Okay, krass. Anders lässt sich das nicht beschreiben, was wir in diesem Live-Konzert von US-Rapper Travis Scott gerade erlebt haben. Wir dachten, er würde klassisch auf die Bühne „dive bomben“, wie wir das aus Fortnite kennen. Doch er performte nicht in normaler Größe, sondern als 600 Meter großer Gigant, der über der ohnehin schon riesigen Bühne seine Show auspackte und unzählige Fortnite-Spieler wippten via Emoji im Takt mit – auch Deadpool, der neben uns stand. Also eventuell war es nicht Ryan Reynolds höchstpersönlich, aber irgendein Typ im Deadpool-Kostüm. Und ja, die ganze Nummer war irre, eine perfekt durchinszenierte CGI-Show, in der wir ständig die Kontrolle behalten: In der wir fliegen, wippen, tauchen, vor Feuer in Deckung gehen. Eine reise durch Welten, angefeuert von Musik: Durch den Ozean, ins Weltall und wieder zurück in die Welten von Fortnite. Epic Games glaubt wohl, dass ihr Name verpflichtet und hat hier wieder einen rausgehauen. Klar, wer 2019 1,8 Milliarden US-Dollar mit Fortnite verdient hat, der kann auch richtig auffahren und dennoch ist es beeindruckend, wie Epic als Spieleentwickler gerade den Giganten der Musikindustrie zeigt: „Schaut her, wir sind die coolen Jungs. Wir zeigen euch jetzt mal, wie Entertainment funktioniert.“
Epic Games zeigt, was alles geht, wenn nichts mehr geht Wir leben gerade in merkwürdigen Zeiten, in denen sich alles irgendwie surreal anfühlt: Hätten Sie geglaubt, je in ihrem Leben mit einem Tuch vor dem Mund in eine Bank zu marschieren? So wie das Cowboys im Wilden Westen taten, wenn sie diese überfallen wollten. Merkwürdig. An der Käsetheke im Supermarkt wird man angeraunzt, weil unser Millimetermaßband namens Auge 1,50 Meter als anderen Abstand ansah, als die eines älteren Gentleman, der mit einer Zange durch die Gänge schlich, um nichts anfassen zu müssen. Da tut es dann gut, wenn Gaming ein bisschen Normalität in den Alltag zurückbringt. Entsprechend freudig überrascht waren wir, als Epic anfing, die Bühne zu bauen, auf der Travis Scott performen sollte. Die ganze Woche über wurde dafür eine Stage gezimmert, von Kränen, Baggern, Alien-Bauarbeitern. Erinnerte ein bisschen an die Vorbereitungen des Konzerts von Marshmello, was in der Community schon sehr gefeiert wurde. Wir reden hier von einem riesigen Planeten, bestehend aus einem Vergnügungspark und explodierenden Lautsprechern. Plötzlich zeigte sich ein Komet am Horizont, alle dachten: All right, los’s geht’s. Gleich kommt Travis Scott auf auf Bühne gecrasht. Doch es sollte anders kommen…

Travis Scott rockt die Show im Mega-Format Die ersten Beats droppen, Travis droppt aus dem Himmel. Allerdings groß wie Godzilla, steht er vor uns und wirft uns in eine Event-Reise, der man mit der Vokabel “Konzert“ nicht gerecht werden kann. Es war eine gigantische, interaktive Zwischensequenz, in der wir ständig die Kontrolle über unsere Figur hatten. In der wir schwammen, hüpften, flogen, schwebten oder gar tauchten, als die komplette Karte unter Wasser getaucht wurde. Es war irre. Das war Videospielmagie auf die schönste Art, in Perfektion in eine Choreografie mit Musik getaucht. Travis spielte Songs, während er wie Godzilla auf der Karte herumstapfte, und nach dem Unterwasser-Stückchen schossen wir plötzlich in den Weltraum wie bei Star Wars, nur um kurz danach einen Cameo-Auftritt von Fortnites sagenumwobenem Kristallschmetterling zu erleben, der ebenfalls im XXXL-Format über und um uns herum schwebte. Natürlich in dem Moment, wo er seine Ballade “Butterfly“ schmetterte.

Das ist Videospiel-Maige: Der Himmel ist blutrot. Die Sterne verschwimmen. Travis beginnt einen Vers aus “Stargazing” zu rappen. Alles wird dunkel. Travis verwandelt sich in eine abgefahrene Variante des Terminators, aus dessen Augen Raketen schießen. Plötzlich gehen die Lichter aus, kompletter Szenenwechsel. Während der US-Rapper “Goosebumbs” performt, wird alles schwarz, bis auf wuschelige bunte Lichtstränge, die die Form von seinem Körper annehmen. Energiefelder kreisen um ihn herum. Die grafische Inszenierung ist atemberaubend und fängt die wilde Atmosphäre des gesamten Astroworld-Album des Künstlers wundervoll ein. Ganz ehrlich, das haben Sie so noch nicht erlebt. Das Astroworld-Album, inszeniert mit Videospielmagie

Kein Themepark kann so etwas leisten, kann so mit unserem Gehirn und unserem Empfinden spielen. Etwa als wir in einem endlosen Ozean schwimmen, während Scott “Highest In The Room“ spielt – das Segment ist die perfekte Essenz der dunstigen, aber verführerischen Dunkelheit dieses Tracks. Vielleicht war es sogar eine alternative Konzert-Erfahrung: Sie kennen das ja, wenn man in dieser menschlichen Wand steht, eingequetscht wie eine Ölsardine und die drei Besucher vor ihnen schwenken die Smartphones. Im Spiel hatte das Ganze eine gewisse Intimität: Wir erleben, wie dieser Rapper vor uns eine komplette digitale Welt zerreißt und zur Explosion in Neon-Farben bringt, nur um sie dann auf visuell beeindruckende Art wieder aufzubauen. Da war unglaublich viel Druck dahinter, aber auch melodisch sehr schön aufgefangen und alles so wunderbar ineinander laufend, wie es nur ein Videospiel kann. Etwa, weil Background-Tänzerinnen aus Feuer vor unseren Augen loderten und von Songs wie “Sicko Mode“ bis “Yosemite“ jeweils die passende Szenerie gerendert/gezaubert wurde. Ein echtes Konzert könnte das nicht liefern, weil jeder Zuschauer eine andere Perspektive auf den Interpreten hat und auch die Möglichkeiten von Visual Effects in der echten Welt nicht endlos sind. Werden virtuelle Konzerte echte ersetzen? Niemals, aber eConcerts könnten eine neue Art von Musik-Erfahrung starten

So ein Fortnite-Konzert kann nicht die echte Erfahrung ersetzen. Selbst wenn Sie mit Leuten zusammen sind, scheint es immer nur eine Handvoll zu sein. Weit entfernt von der menschlichen Explosion, die Sie sonst bei einem Konzert erleben – egal, ob bei Taylor Swift oder The Offspring. Während dieser realen Shows ist es so, als ob alle zusammenkommen, um ein größeres Ganzes zu bilden. Eine völlig neue lebende, atmende Kreatur zu bilden. Es ist schwer, in dieser Menge zu stehen und sich nicht von der Intensität mitreißen zu lassen und genau das macht es ja auch aus – die La-Ola-Wellen, das Halten des Feuerzeugs gen Himmel. Dieses rohe menschliche Element fehlt in der Fortnite-Version, obwohl diese Millionen von Menschen auch Teil davon sind. Auch, weil ein echtes Konzert trotz all der Planung eine gewisse improvisatorische Qualität hat. Sie wissen nie, was Sie bekommen werden, Künstler variieren ihre Setlist, erzählen andere Anekdoten. Die Art und Weise, wie sie mit dem Publikum interagieren, hängt stark von der Stimmung ab. Die Fortnite-Nummer mit Travis war ein eConcert, so wie eSports eine andere Art von Sport ist. Eine andere Dynamik hat, andere Erlebnisse schafft. Und das ist auch gut so, denn Videospiele sind heute die größten Kunstwerke unserer Zeit und darauf darf man stolz sein. Hat Spaß gemacht, gerne wieder Epic Games. Diese Artikel könnten Ihnen ebenfalls gefallen: Fortnite-WM: Dieser 16-Jährige gewinnt 3 Millionen US-Dollar Valorant Hands-On: Warum Valorant gerade Twitch dominiert eSports: Intel investiert 100 Millionen US-Dollar