Erklärungsversuche zu PC-Problemen am Telefon enden häufig trotz Rückfragen ergebnislos: Der Helfer erhält nur bruchstückhafte Beschreibungen und hat das Problem im wahrsten Sinne nicht vor Augen, der Hilfesuchende kommt seinerseits nicht klar oder versteht die Erklärungen nicht. Da bieten Fernzugriff und -wartung über das Internet einen entscheidenden Vorteil: Der Helfer blickt direkt auf den fremden Computer, hat also einen eigenen Eindruck und kann so das Problem im Idealfall schnell lösen. Das Gleiche ließe sich zwar auch vor Ort erledigen, würde aber mehr Zeit, Aufwand und Ressourcen in Anspruch nehmen. Dazu kommt die Kontaktvermeidung während der Pandemie.
Dieser Ratgeber zeigt, wie einfach Fernwartung und „Übernahme“ eines woanders stehenden Rechners funktionieren und welche Möglichkeiten dies eröffnet. Denn man hilft natürlich lieber, wenn alles in ein paar Minuten erledigt ist. Umgekehrt kann man guten Gewissens die Hilfe anderer in Anspruch nehmen, wenn der Aufwand gering ist. Fernhilfe beschränkt sich keineswegs auf Windows-PCs, sondern schließt viele andere Geräte ein. Schließlich erklären wir, wie Sie sogar ohne funktionierende Internetverbindung weiterkommen.
Die Übernahme eines Computer mit persönlichen Daten setzt Vertrauen voraus. Der Hilfesuchende sieht jedoch am eigenen Bildschirm stets, was der Helfer gerade macht, und kann die Verbindung per Mausklick jederzeit sofort beenden.
Remote Desktop ist schon seit Windows XP integriert
Microsoft hat sein Fernwartungstool Windows Remote Desktop RDP („Remote Desktop Protokoll“) bereits vor über 20 Jahren in Windows XP integriert. Durchgesetzt hat es sich dennoch nicht, vor allem aus zwei Gründen. Zum einen beschränkt sich die Fernsteuerung auf die Professional- und die Enterprise-Edition, auf Rechnern mit Windows 10 oder 11 Home ist weiter kein Remote-Zugriff möglich. Auf den meisten Heim-PCs fehlt damit die Möglichkeit der Fernunterstützung. Zum zweiten ist die Windows-Funktion wenig komfortabel. Auch deshalb haben sich mit Teamviewer und Anydesk zwei Programme etabliert, die sehr einfach zu nutzen sind und zudem weit mehr Funktionen bieten.

Wenn Sie Hilfe dennoch über Windows Remote Desktop holen möchten, vergewissern Sie sich zunächst, dass Ihr PC mit Windows 10 oder 11 Pro läuft („Einstellungen –› System –› Info“). Wie Sie Remote Desktop einrichten und verwenden, beschreibt Microsoft hier .
Die zugehörige Mobil-App Remote Desktop im Apple Appstore und Google Playstore ermöglichen die Fernsteuerung eines Windows- Computers vom Smartphone aus. Zudem steht Microsoft Remote Desktop für Apple-Rechner mit Mac-OS, nicht aber für Linux zur Verfügung.
Teamviewer: Installation und erste PC-Verbindung in drei Minuten

Teamviewer funktioniert einfacher, sicher und absolut zuverlässig. Das darf man im Prinzip zwar von jedem Programm erwarten, bei dieser Art von Software ist es jedoch nicht selbstverständlich. Blockiert beispielsweise die Firewall die Verbindung, führt das die einfache Hilfe ad absurdum – genau das aber ist bei Teamviewer nicht der Fall.
So geht’s: Installieren Sie Teamviewer zum Ausprobieren auf zwei PCs jeweils mit der „Standardinstallation“. Der Prozess dauert keine Minute, die Programme starten automatisch.
Die beiden wichtigsten Funktionen sehen Sie zentral in der Mitte, „Fernsteuerung zulassen“ und „Computer fernsteuern“. Statt der sonst oft verwendeten Begriffe Host und Client ist die Funktionszuordnung damit sofort klar. Von zentraler Bedeutung ist die gerätespezifische, feste „ID“ im Teamviewer-Netzwerk. Im Gegensatz dazu wird das darunter angezeigte Passwort bei jedem Programmstart neu generiert. Damit schützt es zuverlässig vor nicht autorisiertem Zugriff.
Um sich helfen zu lassen, rufen Sie Ihren Helfer per Telefon an und nennen ihm „Ihre ID“. Diese tippt er auf seinem PC im „Fernsteuerung“- Feld rechts ein und klickt auf „Verbinden“ – in unserem Testszenario erledigen Sie das auf dem Zweitrechner. Anschließend nennen Sie dem Helfer ebenfalls am Telefon Ihr aktuelles Passwort. Das gibt er in seinen PC ein und bestätigt mit „Anmelden“. Ohne dieses nur für die eine Verbindung gültige Passwort kann niemand Ihren Rechner übernehmen! Sobald der Fremdzugriff erfolgt, wird der Desktophintergrund abgedunkelt.

Nun hat der Helfer mit seiner Maus und Tastatur die volle Kontrolle über Ihren PC, als säße er davor. Welche Aktionen er ausführt und wo er mit der Maus hin klickt, verfolgen Sie 1:1 an Ihrem Monitor. Sinnvoll ist, während der Fernsitzung weiter zu telefonieren. So lassen sich Erklärungen durchgeben oder Rückfragen beantworten. Wird es Ihnen irgendwann „zu bunt“, können Sie die Verbindung mit einem Klick auf das Kreuz im Teamviewer-Fenster rechts unten kappen.
Über „Computer fernsteuern“ helfen Sie umgekehrt anderen, wenn diese Ihnen ihre Teamviewer-ID samt Passwort übermitteln. Teamviewer bietet viele weitere Funktionen, darunter Datenübertragung, Chat und Videotelefonie, Ferndrucken, Fernstarten und permanenten Fernzugriff. Unterstützt werden diverse Plattformen und Geräte wie Netzwerkfestplatten oder Fernseher. Das Herstellerhand- buch erklärt die Software umfassend .
Beachten Sie bitte, dass TeamViewer nur für private Zwecke gratis ist, für den kommerziellen Einsatz benötigen Sie eine Lizenz (Einzellizenz knapp 14 Euro monatlich).
Tipp: Wer zunächst nie selbst helfen wird, kann statt der umfassenden Teamviewer-Version die Quicksupport-Variante nutzen: Ohne Installation startet man das Tool und gibt seine ID samt Passwort an den Helfer durch – das ist alles.
Anydesk, Remote Desktop und Jump Desktop

Anydesk bietet im Wesentlichen die gleichen Funktionen wie Teamviewer, unterstützt ebenfalls andere Plattformen inklusive Mobil-Apps und funktioniert ebenso zuverlässig. Wer die Software nutzt und keine Spezialfunktion wie Augmented Reality (AR, siehe weiter unten) benötigt, kann bei Anydesk bleiben. Anydesk lässt sich am Windows-PC ohne Installation sofort starten, so dass selbst Anwender mit wenig Kenntnissen schnell klar kommen. Der Anbieter gibt sich gegenüber „Vielnutzern“ toleranter als Teamviewer, gleichwohl ist auch hier für den kommerziellen Einsatz eine Lizenz erforderlich (Einzellizenz etwa zehn Euro monatlich).
Chrome Remote Desktop als weitere Alternative eignet sich vor allem zur Fernbedienung eigener PCs von unterwegs aus sowie zum Support anderer Personen. Weil Chrome Remote Desktop den Browser Chrome , die Installation einer Erweiterung, ein Google-Konto, diverse weitere Bestätigungen und das Setzen einer PIN erfordert, sei die Methode nur erfahreneren Nutzern empfohlen.

Während die kommerzielle Nutzung von Anydesk und Teamviewer kostenpflichtig ist, ist sie bei Jump Desktop zwischen Windows-PCs gratis. Auf dem Rechner, auf den zugegriffen werden soll, installiert man Jump Desktop Connect , auf dem Rechner zum Fernsteuern Jump Desktop . Die Einrichtung der Verbindung erfordert einen Account beim Anbieter, alternativ nutzt man sein Apple- oder Google-Konto. Die Software ist vergleichsweise spartanisch ausgestattet und die Dokumentation auf Englisch beschränkt .
Fernzugriff auf Geräte jenseits von Computer und Smartphone
Anydesk, Teamviewer und teilweise auch andere Remote-Desktop-Tools unterstützen die wichtigsten Betriebssysteme und Plattformen: also Windows, Mac-OS, Linux, Chrome OS, Android, iOS und Raspberry Pi. Diese Softwareversionen finden Sie online bei den Anbietern zum Download.
Zugreifen können Sie auf solche Geräte im Heimnetzwerk, die Sie sonst per Smartphone oder PC bedienen und konfigurieren. Um etwa auf die Fritzbox zuzugreifen, genügt es, einen Computer im Heimnetz zu übernehmen oder übernehmen zu lassen und sich auf der Bedienoberfläche des Routers anzumelden. Das ermöglicht die Router-, Internet- und WLAN-Kontrolle, auch ohne die Fernwartung des Herstellers AVM einrichten zu müssen.
Analog können Sie auf dem PC jede Applikation starten sowie auf Ihre Daten inklusive denen auf der Netzwerkfestplatte zugreifen. Dazu müssen die Daten nicht in der Cloud gespeichert sein.
Apropos Netzwerkfestplatte: Teamviewer bietet für Geräte von Qnap und Synology spezifische NAS-Versionen für den direkten Fernzugriff ohne Umweg über den PC.

Auch Amazons Fire TV lässt sich fernsteuern. Am einfachsten funktioniert das mit Anydesk; die App finden Sie direkt im Appstore auf dem Streaminggerät. Etwas aufwendiger ist die Installation von Teamviewer: Dazu installieren Sie ebenfalls über den jeweiligen Geräte-Appstore die App „Downloader“ und aktivieren anschließend auf der Oberfläche des Fire TV über „Einstellungen –› Mein Fire TV –› Entwicklerversionen“ die Optionen „ADB-Debugging“ und „Apps unbekannter Herkunft“.
Über diese Einstellung können Sie beliebige Android-Apps als APK-Dateien installieren. Diese finden Sie über „Browser“ in der Downloader-App wie gewohnt über Google; Teamviewer beispielsweise hier.
Fernhilfe über Videotelefonie
Die Unterstützung beschränkt sich keineswegs auf elektronische Geräte, sondern kann alle Bereiche betreffen: vom Kauf des richtigen Produkts im Geschäft bis zu einem Fahrraddefekt irgendwo unterwegs. Weil sich Probleme meist viel besser per Videoverbindung darstellen und lösen lassen, bietet sich dafür Whatsapp geradezu an. Diese App nutzen ohnehin fast alle auf ihren Smartphones.
Einen Schritt weiter geht Teamviewer mit „ Assist AR “ (Android und iOS). Installiert auf dem Smartphone des Hilfesuchenden, über- trägt die App ebenfalls per Video das Problem vor Ort an den Helfer. Der kann am PC in Teamviewer über die Funktion „Augmented Reality“ (AR) das Videobild mit Pfeilen, Hinweisen oder Markern versehen, sie werden zugleich auf das Telefondisplay des Hilfesuchenden übertragen. In unseren Beispielen könnte der Helfer gezielt ein Produkt im Supermarktregal markieren oder per Pfeil die Handgriffe etwa zum Radausbau zeigen. Das Besondere ist, dass die AR-Einblendungen wie von Geisterhand selbst dann weiter auf die ursprünglichen und damit richtigen Stellen zeigen, wenn man das Smartphone bewegt.
Helfen kann Assist AR auch zu Hause, beispielsweise bei der Verkabelung und Bedienung beliebiger Geräte oder wenn das Internet ausfällt. Ob Ihr Mobiltelefon diese Technik unterstützt, kontrollieren Sie bitte in der Liste im Internet . Eine detaillierte Anleitung der früher Teamviewer Pilot genannten App lesen Sie hier .
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