Hach Stadia. Google Stadia klang recht genau vor einem Jahr wie der Traum aller Gamer und vor allem Youtuber. Die Power einer Xbox One X in der Cloud, Spiele überall verfügbar – keine Ladezeiten, keine nervigen Patches. State Share sollte für ein bisschen Youtube-Magie sorgen: Via Link sollten wir direkt einem Match eines bekannten Youtube-Stars beitreten können, ohne dabei erst JackFrags, Dr. Disrespect oder Ninja adden zu müssen. State Share sollte Gaming vor allem einfacher machen: Sie stecken beim Raid von The Division 2: Warlords of New York fest und brauchen ihren hochgerankten Sniper-Buddy? Schnell Google-Link schicken, er joint, alles paletti. Spielen sollten wir in 4K HDR, zudem sollte unser Gameplay in nativem 4K auf Youtube hochgeladen werden. Klingt alles gut, der Knackpunkt ist nur: Wir befinden uns im Monat fünf nach Launch Google Stadias und viele Features haben sich noch immer nicht blicken lassen: State Share? Klingt cool, soll kommen, nur wann ist die Frage? 4K-Gaming? Ja, Titel lassen sich via Chromecast Ultra in 4K spielen, allerdings häufig in schwächerer Qualität als etwa einer Xbox One X. So wird etwa ein Destiny 2 auf der Xbox One X und dem PC in nativem 4K gerendert, auf Google Stadia lediglich ein 1080p-Bild hochgerecht. Gegen Stadia wird vor allem auf Youtube hart geschossen, noch ist aber nichts verloren: Google muss einfach nur die versprochenen Features nachliefern und endlich anfangen Geld in die Hand zu nehmen, was einem Konzern nicht schwer fallen sollte, der letztes Jahr sieben Milliarden US-Dollar Gewinn gemacht hat.
Ist Stadia so schlecht wie sein Ruf? Nein, Stadia macht jetzt Spaß

Stadia ist ein bisschen eine tragische Geschichte: Denn rein technisch ist das hier beeindruckend: Mit einer 200 Mbit-Leitung in München lässt sich ein Red Dead Redemption 2 flüssig in hochskaliertem 4K mit 30 Bildern pro Sekunde spielen – also in etwa so wie auf einer Xbox One S. Auch ein schneller Fighter, wie Mortal Kombat 11 fühlt sich im Singleplayer gegen Bots gut an. Im Multiplayer kann das ganz anders aussehen, je nach Breitbandanschluss des Mitspielers treten Lags auf, die den Titel mitunter unspielbar machen. Die Ladezeiten innerhalb der Games sind kurz, vergleichbar mit einem Highend-PC mit SSD-Festplatte. Stadia greift auf 7.500 Rechenzentren zurück, die alle per Glasfaserkabel verbunden sind – die Technologie ist da, wer eine schnelle Internetverbindung hat, der könnte viel Freude mit Stadia haben. Aber zum einen ist das nicht immer so, Doom Eternal etwa sieht großartig aus, mit knackscharfen Texturen und einem sehr schönen 4K respektive 1800P-Bild auf 3200×1800 Pixeln, aber Lag ist ein Problem. Ja, das könnte an der Corona-Krise liegen, schließlich ist gerade jeder im Home-Office und nutzt Video-Konferenzen, dieses Phänomen beobachteten wir aber auch vorher schon. Wir möchten hier nicht Stadia bashen, aber Ihnen muss bewusst sein: Der Nachbar kann immer gerade The Mandalorian in 4K auf Disney+ streamen, dann kann die Qualität schwanken. Und das ist der Knackpunkt: Warum sollte man sich Stadia anschaffen? Hardware ist heutzutage sehr günstig – egal ob ein älterer PC oder eine Xbox One S für 200 Euro – es ist relativ unwahrscheinlich, dass jemand zwar 120 Euro für das Stadia-Bundle (Controller + Chromecast Ultra) bezahlen kann, aber keine 80 Euro mehr für eine Xbox hat. Selbst eine Xbox One X für natives 4K-Gaming kostet nur noch 300 Euro. Das grenzt die Zielgruppe stark ein, zumal Konsolen im Zweifel das stabilere Erlebnis abliefern. Alles was aus den Wolken kommt, kann in der Qualität schwanken, weil Spiele anders als Netflix keine Szenen pre-buffern respektive vorladen können. Eine Serie ist für alle gleich, beim Gaming hingegen müssen Ihre individuellen Eingaben verarbeitet werden. Die Welt wollte ein Netflix für Gaming. Keinen teuren On-Demand-Service

Zudem liefert Google nicht das, was wir uns alle gewünscht haben: Die Welt wollte ein Netflix für Gaming und alle Experten glaubten, wenn das einer schaffen kann, dann einer der reichsten Konzerne dieser Erde, der letztes Jahr 160 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht hat. Nun hat Stadia zwar ein Pro-Abonnement und lässt sich aktuell noch nicht kostenlos nutzen, kostet also satte 10 Euro pro Monat, liefert dafür aber fast nichts: Für den Preis von Netflix, erwarteten Gamer eine gigantische Bibliothek an kostenlosen Spielen, so wie es Microsoft mit dem Xbox Game Pass in Bravur mit einem Katalog von 200 Spielen zelebriert. Die Wahrheit auf Stadia ist eher traurig: Destiny 2, Tomb Raider: Definitive Edition, Landwirtschaftssimulator 2019. Jetzt im März stößt mit GRID endlich ein aktuelles Highlight aus 2019 dazu, welches Racer-Herzen erfreuen dürfte. Das ist okay, aber es eben nicht das, was man von Google erwartet: Wenn so ein Mega-Konzern in die Branche reinbricht, der 22 Mal mehr Umsatz macht als der reichste Gaming-Konzern der Welt – Activision Blizzard, dann sollten sie auch richtig einen raushauen. Google fängt gerade an kleinere Studios zu kaufen, was ein gutes Zeichen ist – die Typhoon Studios wurden exklusiv verpflichtet, deren Debut Journey to the Savage Planet uns gut gefallen hat und Studiochef Alex Hutchinson ist ein Ubisoft-Veteran rund um Assassin’s Creed und Far Cry. Zum Hands-On-Preview von Journey to the Savage Planet Nur scheint Google wenig Interesse daran zu haben, groß in Stadia als Plattform zu investieren. Googles Management scheint nicht zu verstehen, dass sich all die Probleme von Stadia mit Geld lösen ließen. Epic Games, Microsoft, Sony – alle investieren massiv in ihre Abo-Angebote, bei Epic gibt es sogar einfach so kostenlose Spiele wie das ziemlich starke World War Z aktuell, als Dankeschön fürs Nutzen des Service. Würde Google mal 100 Millionen in die Hand nehmen, könnten sie sich viele große Titel als kostenlose Dreingabe für Pro-Abonnenten einkaufen – wer Pro abonniert hat, sollte ein Assassin’s Creed Odyssey und Ghost Recon Breakpoint einfach kostenlos dazu bekommen.
Das ist ein riesiges Problem von Stadia: Wo Microsoft im Xbox Game Pass sogar ein Gears of War 5 in seiner Flatrate (die genauso teuer ist, wie Stadia) auf Xbox und PC anbietet, zusammen mit 199 anderen, größtenteils hochkarätigen und sehr neuen Spielen wie The Outer Worlds, knausert Google. Ja, es gibt mitunter sehr schöne Vergünstigungen, mitunter bis zu 50 Prozent vom Normalpreis, aber Gamer sind in der Ära des Xbox Game Pass nun mal sehr verwöhnt. Auch sind einige Mechaniken merkwürdig gelöst: Warum müssen wir Spiele auf dem Google Pixel 4 (mittlerweile sind weitere Android-Smartphones kompatibel: Alle Samsung Galaxys, Razer Phone 2, ASUS ROG Phone), um sie dann auf unserem Screen spielen zu können? Warum müssen wir den Stadia-Controller via USB an einen Laptop anschließen, weil Bluetooth nicht erkannt wird? Google hat sicherlich einen Plan für Stadia, eine mehrjährige Strategie, so wie ihn Konzerne haben. Will Google bei den Großen mitspielen, sollten sie mindestens eine Bibliothek von 100 kostenfreien Triple-A-Titeln für Abonnenten anbieten. Ein Abonnement bezahlt man immer nur für eine große Bibliothek an Inhalten, in der man beliebig konsumiert – kaum jemand würde für Netflix zahlen, wenn 80 Prozent seiner Inhalte kostenpflichtig wären. Fazit: Google Stadia funktioniert rein technisch, wenn man eine gute, verlässliche Internetanbindung hat. Aber das Geschäftsmodell ergibt keinen Sinn – warum sollen wir einen Abo-Preis bezahlen, ohne dafür mit einer großen Spiele-Bibliothek ausgestattet zu werden? Stadia hat sehr viel Potenzial, Google muss aber jetzt substantiell investieren oder eine Partnerschaft mit Valve für Zugriff auf unsere Steam-Bibliothek eingehen. Die Herausforderer: Shadow als Ultra-Premium-Alternative und Geforce Now, was mit eigenen Problemen zu kämpfen hat

Es scheint nicht das Jahr für den Aufstieg der Streaming-Anbieter zu sein, denn selbst Grafikkarten-Gigant Nvidia hat gerade mit seinem Geforce-Now -Service zahlreiche Probleme: Activision, 2K Games, Rockstar Games, Bethesda, Square Enix, Capcom, Electronic Arts und Konami bieten entweder ihre Spiele nicht für den Streaming-Service an oder haben Nvidia explizit untersagt, diesen zu nutzen. Das Problem hier scheint auf juristischer Seite zu liegen: So möchte Nvidia zwar 5,49 Euro pro Monat für seinen Premium-Service (keine Wartezeiten, unbegrenzte Spielzeit, Raytracing), hat aber anscheinend vergessen. die Besitzer der jeweiligen Marken, um deren Erlaubnis zu fragen respektive Lizenzabkommen zu verlängern oder überhaupt zu treffen. Zudem ist der Service nur für Nutzer geeignet, die bereit sind, auf 4K zu verzichten – Raytracing wird angeboten, 4K nicht, was schade ist. Geforce Now funktioniert zwar tadellos, liefert aber nur ein Bild mit 1080p und 60 FPS. Dafür braucht eigentlich keiner einen Service bezahlen, dazu sind selbst günstige Grafikkarten und billigste Konsolen wie die erste Xbox One in der Lage. Wir würden zudem raten, die Lage abzuwarten. Aktuell sind sehr viele große Publisher abgesprungen, das ist schon eine erhebliche Einschränkung. Die Idee ist aber prinzipiell spannend, gerade auch, weil sich Geforce Now auf Android und Mac nutzen lässt. Fazit: Für anspruchslose Gamer, die auf ihrem alten Laptop oder Mac nur in 1080p spielen wollen. Aktuell können wir den Service nicht empfehlen, weil enorm viele große Titel wie Call of Duty, Resident Evil, Final Fantasy, Doom Eternal etc. ob der rechtlichen Probleme nicht spielbar sind. Shadow: 4K-Gaming in einem virtuellen Windows 10. Der König des Streamings
Der absolute Premium-Anbieter mit dem derzeit besten Service ist definitiv Shadow , eine kleine französische Firma, die den Großen zeigt, wie es geht. Der smarte Kniff: Während wir bei Nvidia über deren eigene Software einen Stream starten, bietet Shadow einen virtuellen Ultra-Highend-PC in der Cloud an. Das darf wörtlich genommen werden: Je nach Paket steht Gamern bis zu einer persönlichen Geforce RTX 2080 respektive TITAN RTX zur Verfügung.

Was uns daran besonders imponiert, ist diese Idee eines virtuellen Gaming-PCs. Wir starten Shadow etwa von einem Macbook Pro, einem Amazon Fire Stick 4K oder ChromeCast Ultra und launchen direkt in eine Windows-10-Umgebung. Das ist deshalb brillant, weil wir Shadow als ganz normales Betriebssystem nutzen können. Nicht nur zum Spielen, sondern auch für Office oder zum Beispiel das sehr viel schnellere Rendern von 4K-Videos in Adobe Premiere. Keine Einschränkungen: Der eigene Super-Highend-PC in der Cloud

Das sind schon stolze Preise, bei 30 Euro pro Monat reden wir von 360 Euro pro Jahr für das 4K-Raytracing-Paket. Es gibt aber eben keinerlei Einschränkungen, wir haben Shadow testweise als Ersatz für eine komplette Arbeitsumgebung genutzt und das funktioniert tadellos. Das macht den Dienst sehr spannend für Gamer, die auch in kreativen Berufen arbeiten – Videoschnitt geht damit sehr schnell, Rendern super fix und die Download-Zeiten sind nicht aus dieser Welt: 919 MByte pro Sekunde Download und 105 MByte Upload sind schon beeindruckende Werte, die kaum einer zu Hause selbst mit einer Glasfaserleitung erreichen wird. Wir konnten die 140 Gigabyte von Red Dead Redemption 2 in rund 150 Sekunden runterladen, was irre ist. Natürlich ist auch die Performance exzellent, ein Red Dead Redemption 2 läuft butterweich in 4K mit 60 FPS, ein Overwatch 2 sogar mit 120 FPS. Spannend für VR-Genießer: Oculus Rift, Vive Cosmos und Valve Index lassen sich neuerdings über das sogenannte VR Explorer Program auch in Shadow nutzen – wer also nicht genug Power für Half-Life: Alyx in seinem eigenen System hat, der könnte hier ebenfalls glücklich werden, solange die Internetleitung schnell genug ist. Fazit: Ein exzellenter Service zum hohen Preis. Die Idee, ein eigenes Windows 10, wie gewohnt nur mit Highend-Komponenten, in die Cloud zu stellen ist ohne Frage brillant.