Während sich EU, Bundesverkehrsminister Volker Wissing und die Ampel-Koalition um das Verbrenner-Aus in der EU ab 2035 und um E-Fuels zanken, immer neue Automobil-Hersteller immer mehr E-Autos vorstellen – beispielsweise VW sein erstes E-Auto unter 25.000 Euro – und E-Scooter in so ziemlich jeder Stadt immer irgendwem im Weg stehen, befindet sich das Deutschlandticket (49-Euro-Ticket) auf der Zielgeraden. Damit wird das Fahren mit dem Zug für viele Menschen besonders günstig und bequem.
Obendrein gibt es preiswerte Inlandsflüge und Fernbusse wie die von Flixbus stellen nach wie vor eine besonders günstige Möglichkeit dar, um innerhalb von Deutschland von A nach B zu kommen. Zudem wächst das Carsharingangebot stetig, es gibt auch immer mehr Auto-Abos.
Seit der Covid-19-Pandemie arbeiten außerdem immer mehr Menschen von zu Hause aus und müssen dementsprechend nicht mehr ins Büro fahren. Gerade leistungsfähige Festnetz- und Mobilfunkverbindungen machen beruflich bedingte Reisen zunehmend überflüssig.
Ballungsräume boomen, immer mehr Menschen leben und arbeiten in (Groß)-Städten. Doch in den Großstädten macht das Autofahren grundsätzlich wenig Spaß, man steht oft im Stau und findet am Zielpunkt meist keinen Parkplatz. Mit anderen Worten: Gerade in den Städten ist der öffentliche Nahverkehr dem Auto deutlich überlegen. Und falls man als Stadtbewohner doch mal ein Auto braucht, greift man eben zu Mietwagen oder Carsharing.
Da stellt sich die Frage: Braucht man im Jahr 2023 überhaupt noch ein (eigenes) Auto? Ausgenommen von dieser Fragestellung sind professionelle Nutzer, also beispielsweise Handwerker, Forstbedienstete oder Außendienstmitarbeiter.
Pro: Gründe für ein eigenes Auto
Flexibel und unabhängig
Mit dem eigenen Auto können Sie jederzeit fahren, wohin Sie möchten. Ohne vorher in einer App nachschauen zu müssen, ob ein Carsharing-Fahrzeug in Ihrer Nähe verfügbar ist. Selbst entlegene Ziele lassen sich problemlos erreichen, sofern eine befahrbare Straße hinführt. Zudem fahren Sie genau mit dem Auto, das Sie möchten und nicht mit einem so ähnlichen, wie es Mietwagenfirmen immer beim Vertragsabschluss versprechen.
Sie müssen Ihre Abfahrtszeiten auch nicht an die Pläne der Deutschen Bahn oder des öffentlichen Personennahverkehrs ausrichten. Und stehen im Winter nie frierend auf einem Bahnhof, weil der angekündigte Zug sich mal wieder verspätet oder ganz ausfällt.
Bahn/öffentlicher Nahverkehr: Das nervt wirklich jeden
Auch der wöchentliche Einkauf ist mit einem eigenen Auto schnell erledigt.

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Auf dem Land sind Sie ohne Auto abgehängt
Die Frage, ob man ein Auto braucht, stellt sich für Landbewohner gar nicht erst. Auf dem flachen Land fernab der größeren Städte ist man ohne Auto schlicht aufgeschmissen. Das ist eine Tatsache, vor der großstädtische Mitbürger und Umweltaktivisten, die überwiegend in Städten leben und aktiv sind, gerne die Augen verschließen. Für einen Bewohner des Bayerischen Waldes zum Beispiel, ist ein Auto nicht Luxus oder Statussymbol, sondern schlicht notwendig.
Bequem und unbelästigt fahren
Wer mit dem Auto unterwegs ist, kann in der Regel eine funktionierende Klimaanlage und eine Wärme verströmende Heizung genießen. Für Bahnkunden ist das dagegen keineswegs selbstverständlich: Im Winter fällt schon mal die Heizung in einigen Waggons aus und im Sommer verabschiedet sich gerne mal die Klimaanlage in den Zügen.
Vor allem im Nahverkehr sind mitunter die Enge und/oder unangenehme Sitz- und Stehplatznachbarn ein Ärgernis. Zeitgenossen, die mit einer starken Alkoholfahne direkt neben einem stehen, sind nicht unbedingt eine olfaktorische Bereicherung. Von lärmenden oder in der U-Bahn herumtobenden Fahrgästen ganz zu schweigen. All das gibt es im eigenen Auto nicht.
Keine Kilometer- oder Zeit-Limits
Anders als beim Carsharing oder bei einem Mietwagen, fahren Sie mit dem eigenen Auto so weit und so lange, wie Sie wollen. Es läuft keine tickende Uhr mit und wenn Sie einen Umweg machen oder unterwegs eine Pause einlegen, dann steigen dadurch nicht die Nutzungskosten für das Auto. Ausgenommen vielleicht von einem höheren Spritverbrauch.
Spaß am eigenen Auto und am Autofahren
Vielen Menschen macht das Autofahren einfach nur Spaß. Zum Beispiel das Cruisen bei strahlendem Sonnenschein auf einer schönen Landstraße mit einem Cabrio. Oder das sportliche Beschleunigen mit einem Sportwagen auf einer dafür passenden Straße, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Oder das Querfeldeinfahren auf einem speziellen Offoard-Parcours.
Auch die gemeinsame Urlaubsfahrt mit einem Klein- oder Campingbus kann Freude bereiten. Das geht aber meist nur mit dem eigenen Auto, eingeschränkt vielleicht noch mit einem Mietwagen.
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49-Euro-Ticket könnte bald unattraktiver werden
Das 49-Euro-Ticket könnte bald teurer und damit unattraktiver werden. Denn obwohl es noch gar nicht in Kraft getreten ist, reden Politik und Nahverkehrsbetriebe bereits über eine Preisanhebung. Deshalb heißt es wohlweislich auch offiziell Deutschlandticket und nicht 49-Euro-Ticket …
Autos sind praktisch: Für Familie, Umzug und Transport
Mit dem eigenen Auto transportieren Sie nicht nur sich selbst und Ihre Familie, sondern helfen auch mal bei einem Umzug. Falls Sie einen Garten haben und regelmäßig Gartenabfälle abtransportieren müssen, ist das eigene Auto ebenfalls unschlagbar.

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Contra: Gründe gegen ein eigenes Auto
Autos sind teuer in der Anschaffung …
Schon beim Kauf geht es los: Autos sind ein teurer Spaß. Von einigen wenigen Ausnahmen wie der zu Renault gehörenden Marke Dacia (wo die Preise bei knapp über 11.000 Euro beginnen) einmal abgesehen, gibt es kaum noch Fahrzeuge für wenig Geld.
Selbst ein so winziges und mit einfachster Technik ausgestattete Fahrzeug wie der Toyota Agyo kostet mittlerweile mindestens rund 16.000 Euro Listenpreis. Einen VW Golf bekommen Sie nicht mehr unter 31.000 Euro Mindestlistenpreis und selbst beim Polo geht unter 20.000 Euro nichts. Von den Preisen für Elektro-Autos ganz zu schweigen, zumal der Umweltbonus 2023 gesunken ist.
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Hohe Stromkosten: Sind E-Autos jetzt teurer als Benziner?
Das Problem der hohen Kosten vermeidet man auch nicht dadurch, dass man ein Auto nicht neu kauft, sondern als Gebrauchtwagen. Denn dann drohen oft bald Reparaturen. Leasing wiederum ist für Privatpersonen selten günstig. Obendrein drohen bei der Rückgabe eines Leasingfahrzeugs Nachzahlungen, wenn es Mängel aufweist wie beispielsweise Kratzer oder Beulen.
… und teuer im Unterhalt
E-Autos sind bis zum 31.12.2030 von der Kfz-Steuer befreit. Doch für alle anderen Autos kassiert Vater Staat Kfz-Steuer und bittet vor allem Dieselfahrer mit Hubraum-starken Motoren kräftig zur Kasse. Erheblich teurer dürfte aber meist die Kfz-Versicherung sein, von der zumindest die Haftpflicht gesetzlich vorgeschrieben ist.
Doch damit nicht genug. Neben Steuer und Versicherung schlagen vor allem die regelmäßigen Inspektionen zu Buche. Zumal in Vertragswerkstätten die Stundensätze hoch und die Preise für Verbrauchsmaterialien oft künstlich überteuert sind (Stichwort: Motorölpreise).
Hier können Auto-Besitzer zwar Geld sparen, wenn sie nach Ablauf der Herstellergarantie zu einer freien Werkstatt wechseln. Oder ihr eigenes Motoröl zum Ölwechsel mitbringen: Das sehen viele Werkstätten aber nicht gerne und/oder verlangen für die Entsorgung des Altöls erhebliche Aufschläge. Doch mit einem gewissen Alter kommen noch Reparaturen hinzu und dann wird es bei modernen Autos mit ihrer anspruchsvollen Technik schnell sehr teuer.
Autos kosten Nerven und sorgen für Stress
Eigentum belastet. Diese alte Weisheit gilt ganz besonders für Auto-Besitzer. Man lebt nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungspflicht in steter Angst vor außerplanmäßigen Reparaturen. Daran ändern auch die oft teuren Garantieverlängerungsangebote der Hersteller nichts. Die Ausschlusslisten bei den Mängeln, für die der Hersteller trotz teurer Garantie nicht zahlt, sind mitunter länger als die Listen der Mängel, bei deren Reparatur der Hersteller zahlt.

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Auch Pannen nerven. Diese treten eigentlich immer dann auf, wenn man sie überhaupt nicht gebrauchen kann. Selbst wenn das Auto nicht ganz liegen bleiben sollte, schleppt man sich dann nur noch im Notlauf mit gedrosselter Geschwindigkeit vorwärts. Das nervt. Wobei Sie den Notlauf in einigen Fällen selbst abschalten können. Mehr dazu lesen Sie in PKW: Fehlercode löschen und Notlauf abschalten.
Gehört Ihr Fahrzeug obendrein zu den Modellen, die der possierliche Marder besonders ins Herz geschlossen hat, dann haben Sie eine Dauersorge extra. Wer wiederum ein besonders teures oder ungewöhnliches Auto sein Eigen nennt, zittert auch noch vor Neidern, die ihm den Lack oder die Felgen zerkratzen. Vom Diebstahl ganz zu schweigen.

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49-Euro-Ticket: Der Auto-Killer
Zumindest in Ballungsräumen sowie in Regionen mit guter Zuganbindung und -Taktung könnte sich das am 1. Mai 2023 startende Deutschlandticket/49-Euro-Ticket als ernsthafte Konkurrenz erweisen. Bereits beim 9-Euro-Ticket von Sommer 2022 ließen viele Pendler ihr Auto stehen. Doch auch das um 40 Euro teurere Deutschlandticket dürfte für viele Pendler die finanziell deutlich attraktivere Alternative zum Auto sein. Zumal beim 49-Euro-Ticket die Züge vermutlich nicht so überfüllt sein werden, wie es mitunter beim 9-Euro-Ticket der Fall war.
Natürlich leidet man auch beim 49-Euro-Ticket darunter, dass die deutsche Politik die Deutsche Bahn seit Jahrzehnten tot gespart und Manager mit zweifelhafter Qualifikation (Mehdorn, Pofalla, Wiesheu) auf Führungspositionen bei der Bahn gehievt hat. Doch wer oft beziehungsweise täglich mit der Bahn fährt und dafür nur noch 49 Euro im Monat zahlen muss, dürfte defekte Heizungen/Klimaanlagen oder verspätete Züge deutlich leichter akzeptieren können.
Carsharing, Auto-Abo und Mietwagen als Alternative
Viele Menschen müssen nicht täglich mit dem Auto zur Arbeit pendeln oder leben nicht fernab vom öffentlichen Nahverkehr auf dem Land – wo oft auch noch die Internetverbindung mies ist. Viele Mitbürger sind zudem nicht ständig mit Kindern zusammen unterwegs. Für solche Gelegenheits- oder “nur selten”-Autofahrer dürfte ein Mietwagen, ein Auto-Abo oder ein Carsharing-Fahrzeug die deutlich günstigere und stressfreiere Alternative sein.
Zumal Sie dabei auch noch flexibel das Fahrzeug wählen können, das kurzfristig zu Ihren Erfordernissen passt. Sie wollen einfach nur einen größeren Einkauf tätigen? Dann reicht ein Kompaktfahrzeug. Sie holen einen Schrank bei Ikea ab oder planen einen Umzug? Dann ist ein Kleinbus die richtige Wahl. Sie wollen ein schönes Wochenende in den Bergen verbringen? Dann könnte ein Cabrio eine gute Idee sein.
Emotionale Bindung an das Auto geht verloren: kein Statussymbol mehr
Es gab einmal eine Zeit in Deutschland, da versammelte sich die Familie Samstagabend erst dann vor dem Fernseher (auf dem nur ARD, ZDF oder allenfalls noch das dritte Programm liefen), wenn der Wagen (VW Käfer, Opel Kadett, Ford Taunus etc.) sauber von Hand gereinigt in der Garage oder vor dem Haus stand. Das ist aber lange her: Mittlerweile gibt es nicht nur viele private TV-Sender und vor allem Streaminganbieter, sondern auch die Beziehung zum Auto hat sich gewandelt.
Für viele Menschen, vor allem für Jüngere und besonders für Großstadtbewohner, ist das eigene Auto kein Statussymbol mehr. Es wird längst nicht mehr so gehegt und gepflegt wie vor dem Mauerfall und zunehmend nur noch als Gebrauchsgegenstand wahrgenommen.
Statement gegen Umweltzerstörung
Für viele Umweltaktivisten gilt das Auto sogar als regelrechtes Hasssymbol, das angeblich unsere Umwelt gefährdet oder zerstört. Das ist zwar eine eindimensionale und zu sehr vereinfachende Sicht der Dinge. Das Auto als Hasssymbol lässt nicht nur die großen Fortschritte bei Abgasreinigung und sauberer Produktion außer Acht, sondern vergisst auch völlig die positiven Auswirkungen des Autos für Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Trotzdem gibt es sicherlich Menschen, die bewusst auf das Auto verzichten, um ein Statement gegen den Klimawandel und die Umweltzerstörung zu setzen.
Unsichere Entwicklung bei Kosten und Fahrverboten
Wer sich jetzt ein Auto anschafft, weiß nicht, wie sich die Strom- und Spritpreise entwickeln. Zudem ändern sich immer mal wieder die staatliche Förderung und die Rechtslage: Ältere Verbrenner dürfen dann vielleicht nicht mehr die Innenstadt fahren, der Streit um das neue Diesel-Fahrverbot in München ist ein aktuelles Beispiel für diese Unsicherheit. Wer aber will sich ein Auto kaufen, das man in ein paar Jahren vielleicht nicht mehr überall benutzen darf? Oder dessen Unterhaltskosten drastisch steigen?