Update 15.11.2022: Der Bundesbeauftragte für Datenschutz hat die beiden Apps Ehteraz und Hayya, die Fußball-Fans in Katar auf ihren Smartphones installieren müssen, unter die Lupe genommen. Das Ergebnis in aller Kürze: “Die Datenverarbeitungen beider Apps gehen wahrscheinlich deutlich weiter, als es die Beschreibungen der Datenschutzhinweise und Verarbeitungszwecke in den App-Stores angeben” ist. Der Datenschutzbeauftragte fährt fort:
So wird bei einer der Apps unter anderem erhoben, ob und mit welcher Nummer ein Telefonat geführt wird. Hierbei handelt es sich um mitunter sensible Telekommunikationsverbindungsdaten, die in Deutschland unter das Fernmeldegeheimnis fallen. Die andere App verhindert unter anderem aktiv, dass das Gerät, auf dem sie installiert wird, in den Schlafmodus wechselt. Es ist zudem naheliegend, dass die von den Apps verwendeten Daten nicht nur lokal auf dem Gerät verbleiben, sondern an einen zentralen Server übermittelt werden.
Der Bundesbeauftragte für Datenschutz rät deshalb: Sie sollten diese Apps nur installieren, wenn es absolut unumgänglich ist. Vor allem sollten Sie sich überlegen, ob Sie für die Installation ein eigenes Telefon zu verwenden, das ausschließlich für die Apps genutzt wird. Auf diesem zusätzlichen Handy sollten “keine weiteren personenbezogenen Daten, wie etwa Telefonnummern, Bild- oder Tondateien gespeichert sein. Im Nachgang der Nutzung der Apps sollten auf dem verwendeten Telefon, das Betriebssystem und sämtliche Inhalte vollständig gelöscht werden.” Update Ende
Beginn der ursprünglichen Meldung
Gegen Katar als Veranstaltungsort der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 (20. November bis 18. Dezember 2022) gibt es ohnehin schon eine Reihe von Gründen: Die Ausbeutung der Bauarbeiter, von denen anscheinend viele beim Bau der Fußball-Arenen und der damit verbundenen Infrastruktur ums Leben kamen. Die repressive Vorgehensweise der Staatsorgane von Katar gegen Regime-Kritiker, Lesben und Schwule und natürlich die generelle Benachteiligung von Frauen in der diktatorisch regierten Monarchie. Mehr zu diesen schwerwiegenden Kritikpunkten lesen Sie in dem Artikel Fußball-WM 2022: Telekom zeigt alle Spiele live – trotz großer Kritik. Das Vorziehen der Winterpause der deutschen Fußball-Bundesliga ist im Vergleich dazu ein Luxus-Problem.
Spionage-Apps müssen auf alle Handys
Doch nun berichtet unter anderem der Bayerische Rundfunk über ein weiteres ernstes Problem in Zusammenhang mit der Fußball-WM: Wer als Fan die Spiele vor Ort erleben will, muss zwei “Spionage-Apps” auf seinem Smartphone installieren lassen.
Die beiden Apps sollen “Zugriff auf praktisch alle im Handy gespeicherten Daten haben”, wie eine norwegische Zeitung schreibt. Eine der beiden Apps heißt Ehteraz. Dabei handelt es sich um eine Art Corona-App von Katar. Sie ermöglicht die Echtzeit-Überwachung der Benutzer und übermittelt den aktuellen Standort der Benutzer. Die App soll zudem vollen Zugriff auf den Smartphone-Speicher haben. Die Bluetooth- oder WLAN-Verbindungen des Smartphones speichert die App in einer zentralen Datenbank. Diese App müssen bereits seit Mai 2020 alle Besucher von Katar installieren, wenn sie über 18 Jahre alt sind. Amnesty International kritisiert diese App scharf.
Zusätzlich zu Ehteraz müssen WM-Besucher aber auch noch die offizielle WM-App auf ihren Mobilgeräten installieren. Damit verwalten die Benutzer die Hayya Card, die jeder beantragen muss, der zwischen dem 1. November und 23. Januar nach Katar einreisen will. In dieser App werden auch Stadion-Tickets hinterlegt und damit nutzt man kostenlos den öffentlichen Nahverkehr. Auch diese App nutzt die Standortdaten des Benutzers und überwacht dessen Netzwerkverbindungen.
Beide Apps bieten bei der Installation keine Auswahloptionen. Sie müssen also beide Apps mit allen Rechten und Möglichkeiten installieren. Damit hat der Staat von Katar vollen Zugriff auf alle Daten des Smartphones.
So schützen Sie sich
Wer nach Katar zur Fußball-WM fliegt, sollte sich ein neues, billiges Smartphone zulegen und auf diesem nur die allernötigsten Daten installieren. Verzichten Sie auf den Import Ihrer Kontaktdaten und Ihrer diversen Profile in den sozialen Netzwerken und auf alle Ihre Mailkonten. Nach der WM können Sie das Smartphone komplett auf die Werkseinstellungen zurücksetzen und verkaufen oder weiter benutzen.
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