Ihr Job ist es, auf den Bühnen zu stehen, die die Welt bedeuten: Bei der EU LCS, der europäischen Liga von League of Legends in den Studios in Berlin und Köln. Und bei den großen Galas des eSports – in Los Angeles, Jönköping, Taipeh, Singapur, Paris, London, Chicago, San Francisco, aber auch in Asien – Shanghai, Peking, Wuhan in China, Busan und Seoul in Südkorea. Das hat Sjokz geprägt, die eigentlich Eefje Depoortere heißt. Sie ließ sich von der Kooperation mit Kollegen in den USA und Asien inspirieren – die Amerikaner sind enorm gut darin, Shows zu inszenieren, in Südkorea gibt es ganze TV-Sender, die eSports in der gleichen Intensität behandeln, wie hierzulande Fußball. Und sie profitierte von ihrem Master-Abschluss in Sportjournalismus, denn um die EU LCS zum Hit zu machen, musste sie mehr sein als nur Moderatorin. „ Der Beginn der EU LCS war nicht einfach, weil unser Team und Studio in Köln und Berlin sind, aber die Produktions-Crew und der Control-Room in Los Angeles. Das sind absolut fantastische Kollegen, aber sie mussten um drei Uhr morgens aufstehen für die Show, und die Übertragung zwischen LA und Deutschland führte mitunter zu einigen technischen Problemen, für die wir ziemlich geroasted wurden “. Wer die eSports-Szene kennt, der weiß, dass es keine Probleme gibt, sondern nur Herausforderungen. Sjokz musste über sich hinauswachsen, von der Moderatorin und Journalistin zur Managerin und Chefredakteurin reifen. Es ging darum, der Szene Persönlichkeit einzuhauchen, unbekannten Spielern Profil zu geben, sie zu Stars aufzubauen. Denn mit seinen Stars fiebert man mit und wird letztlich zum Fan – schaut jedes Spiel, strömt in die Stadien.

©Riot Games
„ Wir hatten ein großes Meeting mit dem Management von Riot Games, und es wurde entschieden, für die 2019 LCS eine größere Business-Unit aufzubauen, die große Sponsoren an Land zieht. Und massiv mehr Leute einzustellen, damit wir die komplette Show-Produktion von Köln und ab 2015 Berlin aus direkt livestreamen können, ohne auf Ressourcen im Headquarter in Kalifornien angewiesen zu sein. Zudem wurde alles umgekrempelt und einfach besser, schicker, edler, stylischer: Wir bekamen eine riesige LED-Wand, Aufzüge ins Studio, neue Logo-Animationen und animierte Designs für jedes Team. Das hat, denke ich, die EU LCS auf ein neues Level gebracht, was den Show-Faktor anging. Das war enorm wichtig, weil die Fans von der US-Produktion ein enorm hohes Level gewohnt waren, wir mussten also beweisen, dass wir in Europa genauso hart durchrocken können. “
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Wie wird man zur Star-Moderatorin des eSports?
Empfehlung: Sjokz Youtube-Kanal gibt einen sehr exklusiven Blick hinter die Kulissen der größten eSports-Events und in VIP-Bereiche, wo Sie in der Regel keinen Zugang haben:
„ Wir brauchten diese redaktionelle Power im Gespann mit exzellentem Video-Editing, um die einzelnen Teams und ihre Spieler stylisch vorzustellen. Nicht nur auf der Bühne der Turniere, sondern hinter den Kulissen. Diese persönliche Bindung zu Spielern macht den eSports aus, das war also enorm wichtig. Und ja – es gibt viele Dinge, die du nicht kontrollieren kannst, etwa, wie erfolgreich EU-Teams sind. Hier hatten wir einfach Mega-Glück, weil G2 super erfolgreich war, MSI gewann und letztlich sogar SK Telecom T1 mit einer Überlegenheit hinwegfegte, es war irre. Ein unfassbares Match “, erzählt sie uns. Doch wie wurde die quirlige Belgierin eigentlich zur Moderatorin?
„I ch bin ein Nerd, und das ist wichtig für den Job. Im Urlaub kann ich mal zwei Tage nicht die News lesen, aber danach kribbelt es auch schon wieder in mir – im eSports bist du als Moderatorin nicht nur Entertainer, sondern auch Journalist und Analyst. Du musst alles über jeden wissen, nur dann bist du gut in diesem Job. “ Als eSports-Moderatorin zu arbeiten sei auch deshalb fordernd, weil alle Shows live sind – es gibt also keine Möglichkeiten für Schnitte, ein Versprecher kommt auch so live on air, aber das stört Eefje nicht: „ Es ist ein wundervoller Beruf, weil du so direkt Feedback bekommst. Weil du ein Gefühl dafür entwickelst, wie die Fans drauf sind, wie das Stadion bebt und pulsiert. “ „ Es war eine komische Situation: Ich hatte sechs Jahre studiert, einen Master in Geschichte und Journalismus und hatte trotzdem das Gefühl, nicht zu wissen, wohin ich eigentlich will in meinem Leben. Will ich die Sicherheit eines 9-to-5-Jobs? Oder doch lieber meiner Leidenschaft frönen – dem Gaming und eSports? “

©Riot Games
Faszinierend ist auch ihr Weg auf diese großen Bühnen. Wer diese Lady erlebt, der glaubt, sie sei eine ausgebildete TV-Moderatorin, die von einem großen Fernsehsender kommt. Weit gefehlt – ihre Liebe für Gaming und eSports beginnt mit Unreal Tournament. Sie ist gut, richtig gut – tritt einem Clan namens Prepare for your Doom bei, gewinnt sogar den Nations Cup mit Team Belgien. Ihr Nickname Sjokz stammt übrigens auch aus Unreal Tournament – von ihrer Lieblings-Waffe, dem Shock-Rifle. Sie unterbricht ihre eSports-Karriere ihren Eltern zu Liebe, um zu studieren – ein Master in Geschichte und Journalismus werden erworben an der University of Ghent.
„ Ich habe sogar ein Diplom als Lehrerin, aber irgendwie – und das klingt jetzt sehr merkwürdig – fühlte ich mich selbst nach dem Master noch nicht bereit für die Arbeitswelt da draußen.” Sie investiert satte sechs Jahre um drei unterschiedliche Abschlüsse zu erreichen, ist sich aber nach wie vor unsicher, was sie eigentlich möchte: „ Ich hätte sicherlich einen 9-to-5-Job haben können, vielleicht wäre ich auch super glücklich als Lehrerin, man weiß das ja nie. Aber irgendwie wollte ich das nicht im Inneren meines Herzens und zu meinem Glück – so im Nachhinein gesehen, gab es nicht direkt eine Stelle als Geschichts-Lehrerin. So arbeitete ich als eSports-Journalistin für diverse Websites sowie SK Gaming. “
2011 entdeckt sie dann ihre Liebe für League of Legends – spielt Tag und Nacht, fängt an, erste Videos zu drehen, analysiert Matches auf Youtube. „ Es war nicht besonders professionell – wenn ich mir das heute angucke, denke ich mir, warum ich das Licht falsch gesetzt habe, das Mikro nicht richtig sitzt und ich keine Audio-Filter benutzt habe, um das Rauschen zu entfernen. Aber irgendwie mochten die Leute wohl meine Art. “ Es war eine harte Zeit in ihrem Leben – weil sie noch nicht so etabliert war, bekam sie nur hier und da mal einen Auftrag als eSports-Journalistin und arbeitete als Kellnerin am Tag, während die Nacht ihrer Liebe für League of Legends galt. Youtube, Twitch, Twitter – Sjokz gab Vollgas – sie wollte ein Teil von LoL werden. Sie wird Chefredakteurin bei SK Gaming, Host des Summoners Recap, Moderatorin des Cyber Sports Network in den USA und erhielt letztlich einen begehrten Vertrag als Chef-Moderatorin von Riot Games für Europa.
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Sexismus ist noch immer ein Problem im eSports: Wie geht Eefje damit um?

©Benjamin Kratsch
„ Ich würde sagen, im eSports gibt es zwei Ebenen und Typen von Menschen, die dich verletzen: Die einen tun es unabsichtlich, aus purer Dummheit. Sie sitzen an ihrem PC zu Hause, wollen ein Turnier genießen, irgendetwas stört sie, und sie lassen es an dir aus. Das ist oft der Fall, wenn ihr Lieblingsteam verliert und du ihren Idolen harte Fragen auf der Bühne stellst, weil das nun mal mein Job ist. “
Das könne sie recht leicht wegstecken mittlerweile: „ Du lernst schnell, zwischen konstruktiver Kritik zu unterscheiden, die enorm wichtig ist – wir brauchten zum Beispiel all die Kritik am Setup, Studio-Design und Inszenierung der EU LCS vor einigen Jahren, um sie so stark weiterzuentwickeln. Und reinem Bullshit – es gibt da draußen leider immer noch viele Leute, die Frauen nicht in der Branche haben wollen und nach Gründen suchen, dir deine Kompetenz abzusprechen. “
Sexistische Kommentare seien generell ein Problem, auch weil die Star-Moderatorin in der Regel in eleganten Abendkleidern moderiert. „ Es wird immer jemanden geben, der dir ein: „Du hast den Job nur bekommen, weil du gut aussiehst“ an den Kopf knallt. Das musst du einfach ausblenden. Wenn du ein Gala-Event wie die Worlds moderierst, dann tragen die Jungs Smokings oder schicke Designer-Anzüge und du als Frau ein schönes Kleid – ich denke, das ist dem Rahmen angemessen. “ Und weil Sjokz nie um einen Gag verlegen ist, legt sie natürlich noch ein „ Ich verbringe durchaus einige Zeit im Make-Up und habe eine Stylistin – wer glaubt ich sehe im Supermarkt so aus wie auf der Bühne, der dürfte enttäuscht werden “ mit einem dicken Grinsen nach.
„Du musst bei jedem Spieler wissen, wie weit du gehen darfst“ Berühmt ist Sjokz vor allem auch für ihre knallharten Kommentare und Fragen. Sie wollte eigentlich Sportjournalistin werden, und das merkt man in Interviews – die smarte Belgierin ist sehr viel härter im Gespräch mit Spielern als die meisten ihrer männlichen Kollegen oder zumindest wirkt es so:
„ Es geht immer um Balance. Der eSports hat eine lange Historie des Trash-Talk, und es gibt Manager, CEOs und Spieler, die selbst sehr gerne trashtalken und einiges abkönnen – die Jungs von G2 esports ganz besonders. Andere weniger. “
Diese Balance zu finden, empfindet die Moderatorin noch heute als größte Herausforderung, weil jeder anders ist:
„ Von der Tendenz kannst du einen Faker nicht so hart anfassen, wie einen europäischen oder amerikanischen Spieler. Aber es gibt mittlerweile auch etliche Profis aus Südkorea oder China, die mal ordentlich einen vom Leder reißen, wo du dann weißt – okay, der kann etwas ab. “
Aber eben auch nicht immer:
„ Es ist ein Drahtseilakt, den du lernen musst zu tanzen: Nach einer brutalen Niederlage in den Grand Finals tröste ich auch mal, auch das gehört dazu – weil wir sind eine Community, oft fühlt es sich an wie eine riesige Familie. “
Warum Sjokz ihren Exklusiv-Vertrag mit Riot Games auflöste: „ Meine Großeltern sind mittlerweile ziemlich alt, ich möchte ein bisschen mehr Zeit mit ihnen und auch Freunden verbringen. Ich bleibe ein Teil des LEC und LCS-Teams, nur nicht mehr Vollzeit und mache stattdessen mehr Counter-Strike”.
Und ja – auch Fans anderer Games dürfen sich Hoffnung machen, denn Sjokz hat zur Überraschung der Szene Anfang des Jahres ihren Exklusivvertrag mit Riot Games auslaufen lassen, ist weiterhin für die LCS als Freelancer aktiv und will jetzt auch mal andere eSports-Titel hosten: „ Ich liebe League of Legends, ich habe die Arbeit an der LCS geliebt, aber ich habe auch richtig Lust, mal etwas anderes zu machen. Ich stehe total auf CS: GO, spiele das gerade sehr oft – und es war toll, dieses Jahr die ersten Turniere für die Blast Series zu moderieren. “ Sjokz – wir gratulieren zum Preis für Best eSports Host of the Year bei den The Game Awards, den Oscars der Gamesbranche.