Verwuschelte Haare, majestätischer Bart und immer ein verlegenes Lächeln auf den Lippen: Hello Games Sean Murray hat sich nicht verändert, als wir ihn kürzlich via Videotelefonie im schönen Guildford anrufen, einer kleinen Stadt südwestlich von London. Er ist sicherlich einer der sympathischsten Entwickler der Spieleszene, und er hat mit seinem Team geschafft, was kaum einer noch für möglich hielt: Sie haben No Man’s Sky fertig entwickelt.
Hello Games dürfte eines der ersten Entwicklerteams überhaupt sein, die so lange an ihrem Baby geschraubt, gebastelt, getuned und optimiert haben, bis sie so ziemlich jeden Fanwunsch integriert hatten. Seit dem Launch 2016 wurde Basenbau eingeführt, der enorm umfangreich ist: Wo wir Planetarien anlegen, Alien-Pflanzen erforschen, uns um Energie-Management kümmern müssen und mit einem Rover im Star-Citizen-Stil über Planeten jagen. Wo wir unter Wasser tauchen, in Space-U-Booten, um Alien-Fische zu besuchen.
Es ist mittlerweile auch fast ein MMO: „Ich würde es nicht ganz als MMO bezeichnen, weil es dafür viel zu klein ist, aber 32 Spieler können sich in einer Session verabreden, handeln, Crews für Missionen zusammenstellen“, stellt Sean in seiner typisch bodenständigen Art klar. Und das machte No Man’s Sky zu einem anderen Spiel – ursprünglich lebte es einmal von der Isolation, jetzt von der Kooperation und Freundschaft zwischen den Indiana Jones des Weltraums. Mittlerweile steht ihr neues Baby für Apple Arcade bereit – The Last Campire . Eine persönliche, emotionale Geschichte über eine Figur, die Licht und Hoffnung in eine düstere Welt bringen soll. Wer Lust hat, kann direkt loslegen, vielleicht ja sogar schon auf dem neuen iPad 8 oder iPad Air 2020. Es ist ein wunderschönes Adventure, mit viel Charme in seiner Hand gezeichneten Welt, die an ein Märchen erinnert. Mit wundervoll komponierter Musik aus der Feder Paul Weirs.
Traurig, aber herzig – wenn wir als Ember auf Figuren stoßen, die von der Dunkelheit wie schockgefroren wurden. Rührig, wenn wir diese aufwecken und sie uns in den Arm fallen. Und zu Tränen bewegend, wenn wir zu spät kommen. Eines dieser Werke, die Spiele als Kunst neu definieren und zeigen, wie Videospiele auf eine Art Emotionen wecken können, die ein Film oder Roman nicht ausspielen kann. Weil wir selbst die handelnde Person sind. Weil wir selbst Retter sind, nicht nur passiver Konsument, der Helden zuschaut. Und selbst einen kleinen knubbeligen Held spielen, der sich von nichts zurückwerfen lässt, auch nicht, wenn er auf einem unterirdischen Fluss in einer Stromschwelle sein Paddel verliert, weil er sich mehr darauf konzentriert hat, einem kleinen Vogel zu helfen, als sich selbst. Man könnte es fast als Metapher verwenden für Hello Games, denn auch dieses Studio ließ sich nicht unterkriegen. No Man’s Sky, das war ein wilder Ritt, und es war nicht immer einfach für das kleine Studio aus Guildford.
Unser Autor Benjamin Kratsch war damals live dabei – von der ersten Weltpremiere in Los Angeles bis zum Launch und hat Hello Games über zwei Jahre auf ihrem Weg begleitet.
„ No Man’s Sky war ein wilder Ritt, und ich könnte Bücher füllen, was wir alles gelernt haben“

„Es fühlt sich noch immer surreal an. Wie ein Traum, den wir durchlebt haben. Es war ganz sicher nicht immer einfach, mitunter auch wirklich heftig, aber ja, jetzt sind wir hier angekommen. Auch dank einer positiv denkenden, uns unterstützenden Community, die immer an uns glaubte, auch wenn’s mal schwierig wurde. Ich glaube, viele Leute erträumen sich, was ein Spiel alles sein kann und es ist natürlich schwierig für uns als Entwickler, all das abzuliefern, die Träume von Millionen von Spielern zu vereinen. Ich weiß noch, dass ich als Kind immer davon geträumt habe, Astronaut zu werden. Mich faszinierte das Weltall, die unendliche Weite. Aber dann wirst du erwachsen, erfährst, was für Fitness-Tests man bestehen muss, um für die NASA oder ESA arbeiten zu dürfen. Na ja, da muss man sich dann etwas anderes einfallen lassen, ein Spiel entwickeln zum Beispiel, auf dem man fremde Planeten erkunden, neue Tierarten entdeckt und irre Alien-Materialien, mit dem sich experimentelle Dinge erfinden lassen. Weißt du noch Benny, als wir bei der ESA waren, der Europäischen Weltraum Agentur? Das war toll. Ich hätte ja damals nie gedacht, dass ich mal mit echten Wissenschaftlern mich unterhalten und deren Kontrollzentrum besuchen dürfte, nur weil wir an einem Spiel mit diesem Thema arbeiteten. Oder mit Elon Musk über die Besiedlung des Mars abnerden dürfte.“

©Hello Games
No Man’s Sky war in den Jahren 2014 bis 2016 eines der größten Spiele überhaupt. Es bildeten sich gigantische Communities, auf Reddit, Youtube und Twitter wurde täglich spekuliert und fantasiert, was man denn alles dort erleben wird. „Als wir No Man’ Sky konzipiert haben, bevor wir es das erste Mal mit Geoff Keighley damals zeigten, dachten wir: Das ist eben ein kleines Indiespiel. Ein Nischenprojekt – vielleicht gefällt es ja ein paar Leuten. Wir hätten nie damit gerechnet, dass wir nach diesen Game Awards plötzlich im Blitzlichtgewitter der Presse stehen würden. Dass man auf Reddit über uns sprechen, dass uns hunderttausende auf Twitter folgen würden. Dass wir so im Rampenlicht stehen würden. Das hat natürlich Mut gemacht und uns Kraft gegeben, aber es war auch einschüchternd, weil all diese Wünsche und Erwartungen auf uns einprasselten. Wir konnten vieles davon nicht bis zum Launch umsetzen, weil na ja – Spiele entwickeln ist hart. Spiele releasen, ist der Endboss. Deshalb haben wir gesagt: Alright, dann geben wir eben die Jahre danach richtig Gas und bringen so lange Content-Updates raus, bis wir so ziemlich alles verwirklicht haben, was sich irgendwie verwirklichen lässt. Natürlich kostenlos, die Leute haben ja bereits für das Spiel bezahlt, und wir wollten uns auch für einige Probleme beim Launch entschuldigen. Schätze, es gibt ein ganzes Buch, was man füllen könnte mit Dingen, die wir während der Entwicklung gelernt haben.“ „ Wir haben damals zu zweit Joe Danger für iOS entwickelt. Und an diese Zeit zurückgedacht“

Von unendlichen Weiten, tausenden Planeten, all diesen Alien-Spezies auf der Playstation 4 und dem PC, auf dem großen Screen auf den kleinen – auf iPhone und iPad. Wie kam das? Wie kam es dazu, dass wir jetzt The Last Campfire im Rahmen von Apple Arcade genießen können? „Wir kommen nach Hause, könnte man sagen. Als wir Hello Games gegründet haben, war eines unserer ersten Werke Joe Danger. Ein abgefahrenes Motorradspiel, bei dem man als Stuntman Joe Danger wilde Sprünge hinlegen muss, um mit Kombis Punkte zu sammeln. Ein bisschen wie Sonic The Hedgehog, nur auf einer Motocrossmaschine. Mit Sprungpunkten, Hindernissen, Zeitbegrenzung. Ich weiß noch, wie Grant eine Kiste mit Spielzeug anschleppte und wir nutzten irgendwelche Action-Figuren, um unsere Level zu bauen. Das hatte etwas Magisches. Er hatte auch so eine Stuntfigur, die man über einen Trigger abfeuern konnte. Wir übersetzten das in ein Spiel und spürten schnell: Auf einem iPhone mit Touch lässt sich diese Erfahrung aus der Kinderzeit und echten Welt viel besser ins Virtuelle übertragen. Auf einem iPhone mit Touchscreen fühlt sich Joe Danger ganz anders an. Du hast viel mehr Kontrolle, kannst das Motorrad viel leichter und präziser für Stunts mit den Fingern drehen. Ich schätze, dass war dieser Moment, wo wir wussten: Du kannst auf einem iPhone Spiele ganz anders wirken lassen, als auf einer Konsole oder dem PC.“ The Last Campire: Ein Spiel, geschrieben wie ein Roman

©Hello Games
The Last Campire wurde von drei Kreativen geschaffen: „Es gibt nur einen Artist, der die gesamte Kunst, die Items, die Spielwelt, die Charaktere gezeichnet hat und das ist Chris. Und alle Gameplay-Elemente stammen aus der Feder Stevies. Ich glaube, man merkt, dass alles aus dieser einen Hand kommt. Dass es sich konsistent anfühlt, aber auch persönlich – das dieser Mensch hier seine Persönlichkeit einfließen lässt. Ich finde das wundervoll. Das hat auch etwas Magisches, wenn ein kleines Team über fünf Jahre sein Herz in so ein Spiel steckt.“ Sean zeigt sich generell begeistert von den Möglichkeiten der kleinen Screens, die die Welt bedeuten: „Persönliche, ja vielleicht sogar ein bisschen intimere Geschichten funktionieren ganz wundervoll auf einem iPad oder iPhone, weil wir diese Geräte näher an uns ranlassen. Ich habe oft das Gefühl, förmlich mit der Nase in eine Spielwelt einzutauchen, wenn ich auf dem iPad spiele, weil es bei mir auf dem Schoß sitzt- während ja bei einer Playstation zum Beispiel immer ein gewisser Abstand zwischen dir und dem Fernseher ist.“ Und das ist letztlich der Grund für The Last Campfire: „Nach No Man’s Sky wollten wir etwas kreieren, was persönlicher ist und eher einen narrativen Fokus hat. Das eine faszinierende Geschichte erzählt, aber trotzdem auch ein bisschen “weird“ ist.“ Das Wörten “weird“ benutzt Sean gerne, wenn er sein Studio oder dessen Werke beschreibt. „Ich denke, wir alle sind aufgewachsen in einer Ära, in der Spiele noch ein bisschen merkwürdiger waren. Ein bisschen geheimnisvoller vielleicht auch, unangepasst – mit viel Charme, aber auch einer düsteren Komponente, wo man sich in der Welt nicht einfach so sicher fühlt. Als Spieler bringst du nach und nach Hoffnung und Licht in diese Welt, was ja auch der Titel The Last Campfire symbolisiert. Weil so ein Feuer ja Wärme versprüht und vor der Kälte schützt. Es soll sich anfühlen wie ein Roman, wo sich die Geschichte zusammen puzzelt. Wo man einsteigt, in eine Welt abtaucht und nicht genau weiß, wo man rauskommt. Was schätze ich auch eine schöne Metapher für das Entwickeln von Spielen ist.“ “ Sean lacht. The Last Campfire ist jetzt via Apple Arcade auf iPhone, iPad und Mac verfügbar.