Heute ist “zAAz“ die Königin von CS:GO: dreifacher Champion der Intel Extreme Masters, eine eigene TV-Show, SanDisk als Partner, ein Vertrag bei Beşiktaş esports, der eSports-Abteilung des berühmten FußballclubsBeşiktaş Istanbul. Doch es war ein weiter Weg für die smarte Schwedin, die man auf ihrem Instagram-Kanal mit einem Supermodel verwechseln könnte und die schon Kampagnen für Adidas, QPAd, SanDisk und andere Marken geshootet hat.
„Ich glaube, es ist bei allen das gleiche: Deine Eltern möchten nur das Beste für dich und verstehen nicht, was für eine gewaltige Industrie eSports ist. Dass man hier einen richtigen Beruf finden kann, der dich ausfüllt“, erzählt sie uns im Rahmen der Intel Extreme Masters in Katowice. „Das hat sich schon geändert, weil CS:GO heute im TV läuft und sogar die Tageszeitung, die mein Papa jeden Morgen liest, über unseren Sport und die größten Turniere in Schweden berichtet. Der eSports ist in die Mitte der Gesellschaft gerückt.“ „ Ich fuhr heimlich zu großen Turnieren: nach Oslo, Paris, Katowice“
Als sie 15 war und nicht klassischen Mädchen-Hobbys nachgehen, sondern professionell Counter-Strike spielen wollte, waren ihre Eltern so gar nicht glücklich. „Meine Familie denkt sehr traditionell: Sei gut in der Schule, studiere, mache Karriere in einem Konzern. Sie hatten große Bedenken, dass meine Liebe zu, damals noch, Counter-Strike 1.6 meine Noten schlechter werden lassen würden. Ich habe dann das gemacht, was man eigentlich nicht tun sollte: eine Notlüge angewandt, meinen Eltern erzählt, ich würde das Wochenende bei einer Freundin verbringen, in Wahrheit habe ich in Norwegen an einem Counter-Strike-Turnier teilgenommen.“ Sie trainiert acht Stunden am Tag, studiert und analysiert Replays ihrer weiblichen und männlichen Kollegen, fragt größere Profis, ob sie mal in ihrer Freizeit mit ihr spielen würden. zAAz avanciert zu einer der besten Counter-Strike-Spielerinnen Schwedens, letztlich Europas und spielt für die größten Teams: Les Seules, MYM, Team Secret, sogar Fnatic. „Mein Papa war sauer, weil ich eine 3 in Mathe hatte. Da hätte ich gerne gesagt: „Ja, aber ich habe gerade 15.000 Euro bei den Intel Extreme Masters gewonnen.“

©Zainab Turkie
Schließlich verstehen das auch ihre Eltern: „Mein Papa war immer sauer, wenn ich eine 3 oder so in Mathe hatte, weil Schule nicht meine große Passion war. Ich hätte dann gerne gesagt: „Ja, aber ich habe gerade 15.000 Euro am Wochenende gewonnen – was ja durchaus ein bisschen Geld ist, wenn man noch keine 18 ist.“ Das Verhältnis zu ihrer Familie verändert sich zum Positiven, als sie mit 25 nach Stockholm zieht und ihre Eltern sie besuchen: „Das war wirklich süß: Ich habe meinen Eltern sehr lange nicht erzählt, was ich eigentlich hauptberuflich mache, weil ich nebenher eine Reiseagentur mit meinem Bruder aufgebaut habe – ein Teil der Turniergewinne floss in diese Firma.“ Irgendwann kamen sie dann mal nach Stockholm und wunderten sich, dass ich eine durchaus hübsche Wohnung hatte. Na ja, da hatte ich gerade zum dritten Mal die Intel Extreme Masters gewonnen. Sie meinten nur: „Warum hast du uns denn nicht früher davon erzählt, da wären wir doch mitgeflogen und hätten dich angefeuert. Das war ein wundervoller Moment, den, glaube ich, sehr viele eSports-Athleten erleben. Es geht dabei nicht so sehr ums Geld – für Eltern ist wichtig, dass ihre Kinder einen Beruf finden, der sie glücklich macht. Und das ist bei mir der Fall.“
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Pressetermine, Flüge, Training, Turniere: esports ist ein harter Job
Wir sehen nur den Glamour, die großen Bühnen, die glamourösen Turnier-Kulissen. Doch vor Großevents wie den Intel Extreme Masters wird in der Regel sechs bis acht Stunden pro Tag mit dem Team trainiert. „Danach spiele ich oft noch für mich, nicht selten gegen andere befreundete Pros vom Hotelzimmer aus. Ich glaube, du kannst nur gut werden in diesem Job, wenn du ihn liebst und dafür bereit bist, viel Freizeit zu opfern.“ Als sie mit eSports noch eher wenig Geld verdiente, arbeitete sie von 9 bis 18 Uhr jeden Tag in einem Reisebüro – „danach haben wir nochmal sechs Stunden trainiert. Das war hart, aber nur so kannst du deinen Skill steigern.“ Die smarte Schwedin hat dabei schnell gemerkt, wie wichtig Ernährung und Fitness sind. Nicht umsonst haben große Profi-Teams heutzutage Fitness-Trainer, mitunter regelrechte Drill-Sergeants, die aus dem Militär kommen. „Fitness ist wichtig, weil CS: GO und viele andere Spiele in erster Linie auf Turnieren ausgetragen werden, wo du immer mehrere Matches pro Tag hast. Anders als im Fußball reichen nicht 90 Minuten Konzentration auf einen Gegner, sondern du musst dich auf drei bis vier pro Tag einstellen. Da ist es enorm wichtig, hellwach im Kopf zu sein und nicht müde zu werden, weil jede Runde, jeder Zug in CS wichtig ist.“ Laut zAAz ist es manchmal sinnvoll, eine Niederlage in der einen Runde hinzunehmen, um in besserer Position in die nächste zu starten: „Wenn ich eine 3-gegen-1-Situation habe, muss ich meine Chancen realistisch einschätzen, ob ich gegen drei Gegner gewinnen kann. Ist das nicht der Fall, ergibt es mitunter Sinn, lieber das Sturmgewehr, wie die M4 oder AK 47, für die nächste Runde zu sichern, weil das dem Team mehr hilft als ein riskantes Duell.“ CS: GO sei in diesem Sinne wie Schach, man müsse immer mehrere Züge voraus denken. „ Glaube an deine Träume und hilf anderen, ihre zu verwirklichen“

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Wer zAAz auf Instagram folgt, der sieht eine wunderschöne Frau, die sich eher wie ein Model präsentiert und um für ihren Job um die Welt reist. Sie hat aber vor allem eine karitative Ader: „Ich arbeitete in dieser Reiseagentur und vor der Tür saß öfter ein Mann, so um die 50. Er bat um etwas Geld, er sparte wohl Monate, um sich ein Ticket zu seiner Familie nach Bukarest leisten zu können. Es gab Probleme mit seinem Pass, er konnte den Flug nicht antreten und brach in Tränen aus – da habe ich meine Kreditkartendaten eingegeben und ihm einen neuen Flug gebucht. Ich bin nicht reich, viele meiner männlichen Kollegen verdienen das Zehnfache, aber es hat mir viel bedeutet, diesen Gewinn der IEM Katowice einzusetzen, um einer anderen Person seinen kleinen Traum zu erfüllen“. Das macht sie jetzt auch im schwedischen TV, als Moderatorin sucht sie dort in einer Casting-Show die nächsten Counter-Strike-Talente. „Wir testen vor allem auch die Fähigkeit, Stress auszuhalten. Das ist nicht anders als im Fußball oder Tennis: Oft gewinnt nicht das Team mit den individuell besten Spielern, sondern jenes, das Coolness bewahrt, sich nicht von ein paar Punkten Unterschied einschüchtern lässt und auch unter Druck im Team harmoniert.“ Die sympathische Schwedin mit libanesischen Wurzeln hat nicht vergessen, wie es war, mit geringen finanziellen Mitteln eSports-Athletin werden zu wollen. „Ich musste ständig einen Gaming-Laptop von Freunden ausleihen und ich weiß noch, wie wir mit dem Auto über Nacht nach Paris gefahren sind, weil es dort einen Laptop mit schneller CPU und Grafikkarte zu gewinnen gab (sie grinst).
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