Anwender, welche die Grafikkarte ihres PCs übertakten wollen, sehen sich zu Beginn mit vielen offenen Fragen konfrontiert und sollten einige grundlegende Dinge sowie weitere essenzielle Punkte beachten, damit das Vorhaben auch von Erfolg gekrönt ist.
Fragen über Fragen
Welches Programm ist für das Übertakten der Grafikkarte eigentlich geeignet und gibt es dabei Unterschiede je nach Hersteller? Wie hoch sollte eine Grafikkarte überhaupt übertaktet werden und was haben die verschiedenen Spannungen damit zu tun? Sollte man ausschließlich den Grafikprozessor, die GPU („Graphics Processing Unit“), oder auch den Videospeicher („VRAM“) übertakten? Fragen über Fragen, doch der Ratgeber von PC-WELT liefert die entsprechenden Antworten.
Wichtiger Hinweis: Durch das Übertakten oder Undervolting der GPU verändern Sie wichtige Parameter wie die Hitzeentwicklung oder den Stromverbrauch der Grafikkarte. Beachten Sie unbedingt, dass falsch eingestellte Spannungen nicht nur ein instabiles System, sondern auch irreparable Schäden an der GPU zur Folge haben können. PC-WELT kann keine Haftung bei eventuellen Defekten übernehmen.
Die Ausgangslage
Um eine Grafikkarte respektive deren Grafikprozessor zu übertakten, müssen Anwender einige Vorbereitungen treffen. Zum einen muss klar sein, um welche Grafikkarte genau es sich handelt und über welche technischen Spezifikationen (z.B. Taktfrequenzen) diese verfügt.
Als Beispiel bietet sich hierfür die aktuelle Empfehlung der Redaktion von PC-WELT aus dem großen Grafikkarten-Vergleich 2023 an, die AMD Radeon RX 7900 XT.
AMD Radeon RX 7900 XT

Pro
- UHD-Gaming mit höchsten Einstellungen
- 20 GB GDDR6 Videospeicher
- Beste Preis-Leistung für 2160p-Gaming
Kontra
- Raytracingleistung schwächer als bei der Konkurrenz
- Leistungsaufnahme / Effizienz
Am Beispiel der AMD Radeon RX 7900 XT, hier im Referenzdesign des Herstellers, ermitteln wir im Anschluss alle für das Übertakten relevanten Spezifikationen. Diese finden sich in der Regel auf der Produktseite oder im Benutzerhandbuch. Um auf Nummer Sicher zu gehen, werden wir diese später aber auch entsprechend aus der Grafikkarte auslesen.
Die Grundlagen
Nachdem nun geklärt ist, welche Grafikkarte übertaktet werden soll, machen wir uns daran, die technischen Spezifikationen aus der Grafikkarte auszulesen.
Für das Auslesen aller benötigten Parameter und den eigentlichen Vorgang des sogenannten Overclocking benötigen Anwender entsprechende Programme.
Die Programme
GPU-Z (Download)
Um die bereits angesprochenen Parameter wie Basis-, Game-, Boost- und Speichertakt auslesen zu können, empfehlen wir das kleine aber mächtige Tool GPU-Z, welches von TechPowerUp entwickelt und zum Download angeboten wird.

TechPowerUp
Im Falle der AMD Radeon RX 7900 XT im Referenzdesign spuckt das Tool die nachfolgenden technischen Spezifikationen aus.
AMD Radeon RX 7900 XT
- 1.900 MHz Basistakt
- 2.400 MHz Boosttakt (maximal)
- 2.300 MHz Gametakt (durchschnittlich)
- 16 GB GDDR6 mit 20 Gbps Speichergeschwindigkeit (10 GHz)
Unser Ziel ist es, den maximal möglichen Boosttakt und damit den durchschnittlichen Gametakt in Spielen entsprechend zu erhöhen und optional auch die Speicherbandbreite durch einen höheren Speichertakt zu maximieren.
Hierzu nutzen Anwender, die wie in unserem Beispiel eine Grafikkarte von AMD nutzen, die integrierte Übertaktungsfunktion der AMD Software Adrenalin Edition, während für Grafikkarten von Nvidia der MSI Afterburner (Download) empfehlenswert ist.
FurMark (Download)
Nach der Übertaktung oder dem Undervolting Ihrer Grafikkarte sollten Sie unbedingt sicherstellen, dass das System stabil läuft und es zu keinen Abstürzen oder Bildfehlern wie Artefakten kommt. Ein beliebtes Programm, um die GPU einem Stresstest zu unterziehen, ist FurMark. Sie sollten das Programm nach jeder Veränderung der Taktraten respektive der Spannungen für mindestens eine halbe Stunde ausführen. Je länger der Tests ohne Fehler läuft, desto sicherer können Sie sein, dass die Übertaktung stabil ist.
Unigine Superposition (Download)
Eine weitere Möglichkeit, um die Stabilität Ihrer Grafikeinheit zu überprüfen, sind der Superposition Benchmark oder der Heaven Benchmark von Unigine. Beide lassen sich in der kostenlosen Version jedoch leider nicht im dauerhaften Loop ausführen und müssen deshalb manuell mehrmals neu gestartet werden.
Wichtig: Vollkommen egal für welchen Stresstest Sie sich entscheiden, garantieren auch diese keine 100-prozentige Stabilität des Systems. Die Benchmarks legen nämlich eine konstant hohe Last an die Grafikkarte an, im Alltag kommt es beim Arbeiten mit dem PC jedoch zu ständigen Lastwechseln. Sollten also im laufenden Betrieb Abstürze des Systems respektive des Grafiktreibers oder Bildfehler auftreten, müssen Sie Ihre Übertaktung respektive das Undervolting noch einmal entsprechend anpassen.
AMD Software Adrenalin Edition (Download)
Die für das Übertakten der AMD Radeon RX 7900 XT benötigte AMD Software Adrenalin Edition ist fester Bestandteil des Grafiktreibers des Herstellers. Die Übertaktung selbst wird unter dem Tab „Leistung“ oder „Performance“ durchgeführt, wie der Hersteller im Detail erläutert.
Neben dem händischen Übertakten bietet sich auch die vollautomatische Funktion „Auto-Übertakten“ an, die mehr Leistung mit nur einem Klick verspricht. Hierbei müssen Anwender allerdings beachten, dass die Ergebnisse deutlich niedriger ausfallen, als wenn alle möglichen Taktfrequenzen manuell von Hand ausgelotet werden.
Übertakten (AMD)
Das Übertakten gestaltet sich insbesondere bei Grafikkarten von AMD der letzten beiden Generationen, Radeon RX 6000 („RDNA 2“) und Radeon RX 7000 („RDNA 3“) beinahe kinderleicht und erfolgt in der Regel ausschließlich über das sogenannte Power-Target, welches die höchstmögliche Leistungsaufnahme („TDP“) regelt.
In den Werkseinstellungen ist die AMD Radeon RX 7900 XT auf maximal 315 Watt limitiert und wird damit bezüglich der Taktfrequenz entsprechend eingebremst. Über die Benutzeroberfläche des Treibers lässt sich das Power-Target um bis zu 15 Prozent und somit auf bis zu 362 Watt erhöhen. Damit steigt natürlich aber auch der Verbrauch an.
Durch das Anheben des Power-Targets steigt der maximale Boost und die durchschnittliche Taktfrequenz in Spielen entsprechend an.
TDP | Durchschnittliche Taktfrequenzen in Spielen* | |
---|---|---|
AMD Radeon RX 7900 XT @ 100 Prozent Power Target | 315 Watt | 2.450 bis 2.675 MHz |
AMD Radeon RX 7900 XT @ 105 Prozent Power Target | 330 Watt | 2.500 bis 2.725 MHz |
AMD Radeon RX 7900 XT @ 110 Prozent Power Target | 345 Watt | 2.575 bis 2.800 MHz |
AMD Radeon RX 7900 XT @ 115 Prozent Power Target | 360 Watt | 2.625 bis 2.825 MHz |
Anwender, die sich händisch an das absolute Maximum herantasten wollen, sollten sich in 25 MHz großen Schritten an das Limit, welches sich durch ein instabiles System bemerkbar macht, herantasten.
Sobald das System nicht mehr stabil arbeitet, kann mit etwas mehr Spannung gearbeitet werden, wobei auch hier mit möglichst kleinen Schritten von höchstens 0,025 Volt vorgegangen werden sollte. Auch hier gilt es, die richtige Mischung aus Leistung, Verbrauch und Abwärme auszuloten. Die Kür erfolgt dann abschließend im letzten Arbeitsschritt, dem sogenannten „Undervolting“ der Grafikkarte.
Übertakten (Nvidia)
Spieler, die eine GeForce-Grafikkarte von Nvidia ihr Eigen nennen, greifen für das Overclocking und Undervolting hingegen auf das sehr mächtige OC-Werkzeug MSI Afterburner zurück, welches das Übertakten insbesondere mit dem OC-Scanner deutlich erleichtert.
Wie beim Übertakten mit der AMD Software Adrenalin, bietet auch der MSI Afterburner die Möglichkeit, das automatisierte Übertakten mit Hilfe des OC-Scanners, das durch einen eingebauten Sicherheitspuffer immer Luft nach oben lässt, händisch noch weiter auf die Spitze zu treiben.
Das Undervolting
Die Königsdisziplin beim Übertakten ist es, die Grafikkarte mit mehr Leistung, oder zumindest der gleichen Leistung, bei teilweise deutlich weniger Verbrauch betreiben zu können. Dafür ist es nötig, die Spannung des Grafikprozessors zu senken und somit „Undervolting“ zu betreiben.

AMD
Da die Hersteller bei den Werkseinstellungen ihrer Grafikkarten im Hinblick auf höchstmögliche Stabilität immer einen Sicherheitspuffer einbauen und daher etwas mehr Spannung als nötig auf den Chip geben, kann diese in einem gewissen Bereich gesenkt werden, ohne dass es dabei zu Abstürzen oder Instabilitäten kommt.
GPU: Mehr Performance durch Undervolting – so geht’s
Im Falle der AMD Radeon RX 7900 XT im Referenzdesign beträgt die Spannung 1,150 Volt und kann so in der Regel auf 0,975 bis 1,025 Volt abgesenkt werden, bevor die Grafikkarte beginnt, massiv herunter zu takten. Auch hier gilt es händisch den sogenannten „Sweetspot“ herauszufinden.
Nachdem Anwender ein entsprechendes Overclocking und Undervolting für ihre Grafikkarte ausgelotet haben, läuft diese im Optimalfall nicht nur schneller, sondern auch effizienter und kühler.
Auf Stabilität prüfen
Um die übertaktete Grafikkarten im Anschluss an das Overclocking und Undervolting in Sachen Stabilität entsprechend auf Herz und Nieren zu überprüfen, bieten sich die nachfolgenden Benchmarks und Stabilitätstests an.
- Unigine
- 3DMark Time Spy
- 3DMark Fire Strike
- MSI Kombustor
- FurMark
- OCCT
Da die Lasten und insbesondere die Lastspitzen für die GPU und den VRAM in Spielen noch einmal anders ausfallen, sollten zudem einige der präferierten Titel angespielt und entsprechend auf Stabilität kontrolliert werden.