Bei an die 300.000 neuen Malware-Dateien jeden Tag beantwortet sich die Frage, ob ein Windows-Rechner ein Antivirusprogramm benötigt, an sich von selbst. Doch Windows wird seit Jahren mit einem serienmäßigen Antivirusprogramm ausgeliefert – reicht das nicht? Warum sollten Sie Geld für ein kommerzielles Schutzpaket ausgeben? Genügt nicht auch eine der Gratislösungen renommierter Hersteller?
Das Magdeburger AV-Test Institut testet nicht nur Schutzprogramme für Windows, macOS und Android, es erhebt auch statistische Daten über die Malware-Flut, die aus dem Internet auf die Rechner der Nutzer zu Hause und in Unternehmen schwappt. Demnach werden im Durchschnitt pro Sekunde 3,2 neue Malware-Dateien entdeckt, 11.600 pro Stunde, 280.000 am Tag, 8,5 Millionen im Monat, insgesamt mehr als 100 Millionen in den letzten 12 Monaten. Und das ist nur die Windows-Malware, Schädlinge für macOS, Linux und Android kommen noch hinzu. Grund genug, um den eigenen Rechner vor Schadprogrammen schützen zu wollen.
Die neuesten Antivirus-Tests
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Das serienmäßig in Windows 8.1, 10 und 11 enthaltene Microsoft Defender Antivirus (vormals Windows Defender) erfüllt diese Aufgabe gemäß einschlägiger Vergleichstests der letzten Jahre mehr als ordentlich. Defender erkennt meist ebenso viele Schädlinge wie die besten Antivirusprogramme der bekannten Hersteller. Es hält sich meist unauffällig im Hintergrund und stört nicht. Was will man mehr?
Die letzte Verteidigungslinie
Eine Antivirus-Software auf dem PC erkennt im besten Fall ein schädliches Programm, wenn es auf einem Laufwerk (klassisch: Festplatte) gespeichert oder spätestens, wenn es ausgeführt werden soll. Doch das ist im Grunde bereits die letzte, unverzichtbare Verteidigungslinie. So weit sollte es erst gar nicht kommen. Eine umfassende Sicherheitslösung besteht aus mehreren Schutzschichten, zu denen auch eine Desktop Firewall gehört.
Die wichtigsten Schutzfunktion, die Sie brauchen
- Antivirus (Abwehr von Malware)
- Desktop Firewall (Netzwerkverbindungen steuern)
- Sicherheits-Updates für installierte Software
- Identitätsschutz (Konten bei Online-Diensten auf Datenlecks überwachen)
- Schutz der Privatsphäre (verschlüsselte Datenübertragung im Internet)
- Passwort-Verwaltung
- Backup (Datensicherung)
Eine Desktop Firewall wacht darüber, welche Rechner von außen auf den PC zugreifen wollen und welche Anwendungen auf das Internet zugreifen wollen. Richtig eingestellt, verhindert sie unbefugte Zugriffe in beide Richtungen und lässt berechtigte oder vom Benutzer gewollte Verbindungen zu. In Windows ist eine solche Firewall integriert, die alles kann, was eine solche Schutzmauer können muss. Der Windows Firewall fehlt jedoch scheinbar eine leicht zugängliche Bedienoberfläche. Sie meldet sich meist nicht, wenn ein neu installiertes Programm ins Internet will. Tatsächlich können Sie jedoch die Windows Firewall so einstellen, dass sie sich meldet. Sie können auch einstellen, welche Programme ins Internet dürfen und welche nicht. Doch der Zugang zu diesen Einstellungen ist recht versteckt und den meisten Anwendern schlicht nicht bekannt.

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Weitere wichtige Schutzaspekte sind der Identitätsschutz, der Schutz der Privatsphäre, ein Passwort-Manager sowie Backups. In diesen Bereichen hat Windows ab Werk wenig zu bieten. Allerdings können Sie diese Funktionen mit frei verfügbarer Software nachrüsten – dazu später mehr. Die Auswahl ist groß und unübersichtlich. Da trifft es sich gut, dass umfangreiche Schutzlösungen zumindest einige dieser Aufgaben erfüllen können.
Kommerzielle Schutzpakete
Unter Namen wie „Internet Security“ bieten etliche Hersteller aus dem Antivirusbereich umfassende Schutzlösungen an, die neben dem Schutz vor Malware auch Zusatzdienste wie eine Firewall-Steuerung, einen Passwort-Manager und inzwischen häufiger auch eine VPN-Lösung (VPN: Virtual Private Network) mitbringen. Was meist dennoch fehlt, ist eine gute Backup-Software. Regelmäßige Backups sind vor allem bei Ransomware (Erpresser-Malware) die letzte Rettung. Dazu gehören etwa Produkte wie die von Norton 360 oder Bitdefender. Welche Sicherheitslösungen wir für Windows 10 empfehlen, lesen Sie hier und hier, welche für Windows 11 besonders gut abschneiden.
Die meisten kostenlosen Virenschutz-Alternativen zum serienmäßigen Defender sind abgespeckte Versionen der kostenpflichtigen Schutzlösungen des jeweiligen Herstellers. Wenn Sie den vollen Funktionsumfang nutzen wollen, kommen Sie kaum um ein kommerzielles Schutzpaket herum. Verschiedene Hersteller bieten nach Funktionsumfang gestaffelte Pakete an, andere bieten die Möglichkeit, fehlende Funktionalität gegen Aufpreis nachzurüsten.
Für manche Aufgaben wie etwa eine VPN-Lösung oder Backups müssen Sie oft ohnehin auf andere Anbieter ausweichen. Die besten VPN-Dienste stellen wir Ihnen hier vor.
Schutzfunktionen in Windows 10 und Windows 11 kostenlos nachrüsten
Wenn Sie mit dem serienmäßigen Defender (oder einem anderen Antivirusprogramm Ihrer Wahl) zufrieden sind und nur bei anderen Schutzaspekten einen Mehrbedarf sehen, können Sie mit kostenlos nutzbarer Software bereits viele Schutzbedürfnisse abdecken. Doch oft endet hier die Komfortzone: Sie müssen sich für nahezu jede Aufgabe eine separate Lösung suchen, diese installieren und einrichten. Wer sich das zutraut und es auf sich nimmt, kann eine Menge Geld sparen, ohne Abstriche bei der Sicherheit machen zu müssen. Ein paar Beispiele:
▶Sicher surfen – diese Tools verwandeln Ihren Rechner in ein Fort Knox
Der Windows Firewall fehlt an sich nur eine Bedienoberfläche, wie sie von anderen Firewalls bekannt ist. Diese können Sie zum Beispiel mit der kostenlosen Software Windows 10 Firewall Control (Free Edition) nachrüsten. Sie meldet sich, wenn ein Programm zum ersten mal ins Internet will und bietet Ihnen die Wahl, dies zuzulassen oder zu blockieren.
▶So optimieren Sie Ihre Windows Firewall
Sichere Passwörter sind nicht leicht zu merken, vor allem, wenn Sie wie empfohlen für jeden Dienst ein anderes Passwort verwenden. Abhilfe schaffen Passwort-Manager wie KeePassXC (Open Source) oder Bitwarden. Darin speichern Sie Ihre Zugangsdaten verschlüsselt und mit einem sicheren Hauptpasswort geschützt. Wenn Sie die Daten brauchen, können Sie sie über die Zwischenablage einfügen. Mit der zugehörigen Browser-Erweiterung wird es noch bequemer.
▶Die besten Passwort-Manager im Test
Um Sicherheits-Updates für Windows und weitere Microsoft-Produkte (etwa Office) kümmert sich Windows automatisch. Die wichtigste Verbindung zum Web ist der Browser. Die meisten Browser enthalten eine Update-Funktion, die entweder beim Programmstart oder über einen installierten Hintergrunddienst (Firefox, Chrome) automatisch nach Updates suchen. Um weitere Programme auf Aktualität zu prüfen, können Sie zum Beispiel Sumo (Software Update Monitor) nutzen.
▶Die neuesten Sicherheits-Updates
Neben den inzwischen recht zahlreichen kostenpflichtigen VPN-Lösungen gibt es auch ein paar kostenlos nutzbare VPN-Dienste. Sie weisen meist ein paar Einschränkungen auf, mit denen Sie jedoch als Gelegenheitsnutzer möglicherweise leben können. Oft haben sie nur wenige Server-Standorte zur Auswahl und/oder begrenzen das Datenvolumen, das Sie täglich oder monatlich nutzen können. Zu nennen ist hier etwa Atlas VPN, das wir bereits getestet haben. Weitere Gratis-VPNs gibt es etwa bei ProtonVPN und Privado. Bei hohem Schutzbedarf ist der Tor Browser Ihr Freund. Auch der Brave Browser enthält die Tor-Software. Das Tor-Netzwerk ist allerdings für Video-Streaming und umfangreiche Downloads weder gedacht noch geeignet.
Sichern Sie regelmäßig ihre Daten wie Texte, Fotos und andere wichtige Dokumente auf einen externen Datenträger, etwa eine USB-Festplatte. Wenn bei einem Ransomware-Befall alle Dateien verschlüsselt oder gelöscht werden, ist ein aktuelles Backup sehr beruhigend und meist die einzige Rettung.
▶Vier kostenlose Backup-Lösungen
Das Sicherheitsproblem sitzt oft vor dem Bildschirm
Eine Binsenweisheit ist, dass das größte Sicherheitsproblem vor dem Bildschirm sitzt. Wenn Sie noch immer zu denen gehören, die alles anklicken, was nicht bei „3“ im Papierkorb ist, ändern Sie vor allem diese Gewohnheit. Links in Mails oder Chats führen oft zu Phishing-Seiten oder anderen Betrugsseiten. Mit etwas Glück warnt Sie der Browser vor dem Risiko, verlassen sollten Sie sich allein darauf jedoch nicht. Wenn eine Mail vermeintlich von Ihrer Bank kommt und Sie zur Bestätigung Ihrer Daten auffordert, ist ein Betrüger der Absender. Banken versenden solche Mails nicht.
Auch bei Mail-Anhängen ist Vorsicht geboten, vor allem, aber nicht nur, wenn die Mail von einer unbekannten Person kommt. Nicht immer ist zu erkennen, welche Art von Datei tatsächlich in der Mail steckt. Bevor Sie eine Datei öffnen, speichern Sie sie auf der Festplatte – dann kann sie die Antivirus-Software prüfen. An erster Stelle sollte jedoch die Frage stehen, ob und warum Sie diese Datei unbedingt öffnen müssen.
Fazit
Mit den Bordmitteln von Windows 10 und 11 haben Sie zumindest einen Basisschutz. Bei knappem Budget können Sie Ihren Rechner mit Gratis-Tools weiter absichern, auf Kosten der Bequemlichkeit. Wer es bequemer haben will, schützt den PC mit einem kommerziellen Sicherheitspaket, das Lösungen aus einer Hand bietet.