Der neue VW ID.Buzz, der erste elektrische Bus von Volkswagen (Nutzfahrzeuge), hat sich bei einer seiner Erprobungsfahrten in Skandinavien augenscheinlich blamiert. Das nagelneue Fahrzeug, das mit mindestens 150 kW (zirka 203 PS) mehr als ausreichend motorisiert ist und von Volkswagen Nutzfahrzeuge sicherlich nicht gerade zum Schnäppchenpreis angeboten werden wird, scheiterte beim Losfahren im Schnee an einer kaum merklichen Steigung. Die Hinterräder drehten durch, der ID.Buzz brachte seine durchaus reichliche Motorleistung nicht auf den Boden – die Traktion fehlte. Schließlich gab der Fahrer auf und fuhr rückwärts zurück.
Das Video, das die vermeintliche Schlappe des ID.Buzz dokumentiert , entstand bei Testfahrten, die Volkswagen in Schweden unternahm. Das Video ist natürlich kein VW-Werbevideo – dann wäre es ja kontraproduktiv. Sondern das Video wurde von Carspymedia aufgenommen, einem Youtube-Kanal, der Erlkönige/Prototypen bei Testfahrten zeigt. VW testete den ID.Buzz nahe des Polarkreises auf seine Wintertauglichkeit. Hier spielen natürlich vor allen die eisigen Temperaturen eine große Rolle, aber auch die Traktion auf Eis- und Schnee-bedeckter Fahrbahn.
VW ID.Buzz FAQ: Alles, was Sie wissen müssen zum elektrischen VW Bus
Der ID.Buzz hat standardmäßig Hinterradantrieb. Das war bei dem Testwagen im Video sichtbar der Fall, der für den ID.Buzz optional ebenfalls vorgesehene Allradantrieb war nicht vorhanden, die Vorderräder drehten nicht durch. Nun verfügen moderne Fahrzeuge aber auch noch über eine Traktionskontrolle, die das Durchdrehen der Antriebsräder verhindern soll. Die Leistung wird dabei Computer-gesteuert so weit heruntergeregelt, bis die Räder nicht mehr durchdrehen, sondern das Fahrzeug wieder vorwärtsbewegen können. Aus dem Video geht nicht hervor, ob diese Traktionskontrolle alias Antriebsschlupfregelung (ASR) abgeschaltet war oder ob sie schlicht nicht ausreichte, um mit den winterlichen Verhältnissen zurechtzukommen. Letzteres wäre aber augenscheinlich ein Desaster, denn die auf dem Video erkennbare Schneemenge ist keinesfalls so ungewöhnlich viel, dass Fahrzeuge davor kapitulieren müssten. Andererseits: Wäre die ASR zunächst ausgeschaltet gewesen, dann hätte sie der Fahrer ja einfach wieder einschalten und dann mit etwas Anlauf die Steigung nehmen können.
So erklärt Volkswagen das Video: Bewusster Test
Wir fragten bei Volkswagen nach, ob der ID.Buzz in der gezeigten Szene tatsächlich versagt hat oder ob ein anderer nachvollziehbarer Grund dahintersteckt. Volkswagen Nutzfahrzeuge antwortete uns prompt und erklärt die Szene folgendermaßen: „Hier geht es um Anfahrversuche. Elektromotoren bieten im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren sofort das volle Drehmoment, entsprechend muss die Leistung beim Anfahren heruntergeregelt werden. Ergo prüfen wir natürlich, bei welchen Bodenreibwerten (z.B. festgefahrene Schneedecke, trockenes Glatteis, Nässe auf Glatteis, wie im Bild zu sehen), wieviel Anfahr-Drehmoment von der Leistungselektronik zugelassen werden kann und in wie fern sich die Werte bei unterschiedlichen Beladungszuständen ändern.“ Zitat Ende
VW ID.Buzz hat ebenso Heckantrieb wie T1 und Käfer – die für sehr gute Traktion bekannt sind
Diese Schlappe (wenn es sich denn um eine Schlappe handelt) würde beim VW ID.Buzz umso mehr ins Gewicht fallen, weil Volkswagen den neuen E-Bus mit seinem legendären Vorgänger T1 vergleicht. Nun muss man aber wissen, dass die berühmten klassischen Volkswagen mit Heckantrieb und (luftgekühltem) Heckmotor, also vor allem VW Käfer und VW Bus T1/T2/T3 (letzterer meist mit wassergekühlten Heckmotor), berühmt für ihre gute Traktion auf Schnee oder schlechtem Untergrund waren. In einer Zeit, in der Allradantrieb noch ein seltener Einzelfall war und allenfalls in echten Geländefahrzeugen angeboten wurde, bewährten sich die heckangetriebenen Volkswagen ganz besonders gut im harten Wintereinsatz: Der Motor über der Antriebsachse drückte mit seinem Gewicht die Antriebsräder auf den Boden, sodass diese nicht durchdrehten. Dass jetzt ausgerechnet der VW ID.Buzz, der ja den T1 beerben soll, an einer winzigen schneebedeckten Steigung scheitern soll, wäre an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten. Aber das soll laut der Erklärung von Volkswagen Nutzfahrzeuge ja eben nicht der Fall sein.