Punkt 15 Uhr am 18. Januar 2022 ließ Microsoft die nächste Bombe platzen: Nach Bethesda kauft Microsoft für 68,7 Milliarden US-Dollar mit Activision Blizzard den größten Gaming-Publisher der Welt ( wir berichteten ). Man bezahlt also das zehnfache von Bethesda, aber wir leben ja in wilden Zeiten. 2012 hat Disney mit Star Wars für vier Milliarden eine der größten Entertainment-Marken aller Zeiten gekauft, solche „Schnäppchen“ gibt’s nicht mehr in einem Markt, in dem viele Konzerne über nahezu unendlich viel Kapital verfügen und der so kompetitiv ist wie nie zuvor: Tencent hat in den letzten Jahren Riot Games und Epic Games geschluckt sowie in unzählige Gaming-Firmen investiert und die schwedische Embracer Group kauft gefühlt jede Woche ein neues Studio, wobei ihnen mit THQ, Koch Media / Deep Silver und Gearbox Entertainment bereits etliche große Publisher gehören. Und da Facebook/Meta aktuell an seinem Metaverse arbeitet, dürfte auch Mark Zuckerberg dieses Jahr auf große Einkaufstour gehen. Meta hat finanzielle Reserven von 50 Milliarden US-Dollar in Cash – der Technologie-Riese könnte sich fast jeden in der Branche kaufen, schließlich bezeichnete Zuckerberg Gaming erst kürzlich als Schlüsseltechnologie und den „driving factor“ für das Metaverse.
Siehe auch: Mark Zuckerberg über das Metaverse und welche Rolle Gaming dafür spielt
Wohl auch deshalb hat man diese Mega-Akquisition, die größte, die es je im Gaming- und Technologie-Bereich gab, jetzt durchgezogen, denn Microsoft ist nicht mehr der einzige Spieler auf dem Feld, der auf enorm viel Barvermögen sitzt. Redmond verfügt über 150 Milliarden US-Dollar in Cash, deshalb zahlt man die fast 70 Milliarden laut Bloomberg auch nicht in Aktien, sondern in einem All-Cash-Deal, was es auch noch nie gegeben hat. Es ist ein Mega-Commitment von CEO Satya Nadella gegenüber seinem Xbox-Chef Phil Spencer, der Xbox aus schwierigen Zeiten nach dem Xbox-One-Launch in goldene geführt hat: Xbox hat ein sehr gutes Image bei Gamern, liefert tolle Spiele ab und der Game Pass hat mittlerweile 25 Millionen Abonnenten. Nicht immer lag er richtig, der Twitch-Konkurrent Mixer etwa war ein teurer Fehlschlag, aber operativ wächst das Kerngeschäft rasant – der Umsatz der Xbox-Abteilung stieg 2021 um 172 Prozent auf 15 Milliarden US-Dollar, der Gewinn wird nicht extra ausgewiesen, da sie Teil der Microsoft Corporation sind.

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168 Milliarden US-Dollar Umsatz; rund 60 Milliarden US-Dollar Gewinn verbucht Microsoft als Gesamtkozern im Fiskaljahr 2021. Die 150 Milliarden Cash-Reserve wird also wieder substantiell nachgefüllt, auch wenn man die Hälfte seiner Geldspeicher für Activision Blizzard geleert hat. Beeindruckend auch, wie verschwiegen Redmond ist: Es gab nicht mal das Gerücht, dass Microsoft Activision kaufen würde, keinen Leak, nichts. Microsoft gehören jetzt die meisten Spiele-Marken, die es im Triple-A-Bereich gibt. Und die Prestige-trächtigsten sowie größten: Mit Bethesda hat man sich ein Starfield eingekauft, ein The Elder Scrolls 6. Fallout 5, das nächste Doom, das nächste Wolfenstein, das nächste The Evil Within. Das nächste Spiel der Arkane Studios, die uns mit Dishonored sowie Prey und zuletzt Deathloop immer wieder verzaubern. Oh, und mit The Elder Scrolls Online ein enorm großes MMO.

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Und jetzt gehört Microsoft die größte Shooter-Marke der Welt – Call of Duty, welches gut 100 Millionen Fans mitbringt. World of Warcraft und seine 25 Millionen Abonnenten, laut letztem Finanzbericht. Und Hearthstone mit seinen 20 Millionen Spielern. Und auch wenn Overwatch mittlerweile fünf Jahre auf dem Buckel hat, lockt es noch gut acht Millionen Spieler täglich auf die Server und Overwatch 2 wird 2022 endlich erscheinen. Und dann wären da noch viele andere schöne Spiele: Diablo 4 ist jetzt ein Microsoft-Spiel für den Game Pass. Sekiro: Shadows Die Twice war fantastisch und Guitar Hero hat uns die Party-Nächte versüßt. Crash Bandicoot liegt im Paket für 69 Milliarden US-Dollar, der nette Drache Spyro, die Skylanders und ihre putzigen Spielzeug-Figuren und natürlich Skateboard-Legende Tony Hawk, der ja gerade erst mit Tony Hawk’s Pro Skater 1 + 2 richtig abgeliefert hat. Activision gehören zudem viele andere Marken, die schon länger keine Spiele mehr bekommen haben, die Microsoft aber durchaus in eine neue Blüte führen könnte: der Open-World-Blockbuster Prototype zum Beispiel, das Rennspiel Blur, das Sierra-Adventure King’s Quest oder True Crime: Streets of LA als GTA-6-Konkurrent exklusiv für den Game Pass. Warum eigentlich nicht? Mit im Korb liegt übrigens auch King, also Candy Crush, womit Activision Milliarden verdient. Auch Call of Duty Mobile ist für Microsoft relevant, den Mobile-Markt möchte Xbox auch gerne für sich erobern und kauft sich hier viel iOS- & Android-Gaming-Kompetenz ein. 10.000 Gaming-Experten von Activision gehören jetzt zu Microsoft.
Microsoft kauft Bethesda: Der Start in die goldene Ära der Xbox Series X
Gute Nachrichten für Gamer? Call of Duty, Overwatch, Diablo & Co. wandern in den Game Pass

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Weil Microsoft einer dieser netten Monopolisten ist: Phil Spencer gilt als einer der besten Manager in der Gamesbranche. Er liebt Games, redet darüber non-stop auf Twitter, er lobt sogar Playstation-Spiele wie Horizon: Zero Dawn, was sein Vorgänger nie getan hätte. Er gibt Entwicklern so viel Zeit, wie sie brauchen, auch wenn es schmerzt – Halo Infinite hätte eigentlich der Launch-Titel für Xbox Series X sein sollen, aber 343 brauchte einfach mehr Zeit. Phil hat bei Microsoft diesen sehr seltenen Luxus, dass er sich voll auf Qualität konzentrieren darf. Er hat nicht den Druck, Spiele unfertig auf den Markt zu drücken, was in der Branche mittlerweile üblich geworden ist, wenn wir uns Battlefield 2042, Ghost Recon: Breakpoint, Warcraft 3: Reforged und so viele andere anschauen. Die meisten Publisher sind mittlerweile zu einer „Raus damit, fixen können wir es später“-Mentalität übergegangen, Microsoft hingegen macht das nicht. Sie pushen ihre Studios und Akquisitionen kaum – natürlich sind alle Bethesda-Spiele nach dem Kauf in den Game Pass gewandert, Spencer scheint aber wenig Druck auszuüben, dass jetzt Starfield rauskommen muss und Fallout 5 ist zwar in Entwicklung, Bethesda darf sich damit aber Zeit lassen.

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Microsoft hat seine Überdominanz im Gaming in den letzten Jahren auch in erster Linie positiv genutzt: Wir bekommen gute bis sehr gute Spiele, ohne dafür bezahlen zu müssen. Der Game Pass hat Gaming so günstig gemacht wie nie zuvor, es ist fast schon irre, dass wir für einen Zehner im Monat von Age of Empires 4 und dem Flight Simulator über Forza Horizon 5 und Halo Infinite alle Spiele kostenlos bekommen haben in 2021 plus gut 100 weitere Titel. Nach Bethesdas Katalog dürften jetzt auch alle Activision-Spiele Teil des Game Passes werden. Alle Call of Dutys oder zumindest jene, die ab der Xbox-One-Generation erschienen sind, dürften letzt in den Game Pass rutschen, was großartig ist. Denn das sind häufig ziemlich starke Singeplayer-Kampagnen, die man immer gerne nochmal spielen kann – Call of Duty: Advanced Warfare war zum Beispiel sowohl spielerisch als auch Story-technisch dank Kevin Spacey ein Highlight. Und auch ein Overwatch kann man mal nachholen und natürlich ein Diablo 3 und sicherlich auch Diablo 4, wenn es dann erscheint. Und hey, wie wäre es denn mit einer Party mit all den Guitar Heroes dieser Welt? Da gibt es doch einige! Phil Spencer selbst schreibt in einem Blog-Post:
„Upon close, we will offer as many Activision Blizzard games as we can within Xbox Game Pass and PC Game Pass, both new titles and games from Activision Blizzard’s incredible catalog.“ Übersetzt: „Nach Vertragsabschluss werden wir so viele Activision-Blizzard-Spiele wie möglich im Xbox Game Pass und PC Game Pass anbieten, sowohl neue Titel als auch Spiele aus dem unglaublichen Katalog von Activision Blizzard.”

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Dank Microsoft ist Gaming so günstig wie nie zuvor

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Natürlich wird der Game Pass nicht ewig so spottbillig bleiben, aktuell verschenkt Microsoft im großen Stil sein Abo, es gibt ständig diese 1-Euro-Aktionen. Dennoch ist es eine tolle Zeit, Gamer zu sein, so günstig war dieses Hobby noch nie. Es war, um ehrlich zu sein, sogar mal ziemlich exklusiv und teuer. Für den Preis einer Pizza im Monat bekommt man inklusive der Activision-Bibliothek jetzt gefühlt die größte Menge an Triple-A-Games, die man auf Xbox spielen wollen würde und das Angebot war vorher schon sehr gut. Gerade diese Woche ist die Hitman-Trilogie im Game Pass erschienen, Microsoft gibt hier wirklich Vollgas, seinen Service zu dem Netflix for Games auszubauen, was wir uns alle immer gewünscht haben. Negative Auswirkungen wird das Ganze aber vermutlich für Playstation-Fans haben. Die brauchen jetzt eben auch eine Xbox Series X. Microsoft hat sicherlich nicht diesen Rekordpreis gezahlt, um sich selbst keine Exklusivität einer der größten Entertainment-Marke der Welt zu sichern – Call of Duty. Sicherlich werden die nächsten CoDs noch auf der PS5 erscheinen, da würden wir uns vorerst keine Sorgen machen, aber es könnte natürlich nach dem Geschäftsjahr 2023 – dann wenn der Deal rechtlich finalisiert sein wird – auch exklusiv werden.
Was in Zukunft auch auf Playstation erscheinen wird, was exklusiv wird – Microsofts ehemaliger Head of Xbox und jetzt CEO Microsoft Gaming Phil Spencer hat das bislang nicht verraten. Bobby Kotick, der durch den Missbrauchsskandal 2021 und die Anklage des kalifornischen Staates unter Druck geraten ist, bleibt vorerst CEO von Activision Blizzard, ist aber direkt Phil Spencer unterstellt, dessen Management-Team Activision bei der Umsetzung seines Firmenkultur-Wandels unterstützen wird. Laut Anklage mussten Blizzard-Entwicklerinnen regelmäßig mit ihren Chefs schlafen, um ihre Position behalten zu dürfen, was – sollte es sich bewahrheiten, pervers wäre. Die Vorwürfe liegen etliche Jahre zurück, wir wissen nicht, inwiefern diese auch heute noch ein Problem bei Blizzards Studios sind, die speziell in der Kritik stehen. Microsoft hat einen sehr guten Ruf in der Branche, 50 Prozent von Spencers Management-Team sind Frauen, was sehr selten ist in der Gamesbranche. Sie können sicherlich Blizzard unter die Arme greifen beim Bau eines modernen Arbeitsumfeldes. Kotick hat übrigens nur noch Vertrag bis März 2023, danach dürfte ihn Microsoft mit goldenem Handschlag und ein paar hundert Millionen verabschieden, denn Spencer ist kein Fan dessen Management-Stils.
Microsoft hat sich wieder in den PC verliebt. Chancen für Starcraft 3 und Warcraft 4?
Microsoft hat mit Beginn der Xbox-360-Ära den PC komplett aus den Augen verloren, zu wichtig war es ihnen, sich im Konsolenmarkt zu etablieren. Das hat sich mit dem Game Pass stark gewandelt, sogar Age of Empires hat man als eine der drei beliebtesten Strategiemarken aller Zeiten wieder zurückgebracht und mit Age of Empires 4 ein gutes bis sehr gutes Erlebnis abgeliefert, welches 2022 stark ausgebaut werden soll. Auch Halo Infinite wurde ein sehr liebevoller PC-Port spendiert – inklusive Ultra-Widescreen-Auflösung, für den alle Story-Sequenzen nochmal neu gerendert werden mussten. Oder reden wir über Forza Horizon 4, welches das schönste PC-Spiel des Jahres 2021 war. Oder die enorm starke Umsetzung des Flight Simulator, der gar auf dem PC sein Debüt feierte, bevor er es auf die Xbox Series X schaffte.
Microsoft hat Age of Empires zurückgebracht und mit Age of Empires 4 ein richtig schönes Spiel abgeliefert, das mit ein paar Content-Updates im Jahr 2022 perfekt werden könnte.
Auch fährt Microsoft eine komplette andere Strategie als Activision Blizzard: Der Game Pass steht jetzt bei 25 Millionen Usern, durch Activision dürfte man sehr schnell die 100 Millionen-User-Marke knacken. Das ist der Grund des Kaufs. Bei Activision hingegen dreht sich alles seit Jahren nur um eine Zahl – den ARPU, den Average Revenue per User. Man hat viel Geld investiert in Psychologieteams, mit denen man Technologie entwickelt hat, die speziell darauf fokussiert ist in Call of Duty Warzone den Spieler dazu zu verleiten, so viel Zeit wie möglich im Spiel zu verbringen. Free2Play ist letztlich nur Psychologie und die Branche hat mittlerweile sehr gut verstanden, welche Knöpfe sie bei ihrem Kunden drücken müssen, damit diese bereitwillig ihr Bankkonto öffnen. Microsoft hat einen völlig anderen strategischen Ansatz: Es geht darum, immer mehr Menschen für den Game Pass zu begeistern, sie brauchen also permanent gute neue Spiele, die neue Zielgruppen in ihren Service führen. Das ist deshalb wichtig zu wissen, weil ein Starcraft 3 oder ein Warcraft 4 große Fanbasen aktivieren würde, die alle ohne mit der Wimper zu zucken den Game Pass abonnieren würden, wenn Microsoft ihnen dafür den Traum von guten neuen RTS-Titeln erfüllt. Wir reden hier durchaus von einigen Millionen Fans.
Activisions Fokus liegt seit einigen Jahren auf „Billion Dollar Brands“, das sagte CEO Bobby Kotick auch immer wieder in Investoren-Calls. Marken also, die Minimum eine Milliarde US-Dollar im Jahr einspielen, dort fließen die großen Investments rein. Alles andere hat man stark runtergefahren – von Skylanders und Guitar Hero haben wir lange nichts gehört und Vicarious Visions, die Crash Bandicoot zu einer zweiten Blüte verholfen haben, wurden in Blizzard eingegliedert, um diese bei Overwatch 2 und anderen Projekten zu unterstützen. Dafür hat man Call of Duty von einer Milliarde US-Dollar Jahresumsatz auf drei Milliarden hochgefahren, durch CoD: Warzone sowie CoD: Mobile. Weil Warcraft 3: Reforged intern bei Activision keine hohen Forecasts hatte, sprich man sich keinen Umsatz entlang dieser magischen Milliarde Dollar vorstellen konnte, wurde dem Spiel nicht das Budget gegeben, was Blizzards Teams eigentlich eingeplant hatten. Das zumindest will der US-Investigativjournalist Jason Schreier herausgefunden haben, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat gescheiterte Projekte in der Gamesbranche zu entlarven. Zudem wurde der Druck die Deadline zu halten, konstant erhöht.

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Das Management befürchtete, dass bei einer Verschiebung Käufer abspringen könnten. Das legendäre Team 1, die vorher Starcraft 2 gemacht haben, wurde dann auch acht Monate nach Launch von Reforged gekillt. Zwar wollte man die Warcraft-Experten in die Teams für World of Warcraft integrieren, hat also die meisten Entwickler nicht einfach entlassen. Aber es kann sich wohl jeder vorstellen, dass sich eher wenige Strategieexperten, die schließlich einige der größten RTS-Titel aller Zeiten geschaffen haben, innerhalb eines MMO wirklich zu Hause fühlen. Activision wollte mit Warcraft als Marke nochmal Geld verdienen, aber ob sie auch Langzeitpläne dafür hatten? Wir wissen es nicht. Warcraft 3: The Frozen Throne prägte eine komplette Ära von PC-Spielen – es war neben CS 1.6 das größte eSports-Phänomen der Welt für gut 15 Jahre. Unter einem Qualitäts-bewussten CEO wie Phil Spencer wird es sicherlich nie ein Disaster Marke Warcraft: Reforged geben, er würde dem Team einfach mehr Zeit geben. Und er dürfte auch das Potenzial dieser Marken erkennen, was er schon in seinem Blog-Post klarmacht, der übrigens das Artwork von Starcraft neben Call of Duty zeigt im Aufmacher.
Phil Spencer schreibt nämlich ganz gezielt in der Headline: „Creators of Call of Duty, Warcraft, Candy Crush, Tony Hawk, Diablo, Overwatch, Spyro, Hearthstone, Guitar Hero, Crash Bandicoot, StarCraft and more join Team Xbox“.
Das ist doch ein gutes Zeichen…

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