Journey to the Savage Planet spielt sich im Hands-On-Test wie eine gelungene Mixtur aus einigen der besten Spiele der letzten Jahre: die Gags und die Humor-Salven aus The Outer Worlds und Borderlands 3, das Erforschen fremder Planeten und ihrer exotischen, oft ulkigen Alienbewohner aus No Man’s Sky. Auch das Knobeln und Errätseln, wie Mechaniken funktionieren, fühlt sich so an wie in Hello Games wunderbarem Weltensimulator, der sich über die Jahre erstaunlich stark entwickelt hat – gerade auch dank gigantischer Patches wie Beyond. Allerdings passiert in Journey to the Savage Planet deutlich mehr. Das Spiel ist strukturierter und fokussierter, weniger als endlose Erfahrung konzipiert, mehr als witziger Trip für 12 bis 15 Stunden.
Zudem kommt es zwar von einem neuen Indie-Team, aber mit klarer Triple-A-Handschrift. Das kreative Genie dahinter heißt Alex Hutchinson, der Großmeister von Assassin’s Creed. Hutchinson war Creative Director für Assassin’s Creed 3 und Far Cry 4, ehe er sein eigenes Unternehmen gründete mit Typhoon Studios, die gerade von Google gekauft wurden. Wir werden also in Zukunft viele Stadia-Games erleben vom Team rund um Journey to the Savage Planet. Mit Hundenahrung Glubschaugen-Küken ablenken
Von der Grundidee sind wir nicht weit weg von No Man’s Sky: Kindred Aerospace, deren CEO im Intro stolz verkündet, dass seine Firma bereits zum achten Mal zur viertbesten Space Exploration Corporation gekürt wurde, schickt uns auf mitunter wunderschöne Eisplaneten oder kleinere Dschungel-Paradiese, um mit unserem Detektor alle Tierarten zu katalogisieren. Immer wieder müssen wir dabei mit dem Tod ringen, etwa wenn eine gestachelte Echse mit gepanzertem Körper einfach über uns hinweg rollt oder ein mutierter Frosch seine Zunge ausstreckt und uns kurzerhand verspeist. Glücklicherweise hat Kindred Aerospace eine Möglichkeit gefunden, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen: Sterben wir, werden wir via 3D-Drucker zum Leben erweckt, natürlich nicht, ohne einen dummen Spruch von unserem KI-Begleiter gedrückt zu bekommen. Also alles halb so wild, nochmal rein ins Shuttle und rauf auf diesen paradiesischen Planeten, auf dem Kindled Aerospace bereits einiges an Maschinerie aufgebaut hat, welches wir für Manöver nutzen: Da ist beispielsweise eine Art Betonmischer – werfen wir eine Granate, die mit Hundefutter gefüllt ist, in den Mischer, rennen die ulkigen Tiere, die uns sonst die Augen aushacken wollen, einfach hinterher. Es wäre durchaus möglich, dass wir so das ein oder andere aggressive Tier in einen Betonblock verwandelt haben. Auch gibt es fleischfressende Pflanzen, die nach uns schnappen – werfen wir etwas Lebendiges in deren Schlund, können wir schnell vorbeihuschen. Das könnten wir auch mit den süßen Glupschaugen-Küken machen. Pufferbirds heißen sie, die hier überall rumrennen, aber das wäre nicht nett, die lenken wir einfach nur ab.
Hands-On: Warframe Empyrean – Warframe goes Star Citizen „ Wir wollten eine freundliche Welt bauen, die sagt „Herzlich Willkommen, habt Spaß!“

©Typhoon Studios
Journey to the Savage Planet ist mehr Kunstwerk als Spiel. Mehr ein Aquarell mit Pixeln und Voxeln als eine klassische Weltraum-Simulation. Es ist bunt und quirlig, lebendig und faszinierend, eben wie No Man’s Sky. „Wir wollten ein Spiel, das hell, fröhlich sowie einladend und nicht bedrückend ist. So viele Spiele mit Weltraum-Setting sind eher dunkel und düster, was negative Gedanken in unserem Kopf erzeugt. Unsere Welt sagt „Herzlich Willkommen, habt Spaß“, erzählt uns Creative Director und Studiochef Alex Hutchinson. Gleichzeitig ist dem gebürtigen Australier der Comedy-Faktor besonders wichtig: „Sie stolpern ständig in Situationen, in denen skurrile und komische Dinge passieren. Insofern ist es keine klassisch lineare Comedy, sondern eher organische. Journey to the Savage Planet ist das, was Sie daraus machen. So entwickeln Sie Ihre ganz eigene Komödie, die sich für jeden Spieler anders anfühlen wird.“ Wir bekommen ein Gefühl für diese Art von Comedy, als wir mit einem gerade aus dem 3D-Drucker ausgeworfenen Neu-Körper an den Ort unseres Ablebens zurückkehren. Sie erinnern sich an den Frosch, richtig? Ganz in der Nähe des Quaktiers liegt noch immer unsere Leiche in einer traurigen, zusammengekauerten, fast schon fötalen Pose. Wir bekommen die Nebenquest, unseren Körper zu verbuddeln, und während wir das tun, verdunkelt sich der Bildschirm und in großen Lettern steht geschrieben: „So verscharrte er voller Scham seinen Körper“. Humor, wie er aus Monkey Island stammen könnte. Humor hat auch sein Creative Director. Wir werden von unserer KI mit Pioneer angesprochen: „Das war der Codename des letzten Ubisoft-Spiels, an dem ich gearbeitet habe, welches aber leider eingestellt wurde. Es ist ein netter, kleiner Insider-Gag.“ Aus den Überresten, so munkelt man, wurde übrigens Rainbow Six Quarantine.

©Typhoon Studios
Der Körper wird dann durch einen High-Tech-Obelisken ersetzt, der angibt, wie oft wir seit dem Spielen der Demo gestorben sind. Wir blicken zurück auf den Frosch, der Kampf beginnt erneut – nochmal werden wir uns der Scham nicht aussetzen. En Garde! Dieser Boss-Kampf ist nicht nur Shooter, er trägt leichte God-of-War-Züge, weil Jump-and-Run-Elemente eingebaut werden. Dieses spezielle Biom besteht aus schwimmenden Inseln und Felsformationen, die wir zu unserem Vorteil nutzen können. Oder das zumindest denken, denn der mutierte Frosch kann sehr viel weiter und präziser springen als wir selbst. Was dazu führt, dass unser Obelisk noch einen weiteren Haken erhält, weil wir nochmal draufgehen. „Jede Quest lässt sich ohne Gewalt lösen, man muss nur rausfinden, wie. Das ist die eigentliche Quintessenz des Spiels. Wir wollen diesen „Oh guck mal, das grüne Ding, was blau leuchtet. Was kann ich damit machen?“-Faktor so hoch wie möglich schrauben. Nach einer Weile jedoch haben wir genug Ressourcen für Upgrades, denn genau wie in No Man’s Sky sind diese zentral, um gewisse Herausforderungen zu lösen. Hier ist es eine Art Lasso, welches wir ähnlich wie Nathan Drake in Uncharted 4 nutzen, um Abgründe zu überbrücken. Spannend: Ganz ähnlich wie in Uncharted können wir dieses Seil nur an bestimmten Stellen benutzen, die wir allerdings auch selbst kreieren können. Dazu werfen wir spezielle, super schnell wachsende Samen auf die benötigte Stelle, schon haben wir genug Halt. Eine schöne Idee, ein altbekanntes Spielelement zu verfeinern. „Jedes dieser Biome erzählt seine eigene Geschichte. Also ja, es gibt einen Grund, warum sich dieser Planet so entwickelte, aber den möchte ich nicht spoilern“ – Hutchinson grinst.
New World: Amazons Mega-MMO von World-of-Warcraft-Veteranen Humor Marke Fallout, inklusive Erotik-Spots für Aliens
Dieses Gefühl der Unbekanntheit und Wildheit erstreckt sich auch auf das gesamte Universum, in dem die Reise in Journey to the Savage Planet spielt. Wenn Sie Ihr Landungsboot respawnen oder die Weltraumstation besuchen, können Sie eine Vielzahl von Live-Action-TV-Werbespots für seltsame Produkte wie Lebensmittel namens Grob oder einen erotischen Telefondienst für Blob-Aliens ansehen. Mitunter sind die Spots auch sehr zynisch, ähnlich wie früher Fallout und heute The Outer Worlds. Weil unser eigener CEO Martin Tweed keinen großen Hehl daraus macht, dass es ihm um Profit geht und die Sicherheit seiner Mitarbeiter eher die zweite Geige spielt: „Wir setzen Sie in eine Rakete, lassen Sie das All erforschen. Mit nichts, außer Hoffnung im Herzen. Ist das nicht schön?“ tönt es von der Mattscheibe. Besonders witzig ist das, weil alle Spots mit echten Schauspielern gedreht wurden. Generell hat Kindred Aerospace etliche Unterfirmen, in denen sie recht sarkastisch ihre eigenen Produkte anpreisen, die wir als Pioniere sozusagen „Probe testen.“

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Die Faszination besteht darin, dass uns das Spiel nicht direkt verrät, wie einzelne Waffen und Werkzeuge funktionieren. Es gibt zum Beispiel Raketenschuhe, die sich für einen Doppel, später sogar Vierfach-Sprung ausrüsten lassen. Und jede Menge komischen Kram, bei dem wir erst rausfinden müssen, was dieser kann: Nachdem wir eine Eierschale aufgeschlagen haben, werden wir mit grünen Klecksen, Blobs genannt, belohnt. Natürlich bestand unsere erste Reaktion darin, sie auf etwas zu werfen. Dadurch wird aus einem Klecks ein ganzer Haufen. „Hey, darauf kann man ja springen“, ruck zuck bauen wir uns so unser eigenes Jump-Pad. Und verstehen: „Hey, wir hätten uns das Leben auf anderen Planeten sehr viel einfacher machen können. Die Blobs wären der Schlüssel gewesen, um gegen den mutierten Frosch zu bestehen.“ Fazit
Was für ein großartiges Spiel! Selten haben wir so viel gelacht, wie bei Journey to the Savage Planet. Das fängt bei den abstrusen Werbespots an, geht über Borderlands-ähnliche Waffen und hört nicht bei den vielen selbstironischen Momenten auf. Seine Macher lassen Sie immer wieder in Fettnäpfchen treten, aber auf die lustige Art. Selbst Gameplay-Elemente sind größtenteils humoristisch aufgearbeitet, auch wenn dieser Titel gar nicht so leicht ist, wie er vielleicht auf den ersten Blick wirkt. Es scheint fast so, als würde Journey to the Savage Planet ein Story und Charakter getriebenes No Man’s Sky abliefern, welches nur so mit Gags gespickt ist.
Journey to the Savage Planet erscheint am 28. Januar 2020 für PC, Xbox One und Google Stadia.