Immer öfter führen deutsche Behörden Kontenabfragen bei Banken durch. Die anfragenden Behörden sind vor allem Finanzämter und Sozialbehörden, die etwa Steuerbetrügern auf die Schliche kommen oder das Erschleichen unberechtigter Sozialleistungen aufdecken wollen. Aber auch Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung soll damit aufgedeckt werden. Seit 2005 sind solche Kontoabrufverfahren möglich, seit 2013 dürfen auch Gerichtsvollzieher bei Banken nachfragen, um über die Konten von Schuldnern Auskunft zu bekommen.
Das erfahren die anfragenden Behörden
Bundeszentralamt für Steuern erklärt den Inhalt einer Kontoabfrage so: ” Das Ergebnis dieser Abrufe enthält die Kontenstammdaten. Dies sind der Name des Kreditinstituts, die Kontonummer, das Einrichtungs- und ggf. Auflösungsdatum und zur abgefragten Person der Name, der Vorname und das Geburtsdatum. Ist die abgefragte Person nur wirtschaftlich Berechtige/r des Kontos, wird kein Geburtsdatum ermittelt und das Konto nur angezeigt, wenn dazu eine übereinstimmende Anschrift vorliegt. Zu den Kontostammdaten werden zukünftig durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes auch die Adresse, die Steueridentifikationsnummer und die Wirtschaftsidentifikationsnummer gehören.
Kontostände oder Kontobewegungen können im Kontenabrufverfahren nicht ermittelt werden. ”
Immer mehr Kontenabfragen
Das Bundeszentralamt für Steuern führt in Vertretung für die anderen staatlich legitimierten Behörden die Kontenabfragen zentral durch, wie aus dieser ” Kleinen Anfrage ” der CDU/CSU-Fraktion hervorgeht. Die Anzahl der Kontenabfragen stieg in den letzten Jahren massiv an: 2015 waren es 302.000 Abrufe, 2021 1,14 Millionen. Allein die Finanzbehörden (Bund und Länder) machten 2021 fast 286.000 Kontenabfragen; 2017 waren es noch etwas über 171.000 gewesen.
Finanzämter sind gar nicht mal so neugierig
Aus der Antwort der Bundesregierung auf diese “Kleine Anfrage” gehen weitere spannende Details hervor. So wurde zum Beispiel 2020 erstmals die Millionengrenze geknackt, mit 1.014.704 Anfragen. 2021 stammten allein von den Finanzbehörden der Bundesebene über 37.000 Anfragen. Unter den Länderfinanzbehörden war Nordrhein-Westfalen am neugierigsten, wobei dieses Bundesland auch die meisten Einwohner hat. Bayern rangiert dahinter auf Platz 2. Die meisten Anfragen stammen aber mit deutlichem Abstand von Gemeinden.
Gerichtsvollzieher sind besonders interessiert
Sozialleistungsbehörden, Gerichtsvollzieher und Unterhaltsvorschussstellen stellten 2021 über 855.000 Kontenanfragen. Sehr umtriebig waren vor allem die Gerichtsvollzieher mit über 685.000 Anfragen im Jahr 2021. Die Bundesregierung bestätigt dies in ihrer Antwort ausdrücklich: “Der größte Teil der Kontenabrufe (ca. 85 Prozent) erfolgen im Vollstreckungsverfahren durch Gerichtsvollzieher oder Verwaltungsvollstreckungsbehörden.”
Die Polizeibehörden des Bundes dagegen fragten 2021 nur 41 Mal nach. Die Länderpolizeibehörden waren wiederum 759 Mal neugierig und die Landesverfassungsschutzbehörden stellten weitere 191 Anfragen.
Wann sind Kontenabfragen erlaubt?
Die Bundesregierung erklärt zudem die Voraussetzung dafür, weswegen solche Kontenanfragen gestellt werden können: “Tatbestandvoraussetzung für einen Kontenabruf…ist, dass ein Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht… Die um Kontenabruf ersuchenden Behörden und Stellen haben dies in Ihrem Kontenabrufersuchen gegenüber den Bundeszentralamt für Steuern zu bestätigen. Eine Aufgliederung, aufgrund welcher der beiden Gründe das Kontenabrufersuchen gestellt wird (Auskunftsersuchen erfolglos oder Auskunftsersuchen verspricht keinen Erfolg), erfolgt nicht.”
Auf die spannende Frage, wie viele Strafverfahren infolge der Ergebnisse der Kontenanfragen eingeleitet wurden, kann die Bundesregierung übrigens keine Antwort geben. Denn diese Daten liegen allein bei den Bundesländern.