„ Manchmal stehe ich morgens auf, schaue auf mein Smartphone, lese viele E-Mails, Nachrichten, schaue, was in der Welt passiert ist und frage mich: Warum tun wir all das eigentlich auf einem kleinen rechteckigen Display, was wir in der Hand halten?“ , erzählt Facebooks CEO Mark Zuckerberg uns auf der F8 Conference, Facebooks hauseigener Entwicklerkonferenz. „Wenn wir über unser Leben nachdenken, dann verbringen wir enorm viel Zeit vor irgendeinem Display. Wir machen unsere Meetings vor einem Display mit Software, die uns eher einschränkt – wir können ja nur reden, nicht wirklich zusammen an etwas arbeiten.“ Es ist einer der Gründe, warum Zuckerberg mit Vorliebe seine Meetings aktuell in Oculus abhält und so viel Zeit damit verbringt, in einer eigenen Division Facebook Reality Labs an der nächsten Facebook-Generation zu arbeiten. „Wir werden uns schon relativ bald von einer Social-Media-Company zu einer Metaverse-Company verändern.“
Grob peilt er dafür das Ende dieser Dekade an, also 2030. Dann zumindest werden VR- & AR-Brillen, laut ihm, leicht sein wie Sonnenbrillen und genug Leistung haben, um eine perfekte virtuelle Welt zu rendern, die sich so echt anfühlt wie unsere reale. Ready Player One, wir kommen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Facebook diese Brille via Oculus auch selbst bauen wollen – es wäre ein Worst-Case-Szenario, wenn Apple mit seinen Apple Glasses dieses Ökosystem beherrschen würde, die Mark enorm viel Ärger bereitet haben dieses Jahr. Bereits auf der Facebook Connect hat Zuckerberg angekündigt, dass schon nächstes Jahr die ersten Smart Glasses von Facebook kommen werden – in Kooperation mit Luxottica aus Mailand, die auch für Ray-Ban designen. Codename Project Aria. „ Wir werden uns schon relativ bald von einer Social-Media-Company zu einer Metaverse-Company verändern“ – Mark Zuckerberg, Gründer & CEO Facebook

©Oculus
Interessanterweise sieht er das Metaverse als kollaborative Welt, in der sehr viele Firmen Hand in Hand zusammenarbeiten werden: „Wir werden das nicht alleine bauen können, das wird ein Projekt für die gesamte Tech-Branche. Das Metaverse kann man sich vorstellen wie das verkörperte Internet. Wir werden darin nicht nur Inhalte konsumieren, wir werden uns darin befinden und permanent interagieren. Das Leben wird sich wie ein realistisches Videogame anfühlen, in der sich Menschen an fernen Orten ganz nah anfühlen werden.“ Für Zuckerberg ist die Präsenz von Menschen das zentrale Thema. Wenn wir heute unsere Liebsten anrufen, dann baut das trotz hochauflösender Video-Telefonie ja immer noch Barrieren auf. Wir fühlen uns nicht mit diesen Menschen in einem Raum. Zuckerberg denkt dabei zum Beispiel an Omas und Opas, die ihren Enkeln ob Corona so fern waren, obwohl sie gerne so viel Zeit wie möglich mit den Babys ihrer Kinder verbringen würden.
„ Es geht darum, Erfahrungen zu teilen mit Menschen, mit denen wir nicht unmittelbar zusammen sein können.“ Das sei schon immer die Mission von Facebook gewesen, deshalb wurde zum Beispiel dieser Rückblick entwickelt – jeden Tag sehen wir auf Facebook, was wir an diesem Datum vor vielen Jahren mit Personen erlebt haben, die uns nahe sind. Und können diese Momente dann wiederum mit diesen teilen und auch sie erinnern. Auch spürte Zuckerberg eine gewisse Distanz zu seinen Teams auf der ganzen Welt, schließlich konnte er diese während der Corona-Pandemie nicht besuchen. So entdeckte der CEO VR-Meetings für sich. „Ich versuche, mittlerweile so viele Meetings wie möglich in VR zu machen. Weil es eine ganz andere Ebene des Gesprächs ist, weil wir um einen Tisch herumstehen können, auf dem Produkte präsentiert werden, die ich in die Hand nehmen und anschauen kann, als wäre ich gerade physisch dort.“
Zuckerberg glaubt, dass wir durch dieses gemeinsame Erleben uns fremder Kultur viel eher annähern können. Er erzählt davon, wie privilegiert er sich fühlt mit seiner Frau China, Japan, Südkorea und andere asiatische Länder bereist zu haben, die Zeit bräuchten, um sie zu ergründen, die Religion und Kultur zu verstehen. Zuckerberg glaubt, dass wir ferne Länder in diesem Metaverse bereisen werden, wie ein Protagonist in einem Videospiel. Und das jederzeit und immer. Er merkt etwa an, dass es schwierig sei, Tokio zu genießen, wenn man nur eine Woche dort ist. Oder Shanghai. Oder Peking. „ Das Metaverse wird sich über alle Gerätekategorien erstrecken: Smartphones, Spiele-Konsolen, PCs, VR, AR. Es wird alles verbinden “ „ Ich glaube, viele Leute denken beim Metaverse nur an Virtual Reality – was meiner Meinung nach ein wichtiger Teil davon sein wird, aber nicht alles. Es ist die deutlichste Form der Prä senz . Aber das Metaverse ist nicht nur die virtuelle Realität. Es wird über alle unsere verschiedenen Computerplattformen zugänglich sein; VR und AR, aber auch PC, und auch mobile Geräte, Smartphones, Laptops, Spielekonsolen. Ich glaube auch nicht, dass alles nur 3D sein muss, einiges wird 2D bleiben. Es kann 3D sein, etwa wenn wir ein Konzert besuchen, ins Fitness-Studio gehen und uns dabei fühlen wollen, als würden wir gerade im Ruderboot über einen tollen Fluss paddeln. Statt an einer Maschine zu sitzen. Zuckerberg sieht das Metaverse nicht als reines Gaming-Universum, so wie es in Ready Player One gezeichnet wird. Vielmehr glaubt er, dass unser Leben viel mehr zum Videospiel werden wird, indem wir viel natürlicher in der digitalen Welt miteinander interagieren.

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Im Gespräch mit den US-Kollegen von The Verge merkt er an, dass wir Menschen nicht für die Kommunikation mit Webcams gemacht seien: „Wir schauen auf Raster von Gesichtern auf einem Bildschirm. Das ist nicht die Art, wie wir Menschen Informationen verarbeiten. Wir sind es gewohnt, mit anderen Menschen in einem Raum zu sein und ein Gefühl für den Raum zu haben: Wenn Sie rechts von mir sitzen, dann heißt das, dass ich auch links von Ihnen sitze, wir haben also ein gemeinsames Gefühl für den Raum. Wenn Sie sprechen, kommt es von meiner rechten Seite. Es kommt nicht nur alles von der gleichen Stelle vor mir. Wir haben eine ganz andere Basis im Gespräch.“ Er selbst hatte in klassischen Webcam-Meetings häufig das Problem, dass er sich nur schwer daran erinnern konnte, welche Person aus seinem Team gewisse Dinge gesagt hatte, weil er 30 Personen vor sich auf seinem Display hatte, die alle in einem kleinen Viereck nur zu sehen waren.“ So wie wir das alle von Zoom, Microsoft Teams, Skype & Co. kennen. Je größer die Konferenz, desto schwieriger ist die Kommunikation.

Auch glaubt er, dass wir neue Generation von Smartphones brauchen: „Es ist nicht natürlich, mit einem Grid auf einem kleinen Display zu arbeiten, wo jede App etwas Unterschiedliches kann.“ Damit hat er nicht Unrecht, einer der Gründe, warum Instagram so erfolgreich wurde, ist die tiefe Integration von Bildbearbeitung und Filtern. Vor Instagram musste man umständlich viele unterschiedliche Apps installieren, um etwa Schriftzüge zu setzen oder zum Color-Grading anzusetzen. Generell glaubt er, dass das klassische Telefonieren ein Relikt werden wird, was wir nicht mehr benutzen werden: „ Es ist doch viel sinnvoller, wenn ich mich neben Sie teleportiere und wir arbeiten zusammen an, sagen wir drei bis fünf, virtuellen Monitoren, die wir überall vor uns projizieren können. Wir nennen das Infinite Office. Würde auch unseren CO2-Fußabdruck verringern, wir müssten ja weniger fliegen.“
- Mark Zuckerberg, CEO Facebook
Die Creator Economy des Metaverse wird Millionen von Jobs schaffen

©Ready Player One
Im Gespräch mit den Kollegen von The Verge geht Zuckerberg tiefer auf seine Ambitionen für das Metaverse ein:
„Eine Lektion, die ich aus der Leitung von Facebook in den letzten fünf Jahren mitgenommen habe, ist, dass ich früher unsere Aufgabe darin sah, Produkte zu bauen, die die Leute gerne nutzen. Aber wissen Sie, jetzt denke ich, dass wir einfach eine ganzheitlichere Sichtweise darauf haben müssen. Es reicht nicht aus, nur etwas zu bauen, das die Leute gerne benutzen. Es muss M ö glichkeiten schaffen und im Großen und Ganzen eine positive Sache für die Gesellschaft sein, in Bezug auf wirtschaftliche M ö glichkeiten, in Bezug darauf, dass es etwas ist, an dem jeder sozial teilnehmen kann, dass es inklusiv sein kann. Es geht nicht nur um ein Produkt, das wir bauen. Es muss ein Ökosystem sein. Die Entwickler, mit denen wir zusammenarbeiten, müssen nicht nur in der Lage sein, sich selbst zu versorgen, sondern auch eine Menge Leute einzustellen.“

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„ Und das ist etwas, von dem ich hoffe, dass irgendwann Millionen von Menschen darin arbeiten und Inhalte dafür erstellen werden – ob es sich nun um Erlebnisse oder Räume oder virtuelle Gaming-Items oder digitale Kleidung handelt, oder um Arbeit, die dabei hilft, Räume zu kuratieren und Menschen darin einzuführen und sie sicher zu halten. Ich glaube einfach, dass dies ein riesiger Wirtschaftszweig sein wird, und ehrlich gesagt, denke ich, dass es ihn geben muss. Das muss eine steigende Flut sein, die viele Boote anhebt. Wir k ö nnen das nicht nur als ein Produkt betrachten, das wir bauen. Das Metaverse hat das Potential unsere Welt zu verändern.“ Herausforderungen sieht er aber durchaus auch: „ Ich denke, eine gute Vision für das Metaverse ist nicht eine, die ein bestimmtes Unternehmen baut, sondern es muss den Sinn von Interoperabilität und Portabilität haben. Sie haben Ihren Avatar und Ihre digitalen Güter, und Sie wollen sich überall hin teleportieren k ö nnen. Wir dürfen nicht in einer Welt einer Firma feststecken.“

„ Es wird aber immer auch Unternehmen geben, die im Silo denken und versuchen werden, eine Art Sub-Metaverse isoliert vom Rest zu bauen. Ich glaube aber nicht, dass das eine Frage ist, wer gewinnt. Ich meine, hat Open-Source über Closed-Source gewonnen? Es gab einfach mehrere Dinge zu verschiedenen Zeiten, einige sind in der Technologiebranche mehr zum Ausdruck gekommen als andere, aber wir werden dazu beitragen, ein offenes offenere und interoperables Metaverse zu bauen. Aber selbst dabei gibt es eine Menge Fragen darüber, wie das funktioniert. Ist es interoperabel, weil es dezentralisiert ist, auf die Art und Weise, wie ein Großteil der Arbeit rund um Crypto jetzt entworfen wird, so dass es keine zentrale Abhängigkeit gibt? Es ist nicht nur interoperabel, sondern es gibt auch keine zentralen Kontrollpunkte? Oder ist es interoperabel, weil es einige Gremien gibt, die Standards setzen und es erm ö glichen, dass alles zusammenarbeitet?“ „Ich denke, um eine globale, zusammenhaltende Gesellschaft in diesem Metaverse zu schaffen, brauchen wir ein gemeinsames Wertefundament und ein gewisses Verständnis für die Welt und ihre Probleme, die wir alle zusammen versuchen zu lösen. Das zumindest ist meine Vision der Zukunft.“

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