„Gestern noch habe ich mich mit meinen Jungs über dich unterhalten“, begrüßt Jürgen Klopp MoAuba. Diese Begegnung auf den FIFA Awards in Mailand zeigt, welchen Stellenwert eSports heute in unserer Gesellschaft hat. Egal ob Weltfußballer Messi, Weltmeister Mbappé oder Champions-League-Sieger Jürgen Klopp: Jeder der Großen kennt den 21-Jährigen Bochumer, der gerade in FIFA alles abräumt, was es abzuräumen gibt: Fünffacher deutscher Meister, Weltmeister 2019 im FIFA eWorld Cup, der mit 47 Millionen Zuschauern einen Quotenrekord aufgestellt hat. „Wir sind Weltmeister“ titelte die BILD im August – wenn es im echten Fußball gerade mit unserer DFB-Elf nicht läuft, dann wenigstens virtuell. Unlängst wurde MoAuba, der eigentlich Mohammed Harkous heißt, in die DFB-eSports-Auswahl berufen. Wir haben den neuen Star am deutschen eSports-Himmel getroffen.
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PC WELT: Die Frage, die uns am häufigsten gestellt wird, ist wie wird man eigentlich eSports-Profi? Speziell in FIFA. MoAuba: Das ist vom Prinzip her gar nicht so unmöglich, wie viele vielleicht denken. Es gibt ja die Weekend-League. Man spielt 30 Spiele, wer da sagen wir mal 27-28 davon gewinnt, der ist schon gut dabei. Das ist generell auch ein guter Indikator, ob du eigentlich das Talent hast. Weil ein paar Mal gewinnen, kann auch Glück sein. 27 Mal – da musst du etwas draufhaben. Und dann bekommst du eine E-Mail von Electronic Arts, die regelmäßig zu Turnieren auf den höheren Ebenen einladen. Und da spielst du dann gegen alle deutschen Profis und kannst dich präsentieren. Mittlerweile ist der eSports so professionell, dass alle Clans ihre Scouts haben, die sich sehr genau anschauen, wer in der Weekend-League dominiert. Im Optimalfall wirst du angesprochen, kommst mal zum Probe-Training vorbei, lernst den Clan kennen und dann schaut man, ob man zusammen in die Zukunft starten möchte.

©FIFA
PC WELT: Wie ging das bei dir persönlich alles los? MoAuba: Klingt jetzt komisch, weil das noch nicht so lange her ist, aber es war alles sehr anders. FIFA eSports ist erst vor drei Jahren so richtig abgehoben und zu einem Massenphänomen gereift. Das gab’s schon mal in Deutschland, die Schellhase-Zwillinge waren ja unglaublich gut in FIFA und auch sehr populär, aber danach ging es ein bisschen zurück und der Fokus verlagerte sich auf andere Spiele, ehe dann der FIFA-Boom ausbrach. Und wenn ich ganz ehrlich bin: Ich wusste super lange nicht, dass man mit FIFA Geld verdienen und sein Hobby zum Beruf machen kann. Ich habe immer mit meinem Bruder gezockt, aber noch auf der Playstation 3. Und dann mit der PS4 ging das mit Online so richtig los – mit Online-Ligen, mit der Weltrangliste. Aber das war alles nur zum Spaß, ohne Sponsoren, Werbespots und große Preisgelder. Ich war wohl ziemlich gut, konnte mich auf den Turnieren entsprechend präsentieren. Und dann tauscht man sich aus, es gibt ein konkretes Angebot, wo wir dann über ein monatliches Gehalt reden. Und ab da konnte ich wirklich Vollgas geben, weil FIFA lässt sich nur sehr schwer semi-professionell betreiben. Es gibt Freitag bis Sonntag in der Regel jedes Wochenende ein großes internationales Turnier und da kann man wirklich nur erfolgreich sein, wenn man eben viel trainiert und natürlich auch von den anderen lernt.
PC WELT: Und dann ist man plötzlich auf den FIFA Awards und trifft Mbapp é , Messi, Jürgen Klopp und viele andere. Über was unterhält man sich da eigentlich? MoAuba: Messi zu treffen war natürlich himmlisch, nur leider spricht er kein Englisch und ich kein Spanisch – das war also eher ein Shake-Hands-Fototermin. Aber auch das ist schon etwas besonderes, wovon glaube ich jeder Fußballfan träumt. Mit anderen habe ich mich schon ein bisschen ausgetauscht, aber ja – ärgerlich, ich war stellenweise schon etwas von der ganzen Situation überwältigt – das nächste Mal würde ich mich auf jeden Fall intensiver unterhalten. Das ist für mich schon eine neue Situation – du stehst neben Mbappé, hast 20 Kameras auf dich gerichtet und dann tauscht man stellenweise nur ein paar Worte aus, statt sich wirklich zu unterhalten. Ein längeres Gespräch hatte ich mit Jürgen Klopp. Super entspannter Typ, der sehr interessiert war, wie sich das mit dem eSports entwickelt und auch einfach unglaublich nett. Er war begeistert, weil ich mich von seiner Strategie und Aufstellung habe inspirieren lassen und hat mir zahlreiche Spieler vom FC Liverpool vorgestellt. Er meinte noch, dass ein paar von seinen Jungs immer eine Konsole im Koffer haben und dann auf dem Zimmer FIFA spielen. Ganz ehrlich – für mich war das der Hammer, weil das Gespräch so war, als würden wir uns schon Jahre kennen.

PC WELT: Hast du ein paar spezielle Tipps, wie wir unsere FIFA-Skills verbessern können? MoAuba: Ich habe mir damals via Twitch und YouTube sehr genau angeschaut, wie andere Profis ihre Defensive organisieren, was für Spielsysteme sie nutzen, wie sie das Mittelfeld überbrücken und die individuellen Stärken der einzelnen Fußballer auf dem virtuellen Platz optimal nutzen. FIFA ist da nicht so anders wie der echte Sport: Auswechsel-Taktiken sind enorm wichtig, man muss ein gutes Gespür dafür entwickeln, wie man die Leistungsfähigkeit seiner Spieler optimal einsetzt. Das ist letztlich alles sehr ähnlich wie beim echten Fußball: Wenn du mit Vollspeed über die Flanke ziehst, also ein sehr hohes Dribbel-Tempo nutzt, dann musst du wissen, wie lange es dauert abzustoppen, die Pille zu kontrollieren und sauber zum Abschluss zu bringen. Passspiel sollte man trainieren, damit die sitzen – insbesondere Doppel-Pässe. Es kommt sehr drauf an, was für ein Typ man ist, und diese individuellen Stärken und Schwächen müsst ihr für euch analysieren. Es hilft natürlich sehr, wenn man seinen Gegner studiert hat, um seine eigene Taktik anzupassen. Stabilität ist wichtig – ich würde hinten nicht so weit aufmachen, nur um meine Offensive massiv zu stärken, weil ein Konter mir dann sehr gefährlich wird. Bisschen zu viel, um das hier wirklich alles aufzuzählen, aber ich würde sagen, mit am wichtigsten ist es, die Einzelkategorien zu trainieren. Gerade Passspiel auf engem Raum im 16er ist in FIFA 19 und auch 20 sehr wichtig, weil die Time-Finisher auf Distanz nicht mehr so einfach gehen wie im letzten Jahr. Den flachen Finesse-Schuss kann ich sehr empfehlen, der ist extrem schwer zu halten für den Torwart. Ist bissl tricky in der Ausführung, aber lohnt sich den zu lernen.
PC: Noch zwei, drei Tipps für die Aufstellung wären fantastisch. MoAuba: Ich spiele 4-3-2-1 – also vier Verteidiger, 3 im Mittelfeld, zwei Außenstürmer, einen in der Mitte. Das ist ziemlich offensiv, würde ich empfehlen in der Weekend-League und generell Online, gegen Profis vielleicht eine Nuance defensiver stehen (er grinst). Ganz wichtig: Immer schauen, dass die einzelnen Anweisungen optimiert sind: Ich lasse mein zentrales Mittelfeld in die Verteidigung absinken, damit ich hier save bin. Den Außenverteidiger würde ich zudem auf „Mit Angreifen“ stellen. Früher hat das Philipp Lahm sehr schön bei den Bayern und in der DFB-Elf gemacht – über ihn kamen viele Impulse nach vorne. Die Innenverteidiger schieben dann eher nach links und rechts, die Außenverteidiger mit nach vorne – das baut sehr viel Druck auf. Wichtig ist eine gute Balance – ich würde zum Beispiel bei der 4-3-2-1 die Außen des Mittelfelds auf Hinten bleiben bei Angriff einstellen, weil ihr keine unnötigen Konter fangen wollt und nach vorne ist schon genug Dampf vorhanden. FIFA 19 ging sehr stark über Speed, FIFA 20 ein bisschen weniger, da müssen wir mal schauen, wie sich das entwickelt. Wer Lust hat – ich zeige solche Tricks regelmäßig auf meinem Youtube-Kanal und auf Twitch, da werde ich natürlich jetzt auch stark auf FIFA 20 gehen, weil da muss ich die ganzen Feinheiten auch selbst erstmal rausspielen.
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PC WELT: Wie lange dauert es bei dir, bis du ein neues FIFA beherrschst? MoAuba: Das kann schon mal mehrere Monate dauern. EA Sports ändert in der Regel extrem viel an seinen Mechaniken und noch mehr in den Nuancen. Von der Ballphysik, über die Schuss-Mechanik, über die Stabilität des Spielers, also wie stark wirkt hier die Physikengine etwa im Kopfballduell, gibt’s super viele Geschichten, die man trainieren muss. Ich finde das gut, weil es das Spiel natürlich auch frisch hält und nutze das aktuell ganz gerne für Twitch – also wenn ich zu Hause bin, spiele ich eh den ganzen Tag und dann streame ich das auf Twitch und tausche mich direkt mit der Community aus.

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PC WELT: Letzte Frage. Du hast gerade 250.000 US-Dollar, also 225.000 Euro als Weltmeister gewonnen. Schon irgendwelche Pläne, was du dir Schönes leisten möchtest? MoAuba: Das war witzig. Als ich gewonnen habe, habe ich lange mit meiner Familie telefoniert und meine Schwester meinte gleich „Die Kohle ist schon für Handtaschen verplant, sorry Brüderchen.“ War natürlich nur ein Spaß. Also ich werde, denke ich, meinen Liebsten sowie besten Freunden etwas Schönes kaufen und ansonsten plane ich viel zu reisen, die Welt zu erkunden, gerade auch mal ein bisschen Strandurlaub mit Chillen und werde da mal in der höheren Hotelkategorie buchen – so Malediven wäre schon nice. Mit so einem Polster im Rücken muss es dann auch nicht Economy-Class beim Flug sein, aber ich werde auch ordentlich was davon sparen. Ursprünglich wollte ich mir ein schönes Auto kaufen, weil so sind wir Jungs nun mal (er lacht). Aber ich bin ja jetzt beim FOKUS-Clan und wir haben AUDI als Partner. Die waren so fantastisch und haben jedem Spieler einen Q7 eTron zur Verfügung gestellt, was natürlich der Wahnsinn ist und damit werde ich sicherlich viel durch die Gegend fahren und Spaß mit Kumpels haben. Wer Lust hat – ich zeige solche Tricks regelmäßig auf meinem Youtube-Kanal und auf Twitch .