Es ist drei Uhr nachts. Die Energydrinks fließen, die Chips knuspern, CS 1.6 geht in die fünfzigste Runde. Was für eine großartige Zeit war das bitte, die LAN-Party-Ära. Wir waren jung, hatten keine Verpflichtungen, trafen uns zu Hause mit den besten Freunden und spielten das ganze Wochenende Counter-Strike, Quake, Age of Empires und Starcraft. Wir haben Strategien ertüftelt, uns Kommandos zugerufen, sind als Teams zusammengewachsen – und als Freunde. „Unvergessen für mich. Wie wir diese unförmigen, viel zu großen PC-Tower die Treppen hochgeschleppt haben und irgendeiner musste immer Windows neu installieren. Geile Zeit“, erinnert sich Sebastian Meyer, den eigentlich alle nur als Rewi kennen in den Youtube-Landen, als wir entspannt in Köln zusammensitzen, PUBG spielen und in der Vergangenheit schwelgen. „Man macht das irgendwie heute nur noch selten: Wir spielen online, wir unterhalten uns übers Headset, aber den Gaming-PC unter den Arm, ab zum Kumpel? Weiß nicht, wann ich das das letzte Mal gemacht habe“, meint der Youtube-Star.

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„Früher aber mega, mega viel. Counter-Source, Halo-LAN auf der Xbox, ging richtig ab. Also mit ging richtig ab, meine ich, dass wir mit 16 Leuten in einem stickigen Keller saßen, nicht so edel wie hier, was ja quasi Gamescom-Atmosphäre pur ist.“ Ja, wer aktuell Zeit hat, nach Köln zu kommen, der kann wirklich die LAN-Atmosphäre so sehr auskosten, wie kaum anderswo: Im Xperion, Deutschlands größtem Gaming-Tempel, der eigentlich ein Saturn ist. Die Idee ist so simpel, wie brillant: Wer Lust auf eine neue Razer-Maus, Logitech-Tastatur oder LG-Display hat, der kann hier erstmal, so lange er oder sie will, einfach damit zocken. Denn hier ist wirklich jeder Hersteller vertreten, mit jedem Equipment-Teil, was man sich nur vorstellen kann. Von der PS5 und Xbox Series X über die performantesten PCs bis zum majestätischen 49-Zöller, der ja vielleicht unter den Weihnachtsbaum könnte. Oder ein 240 Hz-LG-Monitor für PUBG-Profis, wie wir ihn hier bei Red Bull Superiocity benutzen. Die Idee des Ganzen: Einfach mal wieder eine richtig schöne LAN in zwei Städten veranstalten, in Berlin und Köln und schauen, wer denn in PUBG die Hosen anhat.
Rewi bezeichnet sich selbst als eher taktischen Spieler und präsentiert sich auch so: Ein echter Team-Captain, der mit seinen Truppen pusht, sich zurückzieht, strategische Positionen bezieht und Papaplatte in den ersten Matches haushoch dominiert. „Ich zocke eigentlich alles querbeet, aber Battle-Royale macht schon richtig Bock: Mit so einem riesigen Team zu harmonieren und taktieren, das hat einen ganz besonderen Charme. Hier in PUBG sind ja die Squads mit 30 Mann richtig groß, viel viel größer als in einem CS, entsprechend spielst du ganz anders. Und dann hast du die riesigen Maps, die Vehikel. Alles Parameter, die man bedenken muss. Wobei es auch sehr auf Aim ankommt – das hast du oder nicht und dann musste Glück haben und die richtige Waffe für die richtige Situation finden.“

Generell findet er PUBG im Speziellen und Battle-Royale im Generellen etwas spannender als ein Call of Duty, in dem man immer direkt wieder ins Match einsteigt: „Es ist einfach so viel befriedigender ein Chicken Dinner zu holen, weil wenn du stirbst, bist du raus. Da ist ein ganz anderer Adrenalin-Faktor drin.“ In der Tat pushte er mit seinem Team ziemlich hart und früh, während sich Papaplatte mit seiner Armee in jedem Match versuchte in einem definierten Areal einzubunkern, wodurch Rewis Squad mit Granaten und schnellen Vorstößen stets viele Gegner holte. Papaplatte spielte erstaunlich defensiv, immer wieder versuchte er sich mit 10,15 Mann in drei Häusern zu verschanzen, um eine Falle zu stellen, in die Rewi aber einfach nicht tappen wollte.

Rewi hatte auch ein enorm gutes Team an seiner Seite – jeder Kölner und jeder Berliner konnte sich bewerben für das Team von Rewinside respektive Papaplatte und als Rewi seine Kameraden und Kameradinnen so fragt, wie viele Stunden sie in PUBG auf der Uhr haben, hören wir nicht selten: „Joa, so 1000 Stunden, easy.“ Eine Lady von Rewis Team hat gar 7000 Stunden in PUBG verbracht, Respekt. Bei dem Thema kommen wir auch darauf, wie er selbst eigentlich zum Content-Creator und letztlich Youtube-Star wurde, was sich einfach aus seiner Leidenschaft fürs Gaming und gute Geschichten ergeben hat. „Du, ich habe viele Minecraft gespielt, dabei was ins Mikrofon erzählt und das einfach mal hochgeladen. So komplett ohne Plan, einfach dieses Youtube mal ausprobieren. Ich hätte damals nicht gedacht, dass ich das mal beruflich machen könnte, habe ganz normal eine Ausbildung gemacht als Versicherungsmakler, weil viel und gerne labern konnte ich schon immer.“
Von Minecraft zum eigenen Unternehmen mit riesigem Produktionsstudio

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Youtuber werden von Medien gerne als Over-Night-Sensations bezeichnet, über Nacht berühmt geworden. Selten stimmt das jedoch: Sebastian Meyer alias Rewi fing früh an, sehr früh: Sein erstes Video datiert auf den 29. Juli 2013, also vor mehr als acht Jahren. Damals spielt er Minecraft, nur mit Teenager-Stimme, ohne Facecam, ohne größeren Schnitt oder Videoproduktion. „Das war die Zeit, da saß ich im Kinderzimmer und freute mich über die ersten 50 Abonnenten. Das waren ja 50 Leute, die meine Inhalte gut fanden.“ Auch glauben ja sehr viele Leute, dass bei Influencern das Geld nur so aus allen Ecken sprudelt, was natürlich später durchaus sein kann – Influencer ist sicherlich mittlerweile einer der bestbezahlten Berufe in Deutschland. Youtube-Star iCrimax hat zum Beispiel mal in einem Video verraten, dass er siebenstellig im Jahr verdient – also über eine Million Euro im Jahr, aber der Weg dahin ist sehr lang.

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„Ganz ehrlich, da haben viele völlig falsche Vorstellungen: Selbst mit einigen tausend Abonnenten habe ich, als ich angefangen habe, mal 100 Euro von Youtube erhalten damals, davon hast du dir dann ein neues Mikrofon gekauft. Ich glaube auch, dass die Leute schnell merken, wenn du einfach nur Content raushaust zu Spielen, die im Trend sind, aber gar keine Leidenschaft dafür hast. Du musst einfach dranbleiben – viele laden drei Videos hoch und wollen dann den großen Erfolg sehen, die meisten brauchen aber hunderte von Videos, bis sie steil gehen und bleiben viele Jahre lang eher klein.“ Weil er selbst immer gerne nochmal einen draufsetzt, hat er gerade ein großes Produktionsstudio, eine ganze Halle mit LAN-Area, Küche für Koch-Shows und genug Platz für mehrere Studios angemietet, weil er gerade Bock hat nach einer kurzen Pause, mit seinem Team durchzustarten.

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An eine wirkliche Erfolgsformel glaubt er nicht, hat aber ein paar Tipps: „Du musst eine Persönlichkeit entwickeln, die deinen Videos etwas gibt, was andere vielleicht weniger haben. Und du musst wirklich mit Feuer und Flamme dabei sein, dich vielleicht auch öfter mal neu erfinden. Ich mache ja zum Beispiel auf Youtube auch viele Lifestyle-Inhalte, auf Twitch eher Gaming, wobei wir gerade an einem neuen Gaming-Channel basteln. Macht einfach guten Content, aber verlasst euch nicht zu sehr auf eine Youtube oder Twitch-Karriere, sondern lernt was und habt einen Plan B in der Tasche.“ Zudem empfiehlt er zu schauen, ob man vielleicht etwas mit Freunden machen kann oder anderen Leuten mit ähnlichem Interesse, weil es sehr hilft, wenn man jemanden hat, der die Kamera führt, etwa bei Außendrehs. „Einfach mal machen, sich ausprobieren. Wir leben in einer mega geilen Zeit, man kann heute safe einen Film auf dem iPad schneiden. Und mit dem Smartphone drehen, man braucht gerade am Anfang keine 1000 Euro-Kamera.“
Kölle gegen Berlin: Was sagen denn Lukas Podolski und Pietro Lombardi

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Bei Red Bull Superiocity geht’s, wie ja der Name schon impliziert darum, wer die coolere, die überlegenere Gaming-City ist: Köln oder Berlin? „Ja komm, mal ganz ehrlich: Wir haben die Gamescom, wir haben die ESL One, wir haben das Xperion, wir haben das Meltdown“, meint Rewinside. „Was hat Berlin? Das Computerspiele-Museum.“ Dazu hat er auch ein witziges Video gedreht, wo er u.a. das Hahnen-Tor zeigt in Köln. „Jo, das Brandenburger-Tor ist halt einfach nur eine Kopie von unserem.“ Dann zeigt er noch den Mangal-Döner von Lukas Podolski. „So etwas gibt’s in Berlin einfach nicht, gutes Essen.“ Natürlich nur eine gut gemeinte Spitze, in Wahrheit verstehen sich Papaplatte und Rewi eigentlich ziemlich gut, wenn man die Beiden so auf der Couch erlebt.
Und na ja, was sollen wir sagen: Rewis Team Köln hat Papaplattes Team Berlin mit 8:2 auf den Karten Erangel, Sanhok, Vikenki und Miramar nach Hause geschickt und jede PUBG-Runde gewonnen, nur in CS:GO und Theken konnte Berlin zwei Ehrenpunkte sammeln. Beim nächsten Mal kann sich das ja wieder ändern und das Wichtigste ist – alle hatten richtig Spaß. Nach dem Corona-Lockdown war das eines der ersten größeren Events mal wieder, wo zumindest um die 50 Leute jeweils im Xperion in Köln und LVL Berlin eine LAN-Party der Extraklasse feiern konnten. Der Unterschied zu früher? Hier waren 200.000 Leute auf Twitch dabei. Das neue Zeitalter der LAN, es ist angebrochen.
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