SUV aus Dingolfing: BMW hat ausgewählten Journalisten erstmals einen Blick auf sein neues Elektro-Auto Vision iNext ermöglicht. Wobei nur die Studie BMW Vision iNext heißt. Das finale Auto, das die Bayern ab 2021 tatsächlich verkaufen wollen, heißt dann aber BMW iNext. Zumindest das Äußere der Studie soll nahe an der finalen Version sein, im Innenraum kann sich dagegen noch etwas mehr bis zum Verkaufsstart ändern, wie uns BMW auf Nachfrage erklärte. Das Projekt „Vision iNext“ führt das „Project i“ fort, mit dem sich BMW mit i3 und i8 in den Bereich der Elektromobilität vorgetastet hat.

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Der iNext ist ein langgezogenes viersitziges SUV (BMW spricht von “Sports Activity Vehicle” – SAV), das BMW ab 2021 in Dingolfing produzieren und ab dem gleichen Jahr auch verkaufen will. Die wichtigsten Märkte für Elektro-Autos sind – neben dem Heimatmarkt Deutschland – die USA und China. Deshalb stellte BMW den iNext neben München auch in New York, San Francisco und Peking vor. Und deshalb hat der neue Stromer auch das in den USA, China und Deutschland beliebte SUV-Format.

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Autonom und fahrergesteuert: Der iNext wird ausschließlich mit Strom angetrieben, hier geht BMW keine Kompromisse ein. Beim Thema autonomes Fahren ist der iNext dagegen durchaus ein Kompromiss. Denn gerade BMW, die Marke mit dem Slogan „Aus Freude am Fahren“, darf Kunden nicht verschrecken, die das Steuer auch weiterhin selbst in der Hand behalten wollen. Deshalb wird der iNext zwar autonomes Fahren anbieten („Ease“-Modus), sich aber auch komplett vom Fahrer steuern und bremsen lassen – das ist dann der „Boost“-Modus. Der Fahrer kann per Sprachbefehl entscheiden, ob der Wagen autonom fahren soll oder ob er selbst den Wagen steuern will.

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In letzterem Fall, also im „Boost“-Modus, fahren die im Boden versenkten Brems- und Gaspedale aus und das Lenkrad wird zum Fahrer hin ausgefahren. Entscheidet sich der Fahrer dagegen für den autonomen Fahrbetrieb „Ease“-Modus, dann zieht der iNext das Lenkrad etwas vom Fahrer weg und die beiden Pedale fahren ein. Die Anzeigenflächen wechseln im Ease-Modus von fahrrelevanten Inhalten in den „Exploration Mode“, der Fahrer und Mitfahrern Vorschläge zu für sie relevanten Orten und Veranstaltungen in der Umgebung zeigt. Darüber hinaus lassen sich die Kopflehnen der vorderen Sitze nach hinten umklappen. Die vorne sitzenden Personen können so besser mit den Mitfahrern im Fond sprechen.

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Wobei: Der iNext kann keineswegs durchgehend und komplett autonom fahren. Sondern autonom ist er nur auf Autobahnen und gut ausgebauten Fernstraßen unterwegs, er braucht nämlich eindeutige Fahrbahnmarkierungen, damit er ohne Fahrereingriff fahren kann. In der Stadt oder auf schlecht markierten Straßen ist der iNext nie autonom unterwegs.

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Großzügiger Innenraum, aber nur für vier Personen: Der Innenraum soll luftig, geräumig und gemütlich wirken, weshalb BMW viel Holz-Ambiente verbaut und die Sitze mit Stoff überzogen hat. Wobei in dem doch recht großen Auto nur Platz für vier Personen ist. Das große Panoramadach flutet den Innenraum mit Licht und soll für eine freundliche, einladende Atmosphäre sorgen. Den ganzen Innenraum dominiert ein Materialmix aus Stoff und Holz. Leder, wie es sonst für hochpreisige Fahrzeuge typisch ist, sucht man vergebens.

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Shy Tech: In die Ablage auf der Holz-überzogenen Mittelkonsole zwischen Fahrer- und Beifahrersitz integriert BMW ein unsichtbares Touchpad. Darüber sowie mit der allgegenwärtigen Sprachsteuerung bedienen Sie im Ease-Modus einen der beiden großen Bildschirme auf dem Armaturenbrett, nämlich das Control Display (das im Boost-Modus wie ein normaler Touchscreen bedient wird) und teilweise auch die Fahrfunktionen und das Lenkrad. So steuern Sie zum Beispiel die Musikwiedergabe oder lassen sich Informationen aus den Bildschirmen anzeigen. Das Bedienkonzept ist dabei eng mit dem BMW Intelligent Personal Assistant verknüpft.
Ebenso ist auf den mit Stoff überzogen Rücksitzen ein unsichtbares Touchpad integriert. BMW zählt diese auf den ersten Blick nicht erkennbare Eingabetechnik zur so genannten “Shy Tech”: „Innovative Technik unsichtbar integriert und doch stets verfügbar. Abgesehen von Lenkrad und Displays im Fahrerbereich sind im BMW Vision iNext keine weiteren Bildschirme oder Bedienelemente zu sehen“ erklärt BMW das Prinzip der Shy Tech. Wesentlicher Helfer bei der Bedienung ist der bereits erwähnte Intelligent Personal Assistant, den Sie mit “Hey BMW” starten.

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Doch zurück zum Touchpad auf der Rücksitzbank. Sie schreiben mit dem Finger also auf die Rücksitzbank und das, was Sie mit dem Finger schreiben, leuchtet auf. Haptisches Feedback gibt es aber nicht. Sie können mit diesen Fingerzeichnungen auf dem Rücksitz zum Beispiel die Lautstärke des Infotainmentsystems regeln.

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Außerdem gibt es in der Mitte über der Rücksitzbank einen Beamer, der sein Bild vor die Insassen auf den beiden Rücksitzen projiziert („Intelligent Beam“) und zugleich als Leselicht dienen soll. Um dieses Bild ideal sehen zu können, legt BMW ein Buch als Projektionsfläche bei – eine merkwürdige Lösung. Wir haben unsere Zweifel, ob es dieses Buch (das keine Inhalte hat) wirklich in die Serienreife schafft.

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Gegenläufige Türen: Fahrer und Beifahrersitz lassen sich nicht umdrehen und nach hinten richten. Das geht unter anderem deshalb nicht, weil Airbags und Sicherheitsgurte immer optimal auf die Sitzposition im Verhältnis zur Fahrtrichtung funktionieren müssen. Außerdem muss der Fahrer ja innerhalb einer gewissen Zeit die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen können.

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Eine B-Säule fehlt, die hinteren Türen öffnen sich wie auch schon beim BMW i3 nach hinten. Dadurch ist der Zugang ins Fahrzeug sehr großzügig. Das Innere verströmt aber nicht das gehobene Ambiente, das man von aktuellen Premium-Fahrzeugen kennt. Leder fehlt völlig. Ob das angesichts des zu erwartenden Premium-Verkaufspreises den Kundenerwartungen entsprechen wird, bleibt abzuwarten.
Sesam öffne dich: Die Frontseite dominiert eine riesige BMW-Niere – für unseren Geschmack etwas zu viel des Guten. Da keine Kühlung für einen Verbrennungsmotor nötig ist, dient die geschlossene Niere als „Intelligenzfläche“, in der verschiedene Sensoren verbaut sind. Anstelle von Außenspiegeln gewährleisten Kameras den Blick nach hinten, näherungs- und berührungsempfindliche Sensoren übernehmen die Funktion der Türöffner.

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Von außen wirkt der iNext (Außenfarbe: Liquid Greyrose Copper) wie ein langgezogenes SUV mit relativ kurzer Fronthaube. Die typische Optik eines aktuellen BMW, der eine lange Motorhaube besitzt (ausgenommen der 2er Active Tourer) fehlt also völlig. Damit nimmt der iNext die Formsprache des i3 auf, der ja ebenfalls nur eine kurze vordere Haube hat. Auch hier bleibt abzuwarten, wie die Mehrheit der bisherigen BMW-Fahrer auf diese grundlegend andere Optik, der es etwas an Dynamik fehlt, reagiert. Dass man Elektro-Autos durchaus auch mit gewohntem, sportlichern Design bauen kann, beweist Tesla mit Model S und 3 zur Genüge. Warum ausgerechnet BMW, das für die sportliche Optik seiner Fahrzeuge bekannt ist, hier einen völlig anderen Weg geht, ist unklar. Vermutlich wollen die Bayerischen Motorenwerk damit zeigen, dass der iNext etwas völlig neues ist: Ein Stromer und zumindest teilweise autonom. Aber ob der Kunde das goutiert?

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Die wichtigsten Fragen bleiben unbeantwortet: Zum voraussichtlichen Preis sowie zur kW-Leistung und zur Reichweite verriet BMW noch nichts. Wobei es bis 2021 ja auch noch etwas Zeit ist.

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