Eine CPU funktioniert dank des Stromflusses durch mikroskopisch kleine elektronische Komponenten, die aus Halbleitermaterialien bestehen. Wenn Strom durch die Schaltkreise der CPU fließt, entsteht Wärme. Und wenn der Strom genügend Wärme erzeugt, dann werden dadurch Metallatome von einem Teil des Schaltkreises zu einem anderen Teil weiter unten in der Leitung verschoben.
Findet dies lange genug statt, kann es zu einem Ausfall des Schaltkreises führen. Aktuelle Prozessoren sind dabei nicht besonders fehlertolerant, sodass selbst ein einziger Ausfall unter den Milliarden von Transistoren die CPU unbrauchbar machen könnte – sofern es sich um einen kritischen Transistor ohne Redundanz handelt. Die Elektromigration findet außerdem parallel in der gesamten CPU statt, sodass sich die Prognose früher oder später verschlechtern kann, wenn es zu einer unkontrollierten Elektromigration kommt.

Milliarden Transistoren, ähnlich wie die hier abgebildeten eines Intel-Prozessors stecken in einer PC-CPU. Fällt ein einziger aus, kann das die CPU zerstören.
IDG
Elektromigration kann einen Schaltkreis auf zweierlei Arten unterbrechen: Die Erste besteht darin, dass eine Lücke in der Schaltungsleitung entsteht. Wenn Metallatome von einer Stelle des Schaltkreises an eine andere Stelle der Leitung verschoben werden, kann der Prozess einen Punkt erreichen, an dem eine Lücke oder „Leere“ entsteht, durch die die Elektronen nicht mehr hindurch können. Das ist so, als würde man das Kabel einer Lampe durchschneiden: Das Licht geht aus. Die zweite Art von Fehler, die durch Elektromigration verursacht wird, ist ein Kurzschluss. Dieser entsteht dann, wenn so viel Leitungsmaterial aufgestaut wird, dass dieses in einen benachbarten Leiter eindringt. Die Elektronen fließen nun dort, wo sie nicht hingehören. Das ist das umgekehrte Problem wie bei einem Schutzschalter, in diesem Fall sind allerdings gleich zwei Leitungen ruiniert.
Das Problem an der Elektromigration bei CPUs liegt nicht daran, dass sie auftritt, denn sie ist in gewissem Maße immer ein normaler Teil des Stromflusses durch einen Schaltkreis. Wenn sich die Elektromigration so verteilt, dass Materialablagerungen dort entstehen, wo ein anderes Material abgetragen wurde, so ist der Prozess nachhaltig und entspricht der normalen Lebensdauer des integrierten Schaltkreises. Wenn davon die Rede ist, dass Elektromigration eine CPU zerstören kann, handelt es sich um eine ganz bestimmte Art von Elektromigration, welche durch starke Strom- und Temperaturschwankungen verursacht wird, und nicht um einen stabil laufenden Schaltkreis.

Elektromigration kann gefährlich sein, sofern CPUs außerhalb ihrer Herstellerspezifikationen genutzt werden. Denn tatsächlich ist Elektromigration ein Teil des regulären Alterungsprozesses, der durch höhere Temperaturen beschleunigt wird.
AMD
Sollten Sie sich also über Elektromigration Sorgen machen? Diese Frage stellen sich besonders Anwender, die ihre Prozessoren übertakten oder niedrig drehende Lüfter für einen niedrigeren Geräuschpegel des Systems im Einsatz haben. Bei beiden Benutzergruppen wird die CPU zumeist heißer als im herkömmlichen Betrieb, weshalb die Vermutung naheliegt, dass dies zum vorzeitigen Tod des Prozessors führen könnte. Es stimmt zwar, dass die Übertaktung einer CPU über die Werksspezifikation hinaus ihre Lebensdauer verkürzt, aber es kommt auf den Kontext an. In beiden Fällen kann die durchschnittliche Lebensdauer der CPU dennoch so lang sein, dass dies keinen praktischen Unterschied macht.
Die Hersteller von CPUs berücksichtigen die Elektromigration bei der Entwicklung ihrer Produkte. Wird ein Prozessor unter der maximalen Nenntemperatur und innerhalb des zulässigen Spannungsbereichs betrieben, dann sollte die CPU ihre angegebene Lebensdauer erreichen. Moderne CPUs sind auch bei der Temperatur- und Leistungssteuerung sehr fortschrittlich. Sie sind in der Lage, sich selbst vor hitzebedingten Schäden zu schützen, selbst wenn der Nutzer des Computers unachtsam vorgehen sollte. In der Regel kommt es lediglich zu einer thermisch bedingten Drosselung oder schlimmstenfalls zu einer Systemabschaltung, um die CPU zu schützen.
Unterm Strich ist Elektromigration zwar eine Tatsache, die eine CPU zerstören kann, jedoch nichts, worüber Sie sich wirklich Sorgen machen müssten – es sei denn, Sie betreiben eine CPU rund um die Uhr über der Nennleistung, ohne jemals zurückzuschalten.
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