Am 1.12.2021 trat die Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Kraft. Darin steht unter anderem, dass nun jeder Bewohner Deutschlands Anspruch auf „schnelles Internet“ hat. Doch wie schnell muss dieses „schnelle Internet“ sein? Das steht nämlich noch nicht im Gesetz, sondern diese Mindestgeschwindigkeit muss die Bundesnetzagentur erst noch festlegen und zwar bis zum 1. Juni 2022. Konkret geht es dabei um Mindestvorgaben für die Datenübertragungsrate im Down- und Upload sowie für die Latenz.
Die Bundesnetzagentur führt hierzu eine Anhörung durch, um die „Anforderungen zur Grundversorgung mit Telekommunikationsdiensten“ festzulegen. Die Bundesnetzagentur hat dazu „erste Überlegungen“ veröffentlicht ; die diesen zu Grunde liegenden drei Gutachten können Sie hier nachlesen. Der Inhalt dieser “ersten Überlegungen” dürfte vielen Internetnutzern, insbesondere solchen auf dem traditionell schlechter an das Internet angebundenen flachen Land, nicht gefallen.
Das sind die zur Diskussion gestellten Mindestwerte
Denn die Bundesnetzagentur stellt für die Anhörung zur Definition der Grundversorgung mit schnellem Internet folgende Werte zur Diskussion: Eine Downloadrate von mindestens 10 Mbit/s, eine Uploadrate von mindestens 1,3 Mbit/s und eine Latenz von maximal 150 Millisekunden. Die Bundesnetzagentur begründet diese vorgeschlagenen Werte folgendermaßen: „Ein Internetzugang, der diese Anforderungen erfüllt, ermöglicht nach dem heute veröffentlichten Gutachten die Nutzung aller für die Grundversorgung wesentlichen Internetdienste.“
Online-Gaming und sicherlich auch ruckelfreie Videokonferenzen können Sie mit einer Latenz von 150 Millisekunden vergessen. Offensichtlich sieht die Bundesnetzagentur das Online-Gaming nicht als Grundversorgung an. Aber auch 10 Mbit/s werden schnell knapp, wenn mehrere Personen an einem Anschluss hochauflösende Videos streamen. Oder wenn man im Home-Office eine Videokonferenz machen muss und gleichzeitig die Kinder Videos streamen. Netflix, um ein prominentes Beispiel zu nennen, verlangt einen Internetanschluss mit mindestens 25 Mbit/s, damit man 4K-Streaming nutzen kann.
Die Bundesnetzagentur spricht in diesem Zusammenhang ausdrücklich von „Mindestanforderungen an einen Internetzugang, der alle relevanten Online-Dienste ermöglicht“. Als „relevante Online-Dienste“ definiert die Bundesnetzagentur „alle wesentlichen Internetdienste, Teleheimarbeit und Videostreaming“.
Immerhin schreibt die Bundesnetzagentur: „Die vorgeschlagenen Werte stellen nur eine erste Wegmarke dar, die jährlich zu überprüfen ist. Hierbei ist zu erwarten, dass die Entwicklung einen dynamischen Verlauf nehmen und damit technologische Fortschritte widerspiegeln wird“.
So geht es jetzt weiter
Alle interessierten Kreise können sowohl zu dem Konsultationsdokument als auch zu den drei Gutachten bis zum 31. Januar 2022 Stellung nehmen. Man darf davon ausgehen, dass die Internetzugangsunternehmen möglichst niedrigere Mindestanforderungen wollen. Das klang bereits durch, als die Telekommunikationsunternehmen die seit dem 1.12.2021 geltenden Minderungsrechte für zu langsame Internetanschlüsse kritisierten: Zu viel zahlen für langsames Internet: Telko-Verbände vs. Verbraucherschützer.
Die von der Bundesnetzagentur bis zum 1. Juni 2022 zu erlassende Rechtsverordnung bedarf dann noch der Zustimmung durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr sowie durch den zuständigen Bundestagsausschuss. Zudem ist die Zustimmung des Bundesrates erforderlich.
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Update: Branchenverband Breko ist zufrieden
Wenig überraschend zeigt sich der Branchenverband Breko (Glasfaserverband mit über 400 Mitgliedsunternehmen) zufrieden mit den geradezu lächerlich niedrigen Werten, die die Bundesnetzagentur für einen Internetanschluss als ausreichend erachtet. Die Breko schreibt: „Gestern hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) einen ersten Vorschlag für die Mindestanforderungen an einen Internetzugang im Rahmen der Ausgestaltung des Rechts auf schnelles Internet veröffentlicht. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) hält den Vorschlag der BNetzA für angemessen, die Mindestanforderungen für einen Internetzugang auf 10 Mbit/s im Download, 1,3 Mbit/s im Upload und eine Latenz von maximal 150 Millisekunden festzulegen. Laut einem zeitgleich von der BNetzA veröffentlichten Sachverständigengutachten ermöglicht ein solcher Anschluss die Nutzung aller gesetzlich und EU-rechtlich festgelegten Internetdienste wie E-Mail, Online-Banking, Videokonferenzen und VPN. Zu hoch angesetzte Mindestanforderungen könnten zu der unerwünschten Nebenwirkung führen, dass der Glasfaserausbau insgesamt gebremst wird, weil knappe Planungs- und Baukapazitäten zur Erfüllung des Rechts auf schnelles Internet eingesetzt würden, statt wie bisher den effizienten eigenwirtschaftlichen Ausbau der Glasfasernetze voranzutreiben.“
Interessant ist außerdem dieser Aspekt aus der Stellungnahme des Breko: „Positiv zu bewerten ist, dass die von der BNetzA vorgeschlagenen Mindestanforderungen technisch auch durch eine Satellitenverbindung realisiert werden können. Damit kann sichergestellt werden, dass die Umsetzung des im neuen Telekommunikationsgesetz enthaltenen „Rechts auf schnelles Internet“ keine Planungs- und Baukapazitäten aus dem laufenden Ausbau der Glasfasernetze abzieht. Satellitengestützte Internetverbindungen eignen sich aus Kapazitätsgründen zwar nicht für eine flächendeckende Versorgung mit Breitbandanschlüssen, wie eine Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen im Auftrag des BREKO in diesem Jahr ergab. Für die zeitnahe Versorgung einzelner entlegener Haushalte stellen sie jedoch eine gute Alternative zu leitungsgebundenen Anschlüssen dar.“