Diese Strafe dürfte selbst einem Giganten wie Google weh tun: Die EU-Kommission hat Google wegen Marktmacht-Missbrauchs am Mittwoch zur Zahlung einer Strafe von 4,3 Milliarden Euro verdonnert. Das hat EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verkündet. Es ist die höchste Kartellstrafe, die die EU-Kommission jemals gegen ein einzelnes Unternehmen verhängt hat.
Wobei auch der bisherige Rekordhalter Google war: Im Juni 2017 hatte die EU-Kommission eine Strafe in Höhe von 2,42 Milliarden Euro gegen Google verhängt, wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung als Suchmaschine durch die unzulässige Vorzugsbehandlung seines eigenen Preisvergleichsdienstes.
Die neue Strafe fällt nun fast doppelt so hoch aus: Die 4,3 Milliarden Euro muss Google wegen des Marktmacht-Missbrauchs mit seinem Smartphone-Betriebssystem Android zahlen. Außerdem verlangt die EU eine Änderung des Geschäftsmodells bei Android, welches innerhalb von Europa auf weit über 80 Prozent aller verkauften Smartphones läuft. Die Änderung soll innerhalb von 90 Tagen durchgeführt werden, um der Konkurrenz die Möglichkeit “auf Innovation und Wettbewerb” zu ermöglichen.
Google widerspricht – natürlich – der Ansicht der EU-Wettbewerbshüter und will Einspruch einlegen. Das hat Google-Chef Sundar Pichai in einem Blog-Eintrag angekündigt. Der Streit, mit dem sich die EU bereits seit dem Jahr 2015 besitzt wird also noch einige Jahre andauern, ehe eine finale Entscheidung getroffen wird. Als sicher gilt, dass Google die Art und Weise, wie es Android ausliefert, über kurz oder lang ändern wird. Außerdem ist die Strafe so hoch, dass ein großer Erfolg von Google durch den Einspruch eher unwahrscheinlich ist.
Android ist doch Open Source – warum der Streit?
Android ist frei und Open-Source. So jedenfalls die gängige Vorstellung, die allerdings nicht so ganz der tatsächlichen Realität entspricht. Die Google-Richtlinien setzen Smartphone- und Tablet-Hersteller, die auf die Android-Plattform setzen, regelrecht unter Druck, Google-Apps vorab zu installieren. So wird die Mehrheit der mobilen Endgeräte schon im Herstellungsprozess mit Google-Tools ausgestattet. Darunter etwa die Google-Mail-App, der Google-Browser Chrome, die Google-Such-App und viele weitere Google-Apps. Das will die EU ändern.
Google hat also mit den großen Smartphone-Herstellern keine direkten Lizenzierungsverträge über die Nutzung von Android geschlossen, sondern vielmehr darüber, dass die Hersteller die Geräte mit Google Apps ausliefern müssen.
Ebenso auch die Einschränkung, dass Smartphone-Hersteller ihre Geräte nicht auch in Varianten mit abgeänderten Android-Versionen verkaufen dürfen. Hinzu kommt auch noch die Regel, dass Google seine auf den Smartphones erlösten Werbeeinnahmen nur dann mit den Herstellern teilt, wenn Google-Apps eine Exklusivität auf den Geräten haben.
Die EU-Kommission verlangt von Google diese Einschränkungen zu beseitigen, um damit wieder den Wettbewerb zu verbessern. In den vergangenen Jahren ist das Angebot an Android-Alternativen ohnehin geschrumpft: Mittlerweile konkurriert nur noch Apples iOS ernsthaft gegen Googles Android.
Natürlich ist es unter Android möglich, jede beliebige andere App zu installieren und zu einer anderen Suchmaschine zu wechseln. In der Realität machen dies aber nur wenige Smartphone-Besitzer und für einen Anbieter ist es damit von Vorteil, wenn seine Apps bereits vorinstalliert mitgeliefert werden. Das gleiche Problem sah die EU-Kommission seinerzeit auch bei Windows und zwang Microsoft dazu, die Nutzer freier darüber entscheiden zu lassen, welchen Browser und welche Suchmaschine sie verwenden möchten.