Windows klingt nicht nur bedeutend besser als der intern zuvor verwendete Codename „Interface Manager“. Die Bezeichnung suggeriert darüber hinaus, Microsoft habe die grafische Computerbedienung der „Fenster“ mit der Maus erfunden. Da waren andere jedoch nicht nur dem US-amerikanischen Softwareunternehmen voraus, sondern vermutlich auch ihrer Zeit.
Von Windows 1 bis 10: Die Geschichte von Windows
Denn Apple hatte schon 1983, also zwei Jahre vor dem Erscheinen von Windows, einen Heimcomputer mit grafischer Benutzeroberfläche auf den Markt gebracht. Doch angesichts des Preises von beinahe 10.000 US-Dollar verkaufte sich der Apple Lisa kaum, die Produktion wurde ein Jahr später wieder eingestellt. In Deutschland kostete der Apple-Rechner nahezu 30.000 D-Mark – mehr als doppelt so viel wie der ebenfalls 1983 vorgestellte VW Golf II, der bei 13.490 D-Mark startete.
Windows 1.0: grafische Bedienoberfläche für MS-DOS
Microsoft-Gründer Bill Gates präsentierte das neue Betriebssystem im Jahr 1983 auf der Computer Dealers‘ Exhibition (Comdex) in Las Vegas. Seine Firma beschäftigte damals noch weniger als 500 Mitarbeiter, hatte aber zwei Jahre zuvor mit dem Kauf aller Rechte des 86-DOS genannten „Disk Operating System“ und der Weiterentwicklung als MS-DOS den Grundstein für wirtschaftliches Wachstum gelegt. Weil Microsoft seine Comdex-Präsentation zudem mit einer cleveren PR-Aktion begleitete, kannten anschließend rund 90 Prozent der Messebesucher „Windows 1.0“. Falls Sie sich in diese Zeit zurückversetzen und einen Blick auf das noch unfertige Betriebssystem werfen möchten, sehen Sie sich eines der Comdex-Videos mit Bill Gates auf Youtube an .
Doch die Auslieferung der grafischen Benutzeroberfläche für MS-DOS – um mehr handelte es sich dabei zunächst nicht – verzögerte sich immer wieder. Das System beanspruchte zu viele Ressourcen für die damaligen Prozessoren, und die Folge waren lahme Rechner. So dauerte es weitere zwei Jahre, bis das Betriebssystem im November 1985 fertig war und mit der Ankündigung „Microsoft Corporation announced today the retail shipment of the Microsoft Windows operating environment to dealers and distributors“ in den Handel kam.
Im Paket für vergleichsweise preisgünstige 99 US-Dollar steckten unter anderem ein Kalender-, ein Rechen-, ein Schreib- sowie ein Mal- und Zeichenprogramm, das Spiel Reversi und eine analoge Uhr. Die erste Version in deutscher Sprache folgte sechs Monate später im Mai 1986. Größerer Erfolg blieb der ersten Windows-Version allerdings auch deshalb verwehrt, weil es kaum Anwendungen jenseits des zeilenbasierten MS-DOS gab und die „IBM-kompatiblen- PCs“ weiterhin teuer waren.
Siehe auch: Top-Windows-Funktionen, die Sie nicht kennen
Windows 2 integriert Word, Windows 3.x führt zum Durchbruch

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Die zweite Version von Windows lieferte Microsoft dann im Jahr1987 mit seiner bereits auf dem Macintosh laufenden Textverarbeitung Word aus. Diese zeigte auf dem Bildschirm das Gleiche wie später im Ausdruck: WYSIWYG („What You See Is What You Get“) und war ein gewaltiger Fortschritt. Hinzu kam die Möglichkeit, die einzelnen Fenster nunmehr beliebig anordnen zu können – das starre Nebeneinander war passé. Auch viele heute noch gebräuchliche Tastaturkürzel waren in Windows 2 bereits integriert. Aus technischer Perspektive wichtig ist die Unterstützung von Intels neu eingeführten 386er-Prozessoren, weshalb die Version dann schließlich in „Windows /386“ umbenannt wurde.
Erfolgreich aber wurde erst das 1990 erschienene Windows 3.0 zusammen mit dem Update zu Windows 3.1 zwei Jahre danach. Die Systeme ermöglichten nicht zuletzt durch eine verbesserte Speicherverwaltung jenseits der 640-KB-Grenze sowie leistungsfähigere Computer einen echten Multitasking-Betrieb. Einfacher wurde auch die Bedienung, weil sich die installierten Programme über Symbole im neuen Programm-Manager gleich ausführen ließen. Zuvor musste man die Exe-(cutable)-Dateien manuell aufrufen.

Das einfachere Setup mit der Möglichkeit zu nachträglichen Änderungen, der Betrieb im Netzwerk, der Datei-Manager mit Baumstruktur und fallende PC-Preise sorgten dafür, dass Windows 3/3.1 viel Zuspruch fand. Auch die Systemsteuerung in der Form, wie sie selbst im aktuellen Windows 10 fortbesteht, wurde mit Windows 3.0 ebenso eingeführt wie das Kartenspiel Solitär.
Vom Geheimprojekt „Chicago“ zu Windows 95, 98 und ME

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Dass es sich bei Windows 3.1 weiterhin um einen grafischen Aufsatz für DOS handelt, wurde spätestens 1993 offenbar, als Microsoft das „New Technology“ genannte 32-Bit-Betriebssystem Windows NT vorstellte – jedoch lediglich als Workstation- und Servervariante und damit nicht für den Heimgebrauch. Private Nutzer erhielten die 32-Bit-Unterstützung erst zwei Jahre später mit Windows 95 (Geheimprojekt „Chicago“). Das Betriebssystem war weiterhin kompatibel zu den bisherigen DOS- und 16-Bit-Programmen und wurde erstmals wahlweise auf Disketten oder CD-ROM ausgeliefert. Völlig neu war die grafische Oberfläche mit Desktop, Startmenü und Windows-Explorer (anstatt „Datei-Manager“). Hinzu kamen die automatische Hardware-Erkennung sowie reduzierte Systemanforderungen. Der so wichtige USB-Standard, der das Anschließen von Geräten im laufenden Betrieb ermöglichte („Hot Plug“), und die Unterstützung des Dateisystems FAT32 kamen aber erst 1996 mit der Version 95B hinzu. Dieses Service Release wurde nur auf neuen PCs ausgeliefert, nachträglich installieren ließ es sich nicht. Wie Sie das System von damals nochmals auf Ihrem aktuellen PC erleben können, beschreiben wir hier .
Windows 98 (1998), Windows 98 SE (1999) und Windows ME (2000) hat Microsoft zwar als eigenständige Versionen vermarktet, technisch jedoch handelte es sich hierbei um Weiterentwicklungen von Windows 95. Neben einer Auffrischung der Optik wurden jetzt durchgängig USB, FAT32, Multi-Monitor-Betrieb, DVD-Laufwerke und neue Hardware unterstützt. Des Weiteren wurde der Zugang ins Internet einfacher.
Windows 98 SE – die Abkürzung steht für „Second Edition“ oder „Zweite Ausgabe“ – brachte neue Versionen von DirectX, Internet Explorer sowie Media Player und unterstützte nun auch DSL-Modems und Firewire-Geräte. Wenn Sie mögen, werfen Sie einmal einen Blick in die Werbebroschüre von damals . Die dritte, als ME oder „Millennium Edition“ bezeichnete Ausgabe brachte wenig Neues und beschleunigte dadurch das Ende der Windows-Versionen auf DOS-Basis.
In altes Windows eintauchen
Das Internet bietet einem viele Möglichkeiten, frühere Windows-Versionen zu starten. Auf WinHistory.de gibt es ausführliche Dokumentationen, Abbildungen, Handbücher sowie unter „Weiteres –› Experimente“ die Startsounds der früheren Microsoft-Betriebssysteme. Unter „Virtueller PC“ können Sie Windows 1, 3.1 und 95 im Browser starten. Ähnlich funktioniert die Windows 3.11-Emulation des Internet Archive , die Sie per Mausklick auf den zentralen Power-Button starten. Mehr Möglichkeiten zum Ausprobieren bietet das Projekt Windows 95 als App , das Sie auf der Webseite bei den „Downloads“ als „Setup, 64-Bit“ (oder „Setup, 32-Bit) herunterladen und unter Windows 10 ausführen können.
Etwas mehr Aufwand erfordert die Installation einer älteren Windows-Version als virtueller PC mit Virtualbox .
Windows XP vereint das Beste aus zwei Welten
Mit Windows XP beendete Microsoft die Parallelentwicklung der zuverlässigen NT- und der DOS-basierten Varianten. Windows XP setzte technisch auf Windows 2000 Professional und damit auf dem Kernel NT 5.0 auf, gleichzeitig integrierte Microsoft zahlreiche Komfortfunktionen für Privatanwender. Bevor Windows XP im Herbst 2001 in den beiden Versionen Home und Pro erschien, durchlief es einen einjährigen Beta-Test. Später kamen die Media-Center-, Tablet- PC-, 64-Bit- und Starter-Editionen hinzu. Microsoft verpasste XP wieder eine neue Oberfläche, technisch legte man den Fokus auf Zuverlässigkeit, Stabilität und Sicherheit – mit Erfolg, denn Bluescreens gab es von da an deutlich weniger als zuvor. Auf Seiten der Kunden kam Windows XP ausgesprochen gut an, sowohl bei Unternehmen als auch bei Verbrauchern. Und dies, obwohl die damals verbreitete Softwarepiraterie mit der sogenannten Produktaktivierung erschwert wurde. Die Home Edition und die Professional Edition unterschieden sich – ähnlich wie heute bei Windows 10 – durch den maximal nutzbaren Hauptspeicher, Benutzer- sowie Zugriffsrechte, Verschlüsselung und manches mehr.
Windows XP wurde äußerst erfolgreich und erreichte bei den Desktop-Betriebssystemen lange Zeit einen Marktanteil von über 80 Prozent. Weil es – im Gegensatz zum Nachfolger Vista – so beliebt war, verlängerte Microsoft den Support mit Updates und Sicherheitspatches bis ins Jahr 2014.
Jede zweite Windows-Version top, die andere ein Flop
Der stetige Wechsel zwischen Top (Windows 98 und XP) und Flop (Windows ME und Vista) setzt sich auch in den Folgejahren fort. Viele von Ihnen kennen das 2009 erschienene Windows 7 nicht nur, sondern haben auch lange damit gearbeitet. Als Microsoft Anfang dieses Jahres den Support für Windows 7 planmäßig einstellen wollte, war der Widerstand so groß, dass der Softwarekonzern die Versorgung mit Sicherheitspatches zumindest für Firmenkunden bis 2023 verlängern musste.

Der Nachfolger Windows 8 (2012) dagegen reiht sich wieder bei den Misserfolgen ein. Einer der Gründe war die radikal geänderte Oberfläche („Metro“) mit Kacheln und einer am rechten Monitorrand einblendbaren „Charmsbar“. Das sollte die Bedienung auf Geräten mit Touchscreen erleichtern, tatsächlich aber hatte Microsoft das System ohne das vertraute Startmenü an den Nutzern vorbeientwickelt. Ihre Ablehnung ging weit über ein Fremdeln hinaus, selbst langjährige Anwender fanden viele Funktionen nicht mehr und sogar das Ausschalten des PCs wurde zum Problem! Da half auch der mehrfache Nachbesserungsversuch inklusive der später nachgeschobenen Version 8.1 nicht: Windows 8 war unten durch und blieb ein Nischenprodukt.
Beim Nachfolger übersprang Microsoft die Version 9 und veränderte bei Windows 10 auch sonst vieles. Technisch zwar auf dem neuesten Stand kam die Bedienung mit dem klassischen Startmenü wie in Windows 7 zurück. Die Kacheln existierten nur sehr dezent weiter, im Windows-Alltag kommt man vollständig ohne sie aus. Um die Anwender zum Umstieg von Windows 7 (und XP) auf das aktuelle Betriebssystem zu bewegen, war das Upgrade kostenlos – ursprünglich zeitlich begrenzt, de facto ist das allerdings auch weiter ohne jegliche Tricks möglich.

Service Packs oder „neue“ Windows-Versionen gibt es seit dem Start von Windows 10 vor nunmehr gut fünf Jahren auf den ersten Blick nicht mehr, tatsächlich aber erscheint mit den Funktions-Updates jährlich eine neue Version, bis vor zwei Jahren waren es sogar zwei. Weil diese jedoch über das integrierte Windows-Update aufgespielt werden, bekommen manche Nutzer das erst bei genauem Hinsehen mit. Beim aktuellen Herbst-Update legt Microsoft den Fokus auf die Usability, erst beim Funktions-Update im Frühjahr 2021 soll es wieder inhaltlich Neues geben.
Offen ist, ob und wann die Systemsteuerung vollständig zugunsten der Einstellungen-App verschwindet. Das Gleiche gilt für die mögliche Pflicht zum Onlinekonto, das bereits Voraussetzung für viele Komfortfunktionen ist, die sich mit einem lokalen Benutzerkonto nicht verwenden lassen. Windows entwickelt sich also stetig weiter und die vielen Stimmen, die schon vor Jahren das Ende des PCs prognostiziert haben, sind derzeit jedenfalls verstummt.
Windows jenseits des PCs
Während Windows auf dem PC (x86/x84) äußerst erfolgreich ist, konnte sich das Betriebssystem auf anderen Plattformen trotz diverser Versuche nicht durchsetzen. Microsoft Winpad, Windows for Pen Computing oder Windows CE, XP Tablet PC Edition sowie RT sind schon fast vergessen, die Mobile-Editionen (2002, 2003, 5.0, 6 und 7) dürften manchen noch in Erinnerung sein. Doch schon das zwischenzeitliche Umbenennen in „Windows Phone“ und wieder zurück zu „Windows Mobile“ zeigt, dass Microsoft hier keine glückliche Hand bewies. Anfang dieses Jahres lief der Support für Windows 10 Mobile endgültig aus.