Gerade hatte man sich an den Rhythmus gewöhnt, da macht Microsoft mal wieder alles anders: Nach Erscheinen der ersten Version von Windows 10 gab es im Frühjahr immer ein großes Update mit neuen Funktionen und App-Updates. Im Herbst folgte dann ein kleineres Update mit Patches und Bugfixes sowie nur wenigen echten Neuerungen. Jedoch beim Herbst-Update des vergangenen Jahres hatte sich der Software-Konzern für ein anderes Verfahren entschieden, das nun wieder zur Anwendung kommt. Tatsächlich besitzen die PC-Anwender größtenteils bereits das Herbst-Update 2020, es muss lediglich noch freigeschaltet werden.
Grund sind manch schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit – so ging das zuvor verwendete Aktualisierungsverfahren vor zwei Jahren gründlich schief. Nach der Installation des damaligen Herbst-Updates klagten etliche Benutzer über den Verlust persönlicher Daten sowie Probleme bei der Verbindung zu Netzlaufwerken. Microsoft musste die Verteilung der neuen Version für fünf Wochen aussetzen, um die Fehler zu beheben. Eine solche Blöße wollte sich der Konzern kein zweites Mal geben.
Im darauffolgenden Jahr kam dann das neue Update-Verfahren zum Einsatz. Mit dem Frühjahrs-Update auf die Version 1903 bekamen die Anwender auch gleich die Dateien und Funktionen für das Herbst-Update 2019. Der Code der beiden Versionen war identisch, so dass sich die über den Sommer veröffentlichten Patches und Sicherheits-Updates auf beide Versionen auswirkten. Auf diese Weise hatte Microsoft zumindest im Herbst ein weitgehend fehlerfreies System vorzuweisen, das mit einer vergleichsweise kleinen Update-Datei nur noch freigeschaltet werden musste.

Um ganz sicher zu gehen, bot Microsoft diese Freischaltung mit der Bezeichnung „Enablement Package“ über „Update und Sicherheit“ in den „Einstellungen“ von Windows 10 erst an, wenn man zuvor sämtliche Patches und Sicherheits-Updates heruntergeladen und installiert hatte. Nur wenn auf einem Computer noch eine ältere Version mit einer Versionsnummer bis 1809 lief, musste man doch das große Versions-Update mit einigen Hundert Megabytes Umfang herunterladen und installieren.
Siehe auch: Top-Windows-Funktionen, die Sie nicht kennen
Codebasis bleibt identisch: Per Freischaltung zum Update
Nun führt Microsoft das neue Update-Verfahren fort. Das Herbst-Update 2020 haben die meisten Anwender also bereits auf der SSD beziehungsweise Festplatte, es muss nur noch freigeschaltet werden. Auch bei dieser Version ist der Code identisch mit dem des Frühjahrs- beziehungsweise Mai-Updates, also von Windows 10 Build 2004.
Neu ist die Bezeichnung der Windows-Updates, die zukünftig einem festen Schema folgen soll: Das Herbst-Update läuft unter dem Kürzel 20H2, es handelt sich also um das zweite Update des Jahres 2020. Das darauffolgende Frühjahrs-Update 2021 wird demnach 21H1 heißen. Die Build-Nummer des Herbst-Updates lautet 2009, während das aktuelle Mai-Update unter der Nummer 2004 läuft.
Laut Microsoft soll Windows 10 20H2 zahlreiche Funktionen zur Verbesserung der Performance und Qualität enthalten. Ob davon etwas auf der Oberfläche zu sehen sein wird, ist eher unwahrscheinlich. Darüber hinaus sind nur kleinere Neuerungen zu erwarten. Die augenfälligste Veränderung dürfte die feste Integration des neuen Edge-Browsers auf Chromium-Basis sein.
Microsoft bietet das Programm bereits seit Anfang des Jahres als optionalen Download an, im Herbst erfolgt dann die endgültige Umstellung. Microsoft versucht auf diese Weise zu retten, was noch zu retten ist: Nach dem Statistikportal Statcounter kam der bisherige Edge-Browser im Frühjahr dieses Jahres auf einen weltweiten Marktanteil von weniger als fünf Prozent, Google Chrome lag mit nahezu uneinholbaren 68 Prozent vorne.

In Deutschland sieht die Situation ein wenig anders aus. Hier hat Firefox eine größere Anhängerschaft, Chrome kam im Frühsommer „nur“ auf einen Marktanteil von 47 Prozent, Firefox lag bei 22 Prozent und der bisherige Microsoft-Browser auf Basis von Edge-HMTL auf gut acht Prozent. Mit der neuen Edge-Version wechselt Microsoft zur gleichen Codebasis wie Google Chrome und der norwegische Browser Opera. Grundlage ist das seit mehr als zehn Jahre existierende Open-Source-Projekt Chromium, das unter Mitarbeit der Google-Entwickler weiter vorangetrieben wird. Während die Basis also bei Chrome, Opera und dem neuen Edge identisch ist, besitzen die drei Browser zusätzliche Features, die bei Chromium fehlen. Das gilt vor allem für die Sicherheitsfunktionen: So verfügt Google Chrome wie der Chromium-Edge über einen Schutz vor bekannten Spyware- und Malware-Erweiterungen. Außerdem kann der Anwender zwischen drei Einstellungen für den Tracking-Schutz wählen. Diverse Geschwindigkeitstests zeigen zudem, dass das Programm den Konkurrenten Firefox mittlerweile hinter sich gelassen hat.
Was ist Windows 10X?
Vor einem Jahr kündigte Microsoft eine neue, speziell für Dual-Screen-Geräte mit zwei Bildschirmen optimierte Windows-Variante an: Windows 10X. Das „X“ wird gesprochen wie der Buchstabe und soll für „Expression“ stehen. 10X baut auf der gleichen Codebasis wie Windows 10 auf, bekommt jedoch eine neue Oberfläche und setzt auf Touchbedienung. Anfang dieses Jahres stellte Microsoft für Entwickler eine frühe Vorabversion zur Verfügung, an der sich jedoch bis zum Erscheinen des Betriebssystems noch einiges ändern dürfte. Gerüchten zufolge soll der Konzern den Erscheinungstermin nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie mittlerweile auf 2021 verschoben haben und an einer Version arbeiten, die auch auf Notebooks mit nur einem Display lauffähig ist.
Die Vorabversion von Windows 10X installiert keinen Desktop, sondern lediglich eine Art App-Bildschirm, wie man ihn auch von Android und iOS kennt. Nach dem Starten einer App füllt diese den gesamten Bildschirm aus, die Darstellung mehrerer Fenster ist nicht möglich. Allerdings kann man das Fenster des Programms von einem Monitor zum anderen verschieben. Lediglich die Regler für Lautstärke, Helligkeit und ähnliches laufen in kleineren Fenstern.
Microsoft hat für Windows 10X ein eigenes Dual-Screen-Notebook mit der Bezeichnung Surface Neo angekündigt. Doch laut einem Beitrag im Microsoft-Blog vom Panos Panay, dem Chief Product Officer für Windows und Devices, hat die Firma die Hardwareentwicklung zunächst zurückgestellt und will 10X auf noch nicht genannten Single-Screen-Geräten veröffentlichen.
„Service Pack“ mit Ausblick auf die Neuerungen im Frühjahr 2021
Insgesamt handelt es sich bei Windows 10 20H2 eher um eine Art Service Pack. Größere Änderungen sind erst wieder für das Frühjahr 2021 zu erwarten, wenn Microsoft die Version 21H1 veröffentlicht. Interessanterweise liefert der Edge-Browser jedoch bereits einen Eindruck, was Sie im kommenden Jahr erwartet.
Auf der Startseite des Browsers kann man erkennen, dass Microsoft die Darstellung leicht verändert hat. Die Kacheln, die als Links auf die zuletzt besuchten Webseiten verweisen, haben nun abgerundete Ecken. Diese Abkehr vom bisherigen, kantigen Design soll sich laut Insider-Informationen im Startmenü und im Explorer fortsetzen. Neben einem neuen Design für Apps und wichtige Microsoft-Anwendungen soll es auch neue Farbschemata erhalten.
Fehler bei den Versions-Updates trotz Windows-Insider-Programm

Nach dem verschobenen Windows-Update im Herbst 2018 stellte sich heraus, dass der für die Datenverluste verantwortliche Fehler längst bekannt gewesen war: Anwender hatten ihn zuvor im Rahmen des Windows-Insider-Programms an Microsoft gemeldet. Auch die Nachfolgeversion, das Frühjahrs-Update mit der Build-Nummer 1903 von 2019, wies mehrere grobe Fehler auf. Microsoft konnte die Software daher auf vielen PCs erneut erst mit mehreren Wochen Verspätung anbieten. Das Gleiche wiederholte sich mit der Version 2004, die erst Ende Mai ausgespielt wurde.
Dabei soll das Windows-Insider-Programm solche Pannen ja gerade verhindern. Seit 2014 bietet Microsoft den Anwendern in den „Einstellungen“ über „Update und Sicherheit –› Windows-Insider-Programm“ Vorabversionen des Betriebssystems an. Das Insider-Programm steht jedem Windows-Anwender offen, die Teilnahme ist kostenlos. Mit einem Microsoft-Konto kann man sich für das Programm registrieren .
Bislang hatte man dabei die Wahl zwischen verschiedenen Entwicklungsvarianten, von Microsoft als „Ringe“ bezeichnet. Im sogenannten Fast Ring verteilte Microsoft verhältnismäßig oft neue Builds, was auch häufige große Downloads und zeitintensive Neuinstallationen zur Folge hatte. Neugierige Anwender bekamen dabei neue Funktionen zwar früh zu Gesicht, die Versionen war jedoch häufig wenig ausgereift. Stabiler liefen seltener ausgespielte neue Builds im Slow Ring. Später kamen zusätzliche Ringe wie Skip Ahead und Release Preview hinzu, über die man bereits die übernächsten Version beziehungsweise die kurz vor der Fertigstellung stehende Version erhielt.
Siehe auch: Windows 10 Mai 2020 Update: Alle Neuerungen im Überblick
Windows Insider: Microsoft führt statt der Ringe Update-Kanäle ein

Im Sommer änderte Microsoft das Konzept der Ringe und führte bei seinem Insider-Programm die neuen Update-Kanäle ein. Diese sollen sich nicht mehr durch die Frequenz unterscheiden, in der sie neue Builds zur Verfügung stellen, sondern durch die Qualität.
Seither existieren drei Kanäle: Für Entwickler und Windows-Nerds hat Microsoft den Dev Channel eingerichtet („Developer“), der Windows-Versionen in einem frühen Entwicklungsstadium bereitstellt: aktuell sowohl zur Version 20H2 wie auch zu 21H1. Über den Beta-Kanal verteilt Microsoft etwas stabilere Builds, welche die Firma zuvor bereits selbst getestet hat.
Im Release-Preview-Kanal schließlich erscheinen neue Windows-Versionen, bevor diese über das Windows-Update überall verfügbar sind.
Die Umstellung von Ringen auf Kanäle erledigt Windows automatisch. Ob das allerdings hilft, die Zahl der Bugs in neuen Windows-Versionen zu verringern, ist noch unklar. Denn das grundlegende Problems sind offenbar die vielen Rückmeldungen der Windows-Insider, so dass Hinweise auf Fehler auch in Zukunft immer mal wieder unberücksichtigt bleiben dürften.
Ausführliche Informationen zum Insider-Programm liefert unser Online-Ratgeber .
Welche Tools Windows 10 weiterhin fehlen
Trotz laufend neuer Versionen und Updates vermissen manche Anwender immer noch einige Tools in Windows:
- Datei-Manager mit echter Zwei-Fenster-Technik, etwa Total Commander oder Speed Commander
- FTP-Client mit grafischer Oberfläche, etwa Filezilla oder Cyberduck
- Grafische Anzeige der Festplattenbelegung, wie bei Windirstat oder Wiztree
- WLAN-Scanner mit Anzeige von Kanalbelegungen und Ähnliches, etwa Homedale
- Einfache Fotoverwaltung, etwa Amok Exif Sorter