Zunächst sind da orangene Blüten in Grounded , nur sind diese nicht klein wie aus der Natur bekannt. Sondern groß, hochgeschossen, wirken beinahe wie ein Zelt. Als wollten sie uns einen Unterschlupf bieten. Na, huch? Plötzlich kommt ein riesiger Mistkäfer um die Ecke gewackelt – eher gemütlich, weniger bedrohlich, aber Gott, ist das Ding groß. Und warum sind wir so klein? Wie Aloy in Horizon 2: Forbidden West fühlen wir uns hier, als würden wir durch eine Herde Saurier hindurchlaufen. Dieser Käfer ist groß wie ein Truck. Nun, wir haben andere Probleme, Hunger und Durst nämlich, dieses Grounded ist ja ein Survival-Spiel. Ergo laufen wir weiter, entdecken etwas, das aussieht wie ein weißes Haus mit orangem Logo – orange Flüssigkeit läuft herunter. Ui, das ist Orangensaft! Und wir sind ein Winzling, mitten in der kunterbunten, faszinierenden Welt der Insekten.
Grounded fühlt sich an, als würden wir einen interaktiven Pixar-Film erleben. Und zwar von vorne bis hinten. Der niedliche Animationsstil, den Obsidian hier nutzt, ist einfach putzig anzuschauen: Winzige Blattläuse springen in die Luft und huschen dann auf den ersten Blick vor Angst davon, während uns Arbeiterameisen argwöhnisch “scannen“ mit ihren Antennen. Meistens werden wir aber gar nicht bemerkt, schließlich hat man als Tier eine Menge zu tun. Blattläuse bewegen sich auf der Karte und bilden Honigtau, fliegen vertikal über Grashalme oder huschen auf dem Boden davon. Marienkäfer zuckeln gemütlich durch die Gegend, wie man Marienkäfer eben so kennt. Verärgern wir diese, können sie uns jagen und ganz schön Probleme machen. Sind wir nett zu ihnen, können wir sie als Transportmittel benutzen. Spinnen streifen auf der Karte herum und greifen andere Insekten an. Sie hinterlassen Netzfallen, in denen wir feststecken können, wenn wir nicht vorsichtig sind. Es gibt auch Milben, Stink-Wanzen, Mückenschwärme und andere Kreaturen, die hier so rumkräuchen und fleuchen. Das entspannte Fortnite: Wir bauen im Team ein Baumhaus

Wir müssen unterschiedliche Bedürfnisse erfüllen, Hunger und Durst natürlich, aber auch Sicherheit kann nicht schaden. Ergo ist das Bauen von Gebäuden wichtig, und hier kommt der Koop-Aspekt ganz wundervoll zum Tragen: Wir funktionieren schnell als Team, weil die Rollenverteilung sehr viel klarer ist als in einem Shooter etwa: Der eine räumt auf, etwa als wir einen Baseball finden, der viel Schatten bietet und macht sich an die Planung der Basis. Wir anderen ziehen los, um Blätter zu sammeln, die wir für den Hausbau brauchen. Und dieser ist wirklich verdammt cool gelungen: Mit unserem Tool können wir eine Art Blaupause anlegen, wie unsere Basis aussehen soll: Verteidigungslinien in Form von Mauern, Türme, Fallen. All das bauen wir einfach aus Gras – diese Grashalme sind locker fünfmal so groß wie wir selbst, wir müssen sie also ausbalanciert zur Basis schleppen und dann so zuschneiden, dass sie passen.

Auch lässt sich im Fortnite-Style schön weit nach oben bauen, und das geht erstaunlicherweise ziemlich flott. Nicht ganz so schnell wie in Epics Mega-Shooter, weil wir vorher die Materialien aufwändig einsammeln müssen, aber deutlich zügiger als wir erwartet hätten. Ruck zuck haben wir ein zweites Stockwerk gebastelt. Auf dem Balkon richten wir eine Art Grill ein, der das Sonnenlicht nutzt, um Insekten zu Barbecue zu verarbeiten, die uns Proteine liefern. Nun, wir dachten gerade so, dass ja alles läuft, da griff eine Horde gieriger Feuer-Ameisen an, riss unsere halbe Basis ab und machte sich über unsere Vorräte her. Vom Anklopfen scheint man in der Welt der Insekten nur bedingt gehört zu haben.
Auch sind die Biester erstaunlich widerstandsfähig – mit unseren aus zusammengebundenen Gräsern improvisierten Lanzen und einer Art Bogen, brauchen wir einen Haufen Treffer, um auch nur eine davon zu erlegen. Aus diesem ersten Angriff lernen wir schnell und verlagern unsere Lebensmittelproduktion in Pflanzen, die für Spinnen unerreichbar sind – wie Tarzan schwingen wir uns dafür an “Lianen“ entlang und klettern überall hoch. Kleine Behälter dienen uns zudem zum Auffangen von Tau, der über Grashalme direkt in unsere Wohnung tropft. Also nicht direkt die Wohnung, sondern eher das Lebensmittelproduktions-Lager. Ein Paradies für Basenbauer und Architekten

Überhaupt imponiert uns, wie viele Möglichkeiten der Basenbau bildet, obwohl er festverankert ist in dieser Insektenwelt. So können wir Spinnen ihre Netze mopsen und so spannen, dass diese als eine Art Trampolin oder Jump-Pad genutzt werden können, mit denen wir uns bei Gefahr direkt in die dritte Etage unserer Basis katapultieren können. Das hat erhebliche strategische Vorteile, weil wir unsere Treppe abreißen können – feindliche Spinnen können zwar Netze spinnen, aber nicht auf ihnen rumhopsen, wie es scheint. Natürlich lässt sich die Basis nach und nach upgraden, etwa durch Holzbarrieren und Katapulte, in die wir Stachelbeeren laden. Lustigerweise können wir kleinere Beeren, wie etwa Himbeeren auch benutzen, um damit ein Basketball-Feld zu errichten, was schon dezent irre ist. Obsidian hat hier definitiv an die Communities auf YouTube und Twitch gedacht, die solchen Schabernack besonders lieben, siehe der Mega-Erfolg von GTA-5-Videos, in denen Menschen einfach Chaos anrichten. Oder Züge durch 100 Autos durchfahren lassen, weil…sie es können.
Bauen können wir übrigens auf allem, was einen harten Untergrund bietet: Steinpilze etwa und natürlich Bäumen, sollten wir uns so hoch wagen wollen. Natürlich gibt’s eine Menge Feinde, die uns ans Leder wollen, aber Grounded ist kein klassisches Survival-Game. Wir können hier auch einfach Spaß haben und die Welt genießen. Marienkäfer etwa dienen als Busse oder Taxis, auf denen wir mitfahren können, wenn wir nicht laufen wollen. Daran sehen Sie schon, wie winzig unsere Figuren sind, denn dieser Marienkäfer ist ungefähr so groß wie ein SUV für uns. Richtig cool: Obsidian denkt auch an Basenbau-Liebhaber, die einfach mal am Rad drehen wollen, ohne vorher ohne Ende Ressourcen zu sammeln. Dafür gibt’s den Creative Mode, wo alles in Überfülle vorhanden. So verbinden wir dann eine Fanta-Dose mit Brücken mit Pilzen so, dass wir ein Fundament für unsere ultimative Mega-Basis schaffen. Kommen jetzt die fiesen Feuerameisen vorbei, haben wir ein paar Überraschungen vorbereitet. Man will ja ein guter Gastgeber sein…

Fazit:
Grounded ist der Hammer, das könnte eines dieser Spiele sein, die niemand auf dem Schirm hatte und welches über Nacht Youtube und Twitch vereinnahmt. Selten hat das Erbauen einer Basis so viel Spaß gemacht, weil wir nicht nur sehr kreativ werkeln können, sondern auch Auffangbehälter für Tauwasser basteln und überlegen müssen, wie wir möglichst viel Flüssigkeit über eine Art pflanzliches Aquädukt zu uns umleiten. Bei Nacht kann es schon auch mal gruselig werden, weil einige Tiere dann rotglühende Augen bekommen und aggressiver werden. Insgesamt ist der Look aber eher voll Pixar und sehr knuffig gemacht. Ein Gute-Laune-Spiel für diese komischen Corona-Zeiten, unbedingt mal ausprobieren. Grounded kostet 19 Euro im Early-Access auf Steam oder ist kostenlos im Rahmen des Xbox Game Pass erhältlich.
Mehr Gaming-Previews: