Nach bereits gestarteten Tests sollten die elektronischen Rezepte schon im Januar 2022 für alle eingeführt werden, wie Sie auch in unserem Artikel dazu aus dem Jahr 2021 nachlesen können . Die vorgesehene Pflichteinführung wurde allerdings am Anfang des Jahres kurzerhand auf Eis gelegt.
Seither gibt es in einigen Praxen zumindest die freiwillige Nutzung von E-Rezepten – jetzt soll es aber auch offiziell losgehen: Das neue Startdatum ist für den 1. September 2022 angesetzt. Allerdings ohne komplette Pflichteinführung für Praxen, sondern vorerst nur für Apotheken. Diese müssen ab diesem Datum, die Digitalverschreibungen, verpflichtend annehmen – für Ärzte gibt es jedoch noch keine Verschreibungspflicht auf digitaler Basis. Hier ist angedacht, Kliniken und Arztpraxen ab dem Jahr 2023 mit in diese Pflicht aufzunehmen.
Für Patienten entstehen also ab 1. September 2022 neue Möglichkeiten, E-Rezepte bei Apotheken einzulösen:
- Per Papierausdruck: Statt des herkömmlichen Arztrezeptes erhält der Patient einen ausgedruckten Rezept-Code.
- Per elektronischer Gesundheitskarte: Die Apotheke kann das Rezept des Patienten vor Ort abrufen.
- Per E-Rezept-App:Patienten erhalten das digitale Rezept direkt auf das eigene Smartphone, können dies direkt an die Wunschapotheke übermitteln und entsprechend vorbestellen. Über kommende Familien-Funktionen soll es dann auch einfach sein, Rezepte für Angehörige zu verwalten und von Apotheken abzuholen.
Modell-Bundesland Schleswig-Holstein steigt vorerst aus
Testweise startete das elektronische Rezept ab dem 1. Juli 2021 in Berlin und Brandenburg. Nun war auch eine Ausweitung per regionalem Stufenmodell geplant. So sollten in der Region Westfalen-Lippe und dem Bundesland Schleswig-Holstein die erste Stufe des Roll-Outs stattfinden und ab dem 1. September erprobt werden. Jedoch gab die Kassenärztliche Vereinigung von Schleswig-Holstein inzwischen bekannt, vorübergehend auszusteigen, wie auch der Spiegel und Apotheke-Adhoc berichten.
Als Gründe werden Datenschutzbedenken bezüglich des Mailversands und Nutzung per QR-Code genannt. Der Landesdatenschutz untersage die mailbasierte Umsetzung des E-Rezeptes, so die KV. Damit sei der für Patientinnen und Patienten praktikabelste Transportweg versperrt: “Der Nutzen des E-Rezepts liegt für Arztpraxen im Komfort der bürokratiearmen Erstellung und für Patienten in der Einsparung mehrfacher Wege, was insbesondere für Menschen in ländlichen Bereichen vorteilhaft wäre. Beides kann momentan nicht erreicht werden”, so die Vorstandsvorsitzende Dr. Monika Schliffke.
Das weitere Problem: der erzeugte QR-Code gehöre ebenfalls zu den Gesundheitsdaten. Denn zu berücksichtigen sei, dass “auf dem Markt frei erhältliche Apps aus dem Apothekenumfeld jeder Person, die befugt oder unbefugt im Besitz des QR-Codes ist, die Kenntnisnahme von Daten einer Verordnung” ermögliche. Beim Hochladen auf Apotheken-Apps würden die Daten dann entschlüsselt und dem Nutzer angezeigt werden.
Was mit einem analog übergebenen Rezept, das der Patient vom Arzt erhält, genau passiert, obliegt nicht dem Verantwortungsbereich des Arztes. “Das ist in der digitalen Welt offenbar sehr anders”, so die KV-Vorsitzende. “Wir lassen die Praxen nicht in eine Falle laufen, denn die Praxen würden für diesen Missbrauch haften.” Die Funktionalität, einen datenlosen Code als Anhang zu versenden, sei firmenseitig umgehend unterbunden worden.
“Das Gesetz ist offenbar so zu lesen, dass kein Versicherter a) einer digitalen Übertragung eines datenlosen QR-Codes an sich selbst, b) an einen bevollmächtigten Dritten oder c) an die Apotheke seiner Wahl zustimmen kann”, so die KV Schleswig-Holstein. Dies hätte laut der KV schon in der Testphase auffallen müssen.
Wie geht es mit dem E-Rezept weiter
Ob die Probleme gelöst werden können oder sich letztendlich hier sogar die Politik einmischt, ist vorerst offen. Am Ende wird es wohl darauf hinauslaufen, dass vorerst die Ärzte und Patienten selbst entscheiden, wie Sie Rezepte ausstellen oder erhalten möchten. Wie der Spiegel berichtet, glauben viele Akteure im Gesundheitswesen, dass das herkömmliche Privatrezept noch jahrzehntelang möglich sein muss – alleine schon für den Notfall.