Die Meta Quest Pro ist ohne Frage technisch beeindruckend: Das fängt schon bei den Controllern an, in denen jeweils drei LIDAR-Kameras für Inside-Out-Tracking des Raumes sitzen, die von einem Snapdragon 662 gesteuert werden. Ja, richtig gehört, alleine in den beiden Controllern sitzen zwei Smartphone-Prozessoren der Mittelklasse, die jeweils drei Videosignale dekodieren. Der Grund dafür liegt im wohl größten Gamble, der riskantesten Wette, die das Silicon Valley je eingegangen ist: das Metaverse.
Mark Zuckerberg will unsere Business-Welt in ein durch-kommerzialisiertes, virtuelles Universum verwandeln – einem Die Sims 5 trifft GTA 6 in Second Life in VR. Er träumt von einer Geschäftswelt, in der Firmen ob des Home Office ihre Budgets für gläserne Bürotürme in Zukunft in virtuelle Headquarter investieren.

Die Quest Pro hat signifikant bessere Linsen – mit Quantum-Dot-Technologie, wie wir sie aus der TV-Welt kennen. Mark Zuckerberg will umbedingt die beste VR-Brille im Markt positionieren, bevor Apple 2023 mit Apple VR Glasses angreifen wird.
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Sie haben sicherlich schon von NFT-Firmen gehört, die für viel Geld virtuelles Land anbieten. Zuckerberg möchte darauf virtuelle Konzernsitze errichten. Und dafür braucht es diese super sensible Abtastung von Controllern, schließlich soll man mit einem Stift an das Whiteboard im virtuellen Büro so natürlich schreiben können, wie im realen Büro. Und Architekten sollen volle Kontrolle über 3D-Modelle haben und darin arbeiten können.
Die Meta Quest Pro heißt also nicht nur deshalb Pro, weil sie ein viel besseres Quantum-Dot-Display als die Oculus Quest 2 hat, sondern weil Meta jetzt voll die B2B-Welt angreifen will. Horizon Workrooms etwa soll Zoom, Microsoft Teams & Co. integrieren und letztlich ersetzen, schließlich leben wir in dieser neuen Remote-Welt des Home Office, haben aber nur unzureichende Tools zur Auswahl.
VR-Brillen haben aktuell aber dieses eine große Problem: Sie sind unbequem. Man schwitzt darunter, sie drücken am Kopf, nicht wenige Menschen haben bereits nach einigen Stunden Schwindelgefühle.
Als wir die Meta Quest Pro auf dem Web Summit 2022 in Lissabon einem ersten Hands-On-Test unterziehen, fühlt sich das Luxus-Headset für 1.800 Euro schon deutlich besser an als die Quest 2. Vor allem, weil mehr Abstand zwischen Linsen und Gesicht sind, was angenehm für Brillenträger ist. Und da unser Gesicht nicht in eine Passform gedrückt wird, sondern die Brille an sich quasi vor unser schwebt, schwitzen wir auch weniger.
Man ist also auf einem guten Weg, denn die große Herausforderung bleibt: So ein VR-Headset mag Sinn ergeben für Architekten, die an aufwändigen 3D-Modellen arbeiten müssen für ein Meeting.

Mark Zuckerbergs Vision ist es, dass wir in Zukunft nicht mehr aus unserem realen Home Office arbeiten, sondern einer schicken Villa unter Palmen am Meer – in der virtuellen Realität. Und natürlich würde er uns gerne Objekte im Sims-5-Stil verkaufen.
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Aber wollen wir wirklich so ein 720 Gramm schweres VR-Headset über 8 Stunden im Büro tragen? Aktuell eher nicht, das ist, als würde man sich an ein iPad Pro vor den Kopf schnallen. Um an leichteren, aber genauso performanten VR-Headsets mit immer besseren Linsen und Tracking zu bauen, braucht Zuckerberg von seinen Investoren 10 Milliarden US-Dollar jedes Jahr. Sein Traum ist die Power einer Meta Quest Pro in den Formfaktor einer Ray-Ban-Sonnenbrille zu pressen, nur kann auch Geld die Gesetze der Physik nicht ändern.
Es wird noch etliche Prozessorgenerationen dauern, bis wir eine High-End CPU-GPU-Kombination am Markt haben, die quasi keine Hitze entwickeln darf, denn so eine Sonnenbrille hat kaum Platz für Kühlung. Zuckerberg möchte unbedingt vor Apple den Markt von super leichten Mixed-Reality-Brillen besetzen, die, so kolportiert, 2023 mit ihrer Apple-AR-Brille angreifen und auch an Apple VR Glasses mit M3-Prozessor für 2024 arbeiten sollen.
Ein sehr komfortables Luxus-Headset mit Quantum-Dot-Display für 1.800 Euro

Die Controller selbst haben jetzt Sensoren verbaut sowie eine Qualcom-CPU, weil Meta eine sehr viel sensiblere Erfassung unserer Handbewegungen für Spiele und vor allem auch virtuelles Designen in Horizon Workrooms benötigt.
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Damit ist auch der hohe Kaufpreis von 1.800 Euro schnell erklärt – die Oculus Quest 2 war noch quersubventioniert, mittlerweile muss die Reality-Labs-Abteilung von Meta aber dringend anfangen, mehr Umsatz zu generieren. Im Q3 2022 machte man satte 3.7 Milliarden US-Dollar Verlust: Da fängt man selbst im Silicon Valley an zu schwitzen. Mark Zuckerberg argumentiert, dass auch Smartphones in diesen Preisbereichen kosten. Da hat er Recht, allerdings benutzen wir unsere Mobiltelefone auch jeden Tag, während VR-Headsets eher in die Kategorie „Schön zu haben, aber kein Muss“ gehören, zumindest aktuell noch.

Die Skurrilität der Home-Office-Welt: Wir werden wohl VR-Headsets tragen, um das Gefühl zu haben, mit Kollegen zu arbeiten, statt einfach ins Büro zu gehen. Für internationale Kollaborationen könnte das natürlich interessant sein, gerade beim Designen von Produkten.
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All right, probieren wir es aus: Die Quest Pro fühlt sich gut an, Meta hat vor allem für den hinteren Kopfbereich ein dickes Polster eingearbeitet, damit das Headset selbst stabiler sitzt und weniger auf den Kopf drückt.
Das Bild ist ob der 1920 x 1800 Bildpunkte pro Auge schön scharf, aber nicht schärfer als die Quest 2. Die Pancake-Linsen an sich sind jedoch wertiger und sollen laut Meta mit 500 Local-Dimming-Zones und Quantum Dot arbeiten, was wir aus der TV-Welt kennen und lieben. Laut Meta soll der Kontrast 75 Prozent höher liegen, die PPI (Pixel per Inch) um 37 Prozent steigen und die Schärfe um satte 50 Prozent. Die genauen Kennzahlen lassen sich im Hands-On schwer verifizieren, dafür bräuchte man ein Labor – die Farben in Beat Saber sind aber exzellent und die Bildqualität deutlich besser als bei der Quest 2, wenn auch nicht schärfer, was uns überrascht hat.

Hat Zuckerberg weniger Zeit, als er denkt? Sein Metaverse ist eine Vision, die 10 Jahre Zeit beanspruchen und 10 Milliarden US-Dollar pro Jahr kosten soll. Metas Aktienkurs geht es nicht besonders gut, die Kalifornier sahen sich gezwungen, 11.000 Mitarbeiter zu entlassen.
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Was uns aber sehr gut gefällt, ist das Design, speziell der Abstand zwischen Augen und Linsen. Bei der Quest 2 musste man höllisch aufpassen, nicht seine Brillengläser zu zerkratzen, das kann hier nicht passieren.
Angenehm ist das im Nasenbereich: die Quest 2 drückte auf den Riechkolben, die Quest Pro hat eine große Aussparung. Damit ob des Abstands nicht zu viel Licht einfällt, liefert Meta Plastikklappen mit, die sich komfortabel über Magnete anklippen lassen. Generell nutzen die Kalifornier sehr gerne Magnete, was einen hohen Komfort ermöglicht – die Strom-Kabel, um unsere Controller aufzuladen respektive die Quest Pro selbst, klippen ebenfalls automatisch an oder wir nutzen eine mitgelieferte Ladeschale. Es ist eben ein Luxus-Produkt zum Luxus-Preis.
Auf der Sensor-Seite arbeitet die Quest Pro mit 10 Kamerasensoren – 5 an der Innenseite, 5 an der Außenseite. Das ist ziemlich spannend, weil die Außensensoren nicht nur die Umgebung tracken, sondern etwa auch unsere Hände. Das Tracking wird natürlich viel präziser, sobald wir Controller benutzen, aber auch unseren Händen kann die Quest Pro folgen. Die Innensensoren tracken unsere Retina, also wo wir genau hinschauen. Nennt sich Foveated Rendering, dadurch wird nur der Bildbereich super scharf gerendert, wo wir gerade hinschauen – das periphere Sichtfeld wird in Low-Res angezeigt, bis wir direkt hinschauen. Spart Render-Power und Entwickler können im Fokuspunkt Rechen-intensivere Bilder zeigen, etwa eine Explosion oder Lens Flare in einem Spiel.
Die nächste Generation von VR: Richtig gutes Tracking von Retina und Gesichtsmuskulatur

Die Quest Pro arbeitet mit Retina-Tracking, sprich sie überträgt etwa unsere Mimik recht authentisch. Meta möchte vor allem auch Emotionen in die virtuelle Welt übertragen. Was aktuell noch fehlt, ist gute Software.
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Was die Quest Pro enorm gut beherrscht, ist das Echtzeit-Tracking von Muskulatur: Strecken wir die Zunge raus, schnalzen mit der Zunge oder plustern die Wangen auf, erkennen das die Sensoren erstaunlich schnell und zeigen es auch in Metas eigener Sims-5-Welt namens Horizon.
Natürlich ist das noch nicht vergleichbar mit professionellem Motion-Capturing, aber die Sensoren sind erstaunlich gut darin, unsere Gesichtsmuskulatur zu scannen, was natürlich wichtig ist, damit sich ein Gespräch natürlich anfühlt – Horizon Workrooms soll schließlich Zoom & Co. als Video-Konferenz-Tool ablösen. Durch eine Kooperation mit Microsoft, wird etwa Microsoft Teams jetzt komplett in Metas VR-Arbeitswelt integriert.
Halten wir also fest: VR wird immer besser, Gesichtstracking wird immer lebendiger, man kann in diesen VR-Welten richtige Gespräche führen, nur die Frage ist: Wie viele werden das wirklich machen? Wollen wir uns in virtuellen Restaurants daten, statt in der echten Welt? Wer weiß, viele Beziehungen entstehen heute durch Dating-Apps wie Tinder und wir hätten uns das vorher auch nicht vorstellen können. Mark Zuckerbergs Idee ist, dass Horizon eine virtuelle Reise wird. An viele exotische Orte – er selbst liebt Japan und er empfindet es schade, dass so viele Menschen diese Reise vielleicht nie machen können, sei es aus gesundheitlichen oder auch finanziellen Gründen.

Die Fashion-Industrie will Milliarden im Metaverse verdienen. Schließlich können sie dort virtuelle Kleidung verkaufen, die lediglich Design-Kosten verursachen, aber keine Materialien benötigen oder Logistik. Nike, Balenciaga, Louis Vuitton- alle arbeiten an Metaverse-Präsenzen.
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Noch fehlt uns aber viel: Meta sollte Horizon als eine Art Sims 5 aufbauen. Es wäre cool, sich virtuell eine schicke, gerne luxuriöse Wohnung einrichten zu können. So ein dreistöckiges Loft, irgendwo am Meer, mit schöner Terrasse – alles Hightech, gerne mit eingebautem Büro, schließlich können wir mit der Quest Pro auf dem Kopf ein Triple-Display-Setup mit je 65 Zoll projizieren. Via AR und Passthrough übrigens auch in unser reales Büro. Die große Frage bleibt: Hat Zuckerberg genug Zeit, um seine Metaverse-Träume zu verwirklichen?
Horizon Worlds sieht rein grafisch aktuell so aus, als hätte es ein kleines Indie-Team mit wenig Erfahrung gebastelt, nicht ein Konzern mit unendlichen finanziellen Mitteln und einer Armee an Entwicklern. Oder ist es nur eine super frühe Alpha? Alles wirkt extrem unfertig. Die Hardware ist jetzt da, die Meta Quest Pro hat uns überzeugt, für die Software sollte Meta vielleicht mit VR-Chat und Gaming-Publishern kooperieren, die wissen, wie man Multiplayer-Open-Worlds baut.