Der Datei-Explorer spaltet seit Jahrzehnten die Windows-Gemeinde: Für die meisten Nutzer reicht der integrierte Explorer aus, um die üblichen Dateioperationen auszuführen. Ambitionierte Anwender setzen hingegen lieber auf eine Alternative.
Zwar nimmt Microsoft die Kritik und Wünsche der Windows-Nutzer für den Explorer an, allerdings beschränken sich die Neuerungen im Wesentlichen auf die Optik. Die grundlegende Bedienung ist seit Windows 3.0 in den 1980ern gleich. Daran ändert sich auch in Windows 11 nicht viel.
Neues Design, wenig Substanz
Das Navigieren im Datei-Explorer in Windows 11 fühlt sich an, als hätte Microsoft die Wünsche der Nutzer ignoriert, um stattdessen das hinzuzufügen, was seine Ingenieure konnten. Erinnern Sie sich an die “Windows Sets”, die Registerkarten-Oberfläche von 2017, die den Datei-Explorer, Mail, Edge und mehr umfasste? Die Benutzer haben die Sets-Oberfläche vielleicht nicht als Ganzes gewollt, aber sie haben seit Jahren nach einem Datei-Explorer mit Registerkarten gefragt. Microsoft hat uns das nicht gegeben und die Fensterorganisation des Datei-Explorers weitgehend unverändert gelassen.

Microsofts Datei-Explorer und andere Shell-Apps zeigen die abgerundeten Ecken und Fluent-Design-Prinzipien, die erstmals in Windows 10 auftauchten, und entwickeln sie weiter, um “Materialien” wie Mica einzubeziehen. Microsoft hat auch einige der Systemsymbole überarbeitet. Augenfällig sind die neuen bunten Icons, die der Explorer für Ordner verwendet. Das gilt gleichermaßen für die Symbole links im Explorer-Fenster unter „Schnellzugriff“ und die Ordner-Icons im rechten Fensterbereich.
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Neues Design mit einer Toolbar
Wirklich neu ist die Toolbar am oberen Fensterrand – dort, wo früher das Ribbon-Menü war. Diese soll mit ihren Symbolen und Schriften soll laut Microsoft unter anderem für bessere Barrierefreiheit sorgen, sodass sich auch Menschen mit Beeinträchtigungen leichter zurechtfinden.
Zudem gibt es deutlich weniger direkt anklickbare Funktionen. Microsoft gibt an, dass die meisten Nutzer mit einigen wenigen Standardfunktionen auskommen. Und genau diese sind nun in der neuen Toolbar vorhanden. Weniger wichtige Funktionen wurden eine Ebene nach hinten geschoben und sind dann erst mit zwei oder mehr weiteren Klicks verfügbar.
Standardmäßig gibt es in der Toolbar neun Symbole und zwar: „Neu“ als Aufklappfeld sowie „Ausschneiden“, „Kopieren“, „Einfügen“, „Umbenennen“, „Freigabe“, „Löschen“, „Sortieren“ und „Anzeigen“. Je nach Ordnerinhalt gibt es dann noch weitere Befehle wie „Als Hintergrund festlegen“, „Nach links drehen“ und „Nach rechts drehen“ bei Fotos. Sollten sich hinter dem Symbol weitere Funktionen verbergen, so weist ein kleiner Pfeil nach unten darauf hin. Im Aufklappfeld „Neu“ legen Sie nach Klicks auf die entsprechenden Menüeinträge beispielsweise neue Ordner beziehungsweise Verknüpfungen an und erstellen neue Dokumente (abhängig von den installierten Programmen). Nach einem Klick auf „Sortieren“ wählen Sie zum Beispiel die Reihenfolge aus. Über „Anzeigen“ legen Sie etwa die Größe der angezeigten Icons im Explorer-Fenster fest und ob Sie lieber eine Listenansicht bevorzugen.
Neu ist die Funktion „Kompakte Ansicht“. Ist sie aktiviert, werden die Zeilenabstände verringert und in der Navigationsleiste und im rechten Fenster werden mehr Einträge angezeigt. Über die drei Punkte („…“) kommen Sie zu den weiteren Explorer-Befehlen „Rückgängig“, „In ZIP-Datei komprimieren“, „Pfad kopieren“, „Alles auswählen“, „Nichts auswählen“, „Auswahl umkehren“, „Eigenschaften“ und „Optionen“.

Reduziertes Kontextmenü
Gespart hat Microsoft auch an den Einträgen im Kontextmenü der rechten Maustaste für Dateien und Verzechnisse. Wenn Sie ein Element auswählen und mit der rechten Maustaste darauf klicken, sehen Sie oben die Reihe mit Symbolen für die üblichen Dateioperationen wie Ausschneiden, Kopieren, Einfügen, Umbenennen und Löschen. Beachten Sie: „Einfügen“ wird nur dann angezeigt, wenn sich Inhalte in der Zwischenablage von Windows befinden. Das vollständige Kontextmenü mit Einträgen für Packer, Virenscanner, Medienplayer und andere Aktionen rufen Sie über „Weitere Optionen anzeigen“ oder mit der Tastenkombination Shift-F10 auf.
Praktisch: Das neue Snap View
Ein Punkt, an dem hingegen spürbar geschraubt wurde, sind die erweiterten Snap View-Symbole, die erscheinen, wenn Sie mit dem Mauszeiger über die “Fenster maximieren”-Verknüpfungen in den oberen rechten Ecken der Fensterbereiche fahren.

Erinnern Sie sich: Mit Windows Snap können Sie ein Fenster an den Rand oder in die Ecke des Bildschirms ziehen; es wird dann so erweitert, dass es in diesen Quadranten passt, sodass Sie bis zu vier Fenster auf Ihrem Bildschirm übersichtlich organisieren können. In Windows 11 haben Sie mehr Möglichkeiten: dünne Spalten, breitere Spalten usw. Snap ist im Wesentlichen eine vereinfachte Version der App “Fancy Zones” aus Microsofts Power Toys, aber immer noch eine solide, nützliche Ergänzung der Windows 11-Benutzeroberfläche.
Ab- und Andockverhalten in Windows 11 verbessert
Das Verhalten von Windows 11 hat sich auch beim Abdocken eines Laptops oder Tablets oder beim Anschließen eines zweiten Monitors drastisch verbessert. Wenn Sie einen oder zwei zusätzliche Bildschirme an einen Windows 10-Laptop angedockt haben, haben Sie zweifellos Ihre Anwendungen und Dateifenster genau so angeordnet. Nach dem Abdocken löst sich diese sorgfältige Organisation jedoch in Chaos auf, insbesondere beim erneuten Andocken. Windows 11 merkt sich jetzt, wo sich diese Fenster befinden, minimiert sie beim Abdocken und bringt sie beim Abdocken wieder an ihren richtigen Platz zurück. Bravo!
Ribbon-Leiste wiederherstellen

Wer mit der neuen Optik und den Bedienfunktionen des Explorers gar nicht zurecht kommt, kann das alte Ribbon wiederherstellen. Es gibt dazu zwar keine entsprechende Option in den Windows-Einstellungen oder im Explorer selbst, mit einem Registry-Tweak ist das aber trotzdem mit wenigen Mausklicks möglich.
Öffnen Sie den Registrierungseditor von Windows (regedit.exe) und gehen Sie zum Ordner
ComputerHKEY_LOCAL_MACHINE SOFTWAREMicrosoftWindowsCurrent VersionShell Extensions
Klicken Sie im rechten Bereich auf eine leere Stelle und fügen Sie über „Neu –› Schlüssel“ den Eintrag „Blocked“ hinzu. Über „Neu –› Zeichenfolge“ erstellen Sie anschließend einen neuen Eintrag mit dem Namen
{e2bf9676-5f8f-435c-97eb-11607a5bedf7}
Wechseln Sie dann zum Pfad
ComputerHKEY_LOCAL_MACHINESOFTWAREWOW6432NodeMicrosoftWindowsCurrentVersionShell Extensions
und legen Sie auch dort den Schlüssel und die Zeichenfolge an. Nach einem Systemneustart oder einer Neuanmeldung sehen Sie im Explorer die Ribbon-Leiste. Um den Vorgang rückgängig zu machen, entfernen Sie die beiden Schlüssel „Blocked“ in der Registry und starten Sie Windows neu.
Kommentar: Explorer ist teils umständlich
Für mich hören die Designverbesserungen von Windows 11 bei den Icons auf. Die neue Toolbar mit ihren Verknüpfungssymbolen konnte mir ihren Zweck selbst nach wochenlanger Nutzung des Betriebssystems einfach nicht effektiv vermitteln. Ich weiß zwar, dass das Scherensymbol für “Ausschneiden” und das Mülleimer-Symbol für “Löschen” steht, aber ich habe immer noch Schwierigkeiten zu erkennen, welches Symbol für “Umbenennen”, “Einfügen” und “Freigeben” steht.
Wenn ich mit der rechten Maustaste auf eine Datei klicke, werden diese UI-Verknüpfungen ganz oben im Menü angezeigt, wo ich sie zumindest mit dem Mauszeiger überfliegen kann. Aber die Option zum Umbenennen einer Datei erscheint nur dort in dieser Reihe von Symbolen. Oder doch nicht? Nein, Sie können auch nach unten scrollen, um “Weitere Optionen anzeigen” auszuwählen, und erhalten dann eine zweite, erweiterte, Windows 10-ähnliche Menüspalte. Ideal ist das nicht.
– Panagiotis Kolokythas
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