Das Logo der Amplitude Studios ist der Abdruck einer Hand, weil die Entwickler ihre Spuren hinterlassen möchten im großen Genre der Rundenstrategie. Und auch wir wollen das, als König der Könige. Unsere Aufgabe in Humankind ist es, unser Volk unsterblich zu machen. Dafür heben wir Armeen aus und kämpfen große Schlachten, bauen majestätische Städte, schmieden Allianzen, wachsen und das alles zu einem Zweck: Ruhm und Ehre. Wir selbst sind es, die die Weltwunder unserer Zeit errichten: die Pyramiden von Gizeh, die hängenden Gärten der Semiramis von Babylon. Was jedoch Segas Humankind so faszinierend macht, ist, dass wir dies nicht nur in der Antike tun – das hier ist kein Age of Empires der Rundenstrategie. Sondern der gesamten Geschichte der Menschheit – deshalb der Name Humankind: Von Steine schleudernden Neandertalern bis zur Phalanx der Griechen. Von der Antike über das Mittelalter mit ihren gepanzerten Rittern und britischen Langbogenschützen hinein in die Renaissance, wo Gefechtsformationen in Reih und Glied ihre Gewehre aufeinander richten. Bis in die moderne Zeit, wo Panzer rollen, Helikopter surren und die Luftwaffe Stellungen bombardiert.
Ist das wie in Civilization? Wird die Welt fragen. Nun, eigentlich nicht. Sicherlich inspiriert von diesem Monster aus der Feder des großen Sid Meier, aber die Franzosen haben ihr ganz eigenes Rezept entwickelt, welches sich ganz anders anfühlt. Weil wir sehr viel freier in unseren Entscheidungen sind, bis zu 60 unterschiedliche Kulturen spielen und miteinander mixen können, das aber nicht müssen. Wir können theoretisch die Ägypter von der Antike bis in die Neuzeit führen, was schon recht irre ist. Zudem bauen wir wirklich gewaltige Hauptstädte, indem wir neue Territorien erkunden, annektieren oder erobern und so weitere Viertel anschließen – das kann ein religiöses Viertel sein, wo die Tempel stehen. Ein militärisches für Baracken und Ställe.

Das können große Kastelle sein, die sich wie eine Burg an die Stadt anschmiegen. Das hat fast schon so einen leichten Anno-Charakter, weil jedes Viertel mit Straßen verbunden ist und sich um die gesamte Stadt eine sehr weit gezogene Außenmauer zieht – zunächst aus Holz, dann aus Stein. Wir erforschen Wachtürme, erhöhen so die Reichweite unserer Bogenschützen auf den Mauern. Später gibt’s Kanonentürme, etwa wie in einem Age of Empires 4. Humankind ist sehr viel ambitionierter als Civilization

Unsere Stadt entwickelt sich, behält aber ihre Kern-DNA – etwa die Pyramiden oder ein anderes architektonisches Bauwerk überdauern über die Jahrhunderte und generieren Ruhm-Punkte. Humankind lässt sich nicht nur militärisch, sondern auch über dieses System gewinnen: „Um diesem Streben nach Unsterblichkeit gerecht zu werden, haben wir das Ruhm-System eingebaut“, erklärt Studiochef Romain De Waubert. „Sie erwerben Sterne dafür, wenn Sie etwas Denkwürdiges tun, z. B. eine Großstadt bauen, ein Monument, eine Reihe von Tempeln oder bedeutsame Schlachten führen.“ Das motiviert uns beim Hands-On, denn Aufbaustrategie bedeutet immer, dass es etwas zu optimieren und unendlich viel zu erforschen gibt. Besonders in Humankind ist, dass unsere Stadt auch optisch auf majestätische Größe wächst. Das ist völlig anders als ein Civilization: Eine Stadt ist hier nicht einfach nur symbolisiert durch ein Gebäude, sie ist riesig wie in einem Echtzeitstrategiespiel – wie in einem Anno 1800.

Mitunter kann ein kompletter Bildschirm nur mit der Hauptstadt gefüllt sein, aus der wir natürlich rauszoomen können, und es gibt viele, viele weitere Territorien. Dennoch gefällt gerade dieser Aspekt, seine Metropole wachsen sehen zu können. Es war immer komisch und unbefriedigend, dass in Civilization 6 jede Stadt, unabhängig von ihrer Größe, gleich dargestellt wird. Irre cool ist auch, dass wir in Humankind Kulturen zusammenfließen lassen können. Wir konnten diesen Aspekt zwar noch nicht selbst spielen, aber in Videos sehen wir, wie selbst völlig unterschiedliche Völker verschmelzen: Russland und Frankreich etwa, was sich dann auch in der Architektur der unterschiedlichen Viertel zeigt. Nationen stehen dabei für bestimmte Ideologien, mit denen sich Boni freischalten lassen: Die reichen Babylonier etwa können alle Überschüsse zur Stärkung der Forschung investieren.
Oder die Architektur-begeisterten Ägypter, die besonders günstig bauen dürfen. Die Artists der Amplitude Studios legen sich dabei mächtig ins Zeug, denn hier steckt brutal viel Arbeit drin: Jedes Gebäude muss sich über die Epochen entwickeln, Seekampf mit Galeonen und Kanonen wird genauso abgebildet wie Schlachtschiffe des Zweiten Weltkriegs und moderne Flotten mit Flugzeugträgern. Eventuell erinnern Sie sich noch an Empire Earth aus dem Jahr 2007, welches etwas ähnliches unternahm. Das sieht 2020 natürlich sehr viel edler aus, und die Entwickler legen viel Wert auf eine organisch gewachsene Umwelt. Wir sehen Wasserfälle, Tiere, Weizenfelder und Dschungel auf den Karten, aber natürlich auch Erzvorkommen, Steinbrüche und alles, was man sonst so braucht, um zur epischsten Nation aller Zeiten aufzusteigen.

Auch dieser Mix der Kulturen ist schlüssig, wenn man sich die Historie anschaut: Die heutige Weltmacht USA spaltete sich ab aus dem englischen Königreich, und Deutschland hat sehr viel mehr von der Disziplin und Ingenieurskunst der Römer gelernt, als die Italiener, was recht bemerkenswert ist. Bevor die römischen Legionen hier einfielen, waren die Germanen eher Bauern, die über wenig Infrastruktur verfügten – die Römer brachten den Straßenbau nach Deutschland, was uns einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen Nationen verschaffte. In einem Video sehen wir gar München – Deutschlands heimliche Hauptstadt. „ Ich finde es völlig faszinierend, wie sich Kulturen entwickeln und verändern, interessanterweise nicht immer zum Positiven. Im Mittelalter ging viel Wissen der Antike verloren und einige Nationen, die heute führend in der Welt sind, bestanden vor tausend Jahren noch aus Stämmen, die sich lose selbst organisierten. Und dann dachten wir: Okay, setzen wir noch einen drauf und bieten diese alternative Historie an. Was wäre, wenn die Samurai auf die Babylonier getroffen wären und die griechische Phalanx?“ Romain De Waubert, Studiochef & Creative Director Humankind spielt sich befreiter als Civ, gerade im militärischen Bereich

Was uns vielleicht am meisten überrascht hat: Humankind bietet nicht nur viel Tiefe in seinen politischen Systemen, etwa wenn wir uns für Monarchie oder Diplomatie entscheiden, ob wir Frauen dasselbe Wahlrecht geben wie Männern (was eine recht moderne Errungenschaft ist: Das Frauen-Wahlrecht wurde erst 1918 in Deutschland eingeführt). Natürlich können wir am Steuerrädchen drehen, uns eher wirtschaftlich ausrichten, in der Forschung oder militärisch. Aber es ist sehr spannend zu sehen, wie viele Auswirkungen diese militärische Forschung auf die Schlacht haben, die auf Hexfeldern geschlagen wird. Zwar ist auch das Runden-basiert, wie in Civ, aber uns stehen strategische Optionen offen, die man sonst eher aus einem Total War Saga: Troy erwarten würde:

Unsere Truppen können Schildwälle bilden vor Pfeilbeschuss. Oder eine Phalanx. Einige Einheiten können sich im hohen Gras verstecken und Bogenschützen erzielen eine höhere Reichweite und Präzision, wenn sie von einem Hügel schießen. Gespielt haben wir dies aktuell nur in der Bronzezeit, aus unserem Interview mit dem Studiochef wissen wir aber, dass die Amplitude Studios diese taktische Tiefe in allen Zeitaltern beibehalten wollen: Sprich eine Kanone erhält mehr Reichweite, wenn sie von einem Hügel schießt. Es wird spannend zu sehen sein, wie sie diese Tiefe auf alle Zeitalter ausweiten wollen – schließlich wurde im Zweiten Weltkrieg ganz anders gekämpft als in der Antike oder Renaissance, zur Zeit Napoleon Bonapartes. Fazit:
Humankind hat sich direkt in unser Strategenherz gespielt. Es ist schlicht beeindruckend, wie man hier die Struktur von Civilization nimmt und daraus Runden-Taktik mit sehr viel mehr militärischer Tiefe abliefert und dem Gefühl, eine Hauptstadt wie in Anno aufzubauen – eine Stadt ist hier nicht einfach nur symbolisiert durch ein paar Gebäude wie in Civ, sondern ein Koloss, der sich über den ganzen Bildschirm erstreckt. Und dass wir 60 unterschiedliche Kulturen quasi miteinander mixen können, ist eine sehr innovative Idee, die das Genre bereichern dürfte. Das spannendste Strategiespiel für 2021. Humankind soll im Jahr 2021 exklusiv für PC erscheinen. Weitere Stories, die Ihren Geschmack treffen dürften: Einen Tag gespielt: A Total War Saga: Troy Iron Harvest angespielt: Das Strategie-Epos des Jahres