Die USA setzen ihre Erprobung der IVAS („Integrated Visual Augmentation System“), einer speziell angepassten Form der Microsoft Hololens, trotz der vielen Probleme und Beschwerden der Soldaten (siehe weiter unten unsere Meldung vom 14.10.2022) fort. Das berichtet das auf Wehr- und Militärthemen spezialisierte Nachrichtenportal Soldat und Technik.
Die Kritik an der bisher erprobten IVAS: Mangelnde Zuverlässigkeit, schlechte Sensorleistung mit eingeschränkter Sicht, ein schlechter Formfaktor sowie vor allem körperliche Beschwerden (Orientierungslosigkeit, Schwindel, überanstrengte Augen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Nackenverspannungen), die die Brille bei den sie tragenden Soldaten verursacht. Beim letzten Truppenversuch im Juni 2022 schnitt eine Infanteriekompanie mit ihrer aktuellen Ausrüstung erfolgreicher ab als die Kompanie mit der IVAS 1.0. Das bedeutet: “Die Soldaten trafen mit IVAS 1.0 weniger Ziele und bekämpften Ziele langsamer als mit ihrer gegenwärtigen Ausrüstung”, wie es Soldat und Technik formuliert.
Doch die US-Armee will diese Mängel konsequent beseitigen lassen, damit die AR-Brille schließlich in ihrer finalen Version eingeführt werden kann. Diese geplante Einführung in der US-Armee verzögert sich aber durch die notwendig gewordenen Nachbesserungsmaßnahmen und die dadurch nötigen neuen Truppenversuche um mehrere Jahre.
Dass die US-Armee trotz der hohen Kosten und der vielen Probleme an der IVAS-Hololens festhält, liegt an deren Möglichkeiten (wenn die Brille endlich richtig funktioniert): Die Soldaten bekommen Bilder und Videos von anderen Sensoren wie z.B. Drohnen direkt in ihr Sichtfeld eingespielt; der Soldat sieht in der Brille also beispielsweise seine Kameraden und erkannte Feinde. Blickt der Soldat auf ein Ziel, dann sehen das auch alle angeschlossenen Kameraden. Das erleichtert die Zielansprache ungemein.
Die Soldaten können zudem auf Technologien wie künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zuzugreifen – direkt auf dem Schlachtfeld. Das alles kann nach Meinung der US-Armee kein anderes System auf der Erde.
Bisher liefert Microsoft der US-Armee 5.000 IVAS-1.0-Brillen zur Erprobung. Die US-Armee bestellte zudem weitere 5.000 IVAS-1.1-Brillen, also eine verbesserte Version mit höherer Zuverlässigkeit und einen verbesserten Low-Light-Sensor für die Sicht bei Nacht. Diese werden ab 1. April 2023 ausgeliefert.
Microsoft entwickelt außerdem bereits Version 1.2 mit verbessertem Formfaktor, höherer Zuverlässigkeit und verbesserten Sensoren für den Einsatz bei schlechten Sichtverhältnissen, sowie mit einem flacheren Head-up-Display (HUD) samt Gegengewicht für größeren Tragekomfort.
Die US-Armee will insgesamt rund 121.500 IVAS-Brillen anschaffen. Bis zu 21,88 Milliarden US-Dollar könnte die US-Armee für diese militärische AR-Brille an Microsoft schließlich zahlen.
Technisches Grundkonzept
Ein IVAS-System besteht aus der eigentlichen Brille mit Head-Up-Display, einem kleinen, tragbaren Computer, einem Funkgerät und den Akkus samt Ladegerät. Ein Cloudserver, der eine Cloud auf Kompanieebene zur Verfügung stellt, gehört ebenfalls zu dem System.
Der Soldat trägt Brille, Funkgerät und Akkus, die zusammen 1,1 Kilogramm wiegen. Der Cloudserver befindet sich auf einem Kompanie-Fahrzeug; er sorgt dafür, dass alle Soldaten der Kompanie den identischen Datenbestand erhalten. Dieser Kompanie-Cloudserver ist seinerseits mit übergeordneten Servern verbunden. Wichtig: Die IVAS-Brille kann auch offline arbeiten. Update Ende
Microsoft Hololens macht US-Soldaten krank (Meldung vom 14.10.2022)
Die US-Armee teste seit einiger Zeit die Mixed-Reality-Brille Microsoft Hololens. Jetzt liegt ein erster, nicht frei veröffentlichter Testbericht des US-Verteidigungsministeriums vor, aus dem die US-Nachrichtenseite Bloomberg berichtet. Demnach melden die testenden US-Soldaten bei Feldtests im Mai und Juni 2022 erhebliche Probleme mit Microsoft Brille.
US-Soldaten, die die neue Mixed-Reality-Brille von Microsoft in ihrem jüngsten Feldtest verwendeten, litten laut Bloomberg unter “einsatzrelevanten körperlichen Beeinträchtigungen”. Damit sind Kopfschmerzen, Augenschmerzen und Übelkeit gemeint. Mehr als 80 Prozent derjenigen, die Beschwerden meldeten, bemerkten die Probleme nach weniger als drei Stunden Tragezeit. Zudem würden viele Funktionen während der Benutzung einfach ausfallen.
Trotzdem hält der Testverantwortliche bei der US-Armee die für die Bedürfnisse der US-Armee angepasste Hololens-Variante noch nicht für gescheitert. Stattdessen solle die Armee für einen breiten Einsatz Verbesserungswünsche priorisieren. Damit sollen die körperlichen Beschwerden verringert werden. Außerdem müssten die Sensoren für schwaches Licht, die Klarheit des Displays, das Sichtfeld und die Zuverlässigkeit verbessert werden.
Erste Verbesserungen erkennbar
Bei der neuesten Version der für die US-Armee angepassten Hololenes soll es gegenüber Vorgängerversionen bereits Verbesserungen geben. So soll die Zeitspanne zwischen Ausfällen, die die Brille unbenutzbar machen, im Durchschnitt bereits verlängert worden sein. Die Navigation und die Koordination von Truppenbewegungen sei ebenfalls verbessert worden.
Soldaten wenig begeistert
Derzeit sei die Akzeptanz für die Brille unter den Soldaten aber gering. Die Soldaten sowie deren Vorgesetzte gaben zudem an, dass die Brille nicht dazu beitrage, bei der Erfüllung des Auftrags zu helfen.
Etwas dramatischer als Bloomberg berichtet Businessinsider aus dem unter Verschluss gehaltenen Bericht. Demnach hätten Soldaten gesagt, dass die Brillen sie im Ernstfall umgebracht hätten. Damit war aber nicht das Versagen der Brille gemeint, sondern deren Lichtabstrahlung, die den Standort des Soldaten an den Gegner verrät.
Darum geht es
Die Microsoft Hololens wurde für die Bedürfnisse der US-Armee so angepasst, dass Kommandeure Informationen für ihre Soldaten darauf einblenden können. Zudem ist eine Nachtsichtfunktion vorhanden. Die Soldaten schauen also durch die Hololens auf ihre Umgebung und bekommen für sie relevante Informationen vor dem Gesicht eingeblendet.
Die US-Armee hat hier weitere Informationen zu ihrer angepassten Variante der Microsoft Hololens (die als ” Integrated Visual Augmentation System (IVAS)” bezeichnet wird) veröffentlicht.
USA testen tödliche Railguns für Panzer, Artillerie und Luftabwehr
US-Armee testet Hunde mit AR-Brillen für Kampfeinsatz