Deutschland schafft nach Jahrzehnten des Sparens und Abrüstens sowie der Stilllegung ganzer Waffensysteme (Flugabwehrpanzer Gepard, Jagdpanzer und vieles mehr) wieder neue Waffen und Munition an. Das betrifft nicht nur Kampfpanzer, Schützenpanzer und Artillerie, sondern auch die Ausstattung der Marine.
So soll die Deutsche Marine unter anderem drei neue Flottendienstboote der Klasse 424 bekommen. Dabei handelt es sich um neue Aufklärungsboote, die die in die Jahre gekommenen Aufklärungsboote der Oste-Klasse (Klasse 423) ersetzen sollen. Diese Flottendienstboote sind vollgestopft mit Aufklärungs- und Abhörtechnik und der Feindaufklärung, was man umgangssprachlich auch als Spionage bezeichnen kann, obwohl Marine-Experten den Begriff Spionageschiffe in diesem Zusammenhang vermeiden.
Auf diesen Schiffen dienen Soldaten der Bundeswehreinheit Cyber- und Informationsraum (CIR). Die Klasse-424-Schiffe werden also von den Abhörexperten des CIR genutzt, die Schiffe selbst aber von der Deutschen Marine betrieben. In einigen Jahren will die Deutsche Marine das erste der “Spionageschiffe” in Dienst stellen.
Kosten steigen um 800 Millionen Euro
Die drei Flottendienstboote werden auf der Fr. Lürssen Werft/Naval-Vessels-Lürssen in Bremen gebaut. Bei Auftragsvergabe war von Kosten in Höhe von 2,1 Milliarden Euro die Rede. Doch die Tagesschau berichtet, dass es zu einer “Kostenexplosion” kommen würde. Demnach sollen die drei Schiffe jetzt inklusive Mehrwertsteuer fast 800 Millionen Euro mehr kosten als ursprünglich vereinbart. Der Bundesrechnungshof hatte bereits vor Monaten vor einer massiven Kostensteigerung gewarnt.
Technische Details erst nach Vertragsvergabe geklärt
Bei der Auftragsvergabe im Sommer 2021 waren viele technische Details nicht festgelegt worden; der Auftrag wurde also an die Werft vergeben, ohne die technischen Spezifikationen vorher zu klären. Deren Ausgestaltung erweist sich jetzt als schwierig und die Kosten gehen durch die Decke. Die Kostenexplosion werde demnach durch Auftragsanpassungen und durch die Inflation verursacht, wie die Tagesschau schreibt.
Ein von der Tagesschau befragter Technikexperte kann sich die Kostensteigerung aufgrund der technischen Spezifikationen aber nicht erklären, die Schiffe müssten eigentlich sogar günstiger werden, weil nach den neuen Vorgaben einzelne Komponenten sogar weniger aufwendig konstruiert werden sollen (zum Beispiel wurde die Antriebsleistung reduziert).
Ministerium und Bundesbehörde können Mehrkosten nicht erklären
Weder das Bundesverteidigungsministerium noch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) können oder wollen die Kostensteigerung erklären, wie die Tagesschau schreibt. Die Lürssen-Werft ließ eine entsprechende Anfrage unbeantwortet.
Das BAAINBw steht wegen der langsamen und umständlichen Beschaffungswege für die Bundeswehr ohnehin schon länger in der Kritik. Neue Regeln sollen die Beschaffungsaufträge der Bundeswehr jetzt aber beschleunigen.