Umfangreiche Bargeldzahlungen sind vielen Regierungen ein Dorn im Auge. Denn Bargeldzahlungen lassen sich für die Behörden nicht nachverfolgen und können deshalb die Verwendung von Schwarzgeld, die Geldwäsche oder sonstige kriminelle Zahlungen theoretisch erleichtern. Dem gegenüber stehen aber auch klare Vorteile, die für das Bezahlen mit Bargeld sprechen: Zum Beispiel der Datenschutz und der Schutz der Privatsphäre oder generell die persönliche Freiheit, sowie die leichte Zugänglichkeit auch für Menschen ohne Internet und Smartphone.
Bargeld steht hoch im Kurs
In Deutschland gibt es verschiedene Umfragen, die bescheinigen, dass die meisten Bürger in Zukunft zumindest gerne die Wahl haben möchten, ob sie bar oder auf anderen Wegen bezahlen möchten. Nach einer Umfrage des Handelsblattes, zahlen fast 70 % der Deutschen am liebsten in bar. Die Deutsche Bundesbank kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Studie „Zahlungsverhalten in Deutschland 2021“ zeigt, dass bargeldloses Bezahlen zunimmt, aber weit über die Hälfte aller Bezahlvorgänge noch bar ablaufen.
Aktuelle Lage im In- und Ausland
In Spanien und Frankreich sind Barzahlungen ab 1.000 Euro bereits verboten, außer zwischen Privatpersonen oder von Touristen. Diese dürfen in diesen Ländern bis zu 10.000 Euro in bar bezahlen. Auch Italien will sein Bargeldlimit von 2.000 Euro auf 1.000 Euro reduzieren, wobei die neue Regierungschefin Giorgia Meloni allerdings neue Pläne hat und die Grenze wieder auf 10.000 Euro anheben möchte.
Bereits jetzt gibt es in Deutschland bei Bargeldzahlungen ab 10.000 Euro die Vorschrift, dass jeder, der Geld in dieser Höhe und mehr in bar annimmt, den Ausweis des Zahlers überprüfen muss. Ein Händler muss die Daten des Zahlers erfassen, aufbewahren und auf Anordnung von Behörden auch vorlegen. Es ist zu erwarten, dass diese Vorschriften weiter verschärft werden. Für den Kauf von Gold, Rohstoffen oder Edelmetallen gilt diese Vorschrift seit 2020 bereits ab einer Zahlung von 2.000 Euro.
Der Plan: Bundesregierung will Bargeldzahlungen deckeln
Die aktuelle Bundesregierung, genauer gesagt die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), möchte Bargeldzahlungen in Zukunft nur noch bis zu 10.000 Euro zulassen. Das soll Geldwäsche und andere kriminelle Machenschaften einschränken. Bereits jetzt kritisieren viele Verbraucherschützer den Vorstoß. Dieser bietet zahlreiche Vor- und Nachteile (siehe unten), die genau gegeneinander abgewogen werden sollten.
Vorteile: Weniger Kriminalität und Geldwäsche?
Als hauptsächlicher Vorteil einer Bargeldobergrenze nennen das Bundesinnenministerium und auch die EU-Kommission den Kampf gegen kriminelle Geschäfte, Schwarzgeldzahlungen und Geldwäsche. Wenn aber nur noch Zahlungen bis 10.000 Euro in bar möglich sind, ist zu erwarten, dass sich Kriminelle andere Wege suchen, um ihr Geld zu waschen. Kryptowährungen, Stückelungen von Zahlungen in 10.000 Euro-Häppchen (das Aufteilen einer großen Zahlung in viele kleine ist zum Beispiel bei Parteispenden beliebt) oder das Ausweichen ins Ausland sind da nur einige Beispiele. Die Regierung will an dieser Stelle noch weitergehen und das Bezahlen von Immobilien mit Bargeld und Kryptowährungen komplett verbieten. Die Zeichen der Zeit sind eindeutig: Die deutsche Regierung und auch die anderen europäischen Regierungen sowie die EU-Kommission wollen das Zahlen mit Bargeld einschränken.
Betrug, Geldwäsche und Steuerhinterziehung sollen dadurch wirksam bekämpft werden. Dazu kommen die Steuern, die dem Staat durch Schwarzgeldzahlungen entgehen. Der Anteil dieser Schattenwirtschaft wird in Deutschland auf 10 bis 15 Prozent des Bruttoinlandproduktes geschätzt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland betrug im Jahr 2021 rund 3,6 Billionen Euro. In den 38 Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung lag der Anteil der Schattenwirtschaft im Jahr 2015 zwischen 5,9 und 22,4 Prozent. Das zeigt, die riesige Menge an Steuern, die uns allen durch die Schattenwirtschaft entgeht. Eine Bargeldobergrenze kann in diesem Bereich sicherlich einiges verbessern.
Verlieren wir mit Bargeldzahlungen auch unsere Freiheit des Bezahlens?
Verbraucherschützer kritisieren an den neuen Regelungen, dass das Zahlen mit Bargeld unter Generalverdacht gestellt wird, und jeder Bürger, der bar bezahlt, in Verdacht steht, etwas Illegales im Schilde zu führen. Dazu kommt, dass sich einmal eingeführte Grenzen sehr schnell weiter reduzieren lassen. Aus 10.000 Euro zur Barzahlung eines Gebrauchtwagens werden schnell 5.000 Euro, sodass faktisch das Bezahlen nur noch elektronisch erfolgen kann. Das leistet dem Überwachungsstaat Vorschub, da Finanz- und Strafverfolgungsbehörden bereits jetzt auf die Kontoverläufe von Bürgern und Unternehmen zugreifen können. Werden Karten oder andere digitale Zugänge gesperrt, lässt sich das Zahlen von bestimmten Dingen leicht verhindern, wenn auch Barzahlungen nicht mehr erlaubt sind.
Gerade beim Gebrauchtwagenkauf und teilweise sogar bei Neuwagenkäufen ist das Bezahlen mit Bargeld üblich. Eine Bargeld-Obergrenze macht den Autokauf für viele Käufer und Verkäufer umständlicher, wie Verbraucherschützer befürchten.
Bargeldbesitz wird zwar nicht verboten, aber…
Derzeit haben die Regierungen in Europa und Deutschland nicht den Plan, den Besitz von Bargeld einzuschränken oder die Möglichkeit, Bargeld auf einem Konto einzuzahlen, zu begrenzen. Es ist allerdings seit 2021 vorgeschrieben, dass es für Einzahlungen ab 10.000 Euro eine Erfassung des Kunden geben muss. Auch diese Grenzen lassen sich jederzeit weiter nach unten verschieben. Banken müssen von Kunden einen Beleg einfordern, wo das Geld herkommt. Innerhalb der EU müssen Reisende bei Grenzbeamten angeben, wenn sie mehr als 10.000 Euro mit sich führen. Geht die Reise ins Ausland, muss die Bargeldzahlung beim Zoll schriftlich angegeben werden.

Europäische Zentralbank
Bargeld ist in Krisenzeiten und bei Stromausfall zuverlässiger
Klar ist, dass in Krisenzeiten Bargeld zuverlässiger ist und leichter eingesetzt werden kann als elektronische Zahlungsmittel. Fallen Zahlungssysteme aus, ist kein Bezahlen mehr auf elektronischem Weg möglich, mit Bargeld aber schon. Solche Ausfälle sind in der Vergangenheit bereits häufiger vorgekommen. Im Mai 2022 sind bundesweit ein großer Teil aller elektronischen Bezahlvorgänge nicht möglich gewesen, weil Terminals des US-Anbieters Verifone ausgefallen sind. Regional kommt es immer wieder zu Störungen bei Terminals und auch in einzelnen Läden oder Tankstellen funktioniert das Bezahlen mit Karte nicht immer zuverlässig, wenn die Datenübertragung gestört ist.
Durch die aktuelle Situation auf den Energiemärkten sind zumindest regionale Stromausfälle nicht ganz unwahrscheinlich. Die vier Übertragungsnetzbetreiber haben im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums in der Sonderanalyse („Stresstest“) die Sicherheit des Stromnetzes für diesen Winter unter verschärften äußeren Bedingungen untersucht. Das Ergebnis dieser Analyse ist, dass eine stundenweise krisenhafte Situation im Stromsystem im Winter 2022/23 unwahrscheinlich ist, aber nicht vollständig ausgeschlossen werden kann. Das könnte alle elektronischen Bezahlvorgänge unmöglich machen.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfiehlt hierzu ausdrücklich in seinem Ratgeber: „Denken Sie daran, eine ausreichende Bargeldreserve im Haus zu haben, da bei Stromausfall auch die Geldautomaten nicht mehr funktionieren“.
Das alles zeigt, dass eine Obergrenze für das Bezahlen mit Bargeld nicht unproblematisch ist. Gerade in Krisensituation, wie wir sie jetzt haben.