Ein US-Jagdflugzeug vom Typ F-22A Raptor (ein Kampfflugzeug der fünften und damit aktuellsten Generation) hat bekanntlich am 4. Februar 2023 einen chinesischen Ballon abgeschossen, von dem die USA vermuten, dass ihn China zur Spionage verwendet hat. Der chinesische Ballon überflog unter anderem im US-Bundesstaat Montana eine Region, in der sich Abschussrampen für US-Atomwaffen befinden. So weit ist alles bekannt und wenig überraschend.
Durchaus überraschend ist aber, wie der US-Kampfjet den Ballon abgeschossen hat. Ein unbemannter Ballon ist ein sich langsam fortbewegendes und zudem wehrloses Ziel, das außerdem relativ groß ist: So groß wie mehrere Schulbusse. Da sollte doch ein kurzer Feuerstoß aus der Bordkanone der F-22 reichen, um das Teil abzuschießen? So eine kurze Salve mit 20-mm-Geschossen kostet nicht viel und ist viel, viel günstiger als eine Luft-Luft-Rakete. Doch tatsächlich feuerte der Pilot der F-22 eine sündhaft teure Sidewinder-AIM-9X-Rakete auf den Ballon (das Foto zu dieser Meldung zeigt eine Luft-Luft-Rakete AIM-9L/I Sidewinder der Bundeswehr, die mit der abgefeuerten AIM-9X eng verwandt ist).
Die Bundeswehr beschreibt ihre Sidewinder-Variante folgendermaßen:
Die Kurzstreckenrakete AIM-9L/I Sidewinder dient der Bekämpfung von Flugzielen. Sie kommt bei der Luftwaffe an den Kampfflugzeugen PA-200 Tornado und EF 2000 Eurofighter zum Einsatz. Die Erfassung eines Zieles erfolgt durch ein Infrarot-Zielsuchsystem. Das macht die AIM-9L/I Sidewinder zu einem “Fire-and-Forget”-Lenkflugkörper. Das heißt, einmal abgefeuert verfolgt die Rakete ihr Ziel selbstständig. Der Schütze kann sie dabei also getrost „vergessen“ und den nächsten Auftrag ausführen. So lassen sich mit der AIM-9L/I Sidewinder#en Flugziele aus allen Angriffsrichtungen bekämpfen.
Laut dem Fachportal Flugrevue kostet ein Exemplar dieser rund 3 Meter langen und um die 80 Kilogramm schweren Rakete rund 250.000 US-Dollar (rund 232.500 Euro), Wikipedia nennt als Stückpreis für eine AIM-9X Sidewinder sogar 262.000 Dollar (rund 243.670 Euro). Da reibt man sich die Augen und fragt nach dem Grund. Fast möchte man von “mit Kanonen auf Spatzen schießen” sagen, doch mit Kanonen wurde eben nicht geschossen, sondern mit einer Rakete.
Der Ballon schwebte in einer Höhe von 18.288 bis 19.812 Metern über dem Atlantik und der Abschuss der AIM-9X Sidewinder erfolgte in einer Höhe von 17.678 Metern. Die Rakete durchschlug den Ballon und dieser stürzte vor der Küste des US-Bundesstaates South Carolina in den Atlantik.
Die Bordkanone des US-Kampfjets darf laut Flugrevue nur bis zu einer Höhe von 15.240 Metern benutzt werden. Der Ballon flog also schlicht zu hoch für die Kanone. Also musste der Pilot eine seiner Sidewinder-Raketen abfeuern, wodurch der Abschuss richtig teuer wurde.
Die F-22 hat übrigens noch einen weiteren Raketentyp an Bord, doch diese AIM-120 AMRAAM-Raketen besitzen einen größeren Sprengkopf und suchen sich ihr Ziel zudem mithilfe eines Radarsuchkopfs. Da der Ballon nur eine dünne Hülle besitzt, findet die AIM-9X mit ihrem Infrarotsuchkopf, der einer Wärmeabstrahlung folgt, leichter das Ziel, wie Flugrevue erläutert.
China: Angeblicher Spionage-Ballon über US-Atomwaffen-Stützpunkt sei Wetterstation