In den letzten Jahren verstummte das Loblied auf die Cloud und Cloudhosting beinahe völlig. Denn schlecht kalkulierbare Folgekosten bei hohem ausgehenden Traffic ließen Dienste wie Microsoft Azure, Amazon AWS und Linode als teure Falle erscheinen – als die sprichwörtliche Katze im Sack. Dazu kommen bei einigen Anbietern auch immer Bedenken, ob diese den Anforderungen der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung in der EU) gerecht werden, wenn die Rechenzentren nicht in Europa beheimatet sind.
Nun ist wieder ein Wendepunkt erreicht: Die extremen Energiekosten in Europa werden in den nächsten Wochen und Monaten viele Server aus den traditionellen Rechenzentren wieder in die Cloud zwingen. Die Zeiten von günstigem Hosting in europäischen Rechenzentren scheinen vorerst vorbei, denn die Cloud ist wieder attraktiv. Lockvogelangebote für eine eigene Serverinstanz in der Cloud gibt es von fast allen namhaften Anbietern. Meist ist eine Evaluationszeit von zwei Monaten kostenlos und währenddessen mit einem großzügigen Budget für Cloudressourcen verbunden.
Die Hoffnung der Anbieter: Kunden werden nach dem Ablauf des Gratis-Testzeitraums die Server in der Cloud belassen, zumal die Migration eines sorgfältig eingerichteten Linux-Servers erheblichen Aufwand bedeutet.
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Kleine Cloudserver: Dauerhaft kostenlos
Eine andere, hier vorteilhaft genutzte Werbemasche fanden wir in der Cloud von Oracle. Der Datenbank-Riese, eher mit dem Ruf einer IT-Raubritterburg behaftet, bewirbt seine Cloud mit einem dauerhaft kostenlosen virtuellen Miniserver. Dieses Angebot, der „Always-Free-Tier“, ist für Linux-Server im Internet für längere Tests und für kleine Hostingdienste im Hobbybereich mit wenig, vornehmlich nur privatem Traffic geeignet.
Oracle verlangt für den kostenlosen Account von Neukunden eine Telefonnummer, Mailadresse und Kreditkartennummer, welche aber nicht belastet wird. Es besteht also kein Risiko, in eine Kostenfalle zu tappen. Denn um kostenpflichtige Cloudressourcen zu buchen, ist erst mal ein Upgrade des Cloudkontos notwendig.
Klar, es gibt keine Garantie, dass Oracle den „Always-Free-Tier“ in ein paar Monaten nicht zeitlich einschränkt. Bisher macht der Datenbank-Gigant aber wenig Anstalten, dieses Angebot zu kürzen (Stand November 2022). Die jeweils aktuellen Bedingungen, auf welche dieser Beitrag setzt, sind hier und hier abrufbar.
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Registrierung und Serveraufbau

Auswahl der Region, in welcher das Rechenzentrum stehen soll: Es gibt neben Europa auch Nordamerika, Asien und den pazifischen Raum. Diese Angabe ist später nicht mehr änderbar.
IDG
Zur kostenlosen Registrierung für ein Gratiskonto geht es auf https://cloud.oracle.com. Das (deutschsprachige) Formular unter „Sign up“ fragt nach Name, Land und E-Mail-Adresse, die auch gleich verifiziert werden muss. Nach der Vergabe von Benutzernamen und Passwort wählt man „Individual (Privatperson)“ als „Account type“ und dann eine „Hauptregion“, in welcher die Cloudressourcen des neuen Kontos genutzt werden sollen. Diese Region muss nicht Europa , sondern kann beispielsweise auch Nordamerika sein. Es geht hier darum, in welchem Rechenzentrum die Cloudinstanz liegen soll, was sich nach der Kontoerstellung nicht mehr ändern lässt.
Weiter geht es dann mit der Eingabe der realen Adresse und Telefonnummer. Im Punkt „Zahlungsverifizierung“ formuliert Oracle das Cloudangebot ganz verbindlich: Bei Nutzung des „Always-Free-Tier“ (kostenlose Testversion) fallen nur Kosten an, wenn später ein Upgrade vorgenommen wird. Eine Zahlungsoption, eine Kreditkarte in diesem Fall, muss trotzdem angegeben werden.
Dann geht es weiter mit „Meine kostenlose Testversion starten“. Die Webseite wechselt dann zur Übersicht der eigenen Cloudressourcen. Die spätere Anmeldung an die Oracle Cloud verlangt immer drei Angaben: den gewählten „Cloud Account Name“, die registrierte E-Mail als Benutzernamen und das vergebene Passwort.

Serverinstanz zusammenstellen: Gratis sind die kleinsten virtuellen Miniserver mit dem Label „Always Free-eligible“ und einem Prozessorkern oder einer ARM-CPU.
IDG
Nun kann es daran gehen, einen kostenlosen Cloudserver aufzusetzen. In der Terminologie der Oracle Cloud nennt sich eine virtuelle Maschine „Compute Instance“. Um den Server anzulegen, klickt man links oben auf das Übersichtsmenü und geht auf „Compute –› Instances“. Links im Menü gibt es unter „Compartment“ ein Auswahlfeld zum Anlegen einer ganzer Hierarchie an Cloudservern. Dort wählt man einfach „root“-Ebene aus. Im Hauptfenster erlaubt nun ein Klick auf „Create Instance“ das Anlegen des virtuellen Servers. Alle Ressourcen, die im kostenlosen Account enthalten sind, haben den Zusatz „Always Free-eligible“.
- Der „Name“ kann beliebig eingegeben werden. Er entspricht dann dem Hostnamen des Linux-Systems. „Placement“ belässt man auf der Standardeinstellung.
- Unter „Image and Shape“ ändert der Button „Edit“ die Konfiguration des virtuellen Servers. Unter „Change Image“ stehen die vorinstallierten Systeme zur Auswahl: Ubuntu 22.04, Oracle Linux 8.0 (Red-Hat-Klon) oder Cent-OS 8 Stream.
- Die Auswahl der virtuellen Hardware erfolgt unter „Change Shape“. Kostenlos sind nur zwei Arten von Miniservern: der „VM. Standard.E2.1.Micro“ mit einer Zwei-GHz-CPU sowie einem GB RAM oder der „VM. Standard.A1.Flex“ mit sparsamer ARM-CPU mit bis zu zwei Kernen und maximal 12 GB RAM. Das Gratiskonto erlaubt zwei dieser Instanzen mit jeweils 47 GB Festplattenplatz.
Anmeldung: SSH-Schlüssel sind Pflicht
Eine Anmeldung als root per SSH ist nur per SSH-Schlüssel möglich, nicht aber per Passwort. Es ist deshalb wichtig, jetzt unter „Add SSH key“ auf „Save private key“ zu klicken und die Datei namens „ssh-key-[Datum].key“ auf dem lokalen Rechner zu sichern. Nach der Erstellung der Instanz mittels „Create“ zeigt eine neue Übersichtsseite die Eigenschaften des Cloudservers an. Hier lässt sich die Instanz anhalten, mit dem Menüpunkt „Ressources –› Metrics“ überwachen und mit „Terminate“ löschen.
Der erste Schritt ist eine Verbindung per SSH zum Server, um diesen dann in der Shell weiter einzurichten. Dazu benötigt man die angezeigte IP-Adresse und die zuvor gesicherte Keydatei. Der vorgegebene Benutzername ist in der Oracle-Cloud nicht „root“, sondern „ubuntu“ bei einem Ubuntu-System, „opc“ bei allen anderen Linux-Systemen. Vor einer Verbindung muss auf dem eigenen Linux-Rechner die Schlüsseldatei mit dem Kommando
chmod 400 ssh-key-[Datum].key
die korrekten Nur-Lesen-Rechte erhalten. Anschließend gelingt mit
ssh -i ssh-key-[Datum].key ubuntu@[IP-Adresse]
die Verbindung zum Cloudserver per SSH, im Beispiel zu einem Ubuntu-System. Der Standardbenutzer ist bereits für die Verwendung von „sudo“ freigeschaltet.
SSH: Anmeldung per Passwort
Die SSH-Anmeldung per Schlüsseldatei ist besonders sicher, aber auch umständlicher. In einem einmal aufgesetzten Linux-System der Oracle Cloud klappt eine Anmeldung auch per Passwort, wenn die Konfigurationsdatei „/etc/ssh/sshd_config“ geändert wird. Dort muss nur die Zeile PasswordAuthentication no Auf „yes“ geändert werden. Der Befehl sudo systemctl restart sshd startet dann den SSH-Dienst neu und aktiviert diese Änderung.