Uhr übertragen wurden. Der Prozess war allerdings langsam (etwa 70 Einträge pro Minute) und konnte ohne Sichtverbindung zum Monitor nicht dynamisch aktualisiert werden.

Eine Laufschrift auf einer Digitaluhr ist zwar nicht besonders effektiv, aber die Fans nutzten die Uhr trotzdem über Jahre hinweg – obwohl die Uhr auch einmal auf eine Liste der schlechtesten technischen Produkte aller Zeiten gesetzt wurde. Einer der Gründe für ihr Ende war wahrscheinlich die Umstellung auf LCD-Displays, was bedeutete, dass man auch einen speziellen Sender kaufen musste.
Microsoft Sidewinder
PC-Peripheriegeräte der Marke Sidewinder (einschließlich Joysticks, Lenkrädern, Pedalen und vielem mehr) fielen in den 1990er Jahren wohl mit dem Höhepunkt der PC-Spiele-Ära zusammen. Mit dem Sidewinder Force-Feedback-Rad und anderen Peripheriegeräten konnte man so ziemlich jedes PC-Spiel zu einem erschwinglichen Preis spielen, einschließlich der Flug- und Weltraumsimulationen wie “Wing Commander” und Rennspiele.
Diese Peripheriegeräte waren großartig. Leider ist Microsoft 2003 aus dem Markt ausgestiegen und hat den Markt anderen Herstellern überlassen, die das Gütesiegel des Sidewinder-Labels nie erreichten.
Microsoft Easyball
Der Easyball von Microsoft kam 1997 als gigantischer Trackball für Kinder auf den Markt und wurde zusammen mit dem CD-ROM-Spiel “Freddi Fish and the Case of the Missing Kelp Seeds” für 50 Euro angeboten. In Computergeschäften gab es praktische Software-Vorführungen. Über zwei Anschlüsse konnte man eine Microsoft-Maus und einen Easyball gleichzeitig nutzen.

– er ist riesig
Obwohl der Easyball eine Reihe von Preisen gewonnen hat, hat sich Microsoft Mitte der 2000er Jahre weitgehend aus dem Trackball-Markt zurückgezogen. Heute machen Logitech und Kensington das Geschäft.
Microsoft SPOT-Uhren
Wer braucht schon eine vernetzte Smartwatch, die Wettervorhersagen, personalisierte Nachrichten und Outlook-Kalendererinnerungen empfangen kann? Im Jahr 2003 hat man sich das tatsächlich gefragt. Damals war der Dienst Smart Personal Objects Technology (SPOT) seiner Zeit weit voraus.

Microsoft
Technisch gesehen wurden die SPOT-Uhren von Fossil und Suunto und nicht von Microsoft hergestellt, aber sie wurden von Microsoft als das nächste große Ding in der Unterhaltungselektronik angepriesen. Sie nutzten RF-Kommunikation zur Datenübertragung, aber der eigentliche Knackpunkt war, dass Microsoft ein Abonnement für den MSN-Direct-Dienst verlangen wollte, der die Uhren mit Live-Daten versorgte. Damit sank die Nachfrage nach SPOT-Uhren, nicht zuletzt auch wegen eines besseren drahtlosen Mediums: Wi-Fi.
Microsoft Kin
Das Microsoft Kin von 2010 war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Es war ein vernetztes Smartphone für soziale Medien, dem es jedoch an Verbindungen zu den sozialen Medien mangelte und das nur etwa alle fünfzehn Minuten eine “Verbindung” herstellte. In Tests wurden alle möglichen Probleme festgestellt, von verzögertem Tippen über schlechte Hardware bis hin zu einem ungeheuerlichen Verizon-Smartphone-Tarif, der für die ordnungsgemäße Nutzung des Telefons erforderlich war.

IDG
Schon im Juni 2010 wurde das Kin wieder eingestellt, nachdem angeblich nur 500 Stück verkauft worden waren.
Microsoft Lumia / Windows Phone
Im September 2013 kaufte Microsoft die Mobiltelefon-Sparte von Nokia und unterstützte damit ein weiteres (letztendlich zum Scheitern verurteiltes) Smartphone-Geschäft. Nachdem der frühere Microsoft-Manager und damalige Nokia-CEO Stephen Elop auf die Verwendung von Android verzichtet hatte, führte Nokia das Betriebssystem Windows Mobile ein. Smartphones wie das Nokia Lumia Icon machten Platz für das Microsoft Lumia 640 und andere.

Mark Hachman / IDG
Fans der Lumia-Reihe haben die Smartphones wegen ihrer fantastischen Bildsensoren geliebt, deren Farbtreue über mehrere Produktgenerationen hinweg konkurrierende Geräte übertroffen hat. Aber Microsoft konnte die Dynamik weder für Lumia noch für eine Nische gescheiterter Windows-Mobile-Geschäftstelefone aufrechterhalten. Im Jahr 2019 war die Windows-Phone-Plattform offiziell tot.
US-Medien: Windows für Smartphones ist tot
Microsoft Zune
Der kurzlebige digitale Musikplayer Microsoft Zune hatte seine Zeit von 2006 bis 2009, dann stellte Microsoft die Geräteproduktion ein. Der Zune konnte sich nie gegen den Apple iPod durchsetzen. Microsoft gab den Zune-Diensten noch sieben Jahre, bevor es schließlich den Stecker zog für das längst eingestellte Groove Music.

Microsoft
Der Zune wurde jedoch noch gewürdigt, und zwar in Microsofts drittem Film “Guardians of the Galaxy”, in dem Star-Lord seine Musik nicht mehr auf Kassette, sondern digital speichert. Um zu zeigen, dass der Zune immer noch cool ist, hat Microsoft den Trend aufgegriffen und die Website Zune.net neu gestaltet, die auch einen Filmclip enthält.
Microsoft Band
Ein weiteres Produkt, das sich heute so anfühlt, als sei es seiner Zeit voraus gewesen, war der Fitnesstracker Microsoft Band. Er konnte vieles von dem, was moderne Fitnessarmbänder heute können, allerdings schon im Jahr 2015: GPS, UV-Sensor, Schlafsensor, Tracking, Treppenzählen über ein Barometer und mehr.

IDG
Aber Band und Band 2 hatten nie wirklich die Unterstützung von Microsoft, und das solide Microsoft Band 2 wurde nur ein Jahr nach der Einführung eingestellt. Microsoft hat allen Käufern eine Rückerstattung angeboten.
Kabellose Hardware von Microsoft
Zwischen 2002 und 2004 brachte Microsoft eine kleine Reihe Wireless-Hardware auf den Markt, darunter die Wireless Base Station (MN-500) als Teil der Produktreihe Broadband Networking. Laut einem Beitrag auf Wikipedia soll Microsoft in dieser Zeit der zweitgrößte Anbieter auf dem US-Markt für Router gewesen sein, konnte aber den Wechsel von 802.11b zu 802.11g nicht schnell genug vollziehen.

Microsoft Kinect
2010 brachte Microsoft die Kinect für die Xbox 360 auf den Markt und konkurrierte mit Nintendos Wii mit einem Peripheriegerät, das die Aktionen des Nutzers durch Bilderkennung wahrnahm. Die Kinect erwies sich als Erfolg bis zur Einführung der Xbox One, als Microsoft das Peripheriegerät zur Pflicht machte. Die Nutzer empörten sich, und Microsoft lenkte ein.

IDG
Doch der Schaden war bereits angerichtet, die Leute wollten keine teure Konsole und ein Peripheriegerät kaufen. Die Kinect-Unterstützung wurde eingestellt und 2017 wurde die Kinect endgültig abgeschafft.
Trotzdem hat die Kinect einiges dazu beigetragen, dass wir heute Gesichtserkennung nutzen: Windows Hello und die biometrischen Webcams von Windows Hello.
Microsoft Hololens (?)
Im Januar 2015 lud Microsoft die Presse nach Redmond ein, um die Hololens vorzustellen – es war überwältigend! Die Teilnehmer gingen virtuell auf dem Mars spazieren und spielten “Minecraft” auf einem Kaffeetisch. Ihre Eindrücke mit der Hololens haben unsere Kollegen von pcworld.com beschrieben.

IDG
Leider ist die Hololens nie für Endanwender erschienen.
Die Hololens-Varianten waren nicht für Privatanwender gedacht (allein schon der hohe Preis hätte diese Käufergruppe abgeschreckt). Auch die Hololens 2 richtete sich nur an Unternehmen.
Und die Weiterentwicklung zu einer Kampfbrille der US-Armee verzögert sich aufgrund von Problemen.
Die Hololens ist vielleicht noch nicht offiziell tot, aber ihre Beerdigung könnte schon vorbereitet werden.
Diesen Beitrag finden Sie im Original bei unserer Schwesterzeitschrift pcworld.com ebenso wie einen weiteren Beitrag über gute und schlechte Produkte von Microsoft.
Top-Flops der IT: Die 13 kurzlebigsten Produkte
Eingabegeräte: Surface ersetzt “Microsoft Hardware”
Microsoft hat mitgeteilt, dass es keine weiteren PC-Tastaturen, PC-Mäuse und auch keine weiteren Webcams unter dem Markennamen „Microsoft“ verkaufen wird.
Microsofts Hardware wird künftig nur noch unter dem Markennamen Surface erscheinen. Am Inhalt des Sortiments ändert sich dadurch vermutlich wenig.
Surface-Hardware gilt preislich jedoch als höher positioniert. Es bleibt also abzuwarten, ob es besonders günstige Geräte von Microsoft Hardware in das Surface-Produkt-Portfolio schaffen.
Für bestimmte Gerätekategorien könnte der Wechsel von Microsoft Hardware zu Surface also tatsächlich das Ende bedeuten. Beispielsweise für preiswerte Webcams von Microsoft und vielleicht auch für die ergonomischen Microsoft-Tastaturen.
Bereits produzierte, in den Lagern liegende Hardware mit dem Markennamen „Microsoft Hardware“ verkauft Microsoft aber noch ab, bis der Vorrat aufgebraucht ist.
Aktuell finden Sie Microsoft-Hardware hier im Microsoft Online Store.
Härtetest: Wir schütten Kaffee über eine Microsoft-Tastatur
Auch wenn das Sortiment fortbesteht, stellt die Einstellung des Namens „Microsoft Hardware“ einen großen Einschnitt für viele PC-Besitzer dar. Seit 1983 verkauft Microsoft unter seinem Namen Hardware. Microsoft-Hardware begleitete die Berichterstattung der PC-WELT über Jahrzehnte. Wir unterzogen eine Microsoft-Tastatur, eine Wireless Optical Desktop 2000, sogar dem Härtetest und schütteten eine Tasse Kaffee darüber. Ob die Tastatur von Microsoft das aushielt, lesen Sie hier: Verkraftet Microsoft-Tastatur eine Ladung Kaffee?