In den letzten Jahren gab es eine Erschütterung der Macht, denn Star Wars hat sich sehr verändert. JJ Abrams etwa sucht immer den Bombast, die riesige Schlacht, gerne auch gegen 100 Sternenzerstörer, gegen die 15 X-Wings und eine Hand voll Y-Wings antreten. Wie in Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers. Das war mal anders: Als Luke, Prinzessin Leia und Han Solo noch die jungen Wilden und nicht Opa, Oma und Opa waren, da ging es stark um harte Dogfights. Um diesen Ritt auf Messers Schneide im X-Wing, was ein bisschen an Luftschlachten wie im Zweiten Weltkrieg erinnerte: Es ist das Gejagt werden vom TIE-Fighter, das Revers-Boosten, den Looping ziehen, sich hinter den Feind setzen – Protonentorpedos frei und Spaß dabei. Wir wissen gar nicht warum, aber weder JJ Abrams noch Rian Johnson sind Freunde des harten Luftkampfes: The Force Awakens (Das Erwachen der Macht), The Last Jedi (Die letzten Jedi), Rise of Skywalker (Der Aufstieg Skywalkers) sind gute Filme in einigen Facetten, aber sie haken den Luftkampf erstaunlich schnell ab.

Achten Sie mal drauf: Jeder dieser Filme hat eine kurze Sequenz, wo der Millenium Falcon mal wieder fünf TIE-Fighter in Flammen aufgehen lässt, weil Stormtrooper können ja weder schießen, noch fliegen. Viel mehr Dogfights gib es aber gar nicht. Zeit das wieder zu ändern, dachte sich wohl Fishlabs aus dem schönen Hamburg. Denn Chorus lässt es richtig knallen: Es liefert diese Dogfights, die Star Wars ursprünglich mal zu Star Wars machten. Nicht im X-Wing, nicht als offizielles Star-Wars-Spiel, aber die DNA, die trägt dieser Sci-Fi-Dogfighter im Herzen. Chorus ist kein Star Citizen, es geht nicht darum, in aller Tiefe den Weltraumflug in all seiner Langsamkeit in jedem mechanischen Detail zu simulieren. Sondern um Geschwindigkeit, um fast schon eine Art Need for Speed des Weltraums. Ist der Booster erstmal maximal hochgefahren, zischen wir mit einem Affenzahn auf feindliche Jägerstaffeln zu. Verfehlen wir den Vogel, hauen wir den Powerslide rein, als hätte sich Vin Diesel ins Weltall verirrt und würde laut „Für die Familie“ schreien.
Es ist ein Arcade-Dogfighter, aber einer der sich sehr dynamisch spielt, der brutal viel Speed in seine Kämpfe bringt: Auf den Laser geschaltet, auf die Turbinen gezielt und schon hat einer der feindlichen Schergen nur noch halb so viel Schub. Zwei weitere jagen uns, wollen uns im Laser-Feuer grillen, auch hier hilft die gute alte Vin-Diesel-Taktik: Wir spielen Schisshase, halten auf den feindlichen Cult-Wing zu, ziehen im letzten Moment nach links, reißen die Sticks auf den Controller rum, rotieren einmal um unsere eigene Achse und schreien „Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke“. Chorus ist genau dieser super harte Ritt auf der Schneide, der Star Wars mal war. Hier gibt’s zwar keine X-Wings und TIE-Fighter, dafür einen Haufen Banditen und Kultisten, die mindestens so fanatisch sind wie das Imperium. Genauer gesagt könnten sie sogar der kleine Bruder des Imperiums sein, denn auch The Cult hat das Bedürfnis ständig irgendwelche Planeten zu pulverisieren, was in einer erstaunlich epischen Geschichte kulminiert, die leider nur etwas langweilig präsentiert wird – wohl aus Budget-Gründen hat sich Fishlabs gegen aufwändige Zwischensequenzen entschieden und arbeitet sehr viel mit In-Display-Anzeigen von Personen, die wir in unserem Cockpit sehen.

Star Wars Squadrons im Test: Chewie, wir kommen nach Hause Ein Kult spielt Imperium, liebt es Planeten zu vernichten und ihre Scharfrichterin schaltet in den Powerdrift im Weltraum

The Cult ist quasi das Imperium von Chorus, nur das es sich hierbei weniger um ordnungsliebende Diktatoren handelt und mehr um religiöse Fanatiker, die den Weltraum bereinigen wollen. Als Nara spielen wir eine ehemalige Scharfrichterin des Anführers dieses Kults, des sogenannten Propheten. Die Story ist erstaunlich groß aufgebaut, fährt Intrigen, Verrat und Religion als politisches Druckmittel auf und lässt uns eine Figur spielen, die quasi Darth Vader nach der Vernichtung von Alderaan ist. So wie dem Imperium ja auch immer seine Offiziere weglaufen, wenn es mal wieder Unschuldige tötet, wird Nara gezwungen, einen ganzen Rebellen-Planeten zu vernichten, weil diese sich gegen die Worte des Propheten ausgesprochen hatten. Nara ist sehr gut geschrieben und exzellent vertont, leider merkt man aber Chorus an, das es eben kein Triple-A-Budget hatte. Es gibt nämlich nur sehr wenige Zwischensequenzen. Dadurch haben Großangriffe auf zivile Raumstationen nicht den Druck, den sie etwa in der Kampagne von Star Wars: Battlefront 2 entwickeln und uns wachsen Charaktere auch etwas weniger ans Herz, obwohl Chorus für einen Space-Shooter erstaunlich smart auf der emotionalen Klaviatur spielt und wirklich sehr gut geschrieben ist.

So erzählt uns Nara ganz ähnlich wie Max Payne in Max Payne 3 auf durchaus rührende Weise, was sie alles falsch gemacht hat in ihrem Leben und wie sehr sie sich quält, wenn sie an all die Opfer zurückdenkt, die sie im Weltall zurückgelassen hat. Wir würden uns durchaus einen Nachfolger wünschen, der mit mehr Zwischensequenzen arbeitet, denn gerade diese eher hölzerne Inszenierung mit Cockpit-Einblendungen schadet der Atmosphäre dieses wirklich liebevoll gemachten Werkes. Auch musikalisch fährt das Spiel einiges auf, das Orchester kocht etwa bei einer gewaltigen Schlacht gegen die Tempel-Schlachtschiffe des Kultes, die etwas kleiner sind als ein Sternenzerstörer in Star Wars, aber durchaus auch satt Bewaffnung mitbringen, wo wir gut zu tun haben, um Waffenbatterien auszuschalten und die Stromversorgung zu kappen, die diese Laser-Geschütze versorgt. Dafür müssen wir immer wieder in diese Weltraum-Kolosse reinfliegen und in engen Bereichen manövrieren, während wir erbarmungslos von den Jägern des Kults gejagt werden – das hat dann wirklich etwas von den ikonischen Momenten, in denen Luke Skywalker dem Todesstern den Todesstoß gibt.

Sie wissen schon, bevor er in der neuen Trilogie zum Opfer mutiert, der Alien-Kuhmilch trinkt, sein Laserschwert wegwirft und die Chroniken der Jedi verbrennt, weil Rian Johnson in seinem Leben wohl noch keinen Star-Wars-Film gesehen hat. In der Tat ist Nara auch so eine Art Jedi des Kults, die Riten wirken kann – das sind magische Sprüche, mit denen wir etwa unser Raumschiff teleportieren können. Praktisch, denn die Jäger des Kults können Energiewände abwerfen, rauschen wir da rein, werden unsere Waffensysteme gestört. Leider gibt es in Chorus nur drei Raumschiffe, hier hätten wir uns deutlich mehr Abwechslung gewünscht, denn es wäre spannend gewesen, mit Bombern im Stil eines Y-Wing Angriffe auf einen riesigen Kreutzer zu fliegen. Dafür ist unser Vogel namens Forsaken eine Art KITT: Es spricht nämlich mit uns und die smarte KI hilft auch mal, wenn wir gegen die wirklich toughen Bosse unterzugehen drohen. Chorus fährt nämlich einige der fiesesten und schwierigsten Bosse der Videospielgeschichte auf und will wohl als das Dark Souls der Sci-Fi-Welt in die Annalen der Gaming-Historie eingehen. Wir wollen da gar nicht so viel verraten, aber Fishlabs dachte sicherlich „Lass uns doch mal God of War im Weltraum machen“. Möge die Macht mit uns sein. Die brauchen wir nämlich, bei diesen extremen Bossen.

Test-Fazit: Wer Lust auf harten Sternenkrieg mit Piff hat, der spielt gerade Chorus Es gibt sie noch: Die Spiele, die einfach so um die Ecke schießen, man hat davon vielleicht mal gehört, vielleicht mal einen Trailer gesehen und dann hauen sie dich voll um: Chorus ist so ein Spiel. Ein Star-Fighter, ein Dog-Fighter, der zwar etwas wenig Masse hat, weil nur drei Raumschiffe im Angebot. Aber eine Menge Klasse, das fühlt sich einfach sehr gut an, steuert sich fantastisch und bietet diese harten Dogfights, die wir seit einem Star Wars: X-Wing kaum noch hatten. Ja, Star Wars: Squadrons hat das auch gerade versucht, aber dort liegt der Fokus viel stärker auf dem Austarieren von Energie für unsere Waffensysteme vs. Schilde. Bei Chorus gibt’s das nicht, es geht vor allem darum, den Piloten in uns zu wecken und uns mit waghalsigen Manövern und irren 180s durch eine ganze Armada von Kultisten-Jägern durchzuschlagen. Und Großraumschiffe zu knacken. Und Bossgegner, die mitunter so irre sind wie in God of War. Also wenn wir da an diese mechanische Alien-Kobra im All denken, hui. Schade ist eigentlich nur, dass Fishlabs nicht ein paar Euro mehr in die Inszenierung gesteckt hat, die ist nämlich die größte Schwäche des Spiels: Warum so wenige Zwischensequenzen, wenn so viel Liebe in die Story fließt? Und wenn man sich schon die Schauspielarbeit spart, sollte ein deutsches Studio zumindest deutsche Synchronsprecher engagieren. Na ja gut, dann bitte bei Chorus 2. Wer Lust auf einen richtig guten Arcade-Sci-Fi-Dogfigher im Stil von Freelancer hat, der sollte hier definitiv zugreifen. Wertung: 8.0 Pro:
- Definitiv einer der besten Sci-Fi-Dogfighter aktuell
- Richtig knackige und mitunter völlig irre Bosskämpfe. God of War im Weltraum
- Exzellent steuerbar mit Controller oder Maus/Tastatur-Kombi
- Erstaunlich gut geschriebene Story…
Contra
- ..die Geschichte ist aber sehr laienhaft inszeniert mit kaum Zwischensequenzen
- Mitunter etwas repetitiv, weil es nur drei Raumschiffe gibt
- Keine deutsche Sprachausgabe – die Story wird auf Englisch erzählt mit dt. Untertiteln
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