Update 12.12.2022: LTE 900 kommt in den Zügen erst ab dem 11. Dezember 2024 (siehe unten). Die Bundesnetzagentur will damit den kleineren Bahnunternehmen (überwiegend Unternehmen, die Güterzüge betreiben) mehr Zeit für die Nachrüstung der Funkgeräte in den Lokomotiven geben. Doch wie die Zeit berichtet, stößt diese Entscheidung bei den deutschen Mobilfunkunternehmen auf Kritik. So fordert die Deutsche Telekom eine Freigabe von LTE 900 für Mitte des Jahres 2023 und auch Vodafone befürwortet eine baldige Freigabe dieses Frequenzbereiches für die Züge. Die Bahn AG hatte zuvor bereits gegenüber PC-WELT erklärt, dass sie für eine Freigabe von LTE 900 im Sommer 2023 sei. Update Ende
Netzausbau in Tunneln stockt
In Zügen macht die Handy-Nutzung oft keinen Spaß. Doch neben dem unten ausführlich beschriebenen Problem mit der Verschiebung von LTE 900 für die Züge berichtet der Bayerische Rundfunk noch über ein weiteres Ärgernis für Bahnfahrer, die ihr Handy im Zug durchgehend nutzen wollen: Tunnelfahrten.
Denn während der Fahrt durch einen Tunnel in Deutschland bricht die Mobilfunkverbindung oft ab. Laut der Bundesnetzagentur sind nach wie vor nicht alle Tunnel vollständig versorgt. Eigentlich hatten sich die Netzbetreiber dazu verpflichtet, bis Ende 2022 in allen Tunneln guten Handyempfang zu ermöglichen, wie der BR berichtet. Doch vermutlich wird dieses Ziel nicht erreicht. Laut BR sagen Telekom und Vodafone, dass sie von der Bahn nur schwer die erforderlichen Baugenehmigungen erhalten würden. Diese würde die Bahn erst dann rausrücken, wenn für einen Tunnel ohnehin Baugenehmigungen anstehen würden. Die Bahn wiederum schiebt den Netzbetreibern den schwarzen Peter zu und behauptet, sie würde die Netzbetreiber “nach Kräften” unterstützen.
Vorerst kein LTE 900 in deutschen Zügen
Diese Nachricht wird Millionen Bahn-Kunden nicht gefallen: Die Bahn verschiebt die Einführung einer weiteren 4G-Funkfrequenz (als LTE 900 bezeichnet) in ihren Zügen. Damit verschiebt sich die Verbesserung des Mobilfunkempfangs in den Zügen um zwei Jahre. Das berichtete zunächst Spiegel Online und das haben die Deutsche Bahn AG und Bundesnetzagentur der PC-WELT auf Nachfrage bestätigt. Die Bundesnetzagentur beschreibt diesen Vorgang in ihrem Behördendeutsch folgendermaßen:
Die Bundesnetzagentur hat am 23.11.2022 einen Beschluss erlassen, mit dem sie die Vorgabe der DB Netz AG, dass ab 11.12.2022 nur noch gehärtete GSMR-Geräte eingesetzt werden dürfen, bis zum 14.12.2024 für unwirksam erklärt hat. Hintergrund ist, dass mehr als 1000 Triebfahrzeuge unterschiedlicher Fahrzeughalter bis zum 11.12.2022 nicht umgerüstet sein werden.
Start sollte am 11.12.2022 sein
Eigentlich wollte die Bahn mit Einführung des Winterfahrplans zum 11. Dezember 2022 (Fahrplanwechsel 2022/23) auch den Mobilfunkempfang in ihren Zügen verbessern. Hierzu sollte in den Zügen eine weitere 4G-Funkfrequenz (um 900 MHz; deshalb spricht man von LTE 900) für Handynutzer zur Verfügung stehen. Doch die Bundesnetzagentur als zuständige Aufsichtsbehörde untersagte dies und widerruft damit Ihre ursprünglich erteilte Zustimmung zu einer Vorgabe der DB Netz AG, dass ab 11.12.2022 nur noch gehärtete GSMR-Geräte eingesetzt werden dürfen. Diese Vorgabe der Bahn AG setzte aber offensichtlich andere, kleinere Bahnunternehmen zu sehr unter Druck.
Technischer Hintergrund
GSM-R (das „R“ steht für „Rail“) arbeitet im Frequenzbereich rund um 900 MHz. Auf dieser Funkfrequenz kommunizieren bisher Zugführer und Fahrdienstleiter miteinander. Doch auch 4G/LTE nutzt unter anderem den Bereich um 900 MHz. Um zu vermeiden, dass die 4G-Mobilfunknetze im 900-MHz-Bereich den Zugfunk zwischen Lokführer und Fahrdienstleiter auf GMS-R 900 MHz stören, müssen die Mobilfunkunternehmen entlang der Eisenbahnstrecken einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen ihren LTE-900-Netzen und den Gleisen einhalten, um Überlappungen zu vermeiden.
Damit nun aber auch die Reisenden im Zug 4G besser nutzen können, soll der 4G-Frequenzbereich um 900 MHz auch für diese freigegeben werden. Doch auch die Zugführer und Fahrdienstleiter müssen sich weiter über diese Frequenz miteinander austauschen können. Damit 4G um 900 MHz und GSM-R um 900 MHz im Zug konfliktfrei nebeneinander genutzt werden können, müssen die Zugfunkendgeräte in den Lokomotiven entsprechend angepasst werden. Hierzu muss jede Lokomotive in die Werkstatt, um ein “gehärtete GSMR-Funkgerät” zu bekommen (die Bundesnetzagentur bezeichnet die entsprechend angepassten Funkgeräte in den Lokomotiven als “gehärtete GSMR-Geräte”). Doch etliche Loks – laut Bundesnetzagentur “1000 Triebfahrzeuge unterschiedlicher Fahrzeughalter”– sind noch nicht umgerüstet, wobei es sich vor allem um Lokomotiven kleinere Unternehmen zu handeln scheint, die in erster Linie für Güterzüge verwendet werden.
Das Problem
Wie oben dargestellt müssen die Deutsche Bahn und alle anderen Bahnunternehmen in Deutschland an allen Lokomotiven – laut Spiegel Online sind es rund 15.000 – entsprechend die Technik umrüsten. Doch das haben die Deutsche Bahn und vor allem viele kleinere private Bahnbetreiber bis jetzt nicht geschafft. Deshalb zog die Bundesnetzagentur die Notbremse. Die zusätzliche 4G-Mobilfunkfrequenz soll deshalb erst im Dezember 2024 zur Verfügung stehen.
Die Frist für den Umbau war bereits einmal verlängert worden, zudem übernimmt der Staat seit Juli 2020 komplett die Umrüstungskosten. Trotzdem sind die Lokomotiven eben nicht fristgerecht um- beziehungsweise nachgerüstet worden. Die Mobilfunknutzer in den Zügen müssen also weiter auf eine bessere Mobilfunkverbindung warten.
Doch warum warten bis Dezember 2024?
Die Deutsche Bahn betont gegenüber der PC-WELT, dass die Umrüstung ihrer Lokomotiven deutlich früher als bis Dezember 2024 erfolgen wird. Ein Bahnsprecher sagte uns Folgendes:
„Die Deutsche Bahn bedauert es sehr, dass die neue Funkfrequenz noch nicht in Betrieb geht. Wir sind auf LTE 900 vorbereitet; unsere DB-Züge sind Mitte 2023 komplett startklar. Leider müssen unsere Fahrgäste nun noch länger auf besseren Mobilfunk an den Schienenstrecken warten.“
Doch warum hat die Bundesnetzagentur die Einführung von LTE 900 für die Züge gleich bis Dezember 2024 verschoben? Denkbar wäre doch, dass LTE 900 sofort freigegeben wird, sobald alle Bahnunternehmen/Zugbetreiber die abgeschlossene Umrüstung ihrer Lokomotiven an die Bundesnetzagentur gemeldet haben. Anscheinend will aber die Bundesnetzagentur den kleineren Bahnunternehmen mehr Zeit für die Umrüstung ihrer Funkgeräte geben. Denn die Bundesnetzagentur schreibt:
Eine Unwirksamkeitserklärung für einen kürzeren Zeitraum hätte zu große Auswirkungen auf den Eisenbahnverkehr gehabt, weil zum 01.07.2023 noch über 800 Fahrzeuge und zum Beginn des Jahres 2024 noch über 400 Fahrzeuge noch nicht umgerüstet sein werden. Der Beschluss wahrt die Bestandsschutzinteressen der Eisenbahnverkehrsunternehmen und Leasinggesellschaften. Das Verbot eines Einsatzes nicht gehärteter Zugfunkgeräte wird nicht erst dann greifen, wenn restlos alle Triebfahrzeuge umgerüstet sind. Nach dem 14.12.2024 werden einige Fahrzeuge noch nicht umgerüstet sein.
Zur Einordnung hier die volle Stellungnahme der Bundesnetzagentur
Die Bundesnetzagentur hat am 23.11.2022 einen Beschluss erlassen, mit dem sie die Vorgabe der DB Netz AG, dass ab 11.12.2022 nur noch gehärtete GSMR-Geräte eingesetzt werden dürfen, bis zum 14.12.2024 für unwirksam erklärt hat. Hintergrund ist, dass mehr als 1000 Triebfahrzeuge unterschiedlicher Fahrzeughalter bis zum 11.12.2022 nicht umgerüstet sein werden.
Triebfahrzeuge, die vor dem 05.07.2016 zugelassen worden sind (Bestandsfahrzeuge), müssen nach § 4 Absatz 5 der Verordnung über die Erteilung von Inbetriebnahmegenehmigungen für das Eisenbahnsystem (EIGV) nicht der Technischen Spezifikation für die Interoperabilität und deren Änderungen genügen. Das ist erst bei Aufrüstung oder Erneuerung des Fahrzeugs der Fall. Die in § 4 Absatz 5 EIGV geregelten Ausnahmen sind bei der Umrüstung auf gehärtete Zugfunkgeräte nicht einschlägig.
Das bedeutet, dass Halter und Betreiber von Bestandsfahrzeugen ein – auch europarechtlich abgesichertes – Recht haben, ihre Triebfahrzeuge nicht, wie von der DB Netz AG gefordert, bis zum 11.12.2022 auf gehärtete Zugfunkgeräte umrüsten zu müssen. Dies dient dem Investitionsschutz und als Anreiz, dass überhaupt Investitionen in solche hochwertigen und langlebigen Objekte wie Triebfahrzeuge getätigt werden.
Mit der von vorgesehenen Pflicht zur Umrüstung verstößt die DB Netz AG gegen dieses Recht. In dem Beschluss vom 17.11.2021 (Geschäftszeichen BK10-21-0299_Z) hatte die Bundesnetzagentur die Umrüstungsvorschrift dennoch grundsätzlich nicht beanstandet. Sie hatte dies angesichts der massiven Vorteile des Einsatzes hinreichend störfester Endgeräte im Bahnfunkbereich für die Versorgung mit Fahrgästen und Bevölkerung mit breitbandigem öffentlichen Mobilfunkt und der damit einhergehenden Steigerung der Attraktivität der Schiene bei gleichzeitig großzügiger finanzieller Förderung der Umrüstung durch den Bund in der Abwägung mit den Restunsicherheiten hinsichtlich einer rechtzeitigen Umrüstung als nicht interessengerecht und damit als unverhältnismäßig angesehen.
Die am 23.11.2022 getroffene Entscheidung der Bundesnetzagentur basiert auf den Erkenntnissen einer Kundenabfrage der DB Netz AG zum Umrüstungsstand, zu der die Bundesnetzagentur die DB Netz AG im Beschluss vom 17.11.2021 verpflichtet hatte. Für die Bundesnetzagentur stellte sich die Frage, ob und ab wann sie angesichts dieser Erkenntnisse den Verstoß gegen das Recht auf Bestandsschutz duldet, um eine breitbandige Versorgung mit mobilem Internet entlang der Schienenwege zu ermöglichen.
Die Bundesnetzagentur hat in dem aktuellen Beschluss die Vorgabe der DB Netz AG, dass ab 11.12.2022 nur noch gehärtete GSMR-Geräte eingesetzt werden dürfen, bis zum 14.12.2024 für unwirksam erklärt. Dafür ausschlaggebend war, dass mehr als 1000 Triebfahrzeuge unterschiedlicher Fahrzeughalter bis zum 11.12.2022 nicht umgerüstet sein werden. Ursächlich hierfür sind neben pandemiebedingten Verzögerungen vor allem noch nicht abgeschlossene Zulassungsverfahren, insbesondere für in mehreren Ländern eingesetzte Loks. Betroffen von einem Zugangsverbot wären u.a. auch Transporte, welche für die Sicherstellung der Energieversorgung in diesem und kommenden Winter benötigt werden. Eine streckenbezogene Betrachtung war vor dem Hintergrund der hohen Anzahl der betroffenen Fahrzeuge und deren flexiblen Einsatz im deutschen Eisenbahnnetz nicht sinnvoll.
Eine Unwirksamkeitserklärung für einen kürzeren Zeitraum hätte zu große Auswirkungen auf den Eisenbahnverkehr gehabt, weil zum 01.07.2023 noch über 800 Fahrzeuge und zum Beginn des Jahres 2024 noch über 400 Fahrzeuge noch nicht umgerüstet sein werden. Der Beschluss wahrt die Bestandsschutzinteressen der Eisenbahnverkehrsunternehmen und Leasinggesellschaften. Das Verbot eines Einsatzes nicht gehärteter Zugfunkgeräte wird nicht erst dann greifen, wenn restlos alle Triebfahrzeuge umgerüstet sind. Nach dem 14.12.2024 werden einige Fahrzeuge noch nicht umgerüstet sein.
Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 23.11.2022 ist auf der Webseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht.
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