Startet Ihr Fitness-Tracker immer ein Feuerwerk, wenn Sie 10.000 Schritte am Tag zurückgelegt haben? Dann interessiert es Sie vielleicht, dass diese 10.000-Schritte-pro-Tag-halten-fit-Grenze völlig willkürlich festgelegt ist. Sie stammt nicht von einem Arzt oder einem Medizin-Wissenschaftler, sondern ist ein mehr als 50 Jahre alter Werbegag, wie Spiegel Online berichtet.
Demnach erfand die japanische Firma Yamasa die 10.000-Schritte-Marke. Das war im Jahr 1964, als in Tokio die olympischen Sommerspiele stattfanden. Yamasa nutzte den damaligen Hype um alles Sportliche und brachte einen tragbaren Schrittzähler auf den Markt. Das Gerät hieß Manpo-kei. Übersetzt bedeutet das: „10.000-Schritte/Meter“. Hier finden Sie die originale Werbung von 1962 zum Manpo-kei von Yamasa. Damit war die 10.000-Schritte-Marke in der Welt. Hersteller Yamasa argumentierte, dass 10.000 Schritte am Tag gesund seien. Eine wissenschaftliche Untersuchung dazu, dass ein gesundheitlicher Effekt wirklich 10.000 Schritte erfordere und nicht auch zum Beispiel 8000 Schritte ausreichend seien oder es vielleicht sogar mindestens 15.000 Schritte sein müssten, lieferte Yamasa nicht.
Die 10.000-Schritte-Grenze überdauerte die Jahrzehnte und ist heute auf den digitalen Fitness-Trackern weit verbreitet. Wer zum Beispiel einen Fitbit Inspire HR trägt, bekommt nach 10.000 zurückgelegten Schritten ein kleines Feuerwehr auf dem Display des Trackers zu sehen. Doch den Ursprung dieser 10.000-Schritte-Marke kennt heute fast niemand mehr.
Eine neue Studie von Mai 2019 scheint nahe zu legen, dass bis zu 7500 Schritte am Tag die Gesundheit deutlich verbessern. Bei mehr als 7500 Schritten scheint sich keine unmittelbare weitere Steigerung der Lebenserwartung mehr nachweisen lassen. Eine andere aus dem Jahr 2011 stammende Studie scheint ebenfalls die 7500er-Grenze zu bestätigen. Es gibt allerdings auch von der anderen Seite her Widerspruch zur 10.000-Schritte-Marke: demnach sollen 10.000 Schritte sogar zu wenig sein, um eine ausreichende medizinische Wirksamkeit zu haben. Diese Untersuchung favorisiert stattdessen 15.000 bis 18.000 Schritte pro Tag.
Absolute Sicherheit bringt aber keine dieser Untersuchungen. Sicher scheint dagegen eine andere Tatsache zu sein: Nicht nur die Anzahl der Schritte spielt eine Rolle, sondern auch deren Intensität. 10.000 Schritte beim Joggen sind nicht mit 10.000 Schritten bei einem Verdauungsspaziergang zu vergleichen.

Auch Fitbit vertritt die 10.000-Schritte-Marke in seiner App. Allerdings weist das Unternehmen in seinem Blog offen darauf hin, dass diese Zahl ursprünglich von einer japanischen Marketing-Kampagne stammte, mit der der Verkauf des oben erwähnten Pedometers unterstützt werden sollte. Fitbit zitiert aber auch medizinische Studien zur Untermauerung dieser Marke.
Die ganze Diskussion um Sinn oder Unsinn von mindestens 10.000 Schritten pro Tag erscheint allerdings überflüssig. Unbestritten ist, dass sich die meisten Menschen in der westlichen Welt zu wenig bewegen. Von daher ist jeder Versuch uns zu mehr Bewegung zu bewegen, unterstützenswert. Und zweifelsohne verbrennt man mehr Kalorien je mehr man sich bewegt. Da wir Opfer der westlichen Zivilisation aber in der Regel eher zu wenig als zu viel Kalorien verbrennen, sind tendenziell mehr Schritte sinnvoller als weniger.