Das jüngste Problem in Windows 10 entwickelt sich zu einem Albtraum für Microsoft. Kürzlich hatten Windows-10-Nutzer über Suchprobleme geklagt, die Microsoft auf „serverseitige Probleme“ zurückführte. Später schob Microsoft das Problem auf einen „Drittanbieter von Glasfaser-Netzwerken“ weiter, bei dem eine Netzwerkunterbrechung aufgetreten sei.
Eine direkte Lösung konnte Microsoft nicht liefern, stattdessen kursierten bereits kurze Zeit später im Web zahlreiche Anleitungen, wie die Nutzer durch Eingriffe in die Registry das Problem selbst lösen können:
Windows 10: Bing-Integration in Suche deaktivieren
Schuld an dem Problem war also letztendlich die Bing-Integration in der Suchfunktion, denn in den Suchergebnissen im Sucheingabefeld (neben dem Start-Button) werden standardmäßig nicht nur die lokalen Suchergebnisse für einen Suchbegriff angezeigt, sondern auch Suchergebnisse, die von der Microsoft-Suchmaschine Bing stammen.
Denkt man länger über das in dieser Woche aufgetretene Problem nach und die dazugehörige inoffizielle Lösung, dann stellt man schnell fest: Der Eingriff in die Registry macht Windows 10 besser, denn es wird eine Funktion deaktiviert, die viele Nutzer ohnehin nicht wünschen. Stattdessen zwingt Microsoft den Nutzern die Bing-Integration in der Suche quasi auf. Die mag aus Sicht von Microsoft nützlich sein, aber dann könnte dem Nutzer wenigstens die Option angeboten werden, diese Integration zu deaktivieren. Die gab es auch früher, mittlerweile ist aber besagter Eingriff in die Registry notwendig.
Außerdem: Die Suchfunktion von Windows 10 funktioniert problemlos, wenn der Rechner keine Internetverbindung besitzt. Warum trat der Fehler dann aber auf, wenn er wirklich auf das zurückzuführen ist, was Microsoft behauptet?
Ergebnis der Spurensuche: Microsoft ist doch schuld gewesen
Scharfe Kritik an dem Verhalten kommt beispielsweise von unserem US-Computerworld-Kollegen Woody Leonhard, der die Ausreden von Microsoft mit einem „papperlapapp“ kommentiert. Kritisiert wird vor allem, dass Microsoft keinerlei Lösung selbst anbieten wollte und auch die betroffenen Nutzer nicht direkt informierte. Die Windows-10-Nutzer wurden quasi alleingelassen.
Probleme in Windows 10 gibt es immer wieder, diese hängen aber meistens mit einem davor ausgelieferten Update zusammen – wie zuletzt in diesem Fall. Solche Updates lassen sich im Notfall deinstallieren und sie werden mit Vorwarnung an die Nutzer ausgeliefert. Im aktuellen Fall wurden die Probleme aber eben nicht durch ein Update ausgelöst. Und sie scheinen auch nicht nur mit einem Problem bei einem Netzwerk-Partner zusammenzuhängen.
Laut Angaben von Leonhard habe Microsoft in den letzten Tagen kontinuierlich Änderungen in der Suchfunktion von Windows 10 durchgeführt, ohne dass die Nutzer dies bemerkt hätten. Eine genauere Netzwerk-Analyse der Suchfunktion in Windows 10 habe dies ergeben, wonach sich die Versionsnummer der Suchfunktion in den letzten Tagen mehrmals verändert habe, ohne dass dafür die Anwender ein Update aufspielen mussten.
Die Nutzer seien also nicht benachrichtigt worden, seien nicht um Erlaubnis gefragt worden und auch sonst fehle jegliche Kommunikation, so dass der Nutzer sich letztendlich nicht gegen diese Änderungen wehren konnten. Eine dieser Änderungen habe schließlich zu dem Problem geführt und Microsoft habe dann mehrere Stunden benötigt, um mit immer neuen Versionen der Windows-10-Suche eine Lösung herbeizuführen.
Kritisch sei dieses Vorgehen von Microsoft vor allem deshalb, weil neue Suchversionen quasi ohne vorherige Tests an die Nutzer ausgeliefert worden seien und dadurch einfach die im Einsatz befindlichen Windows-10-Rechner für Beta-Tests missbraucht wurden.
Unser US-Kollege schließt seinen Artikel mit der Feststellung: „Jemand bei Microsoft testet fehlerhaften JavaScript-Code auf unseren Rechnern im Beta-Stadium. Ohne Vorwarnung. Und es gibt nichts, was wir dagegen tun können.“
Forderung: Microsoft muss stärker an die Nutzer denken
Ähnlich scharf fällt die Kritik auf AskWoody.com aus. Hier fordert Susan Bradley in einem offenen Brief an den neuen Windows-Chef Panos Panay mehr Transparenz darüber, was Windows 10 da eigentlich im Hintergrund genau macht und welche Daten mit Microsoft-Servern ausgetauscht werden.
Bradley erklärt in Richtung Microsoft: „Es reicht nicht aus, Whitepapers darüber zu veröffentlichen, wie Ihre Cloud-Dienste Datenschutz und Sicherheit bieten. Ihre Firma muss sich unser Vertrauen in ihre Handlungen verdienen. Ihre Firma darf sich nicht wieder wie ein Software-Tyrann verhalten. Microsoft, denk daran, dass ihr vor nicht allzu langer Zeit Strafen und Gebühren für monopolistisches Verhalten zahlen mussten. Tut das nicht noch einmal.“
Der offene Brief von Bradley schließt mit der Aufforderung an den neuen Windows-Chef: „Wenn Sie die Zügel dieses Unternehmens übernehmen, sind Ihre Aktionäre nicht die einzigen wichtigen Personen, auf die Sie eingehen müssen. Ihre Kunden, diejenigen von uns, die Ihnen unsere Daten, unsere Geschäfte, unsere zukünftigen Bemühungen anvertrauen müssen, verdienen ein besseres Verhalten als dieses.“