Dunkle Wolken ziehen am Himmel von London auf. Der Regen prasselt, in den Pfützen spiegelt sich das Blau von Einsatzfahrzeugen der Polizei. Gerade noch saßen wir im Hands-On mit Watch Dogs Legion gemütlich in unserem selbstfahrenden BMW i8, da scannt eine Drohne unser Gesicht, schlägt Alarm und aus allen Straßen schießen schwer gepanzerte Humvees.
Eigentlich wollen wir nur kurz nach Camden Market, doch der Zugang ist mit einem Checkpoint blockiert. Automatisch fahren Selbstschussanlagen raus, die Kugeln zerfetzen die Frontscheibe des i8 – wir fühlen uns wie Tom Cruise in Mission Impossible. Doch Gott sei Dank haben wir auch genau so viele Tricks auf Lager: Schnell mal per Hack den Humvee vor uns übernehmen, hart abbremsen lassen und zwei Einsatzfahrzeuge krachen in ihn rein.
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Die Verwirrung müssen wir nutzen: Aus halber Fahrt springen wir raus, retten uns in eine kleine Gasse und ziehen den Pulli tief ins Gesicht. Wird Zeit die Klamotten zu wechseln, denn Kleider machen Leute. Schnell ins nächste Geschäft, von Casual auf Designeranzug wechseln, schon verdächtigen uns die Cops nicht mehr. Viele dieser Features hatten allerdings auch schon Watch Dogs 1 und 2. Was macht dieses Legion so besonders?
Casting in einer Bar: Drohnen-Pilot und Boxer gesucht
Für Grafikfans: Der Trailer zeigt, wie viel Raytracing für die Atmosphäre bringt:
In Watch Dogs Legion können wir jeden rekrutieren. Ja, wirklich jeden. Wir laufen durch eine Fußgängerzone, zücken das Smartphone, scannen nach gewünschten Eigenschaften. Oder gehen in eine Bar und es wird automatisch aufgezeigt, wer sich eignen könnte: Jessica McDonnell, Hedge-Fonds-Managerin. Sollten wir Geld brauchen, ist sie unsere Frau.
Victoria Hartridge – gehört ein Martial-Arts-Studio. Oh, hier wird’s interessant, eine Fähigkeit, die wir gut brauchen können, wenn wir in Gebäude eindringen und die Security nur ausknocken, nicht töten wollen.

©Ubisoft
In diesem Londoner Pub entdecken wir auch einige skurrile Figuren mit noch skurrileren Boni: Viktor Lysenko etwa ist ein Bär von einem Mann und kann deutlich mehr Schläge aushalten, wenn er erstmal betrunken ist. Besonders spannend: Smarte HR-Manager rekrutieren strategisch: Polizisten haben Zugang zu Regierungsgebäuden, Anwälte wie Sue Taylor eine 25-prozentige Chance, dass unsere Teammitglieder wieder freigelassen werden, sollte Albions Polizei-Armee sie schnappen. Denn Watch Dogs Legion spielt nach dem Brexit und einer terroristischen Anschlagsserie, weshalb der Premierminister den Notstand ausgerufen hat und jetzt schwer bewaffnete Soldaten durch die Londoner City patrouillieren.
Watch Dogs Legion: Hier ist taktisches Geschick gefragt

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GTA 5 hatte drei Protagonisten, Watch Dogs 3 Legion arbeitet mit einem festen Ensemble bei DedSec und erweitert dieses durch unendlich viele Figuren. Spannend jedoch: Wir können die meisten Menschen nicht einfach rekrutieren, wir müssen sie überzeugen und gehen dadurch auf eine kleine Reise mit ihnen. Da gibt’s den verschuldeten Typen, dessen Bruder dringend eine Operation braucht, die Familie sie aber nicht zahlen kann. Mit einem Hack der Klinik lässt sich das relativ einfach regeln. Und dann gibt’s da den Kerl, der für die Mafia die Drecksarbeit macht und einfach raus will. Helfen wir ihm, zeigt er sich loyal. Interessant daran ist, dass jeder Charakter unterschiedliche Stärken hat, die sich innerhalb eines kompletten Skilltrees ausbauen lassen.
Wir können zum Beispiel einen Hacker so lange aufleveln, bis er selbst komplexeste Sicherheitarchitekturen durchdringen kann. Oder einen Hobby-Drohnenpiloten befähigen, militärisches Equipment zu fliegen. Auch können wir jederzeit die Figur wechseln, was Watch Dogs Legion sehr viel taktischer als seine Vorgänger oder auch ein GTA macht. Wie wäre es, wenn der Drohnenexperte militärisches Fluggerät entwendet, mit Raketen ein paar Humvees in die Luft fliegen lässt und wir das Chaos nutzen, um als britischer Polizist getarnt ein Regierungsgebäude zu betreten. Das hat fast schon ein bisschen etwas von Hitman. Und es ist ratsam so vorzugehen, denn unsere Figuren halten nicht all zu viele Kugeln aus und Watch Dogs 3 arbeitet mit Permadeath: Stirbt ein Charakter, ist er oder sie raus und all ihre Errungenschaften ebenfalls. Das führt dazu, dass wir sehr viel vorsichtiger als in anderen Open-World-Shootern vorgehen, weil wir die Kameraden ja nicht gleich wieder verlieren wollen.
Auf die nette Art: Für schnelle Versorgung seiner Opfer sorgen

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Schnell mal umgehauen, das Genick gebrochen, einen Kopfschuss verpasst: Spielen wir Call of Duty: Modern Warfare und andere Shooter, gehen wir selten zimperlich mit unseren Gegnern um. Ganz anders in Watch Dogs Legion. Denn in Ubisofts neuestem Open-World-Spross können wir einem ausgeknockten Polizisten aktiv helfen, in dem wir selbst via Smartphone einen Kranken-wagen rufen und dafür sorgen, dass er möglichst schnell Hilfe bekommt. Das sorgt für einen halbwegs guten Ruf unserer Hackertruppe DedSec. Denn Großbritannien versinkt in einer Diktatur Nach dem Brexit und dem Niedergang des Pfunds, der durch Cryptowährungen ersetzt wurde, hat mit Albion ein Technologiekonzern die Macht an sich gerissen. Seine Eliteeinheiten ersetzen weitestgehend die britische Polizei und sogar Scotland Yard haben sie unterwandert. Die Londoner sind DedSec also nicht prinzipiell abgeneigt gegenüber, aber natürlich auch keine Freunde exzessiver Gewalt – wer sich beherrscht, gewinnt eher die Herzen. Auch das ist eine interessante Komponente, die wohl auch für die Story wichtig werden wird. Denn innerhalb DedSecs gibt es Fraktionen, die eher die raue Art bevorzugen und bereit sind mit Terrorismus zu operieren, während andere es bevorzugen, so wenige Menschen wie möglich ins Krankenhaus zu befördern. Weil der Ruf unserer Gemeinschaft so wichtig ist, denken wir generell länger darüber nach, ob es nicht auch Stealth-Optionen gibt, um im Sam-Fisher-Style Missionsobjekte zu infiltrieren – beispielsweise auf dem Rücken einer Lieferdrohne. Oder als Agenten-Oma mit Tazer.
Fazit
Watch Dogs Legion war vielleicht das Spiel der Gamescom 2019 mit dem größten Überraschungspotenzial. Es ist ein Werk, das sehr viele Risiken eingeht, weil es KI-Simulation auf ein neues Level heben möchte. Ob das funktioniert, wird sich zeigen. Bislang macht das alles einen sehr runden Eindruck.
Technisch, weil auf dem PC Raytracing für tolle Spiegelungen von LED-Bandenwerbung in Pfützen im verregneten London sorgt. Aber auch spielerisch, weil wir die unterschiedlichsten Figuren rekrutieren und deren individuelle Fähigkeiten ausbauen. Ein Martial-Arts-Kämpfer etwa kann Albions Elitesoldaten mit Wrestling-Takedowns ausschalten, ohne sie zu töten, was gut für unseren Ruf ist. Zudem lernen wir jede Figur kennen, weil sie sich alle mit Bailey unterhalten – einem sarkastischen KI-Assistent. Spannend wird jetzt werden, ob es Ubisoft gelingt eine packende Geschichte zu erzählen, die ohne zentralen Protagonisten auskommen muss.
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