Das Windows-Subsystem für Linux (WSL) ist vor allem für Anwender gedacht, die Linux-Anwendungen aus dem Serverbereich unter Windows nutzen wollen, etwa den Webserver Apache und Script-Sprachen wie Perl oder PHP. In der neuesten Version WSL2 sind Leistung und Funktionen des Subsystems deutlich verbessert. Es steht unter Windows 10 und 11 zur Verfügung. Nutzer von Windows 10 müssen jedoch auf einige Funktionen verzichten, insbesondere auf den Start von grafischen Linux-Anwendungen. In diesem Artikel liegt der Schwerpunkt daher bei WSL2 unter Windows 11. Die Basisfunktionen lassen sich jedoch unter beiden Systemen nutzen.
Wie WSL2 funktioniert
Bei der ersten Version des Windows-Subsystems für Linux (WSL1) kam eine Kompatibilitätsschicht zum Einsatz, die die Ausführung von Linux-Code ermöglichte. Das funktionierte nicht mit jedem Programm einwandfrei und war auch nicht besonders schnell. WSL2 setzt auf eine Virtualisierung des Linux-Systems, die für mehr Kompatibilität und Leistung sorgt. Technisch unterscheidet sich das kaum von Hyper-V oder Virtualbox. WSL2 vereinfacht aber die Installation und Verwaltung von Linux-Systemen. Das Linux-Dateisystem ist für den Datenaustausch direkt im Windows-Explorer erreichbar und unter Linux sind umgekehrt alle Windows-Laufwerke unter „/mnt“ eingehängt. Windows 11 bietet noch mehr Möglichkeiten. Linux-Anwendungen mit grafischer Oberfläche lassen sich über die Bash-Shell oder das Windows-Startmenü starten. Sie integrieren sich damit direkt in die Windows-Oberfläche.
Linux für WSL2 installieren
WSL2 benötigt die Virtualisierungsfunktionen der CPU, die nicht überall standardmäßig aktiviert sind. Um das zu prüfen, drücken Sie die Tastenkombination Win-R und starten das Tool msinfo32. In der Liste unter „Systemübersicht“ muss bei „Hyper-V– Virtualisierung in Firmware aktiviert“ ein „Ja“ stehen. Andernfalls rufen Sie das Firmwaresetup des Rechners auf und aktivieren Optionen wie AMD-V oder Intel-VT („vt-x“, „Intel Virtualization Technologie“). Zurück in Windows öffnen Sie das Windows-Terminal mit administrativen Rechten. In der Powershell genügt es, die Zeile
wsl --install
auszuführen, um das Standardsystem – zur Zeit Ubuntu 20.04 – einzurichten. Beim ersten Start werden automatisch die Windows-Features „Plattform für virtuelle Computer“ und „Windows-Subsystem für Linux“ installiert. Anschließend wird das Linux-System heruntergeladen. Nach einem Windows-Neustart öffnet sich automatisch ein Linux-Terminal, in dem die Installation komplettiert wird. Sie werden aufgefordert, Benutzernamen und Passwort für das Linux-System festzulegen. Danach bringt man das Ubuntu-System mit
sudo apt update && sudo apt upgrade
auf den neusten Stand.
Tipp: Nutzer von Windows 10 können Windows-Terminal über den Microsoft-Store installieren. Bei Windows 11 ist das Tool Standard. Das Terminal bietet bessere Schriftendarstellung, Unterstützung aller Zeichensätze und mehr Geschwindigkeit bei der Textdarstellung. Außerdem lassen sich Powershell, Eingabeaufforderung und Linux-Terminals in Tabs aufrufen, was einen schnellen Wechsel ermöglicht.
Windows Terminal: Neue App für Kommandozeile, Powershell, Linux
Deutsche Sprachunterstützung aktivieren

Standardmäßig bietet das Linux-System unter Windows eine deutschsprachige Tastaturbelegung, ist aber englischsprachig. Wer Ausgaben in Deutsch bevorzugt, kann aber auch das einstellen. Dazu genügen die folgenden drei Befehle:
sudo locale-gen de_DE.utf8
sudo update-locale LANG=de_DE.utf8
sudo apt install -y $(check-language-support -l de)
Wechseln Sie in eine Powershell und beenden Sie das laufende Linux mit
wsl --shutdown
Starten Sie die Distribution neu. Meldungen des Systems und Ausgaben von Tools erfolgen jetzt in deutscher Sprache.
Linux-GUI-Anwendung verwenden
Mit WSL2 unter Windows 11 lassen sich Anwendungen für die grafische Oberfläche einfach vom Terminal aus starten. Ist beispielsweise Firefox mit
sudo apt install firefox firefox-locale- de
installiert, genügt die Eingabe von
firefox
für den Start. Auch im Startmenü taucht der Browser als „Firefox Web Browser (Ubuntu)“ auf. Die Linux-Anwendung integriert sich nahtlos in die Windows-Umgebung und der Datenaustausch über die Zwischenablage und die Audiowiedergabe funktionieren problemlos. Für Anwendungen, die 3DBeschleunigung (Open GL) mit Hilfe des Grafikchips (GPU) bieten, empfiehlt Microsoft die Installation eines optimierten Treibers. Weitere Infos und Downloadlinks für Grafikchips von Intel, AMD und Nvidia finden Sie hier .
Linux-Desktop unter Windows

Statt einzelner Anwendungen lässt sich auch der komplette Linux-Desktop aufrufen. Das funktioniert bisher allerdings nur über RDP (Remote Desktop Protocol) mit verminderter Grafikleistung und ohne Audioausgabe. Diese Option ist auch für Nutzer von Windows 10 verfügbar. Im Linux-System installiert man die Desktopumgebung der eigenen Wahl und den xrdp-Server (Beispiel):
sudo apt install kubuntu-desktop xrdp
Die Konfiguration von xrdp muss im Editor angepasst werden:
sudo nano /etc/xrdp/xrdp.ini
Tragen Sie hinter „port=“ den Wert „3390“ ein und speichern Sie die Datei. Anschließend starten Sie xrdp:
sudo /etc/init.d/xrdp start
Unter Windows starten Sie das Programm „Remotedesktopverbindung“ und stellen eine Verbindung mit „localhost:3390“ her. Danach melden Sie sich bei Linux und dem KDE-Desktop an.
Hinweis: Bei unseren Tests blieb die Paketinstallation beim Update der „locate“-Datenbank hängen. In diesem Fall brechen Sie die Installation mit Strg-Z ab und bearbeiten die Datei „/etc/updatedb.conf“. Fügen Sie an die Liste
PRUNEFS="NFS afs […]"
den Wert „9p“ an und speichern Sie die Datei. Beenden Sie Linux über die Powershell
wsl --shutdown
und starten Sie das Linux-Terminal dann erneut. Mit der Zeile
sudo dpkg --configure -a
lässt sich die Installation fortsetzen.
Weitere Linux-Distributionen
Unter WSL lassen sich auch andere Linux-Distributionen installieren. Welche es gibt, erfährt man in der Powershell mit
wsl --list --online
Neben Ubuntu 16.04 bis 20.04 sind das zur Zeit Debian, Kali, Open Suse Leap 42 und Suse Linux Enterprise Server v12. Die Installation erfolgt mit
wsl --install -d [Distribution]
Den Platzhalter „[Distribution]“ ersetzen Sie durch die Bezeichnung, die „wsl –list –online“ ausgegeben hat. Der Start einer bestimmten Distribution erfolgt dann so:
wsl -d [Distribution]
Am einfachsten ist der Start über das Windows-Terminal. Nach einem Klick auf den kleinen Pfeil rechts in der Titelleiste lässt sich das gewünschte Linux auswählen.
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