Windows 11 im Tempo-Check: Schneller als Windows 10?

Windows 11 sieht viel anders aus als der Vorgänger. Neben der einfacheren Bedienung wird Microsoft nicht müde, auch die verbesserte Sicherheit beim neuen Betriebssystem zu loben. Doch ob unter der veränderten Oberfläche neue Systemfunktionen für höhere Rechenleistung sorgen, bleibt unklar. Microsoft behauptet allerdings, dass sich Windows 11 auf jeden Fall schneller anfühlt: Ein verbessertes Speichermanagement priorisiert aktive Apps und außerdem sollen Rechner mit den neuen System schneller aus dem Ruhezustand aufwachen, sodass Nutzer ohne merkliche Verzögerungen arbeiten können. Aber gefühlt ist nicht gemessen und kein Beleg, dass Windows 11 wirklich schneller ist.

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Selbst die umstrittenen hohen Hardware-Anforderungen beziehen sich nicht auf neue Tempofunktionen, die das Betriebssystem erst mit aktueller Hardware ausnutzen kann, sondern sollen vor allem für verstärken Schutz gegen Malware und Hacker sorgen. Selbst echte Hardware-Neuerungen, wie zum Beispiel die Unterstützung für die Hybrid-Prozessoren aus der Alder-Lake-Serie von Intel, sind nicht exklusiv Windows 11 vorbehalten, sondern kommen auch für Windows 10.

Die ersten Rückmeldungen zum Tempo von Windows 11 waren zudem nicht ermutigend: Spiele-PCs – vor allem mit AMD-Prozessoren – zeigten einen deutlichen Rückgang der Leistung, weil das neue Betriebssystem den L3-Cache der CPUs bremste und die Aufgaben den einzelnen Kernen nicht optimal zuteilte. Zudem standen die neuen Sicherheitsfunktionen wie Virtual Based Security unter Verdacht, durch hohe Hardware-Anforderungen die PC-Performance zu drücken.

Windows 11 im Mega-Test: Unnötiger Windows-10-Nachfolger?

Windows 11: Mit diesen Geräten testen wir

©Lenovo

Auf drei Notebooks testen wir das Tempo von Windows 11: Jedes System bietet dem Betriebssystem unterschiedliche Hardware-Voraussetzungen an – so lässt sich einschätzen, ob etwa eine bestimmte Ausstattung mehr oder weniger von Windows 11 profitiert. Außerdem haben wir auf jedem System das aktuelle Betriebssystem auf unterschiedliche Weise installiert, um herauszufinden, ob der Upgrade-Pfad Auswirkungen auf die Leistung hat.

Das aktuelle Spiele-Notebook Lenovo Legion 5 Pro arbeitet mit dem 8-Kern-Prozessor Ryzen 7 5800H. Somit ist er ein passendes Beispiel, um zu klären, wie Windows 11 auf hohe Leistungsanforderungen für Spiele reagiert und wie gut es mit Multi-Kern-Prozessoren umgehen kann. Das Lenovo-Notebook erhält Windows 11 auf die einfachste Variante – durch das Windows-Update.

Wer sich vor einiger Zeit einen hochwertigen und damit scheinbar zukunftssicheren Rechner gekauft hat, wird sich dafür interessieren, ob sich die Investition mit Hinblick auf Windows 11 gelohnt hat – oder das neue System schon wieder Neukauf oder Aufrüstung erfordert. Für dieses Szenario kommt das rund zwei Jahre alte Microsoft Surface Book 3 zum Einsatz: Auf diesem System haben wir Windows 11 mit Hilfe des Media Creation Tools  komplett neu installiert.

Als Beispiel für ein älteres System, das die Voraussetzungen für Windows 11 nicht erfüllt, nimmt das HP Pavilion 15 am Test teil: Im rund sechs Jahre alten Notebook sitzt mit dem AMD A10-7300 ein Prozessor, den Microsoft nicht für sein neues System freigegeben hat. Außerdem fehlt dem Rechner TPM 2.0. Ist der Hardware-Check deaktiviert, lässt sich Windows 11 aber trotzdem installieren. Die detaillierte Ausstattung der Testsysteme finden Sie in der Tabelle unten auf dieser Seite.

©HP

Beim Test kommen die Versionen von Windows 11 und Windows 10 zum Einsatz, die zu diesem Zeitpunkt aktuell waren: Bei Windows 11 handelt es sich um den Build 22000.138, bei Windows 10 ist der Build 21H1 (19043.1348) installiert.

Im Test: Startzeit, Systemleistung, CPU, SSD und Grafik

Mit zahlreichen Tests untersuchen wir, ob und in welchen Anwendungen sich die Leistung von Windows 11 und Windows 10 unterscheiden. Zunächst messen wir mit mehreren Tools die Startzeit des Betriebssystems. Im Praxistest müssen die Prüflinge außerdem mehrere größere und kleine Dateien in ein ZIP-Archiv komprimieren und entpacken. Der CPU-Benchmark Cinebench R23 testet die Prozessorleistung der Systeme. Wie gut die Rechner mit den unterschiedlichen Betriebssystemen Alltagsaufgaben erledigen, lässt sich mit den umfangreichen System-Benchmarks PC Mark 10 und Sysmark 25 feststellen. Schließlich untersuchen wir noch die Geschwindigkeit von SSD oder Festplatte und die Spieleleistung.

Test 1: Vergleich der Windows-Startzeit

Wie lange Windows zum Start benötigt, hat einen großen Einfluss auf die gefühlte Geschwindigkeit: Für die Arbeit am Rechner ist die Bootzeit nicht besonders relevant, da Windows nicht mehr bei jeder Kleinigkeit neu gestartet werden muss. Wenn es aber notwendig ist, nervt es sehr, wenn sich der Startvorgang lange hinzieht.

Den Startvorgang messen wir mit dem Gratis-Tool Bootracer : Es misst zum einen die gesamte Bootdauer bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich das System tatsächlich verwenden lässt. Zum anderen können Sie damit untersuchen, wie sich das System verhält, wenn es keine Autostarts zusätzlicher Programme durchführen muss. Außerdem kommt das Redaktionstool PC-WELT-Performance zum Einsatz, das sich Angaben zum Bootvorgang aus der Windows-Ereignisanzeige holt. Zudem messen wir die Zeit für einen kompletten Neustart vom Herunterfahren bis zum Erscheinen des Windows-Anmeldebildschirms.

In den meisten Messungen zeigen sich keine Unterschiede zwischen Windows 11 und Windows 10 – häufig ist die Startdauer sogar fast identisch. Das gilt vor allem beim Clean Boot ohne Autostart-Programme. Lediglich das alte HP-Notebook startet mit Windows 10 einige Sekunden schneller – was aber angesichts der ohnehin dreimal so langen Bootzeit im Vergleich zu den neueren Systemen in der Praxis kaum ins Gewicht fallen dürfte.

Die etwas längere Startzeit mit Windows 11 verursacht die Autostart-Option – auch beim frisch installierten System auf dem Surface Book 3 ermittelt Bootracer dafür zwei bis vier Sekunden zusätzlich. Denn bei Windows 11 starten ab Werk mehr Programme automatisch als bei Windows 10 – zum Beispiel Edge und Teams.

Ebenfalls bemerkenswert: Bei Windows 11 erhöht sich im Test die Startzeit für das Betriebssystem laut Bootracer um rund fünf Sekunden, wenn die Sicherheitsfunktion Virtual Based Security (VBS) aktiv ist. Was VBS leistet, ob es auf Ihrem System aktiv ist und wie Sie es ein- oder ausschalten, lesen Sie im Kasten unten.

Fazit: Grundsätzlich startet Windows 11 nicht schneller als Windows 10, aber auch nicht langsamer – beziehungsweise genauso langsam, wie der Test mit dem älteren Rechner zeigt. Deshalb bleiben die Standard-Tipps, um die Bootzeit zu verkürzen, auch beim neuen Betriebssystem gültig: Nutzen Sie eine SSD statt einer HDD beziehungsweise schnelleren statt langsameren Flash-Speicher, und schalten Sie überflüssige Autostarts ab.

Test 2: Dateien komprimieren mit Windows-Explorer

Eine leistungsintensive Alltagsanwendung ist das Packen und Entpacken von Dateien. Im Test müssen die Rechner 30 Dateien mit insgesamt über 6 GB in ein ZIP-Archiv komprimieren. Es handelt sich um gemischte Dateiformate mit unterschiedlichem Packungspotenzial von Video- und Foto-Files bis hin zu Texten, Tabellen und PDFs.

Dafür nutzen wir die entsprechende Funktion des Windows-Explorer: Das Bordmittel ist bestimmt nicht das effektivste Packprogramm, wird aber sicher häufig genutzt.

Das Surface Book 3 packt und entpackt unter Windows 11 ungefähr genauso schnell wie unter Windows 10. Beim HP Pavilion 15 hat Windows 10 einen minimalen Tempovorteil, was aber wohl eher dem Schreibund Leseverhalten der Magnetfestplatte geschuldet ist als den unterschiedlichen Betriebssystemen.

Fazit: Auch bei Standardanwendungen wie der Dateikomprimierung lassen sich keine Leistungsunterschiede zwischen Windows 11 und 10 feststellen. Sie sparen beim neuen System immerhin Zeit, weil sich die Packbefehle im Windows-Explorer jetzt schneller erreichen lassen.

Test 3: Vergleich der CPU-Leistung

Mit Cinebench R23 lässt sich gezielt die CPU-Leistung messen und auf diese Weise gut abschätzen, wie sich ein Rechner unter hoher Last verhält. 

Bei den beiden neueren Systemen von Lenovo und Microsoft zeigt sich kein Unterschied zwischen Windows 11 und Windows 10. Auch mit aktivierten VBS gibt es kein Ergebnis, dass außerhalb der Messungenauigkeit einen Vorteil für ein bestimmtes Betriebssystem andeutet. Bei wiederholten Tests sinken die Ergebnisse unter beiden Betriebssystem in gleicher Weise, was aufgrund der erhöhten thermischen Belastung zu erwarten ist.

Lediglich beim alten HP-Notebook schneidet auf viel niedrigerem Leistungsniveau Windows 10 deutlich besser ab als das neue Betriebssystem. Ein möglicher Grund: Das Oktober-Update, das die Leistungsprobleme von Windows 11 mit AMD-Prozessoren behebt, wirkt sich zwar auf aktuelle CPUs aus, wie der Test des Lenovo-Notebooks belegt, hat aber keine Wirkung auf ältere, nicht offiziell unterstützte AMD-Modelle. 

Fazit: Beim Test mit hoher CPU-Last liegen Windows 10 und Windows 11 gleichauf. Auch die aktivierte Schutzfunktion VBS hat bei aktuellen Systemen keinerlei Auswirkung auf das Ergebnis.

Test 4: System-Benchmarks PC Mark 10 und Sysmark 25

Umfassende System-Benchmarks wie  PC Mark 10  und  Sysmark 25  erlauben den besten Praxisvergleich zwischen den beiden Betriebssystem. Sie testen alle Rechnerkomponenten in gleichem Maße, da sie dafür Programme und Aktionen für unterschiedliche Zwecke verwenden und festhalten, wie lange der PC dafür benötigt: Die Office-Tauglichkeit prüfen sie zum Beispiel mit Text- und Tabellenverarbeitung und anhand simulierter Videokonferenzen und Online-Einkäufe. Mit von der Partie sind zudem Foto- und Videobearbeitung sowie Rendering und Spiele. Außerdem testen die System-Benchmarks, wie schnell SSD und Festplatte Programme starten und Dateien kopieren.

Im PC Mark 10 unterscheiden sich die Ergebnisse zwischen den beiden Windows-Versionen bei keinem der drei Testgeräte. Der rund drei Prozent schlechtere Wert beim Lenovo Legion 5 Pro liegt innerhalb der Messungenauigkeit. Hier fällt allerdings auf, dass das Ergebnis unter Windows 11 unterdurchschnittlich ausfällt, wenn hoher CPU-Einsatz gefordert ist, wie zum Beispiel beim Rendering.

Auch beim Surface Book 3 gibt es kaum Abweichungen zwischen Windows 10 und Windows 11. Mit aktiviertem VBS liegt das Ergebnis zwar rund drei Prozent unter dem Testlauf ohne die Schutzfunktion – aber auch das liegt höchstens im messbaren Bereich, hat aber keinen Einfluss auf das empfundene Rechnertempo in der Praxis. Beim HP Pavilion 15 liegen Windows 11 und Windows 10 in diesem Test absolut gleichauf – nicht einmal in den verschiedenen Teildisziplinen des PC Mark 10 gibt es einen Unterschied.

Beim Sysmark 25, der zum Test unter anderem aktuelle Versionen von Word, Excel, Powerpoint, Photoshop und Premiere nutzt, ergibt sich beim Surface Book 3 kein Unterschied zwischen Windows 11 und Windows 10. Ähnlich wie beim PC Mark 10 fällt das Ergebnis mit aktivierter VBS-Funktion aber ein bisschen schlechter aus – um rund sieben Prozent.

Fazit: Auch bei den System-Benchmarks heißt es Unentschieden zwischen neuem und älterem Windows. Lediglich die Ergebnisse beim Surface Book 3 weisen darauf hin, dass der Rechner mit eingeschaltetem VBS minimal langsamer arbeitet.

Test 5: Laufwerksleistung bei SSD und HDD

Mit Spezialtests für Laufwerke lässt sich ähnlich wie mit Cinebench R23 für den Prozessor herausfinden, ob SSD und HDD sich unter den beiden Betriebssystemen unterschiedlich verhalten. 

Beim Crystaldiskmark testen wir die sequenzielle Lese- und Schreibrate – vor allem für eine SSD ist es das günstigste Szenario, weil der Flash-Speicher dann seine Geschwindigkeitsvorteile voll ausspielen kann. Die Ergebnisse sind fast identisch zwischen Windows 11 und Windows 10 – sowohl bei den beiden neueren Notebooks mit NVMe-SSD als auch beim älteren HP-Laptop mit Festplatte.

Der System Drive Benchmark des PC Mark 10 bildet die Leistung der Laufwerke praxisnäher ab: Er simuliert den Start verschiedener Programme sowie Kopieraktionen mit unterschiedlich großen Dateien und betont daher mehr den zufälligen Dateizugriff, der in der alltäglichen Arbeit deutlich häufiger vorkommt als das sequenzielle Lesen und Schreiben.

Das Testergebnis fällt dabei etwas besser für Windows 11 aus: Beim Lenovo Legion 5 Pro ist der Unterschied nur minimal, beim Surface Book 3 mit knapp 20 Prozent schon erheblich.

Fazit: Der Laufwerkstest bringt nur eine klare Erkenntnis: Eine SSD ist bis zu 35 Mal schneller als eine Magnetfestplatte – das ist aber weder neu noch hat es etwas mit Windows 10 oder Windows 11 zu tun.

Test 6: Spieleleistung im Vergleich

Bei Spielern war die Empörung zunächst groß, als erste Tests mit Windows 11 scheinbar ergaben, dass die Bildraten unter dem neuen Betriebssystem deutlich schlechter ausfielen als unter dem Vorgänger. In vielen Fällen ließ sich dieser anfängliche Eindruck aber nicht nachhaltig belegen. 

Auch unsere Test mit dem Lenovo-Notebook, in dem eine Geforce RTX 3070 steckt, und dem Surface Book 3 mit einer älteren Geforce GTX 1650 zeigen keinen Unterschied in der Spieleleistung. Vor allem mit Einstellungen, die vor allem die Grafikkarte und weniger die CPU belasten, sind die Testergebnisse sogar identisch.

Fazit: Auch Spieler müssen sich nicht zwischen Windows 11 und Windows 10 entscheiden – beide Betriebssysteme liefern dieselbe Leistung. Außerdem sind die meisten Funktionen, die unter Windows 11 Spiele beschleunigen, wie Direct X 12 Ultimate und Direct Storage, auch für Windows 10 verfügbar. 

Umstieg auf Windows 11: Geschwindigkeit ist kein Argument

Es ist nicht erstaunlich, dass Microsoft nur wenige Worte über die Leistung von Windows 11 verliert: Unsere Tests zeigen, dass es keinen echten Unterschied in der Rechengeschwindigkeit zwischen dem neuen Windows und seinem Vorgänger gibt. Das gilt für die Gesamtleistung des Systems wie auch für das Tempo einzelner Komponenten, etwa Prozessor, SSD und Grafikkarte. Selbst bei älteren Systemen ist nicht das Rechentempo ein Argument gegen Windows 11, sondern eher die Drohung von Microsoft, dass nicht unterstützte Rechner möglicherweise keine Updates erhalten. Dass das neue Betriebssystem im Test etwa genauso schnell wie das alte ist, spricht eher für den Umstieg auf Windows 11: Denn mit Updates und verbesserten Treibern der Komponentenhersteller wird sich die Leistung noch erhöhen.

Lediglich die Sicherheitsfunktion VBS scheint in einigen Fällen das Tempo zu drücken: Sie lässt sich aber gegebenenfalls deaktivieren, sofern sie Windows 11 bei der Installation überhaupt eingeschaltet hat. Ob Sie bei Windows 10 bleiben oder zu Windows 11 wechseln: Was die Rechenleistung betrifft, liegen Sie mit jeder Entscheidung richtig. Was Ihnen der Umstieg bringt, hängt deshalb vor allem davon ab, ob Ihnen die neue Optik und die einfachere Bedienung von Windows 11 zusagen und ob Sie die zusätzlichen Funktionen im Alltag sinnvoll einsetzen können.

Windows 11: Alle Neuerungen im Überblick