Ubuntu 20.04 (LTS) ist aus einem einfachen Grund eine wichtige Version: Sie erhält Langzeitsupport bis April 2025, also Systemupdates für lange fünf Jahre. Seit Anfang Mai wird Ubuntu Server 20.04 für den Platinenrechner Raspberry Pi angeboten: Grund genug für uns, das neue Ubuntu auf der Platine zu testen.
Varianten für die Modelle 2, 3 und 4
Die Downloadseite https://ubuntu.com/download/raspberry-pi unterscheidet Imagedateien für die verschiedenen Generationen des Raspberry. Sie finden dort für den Raspberry 2, 3 und 4 jeweils spezielle Versionen, wobei für die Modelle 3 und 4 nochmal zwischen 32 und 64 Bit gewählt werden kann. Aus Gründen des Speicherverbrauchs ist 32 Bit in diesem Fall eine gute Entscheidung. Sie können sich hier das gewünschte Image herunterladen und etwa mittels Etcher auf eine SD-Karte übertragen. Noch einfach ist es, den Raspberry Pi Imager zu benutzen: Nach dessen Installation auf einem PC stecken Sie dort die SD-Karte ein und starten den Imager. Aus der Liste der angebotenen Systeme entscheiden Sie sich dann für die gewünschte Ubuntu-Version. Download und Übertragung der Imagedatei dauern ein paar Minuten. Verwenden Sie eine schnelle SD-Karte („SDXC“, „UHS“ oder „Ultra“), selbst wenn das System „headless“ ohne Oberfläche genutzt wird.
Vorbereitung für WLAN: Wenn Sie den Raspberry Pi per Ethernet mit dem Netzwerk verbinden, können Sie gleich zum nächsten Abschnitt übergehen. Soll die Platine hingegen das Funknetz nutzen, bereiten Sie diese Verbindung schon vorab vor. Auf der SD-Karte finden Sie den Ordner „system-boot“ und dort die Datei „network-config“, die beim Systemstart ausgelesen wird. Diese öffnen Sie mit einem beliebigen Editor. Die Entwickler haben in der Datei bereits einige Beispiele mitgeliefert. Im Abschnitt „wifis“ können Sie die Kommentarzeichen löschen und die realen Angaben Ihres WLAN hinterlegen. Falls der Name des WLAN Leerzeichen enthält, müssen Sie den Namen in (gerade) Anführungszeichen setzen. Danach könnte der Abschnitt so aussehen:
wifis:
wlan0:
dhcp4: true
optional: true
access-points:
” Mein_Netzwerk”
password: “12345678910101010”
Speichern Sie die Datei und werfen Sie dann die SD-Karte aus. Theoretisch können Sie diese WLAN-Konfiguration aber auch später im laufenden Ubuntu nachholen.
Wi-Fi später einrichten: Wenn Sie später ohne die Einrichtung eines grafischen Desktops eine WLAN-Verbindung einrichten wollen, ist das ebenfalls möglich. Dazu öffnen Sie mit einem Editor wie nano die Datei „/etc/netplan/50-cloud-init.yaml“. Diese Datei brauchen Sie auch in Problemfällen, wo Sie Wi-Fi zwar vorab konfiguriert haben, die Platine sich aber mit Ihrem Netzwerk nicht verbinden will. Die Datei hat den gleichen Aufbau wie die oben genannte Konfigurationsdatei. Zu den typischen Problemen, die eine automatische Verbindung mit dem Netzwerk verhindern, gehört in der Regel ein Tippfehler beim Passwort. Oder Sie haben die Hochkommata vergessen oder falsche Anführungszeichen verwendet. Korrigieren Sie also die Eingaben und tragen Sie in die Datei die gleichen Werte ein wie oben bei der Einrichtung gezeigt. Nach Speichern und Neustart sollte der WLAN-Zugang funktionieren.
Raspberry Pi: Jede Menge Einsatzmöglichkeiten
Server mit Headlessinstallation

Da es sich bei Ubuntu für den Raspberry um eine Servervariante handelt, die für die SSH-Fernwartung gedacht ist, verzichten wir auf den Anschluss von Tastatur, Maus und Bildschirm. Falls Sie diese anschließen wollen, können Sie Kommandos auch direkt auf der Konsole eintragen.
Legen Sie die Karte in den Raspberry ein und starten Sie das System. Damit Sie sich mit dem Rechner verbinden können, benötigen Sie dessen IP-Adresse. Diese ermitteln Sie am besten über die Konfigurationsoberfläche des Routers. So zeigt etwa die Fritzbox im Abschnitt „Heimnetz“ alle aktiven Verbindungen. Unter Linux und Mac-OS gehört ein SSH-Client zur Standardausrüstung, für Windows gibt es unter anderem den SSH-Client Putty . Im Linux-Terminal erreichen Sie den Raspberry so:
ssh ubuntu@[IP-Adresse]
Nach Bestätigen der Sicherheitsabfrage werden Sie nach dem Passwort gefragt, das wie das Standardkonto lautet: „ubuntu“ (ohne Anführungszeichen). Nach der erfolgreichen Anmeldung fordert Sie das System dazu auf, das bisherige Standardpasswort zu ändern.
Desktop? Ja, das geht, aber …
Ubuntu Server wird seit jeher standardmäßig ohne grafische Oberfläche ausgeliefert, die kann man aber auch in Version 20.04 wieder problemlos nachrüsten. Wirklich sinnvoll ist das am Raspberry allerdings nur, wenn dort die komplette Peripherie mit einem externen Monitor, Maus und Tastatur angeschlossen ist. Nach der frischen Installation ist es empfehlenswert, das System auf den neuesten Stand zu bringen.
Dazu dienen die bekannten Kommandos:
sudo apt update
sudo apt upgrade
Nach unserer Erfahrung bietet der XFCE/ Xubuntu-Desktop den besten Kompromiss zwischen Bedienkomfort und Geschwindigkeit. KDE und Gnome machen auf dem Raspberry definitiv keinen Spaß, da der Bildschirmaufbau einfach zu zäh ist. Nutzen Sie also das Kommando
sudo apt install xubuntu-desktop
zur Nachinstallation des Desktops. Bis alle Programmdateien übertragen und eingerichtet sind, vergehen einige Minuten. Am Ende starten Sie den Raspberry mit
sudo reboot
neu. Ubuntu 20.04 wird ab sofort standardmäßig mit der Oberfläche die Arbeitsfläche gestartet. Sind Sie unserem Beispiel gefolgt, begrüßt Sie also der XFCE-Desktop. Sollte das System unmittelbar danach abstürzen, dann passt der Fenstermanager nicht mit dem Desktop zusammen. Für XFCE ist der Fenstermanager Lightdm am besten geeignet. Glücklicherweise ist Ubuntu so gearbeitet, dass durch ein kurzes Kommando zwischen den Fenstermanagern gewechselt werden kann. Mit
sudo dpkg-reconfigure lightdm
aktivieren Sie Lightdm. Danach sollte es keine Probleme mehr geben.
Raspberry Pi bleibt cool: Tipps zur Kühlung des Mini-PCs
Ubuntu 20.04: Perfekt für den Servereinsatz

Ubuntu oder Raspbian? Falls Sie vorhaben, den Raspberry mit Serverdiensten laufen zu lassen und bereits mit Ubuntu Erfahrungen gesammelt haben, hat die Ubuntu-Version 20.04 auf dem kleinen Computer ihre Berechtigung, zumal sie sehr lange Updateversorgung garantiert. Das Debian-System Raspbian profitiert hingegen von genauester Hardwareabstimmung und den vielen Tools, die für die Nutzung auf dem Ein-Platinen-Computer optimiert wurden. Auch die unzähligen Anleitungen zu den verschiedensten Projekten, die Sie im Internet finden, werden sich überwiegend auf Raspbian beziehen. Für Einsteiger und alle Nutzer, die sich wenig Mühe machen wollen, bleibt Raspbian neben Ubuntu die erste Wahl.