Die erste Begegnung mit Emacs ist mit Sicherheit ein Schock für Anwender, die es gewohnt sind, ihre Aktionen mit der Maus zu erledigen. Das erste Unbehagen versuchen die meisten Distributionen dadurch abzumildern, indem sie nicht die klassische Oberfläche verwenden, sondern die Verzahnung mit dem Desktop gewählt wird. So können Novizen jedenfalls teilweise weiterhin die Maus nutzen. Doch einer der großen Vorteile von Emacs ist es gerade, dass die Software direkt in der Konsole läuft und ohne Mausbedienung auskommt.
Minimalvorstellung von Emacs
Im Kern sind es zwei Hürden, die den Einstieg in Emacs erschweren. Das ist zum einen die durchgängige Tastenbedienung und zum zweiten die auf den ersten Blick merkwürdige Abkürzung der Kommandos. So wird in der Hilfe zum Programm die Taste „Strg“ mit „C“ abgekürzt, während die Taste „Alt“ mit „M“ bezeichnet wird. Wenn Sie unter Ubuntu auf der Konsole einfach emacs eingeben, wird die Variante mit Verbindung zum Fenstermanager aufgerufen. So können Sie bereits einige Kürzel über die Menüs lernen.
Die zweite Hürde beim Umgang mit Emacs besteht darin, sich von der Vorstellungswelt der Fenster zu lösen. Stattdessen arbeitet Emacs mit „Puffern“ (Buffer), die sich im Speicher befinden. Das bietet zwei Vorteile. Zum einen arbeitet der Editor enorm schnell. Zum anderen lassen sich Dateien bearbeiten, ohne diese bereits zu verändern. Erst wenn der Anwender das Kommando „Speichern“ ausführt, werden die Änderungen auf die Platte geschrieben.
Siehe auch: Die Linux-Konsole im Griff: Shell-Tipps und -Tricks
Konfigurationsdateien bearbeiten
Zu den klassischen Aufgaben unter Linux gehört die Bearbeitung von Konfigurationsdateien von Diensten und Anwendungen. Ein typischer Fall sind beispielsweise die Profile für Apparmor, mit dem die Rechte von Programmen beschränkt werden. Ein Aufruf zum Editieren eines Profils könnte so aussehen:
sudo emacs -nw /etc/apparmor.d/abstractions/samba
Wenn Sie direkt auf der Konsole arbeiten, also ohne grafische Umgebung, können Sie sich den Schalter „-nw“ sparen. Dieser sorgt lediglich dafür, dass Emacs in der Terminalansicht startet. Sie rufen das Programm mit root-Rechten auf und übergeben den Pfad zu der Datei. Je nach Dateityp unterstützt Emacs auch das Highlighting der verwendeten Syntax. Innerhalb der Datei bewegen Sie sich mit der Tastatur. Sie können jetzt Ihre Änderungen an der Konfiguration vornehmen.
Um Ihre Änderungen zu übernehmen und Emacs zu verlassen, nutzen Sie die Tastenkombination „C-x“, „C-c“, drücken also zunächst Strg-X und anschließend Strg-C. Achten Sie auf den Minibuffer am unteren Rand. Dieser fragt nun nach, ob Sie die Änderungen speichern wollen. Mit „y“ bestätigen Sie dies. Entscheiden Sie sich dagegen, erfolgt nochmals der Hinweis, dass Sie einen Puffer bearbeitet haben und ob Sie tatsächlich das Programm verlassen wollen. Damit haben Sie Ihre erste Aufgabe unter Emacs erledigt!
Aufgaben mit einem Editor verwalten!

Emacs kann in verschiedenen Modi betrieben werden. Und diese Modi sind es, die das Werkzeug so vielseitig machen und dafür sorgen, dass der Editor trotz der archaischen Bedienung eine treue Fangemeinde hat. Legen Sie testweise eine neue Datei mit dem Titel „Aufgaben.org“ an, also beispielsweise so:
emacs ~/aufgaben.org
Die Datei liegt dann in Ihrem Benutzerverzeichnis. Tragen Sie dort
* TODO Erste Aufgabe
ein. Der Modus hebt das Word „TODO“ automatisch hervor. Mit dem Hotkey „M-RET“ (also Alt-Eingabetaste) legen Sie eine neue Zeile an. Jetzt können Sie eine weitere Aufgabe notieren. Das kann auf den ersten Blick jeder Editor. Nun legen Sie ein Fälligkeitsdatum zu einer Aufgabe an – das kann nicht jedes Programm. Bewegen Sie den Cursor an das Ende eines Eintrags und führen Sie „C-c.“ aus (Strg-C, danach den Punkt). Es öffnet sich eine kleine Kalenderansicht. Mit der Umschalttaste und den Pfeiltasten (S-links oder S-rechts) navigieren Sie zum gewünschten Datum.

Mit der Eingabetaste übernehmen Sie die Auswahl. Die Aufgabe einer digitalen Aufgabenverwaltung besteht ja daran, dass Sie sich schnell einen Überblick verschaffen wollen. Und das kann die Agenda-Ansicht. Dieser müssen Sie aber zunächst einmalig mitteilen, welche Dateien berücksichtigt werden sollen. Denn Sie können mehrere solcher ORG-Dateien nutzen, beispielsweise für verschiedene Projekte. Mit Emacs legen Sie in Ihrem Benutzerverzeichnis die Datei „.emacs“ an. Darin notieren Sie:
(setq org-agenda-files (quote ("~/datei1.org" "~/datei2.org" )))
Speichern Sie die Datei und rufen Sie Emacs anschließend neu auf. Mit „C-c a“ (Strg-C und Taste A) rufen Sie die Agenda-Ansicht auf. Mittels der Umschalt- und Pfeiltasten wählen Sie die gewünschte Woche, für die Sie einen Überblick benötigen. Falls Emacs zurückmeldet, dass das Kommando nicht definiert ist, rufen Sie Ihre gerade angelegte Emacs-Konfiguration nochmals auf. In der Datei fügen Sie eine neue Zeile hinzu:
(global-set-key "C-ca" ‚orgagenda)
Nach dem Speichern und einem Neustart von Emacs können Sie die Agenda immer aufrufen. Einer der Vorteil dieser Aufgabenverwaltung besteht darin, dass Sie eigene Arbeitsabläufe und individuelle Status vergeben können. Und da es sich ja im Kern um eine einfache Textdatei handelt, bleiben die Inhalte auf jedem System lesbar.
Wenn Sie Lust bekommen haben, sich etwas tiefer mit dem Org-Mode zu beschäftigen, besuchen Sie am besten die offizielle Seite . Dort finden Sie auch ein Cheat-Sheet mit allen Befehlen .
Tipp: Die 10 wichtigsten Linux-Befehle für Einsteiger

News lesen, Mailen und Schriftsatz
Sie sind immer noch nicht von Emacs überzeugt? Suchen Sie in der Paketverwaltung Ihrer Distribution einmal nach dem Programmnamen „emacs“. Sie werden Hunderte von Einträgen finden. Dies sind in erster Linie Erweiterungen für den Editor (also Modi), mit denen Sie die Konsole oder das Terminal fast nicht mehr verlassen müssen. Auctex beispielsweise ist für alle Nutzer interessant, die professionellen Schriftsatz mit Latex betreiben wollen. Makros, Formeln und Referenzen lassen sich damit dann einfach per Tastenkombination in einen Text übernehmen. „Gnus“ verwandelt Emacs in einen News- und Mailclient. Und für Vielschreiber bietet sich die Erweiterung „Company“ an (steht für „Complete anything“). Diese Wortergänzung (das Prinzip kennen Sie wahrscheinlich aus Textverarbeitungen) greift auf unterschiedlichste Wörterbücher zurück und erleichtert das Verfassen von Blogbeiträgen und anderen Dokumenten.