Erneuerbare Energien sind eine Schlüsseltechnologie im Kampf gegen den Klimawandel. Für Bürger und Unternehmen geht der Wechsel zu nachhaltigen Energiequellen aber mit vielen Veränderungen, einigem Aufwand und manchen Unsicherheiten einher. Wir widmen uns dem Thema und klären auf: Hier lesen Sie alles Wichtige zu erneuerbaren Energien.
Erneuerbare Energien – was ist das eigentlich?
Erneuerbare Energien (EE) sind Wind- und Sonnenenergie, Geothermie, Wasserkraft und Biomasse. Bei solchen Energiequellen nutzen wir Prozesse, die natürlich in der Umwelt auftreten und sich von selbst regenerieren, etwa in Form nachwachsender Rohstoffe. Mithilfe von Sonne, Erdwärme oder der Gravitation gewinnen wir damit Strom, Wärme und Kraftstoffe. EE leisten einen essenziellen Beitrag zum Klimaschutz, verbessern die Versorgungssicherheit und helfen dabei, Rohstoffkonflikte zu vermeiden.
Wie setzt sich der EE-Mix in Deutschland zusammen?
Wind- und Sonnenenergie sind die aktuell mit Abstand wichtigsten nachhaltigen Energieträger. Dazu kommen, etwas abgeschlagen im Mix, Biomasse, Wasserkraft und sogar Hausmüll. Eine anschauliche Grafik liefert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hier.
Windenergie: Ist aktuell das beste Pferd im EE-Stall. 2021 lieferten Windenergie-Anlagen in der Bundesrepublik an Land satte 56 Gigawatt, Anlagen auf See steuerten weitere 7,8 GW bei. Aufs Jahr gerechnet summierte sich das zu einer Gesamtenergie von 132 TWh. Die Ausbauziele für Windkraft wurden mit dem EEG 2023 (Gesetz für den Ausbau Erneuerbarer Energien) erneut deutlich angehoben.
Solarstrom: Sonnenenergie lässt sich heute besonders günstig und effizient in Strom verwandeln. Diese sogenannte „Stromgestehung“ geschieht in Deutschland zurzeit in über 2,6 Millionen Photovoltaik-Anlagen, Ende 2022 belief sich ihre Gesamtleistung auf 66 GW. Die Förderung für solche Anlagen hat die Bundesregierung im neuen EEG ebenfalls ausgeweitet, zusätzlich hat man neue Konzepte aufgenommen. Darunter etwa „Agri-PV“, bei dem landwirtschaftlich genutzte Flächen zusätzlich mit PV-Anlagen ausgestattet werden oder „Floating-PV“, also schwimmende Solarparks.
Biomasse: Aus Biomasse wird Strom, Wärme und Biokraftstoff erzeugt. Zur Stromerzeugung trägt die Energiequelle laut BMWK in Deutschland aktuell 7,7 Prozent bei. Nachhaltig ist das, weil Biomasse eigentlich gespeicherte Sonnenenergie ist. Bei der Verbrennung zur Energieerzeugung wird deswegen nicht mehr Kohlendioxid freigesetzt wird, als vorher von Pflanzen aufgenommen wurde. Biomasse sind beispielsweise Mais- und Getreidepflanzen, Stroh, Zuckerrüben, Gräser und Reststoffe wie Gülle, Biomüll oder Klärschlamm.
Wasserkraft: Wasserkraft hat den großen Vorteil, dass sie in aller Regel unabhängig von Wetter und der Tageszeit zur Verfügung steht. Während Solaranlagen ja nur Energie liefern, wenn die Sonne scheint, können Wasserkraftanlagen kontinuierlich Strom erzeugen. Der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke e.V. (BDW) zählt aktuell rund 7.300 Wasserkraftanlagen in Deutschland, die insgesamt 5,6 GW liefern. Davon sind mehr als 90 Prozent sogenannten Kleinwasseranlagen mit einer Leistung von unter einem MW. Im Strommix macht Wasserkraft innerhalb der erneuerbaren Energien etwa drei Prozent aus.
Hausmüll: Auch Hausmüll kann zum Klimaschutz beitragen. Das liegt daran, dass solche Abfälle oft einen hohen regenerativen Anteil von bis zu 60 Prozent haben. Man kann Hausmüll also CO₂-neutral zur Erzeugung von Strom und Wärme nutzen – zumindest gut die Hälfte davon. Wie das genau funktioniert und welche Potenziale darin schlummern, erklärt das Bundesumweltamt.
Geht es bei der Energiewende nur um EE?
EE sind ein zentraler Bestandteil der Energiewende, sie reichen angesichts der drängenden Problematik des Klimawandels aber zur Problemlösung nicht aus. Auch der Energieverbrauch muss effizienter und sparsamer gestaltet werden. Etwa durch bessere Dämmung in Gebäuden, die Modernisierung von Heizungen oder durch sparsameres Verhalten. Schon durch effizienteres Heizen, richtiges Lüften oder durch den Umstieg vom Auto auf klimaneutrale Verkehrsmittel wie die Bahn oder das Fahrrad, kann jeder einen Beitrag leisten. Der Straßenverkehr macht in der EU rund ein Fünftel der gesamten CO2-Emissionen aus.
Tipps zum Energiesparen für PC, Notebook und Co. geben wir in diesem Beitrag, auch die Bundesregierung hat einen kurzen Leitfaden geschrieben. Willkommener Bonus: Neben Klima und Umwelt kann man auch den Geldbeutel entlasten.
Worum geht es beim Erneuerbaren-Energien-Gesetz?
Das EEG 2023 ist ein energiepolitischer Kraftakt, der Deutschland den Weg in die Klimaneutralität weisen soll. Bis 2030, so sieht es das Gesetz vor, soll der Anteil von erneuerbaren Energien am hiesigen Bruttostromverbrauch auf 80 Prozent steigen, langfristig sollen es 100 Prozent werden. Für Bürger und Unternehmen bedeuten regelmäßigen Gesetzesnovellen des EEG immer wieder Veränderungen: Als es in Kraft getreten ist, hatte das Regelwerk im Jahr 2000 gerade mal vier Artikel, heute sind es mehrere hundert. Neben dem Primärziel, damit Umwelt und Klima zu schützen, soll das EEG auch die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung verringern, fossile Energieressourcen schonen und die Entwicklung neuer Technologien im Bereich der EE vorantreiben.
Sind EE Schuld an den hohen Stromkosten?
Nein. Die hohen Strompreise gehen vor allem auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine und auf ausgefallene französische Atommeiler zurück. EE wirken eher preisdämpfend, das zeigt eine Kurzstudie im Auftrag der GP Joule GmbH. Mit zunehmendem Wechsel auf EE darf man langfristig also mit fallenden Strompreisen rechnen.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat ebenfalls nachgerechnet: Aktuell liegen die Stromkosten von PV-Anlagen beispielsweise zwischen 3,12 und 11,01 Cent je KWh. Ab 2040, so prognostiziert es das Institut, werden die Stromgestehungskosten bei kleinen PV-Dachanlagen auf 3,58 bis 6,77 Cent je KWh und bei Freiflächenanlagen auf 1,92 bis 3,51 Cent je KWh sinken.
Wie sich Ihr Strompreis zusammensetzt, lesen Sie hier.
Sind Kohle- und Atomstrom aktuell nicht billiger?
Nur scheinbar, diese Energiequellen sind nämlich umfangreich subventioniert. Diese sogenannten verdeckten Kosten erscheinen aber nicht auf der Jahresabrechnung vom Energieversorger. Besonders die Atomkraft wird immer teurer, laut einem Gutachten der TU Berlin (im Auftrag der Grünen) war sie seit Beginn des Atomzeitalters sogar immer eine der teuersten Energieformen überhaupt. Allerdings liefern Kernkraftwerke seit dem 15. April 2023 keinen Strom mehr in Deutschland.
Was ist nachts oder im Winter, droht mit EE dann ein Blackout?
Tatsächlich haben vor allem die aktuell primären EE-Quellen (Wind und Solar) das Problem, dass sie nicht kontinuierlich mit gleicher Leistung zur Verfügung stehen. Um Schwankungen auszugleichen, gibt es aber viele Möglichkeiten. Mit besseren Stromspeichern und zusätzlichem Netzausbau kann Energie gepuffert und besser verteilt werden.
Auch die Umwandlung von Strom in Gas ist eine flexible Speicheroption. Bei diesem sogenannten „Power-to-Gas“-Verfahren wird elektrische Energie mittels Wasserelektrolyse in chemische Energie (also Gas) umgewandelt. Zudem ergänzen sich manche EE gegenseitig: Wenn die Sonne stark scheint, weht oft weniger Wind und andersherum. Deutschland war in 2022 auch ein klarer Strom-Exporteur: 76,3 Milliarden Kilowattstunden wurden da laut Statistischem Bundesamt ins Ausland verkauft.
Dennoch droht potenziell eine Stromlücke, gerade im Winter. Dann scheint wenig Sonne beziehungsweise die Sonne liefert weniger Energie, gleichzeitig wird viel geheizt und die Menschen sind häufig Zuhause. Da wird gebacken, der Fernseher läuft und die Spielekonsole sorgt für Ablenkung. Dennoch schätzen Experten die Chance für einen Stromausfall als niedrig ein; es gibt in Deutschland zudem drei wichtige Mechanismen, die uns vor einem Blackout schützen sollen:
- Reserve: Generatoren etwa in Kraftwerken können aktiviert werden, wenn dem Stromnetz mehr Strom entnommen, also man ihm zuführen kann. „Momentanreserve“ nennt sich das. Solche Generatoren stehen aber meist in konventionellen Kraftwerken, die ja im Zuge der Energiewende zurückgebaut werden. Batterien könnten sie ersetzen, stehen aktuell aber noch nicht in vergleichbarem Umfang zur Verfügung.
- Sicherheitspuffer: Das deutsche Stromnetz ist derart ausgelegt, dass beim Ausfall einer Leitung immer ein Ersatz zur Verfügung stehen muss. So entsteht ein landesweiter Sicherheitspuffer.
- Zukauf aus Europa: Sollten alle Stricke reißen und der Strom in Deutschland nicht ausreichen, kann kurzfristig Strom aus dem europäischen Netz importiert werden. Der kommt dann aber vermutlich von Kernkraftwerken …
In einer Stellungnahme der Bundesregierung wird das Risiko für einen Stromausfall aufgrund des Wechsels zu EE als niedrig eingestuft. Wer dennoch vorsorgen will, der erhält nützliche Tipps zur Vorbereitung und zum richtigen Verhalten bei einem Stromausfall beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz.
Wie geht es mit EE in Deutschland voran?
Gut, aber es könnte (wie überall auf der Welt) schneller gehen. Unsere Stromversorgung aus EE lag zur Jahrtausendwende noch bei gerade mal sechs Prozent, im Jahr 2022 erreichte die Bundesrepublik bereits mehr als 46 Prozent.
Sind EE schlecht für die Wirtschaft?
Im Gegenteil: EE haben sich inzwischen zu einer führenden deutschen Technologiebranche entwickelt. Sie fördern Wachstum, regionale Wertschöpfung und haben zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen.
Brauchen wir die Energiewende wirklich?
Die gegenwärtige Energieproduktion ist in weiten Teilen noch nicht nachhaltig. Das heißt, dass dabei schädliche Treibhausgase entstehen, gefährliche Abfallstoffe anfallen und große Mengen Ressourcen verbraucht werden, die sich nicht ohne Weiteres zurückgewinnen lassen. Mit der Stromerzeugung aus Kohle und Atomkraft, oder beim Verbrennen von Erdölprodukten wie Diesel und Benzin, gefährden wir also unsere natürlichen Lebensgrundlagen.
Was bedeutet der Klimawandel für Deutschland?
Das Weltklima ist ein komplexes Zusammenspiel unwahrscheinlich vieler Faktoren auf einer globalen Skala – absolut exakte Prognosen sind in so einem Kontext natürlich sehr schwierig. Jahr für Jahr und im Einklang mit der überwältigenden Mehrheit wissenschaftlicher Untersuchungen zeichnet sich aber ein immer klareres und zunehmend düsteres Bild ab. Allein zwischen 2000 und 2021, entstanden durch extremes Wetter in Deutschland bereits Schäden von fast 145 Milliarden Euro.
Je nach Ausmaß der Erderwärmung rechnen Forscher einer aktuellen Studie mit weiteren volkswirtschaftlichen Schäden in Höhe von 280 bis 900 Milliarden Euro. Dabei lässt sich der Klimawandel nicht mehr abwenden, auf seine Ausmaße haben wir aber noch großen Einfluss.
Mit diesen Klima-Konsequenzen müssen wir auch in Deutschland rechnen:
- Deutlicher Anstieg der Meeresspiegel: Das Schmelzen von Gletschern und des Polareises am Südpol (Antarktis) wird die Meeresspiegel weltweit ansteigen lassen. So kann es leichter zu Überschwemmungen und Vertreibungen von Menschen in Küstennähe kommen (Das Abschmelzen des Eises am Nordpol (Arktis) führt hingegen nicht zu einem Anstieg der Meeresspiegel, weil die Eisplatten dort auf dem Meer schwimmen. Solches Eis hat im gefrorenen und geschmolzenen Zustand den gleichen Effekt auf den Meeresspiegel). Schmilzt hingegen das gesamte Eis in der Antarktis, könnte der Meeresspiegel um bis zu 66 Meter ansteigen. Wie viel Landmasse dabei von den Ozeanen verschluckt würde, kann man sich hier ansehen.
- Extreme Wetterereignisse: Wirbelstürme, Dürren oder Überschwemmungen werden deutlich zunehmen. Solche Ereignisse können erhebliche Schäden an Gemeinden und der Infrastruktur anrichten. Im Laufe der Ahrtal-Katastrophe haben wir das 2021 auch in Deutschland erlebt.
- Die Ozeane versauern: Der hohe CO₂-Ausstoß hat den ph-Wert der Ozeane bereits abgesenkt, der Prozess setzt sich immer weiter fort. Eine derartige Versauerung der Weltmeere kann verheerende Auswirkungen auf Meereslebewesen und Korallen haben, auch auf die Fischerei in Nord- und Ostsee.
- Hitzewellen und Dürren: Es wird öfter zu Hitzewellen und Dürren kommen, die immer intensiver werden und länger anhalten können. Landwirtschaft und Viehzucht sind damit auch in Deutschland gefährdet.
- Krankheiten: Steigende Temperaturen und veränderte Wettermuster begünstigen die Ausbreitung von Krankheiten, die beispielsweise von Mücken und Zecken übertragen werden. Dazu gehören etwa das Dengue-Fieber und die Lyme-Borreliose. In Deutschland sind beispielsweise schon vor Jahren die invasiven und Hyalomma-Zecken aufgetaucht: Die besonders großen Blutsauger können aufgrund der gestiegenen Temperaturen jetzt auch in Deutschland überwintern, sie können unter anderem das Krim-Kongo-Fieber übertragen.