Microsoft veröffentlicht jährlich eine neue Version seiner beiden Betriebssysteme Windows 10 und 11, zuletzt die Versionen 22H2 im Herbst. Geliefert im Sinne neuer Funktionen hat der Softwarekonzern mit dem „Windows 11 2022 Update“ aber nur für Windows 11.
Der Vorgänger erhielt zwar kurze Zeit später ebenfalls ein Update, wirkliche Neuerungen sucht man darin jedoch vergebens. Es beschränkt sich auf „Verbesserungen, welche die Qualität, die Produktivität und die Sicherheit von Windows 10 betreffen“, wie es offiziell heißt.
Weil das die Nutzer von Windows 10 enttäuscht, zeigen wir, wie Sie die neuen Funktionen des Herbst-Updates von Windows 11 auch in der Vorgängerversion implementieren.
Microsoft: So geht es mit Windows 10 weiter
Windows-Explorer mit Tabs und Füllstand im Cloudspeicher

Zwei neue Explorer-Funktionen von Windows 11 auch in Version 10: oben die praktischen Tabs, darunter die Füllstandsanzeige von Onedrive und weiterer Cloudspeicher.
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Lange hat es gedauert, bis Microsoft den Windows-Explorer mit Tabs ausgestattet hat. Die praktische Funktion, die Sie vom Webbrowser kennen, ermöglicht beim Dateimanager den schnellen Wechsel zwischen verschiedenen Ordnern sowie das komfortable Kopieren oder Verschieben von Daten.
Mit Clover und QT Tab Bar haben Sie zwei Tools, die den Explorer auch unter Windows 10 mit Tabs ausstattet. Entscheiden Sie sich für QT Tab Bar, installieren Sie das Tool, starten den PC neu und öffnen den Windows-Explorer. Nun klicken Sie im Reiter „Ansicht“ rechts unter dem „Optionen“-Symbol auf den Nach-unten-Pfeil und aktivieren den Listeneintrag „Qttabbar“. Im Windows- Explorer erscheint nun die neue Tab-Leiste.
Stärker an das neue Explorer-Design von Windows 11 angelehnt werden die Tabs mit Clover. Bei diesem Tool müssen Sie sich allerdings insofern einen Ruck geben, als der Setupassistent chinesische Schriftzeichen zeigt. Das aber ist kein Problem, weil Sie zu Beginn und zum Schluss der Installation jeweils nur die zentrale Schaltfläche anzuklicken brauchen. Danach verfügt der Explorer von Windows 10 über Tabs.
Darüber hinaus zeigt der Explorer in Windows 11 jetzt den Datenfüllstand von Onedrive. Auch diese nützliche Funktion lässt sich nachrüsten und gleich auf andere Cloudspeicher erweitern.
So geht’s: Installieren Sie Raidrive inklusive den eventuell zusätzlich erforderlichen Modulen Runtime und Visual C++. Nach dem Programmstart klicken Sie oben auf „+ Hinzufügen“, aktivieren im Register „Personal“ den Eintrag „OneDrive“ und wählen bei „Laufwerk“ einen freien Laufwerksbuchstaben. Ein Klick auf „Verbinden“ leitet Sie zur Onedrive-Anmeldung weiter, wo Sie sich mit Ihrem Microsoft- Konto einloggen und Raidrive den Zugriff auf Ihre Cloud gestatten. Damit Sie unter Windows den belegten Speicherplatz sehen, klicken Sie im Explorer auf „Ansicht –› Kacheln“ oder „Ansicht –› Inhalt“. Auf die gleiche Weise können Sie über Raidrive Dropbox, Google Drive & Co. in den Explorer einbinden.
Snap Bar, Clipchamp und Taskmanager mit Effizienzmodus

Das Tool Windowgrid ermöglicht es über das eingeblendete Desktopgitter, geöffnete Programmfenster auf dem Computermonitor nach Wunsch anzuordnen.
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Mit Windows 11 Version 22H2 hat Microsoft die „Snap Layouts“ zum schnellen Anordnen von Programmfenstern auf dem Bildschirm um die neue „Snap Bar“ erweitert. Statt zielgenau ein Funktionsicon anzuklicken, zieht man ein offenes Fenster einfach an den oberen Desktoprand und wählt die gewünschte vordefinierte Platzierung.
Windowgrid ermöglicht das Anordnen der Fenster auch unter Windows 10. Dazu klicken Sie mit der linken Maustaste oben in das Fenster, verschieben es minimal und drücken nun zusätzlich die rechte Maustaste. Das legt ein Gitter über den Desktop. Sobald Sie die rechte Maustaste lösen, können Sie das Fenster durch Ziehen mit der linken Taste im Gitter wie gewünscht platzieren. Klingt kompliziert, Ausprobieren macht es aber sofort klar.

Die neue Video-Editor- App „Clipchamp“ steht nicht nur im neuen Betriebssystem, sondern auch unter Windows 10 nach der Installation aus dem Microsoft Store zur Verfügung.
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Eine weitere Alternative stellen die Microsoft Powertoys (im Microsoft Store) mit der Funktion „FancyZones“ dar. Weil Fancyzones sehr viele Möglichkeiten zum Platzieren und Andocken von Fenstern bietet, benötigt das Tool etwas Einarbeitung. Mehr Infos bietet die Onlinedokumentation von Microsoft.
Ebenfalls nicht auf Windows 11 beschränkt ist die neue Video-Editor-App „Clipchamp“, die unter Windows 10 im Microsoft Store erhältlich ist. Sind Store und Store-Apps auf dem aktuellen Stand, bietet Windows 10 die neue App beim Aufrufen des bisherigen „Video-Editor“ automatisch an.
Microsoft hebt den neuen Effizienzmodus im Taskmanager von Windows 11 Version 22H2 hervor. Dabei handelt sich allerdings nicht um ein Alleinstellungsmerkmal, denn als „Eco-Mode“ steckt er bereits in Insider-Builds von Windows 10.
Ins reguläre Herbst-Update hat er es zwar noch nicht geschafft, doch auch ohne können Sie Prozesse priorisieren, ohne sie vollständig zu beenden. Dazu klicken Sie im Register „Details“ des Taskmanagers mit der rechten Maustaste auf einen Prozesseintrag und fahren mit „Priorität festlegen“ fort: Im Test reduzierte die Option „Niedrig“ die CPU-Last einer Demoanwendung von nahezu 100 auf 65 Prozent.
Windows 10 & 11: Versteckte Features freischalten
Alternativen zur Windows Sandbox in Windows 10 Home

Sandboxie bietet eine sichere Umgebung, um unbekannte Software gefahrlos auszuprobieren. Virtuelle Systeme mit Virtual Box oder Vmware Player erfordern mehr Aufwand.
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Eingeführt hat Microsoft die Sandbox zum gefahrlosen Ausprobieren von Software und Systemeinstellungen schon 2019, also in Windows 10 Pro und Enterprise. Bei der Beschränkung auf die beiden Profiversionen ist es geblieben, doch seit dem Herbst-Update verliert das virtuelle System beim Neustart nicht mehr wie bislang sämtliche Änderungen – allerdings nur unter Windows 11. Sandboxie Classic leistet das Gleiche und läuft unter Windows 10 inklusive Home Edition.
So geht’s: Nach dem Installieren und Starten von Sandboxie klicken Sie auf der Control-Oberfläche mit der rechten Maustaste auf „Sandbox DefaultBox –› In der Sandbox starten –› Programm starten –› Suchen“. Im „Programme“- beziehungsweise „Programme (x86)“- Ordner wählen Sie die Ausführungsdatei der Software, die in der Sandbox starten soll. Im nächsten Schritt aktivieren Sie die Option „Als UAC-Administrator starten“, klicken auf „OK“ und je nach Einstellung der Benutzerkontensteuerung (UAC) auf „Ja“.
Möchten Sie Windows als komplettes virtuelles System aufsetzen, nutzen Sie VirtualBox oder VMware Workstation Player. Die ISO-Dateien zum Installieren von Windows 10 oder 11 erhalten Sie bei Microsoft unter www.microsoft.com/de-de/software-download.
Komfortable Alternativen stellen die Instant Recovery Tools Reboot Restore Rx und Time Freeze dar. Sie verwerfen alle zwischenzeitlichen Änderungen, beseitigen also auch potenzielle Schadsoftware. Die Tools arbeiten ebenfalls mit Virtualisierung, man muss das virtuelle System allerdings nicht neu aufsetzen. Details zur Konfiguration von Reboot Restore Rx und Time Freeze lesen Sie im Onlineratgeber.
Smart App Control soll PC vor Schadcode schützen

Der Microsoft Defender Smartscreen schützt vor unbekannten Apps. Gefahr droht jedoch keineswegs von jedem geblockten Programm; im Einzelfall muss der Anwender entscheiden.
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Mit „Smart App Control“ (SAC) hat Microsoft in Windows 11 Version 22H2 eine Funktion eingeführt, die bisher dem „Windows im S- Modus“ vorbehalten war: Nämlich rigoros alles zu sperren, was das System nicht ausdrücklich als unbedenklich einstuft. Das ist ein bedeutender Unterschied zum herkömmlichen Virenschutz. Der warnt oder blockiert nur, was wahrscheinlich Schadcode enthält.
Die neue Funktion nutzt künstliche Intelligenz und zertifikatsbasierte Signaturen. Wie es sich in der Praxis bewährt, muss sich erst zeigen. Manuell gesetzte Ausnahmen, um auch als unsicher eingestufte Programme ausführen zu können, sieht SAC derzeit nicht vor. Dass Smart App Control einen durchaus radikalen Schritt darstellt, ist auch Microsoft bewusst: Nutzen lässt SAC nur auf PCs mit frisch installiertem Windows 11. Wer seinen PC im Herbst auf Version 22H2 aktualisiert hat, muss ihn erst zurücksetzen.
Zunächst läuft die Funktion im Auswertungsmodus. Dieser analysiert das individuelle Nutzerverhalten und entscheidet danach, ob der Schutz im konkreten Einsatz sinnvoll scheint. Dann schaltet er sich nach einiger Zeit automatisch zu, manuell ist das jederzeit möglich. Ein einmal aktivierter Schutzmodus lässt sich zwar einfach wieder deaktivieren, ohne Zurücksetzen von Windows 11 jedoch nicht erneut einschalten. Da beim Zurücksetzen die installierte Software verloren geht, will dieser Schritt gut überlegt sein.
Windows 10 hingegen unterstützt das fremdbestimmte Smart App Control nicht, bietet jedoch eine Reihe durchaus ähnlicher Schutzmechanismen. Diese fasst Microsoft in der Einstellungen-App unter „Windows-Sicherheit“ zusammen.

Nicht alle Sicherheitsfunktionen sind in Windows 10 standardmäßig eingeschaltet, dazu zählt das hier bereits aktivierte Blockieren potenziell unerwünschter Software.
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Einige wie der Viren-, Echtzeit-, Manipulations- und cloudbasierte Schutz sowie die Firewall sind standardmäßig eingeschaltet. Doch auch die übrigen, nicht automatisch aktivierten Schutzfunktionen sind sinnvoll. Dazu zählen der „Überwachte Ordnerzugriff“ gegen Ransomware (unter „Viren- und Bedrohungsschutz“), das Blockieren potenziell unerwünschter Apps und Downloads sowie – nur in der Pro-Version – der Microsoft Defender Application Guard (beides unter „App- & Browsersteuerung –› Zuverlässigkeitsbasierter Schutz“). Je nach CPU finden Sie unter „Gerätesicherheit“ zusätzlich die „Kernisolierung“.
Dieses Nebeneinander unterschiedlicher Sicherheitsfunktionen ist mitverantwortlich, dass Windows zum Teil auch fälschlicherweise warnt. Warnt das System beispielsweise bei der Installation eines etablierten Programms, laden Sie es erneut beim Hersteller oder aus einer sicheren Quelle wie www.pcwelt.de herunter. Zudem können Sie die Datei vor dem Setup mit einem Online-Multiscanner wie Virustotal oder Jotti’s Malware Scan prüfen. Gibt es grünes Licht, installieren Sie die Software über „Weitere Informationen –› Trotzdem ausführen“ auf eigenes Risiko. Auch viele Sicherheitssuiten bieten den Echtzeit- und Systemschutz.
Bluestacks holt die Android-Apps auf PCs mit Windows 10

Der Bluestacks App Player bietet neben dem Zugriff auf den offiziellen Playstore von Google die Möglichkeit, Android- Apps als APK-Dateien auch auf dem Windows-PC zu installieren.
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Lassen sich schließlich die Android-Apps auch unter Windows 10 installieren – also eine der Kernfunktionen von Windows 11, die Microsoft zum Start des Betriebssystems im Herbst 2021 aus Performancegründen verschieben musste und die in Deutschland erst ein Jahr später freigeschaltet wurde?
Das „Windows-Subsystem für Android“ und damit auch die Apps selbst stehen bei Windows 10 nicht zur Verfügung. Doch der Android-Emulator Bluestacks App Player bringt die Android-Apps auch ins Vorgängersystem.
So geht’s: Führen Sie den Bluestacks Installer aus und warten ab, bis alle erforderlichen Programmdateien nachgeladen sind und der Emulator installiert ist. Den eigentlichen Player mit allen Funktionen starten Sie, indem Sie auf der Bluestacks-Oberfläche auf das Symbol links unten klicken. Die Funktionsleiste rechts bietet so viele Möglichkeiten, dass man etwas Zeit benötigt, um das neue System kennenzulernen und einzustellen. Dazu gehört, dass nach dem Anmelden im integrierten Google Playstore prinzipiell fast alle Android-Apps zur Verfügung stehen. Außerdem bietet Bluestacks systemübergreifende Funktionen, beispielsweise den Datei- und Medienzugriff über den Windows-Explorer.