KI, Kreativität und Personalisierung
Künstliche Intelligenz ist zweifellos die Technologie des 21. Jahrhunderts, die am meisten verändern wird und dabei aber auch menschliche Möglichkeiten auf unterschiedliche Weise verbessern kann.
Viele Unternehmen drängen bereits darauf, KI-Systeme in ihre Produkte und Dienstleistungen zu integrieren, um ihre Kundenbindungen zu personalisieren und um so in der neuen digitalen Revolution zu bestehen, aber auch, weil diese disruptive Technologie den Unternehmen helfen kann, Produktivität und Rendite zu steigern.
Die Fähigkeit der KI wird häufig darin gesehen, Menschen in Fertigungsprozessen zu unterstützen, selbstfahrende Autos zu steuern, die relevantesten Suchergebnisse bei Google vorzuschlagen oder menschliche Champions beim Schach oder dem alten chinesischen Spiel Go zu schlagen.
Nur wenige denken an Künstliche Intelligenz im kreativen Bereich, etwa um neue Portraits im Stil von Rembrandt zu malen oder emotionale Musik für Soundtracks zu komponieren.
AIVA: Aus 30.000 Partituren gelernt
AIVA – Artificial Intelligence Virtual Artist – ist eine KI, die gelernt hat, wie man Musik komponiert, indem sie über 30.000 Partituren von einigen der größten Komponisten der Musikgeschichte gelesen hat.
Erschaffen wurde AIVA von Pierre Barreau, Vincent Barreau und Denis Shtefan, inspiriert vom Science-Fiction-Film “Her” des Regisseurs Spike Jonze: Der sensible Theodore, der persönliche, gefühlvolle Briefe für andere Menschen verfasst, kommuniziert mit Samantha, einer superintelligenten KI in seinem Betriebssystem. Da sie keine physische Form annehmen und nicht auf Fotos erscheinen kann, beschließt sie, ein Musikstück zu schreiben, um so einen Moment ihres Lebens festzuhalten, genau wie mit einem Foto.
Ziel von AIVA ist es nicht, die menschliche Kreativität zu ersetzen, sondern diese zu erweitern und die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine zu fördern. Die Anforderungen an die Musik ändern sich: Jeden Tag werden neue Inhalte in exponentieller Geschwindigkeit erstellt, und neue Formen der Unterhaltung erfordern nun qualitativ hochwertige Soundtracks in großem Maßstab.
Videospiele beispielsweise können hunderte Stunden Geschichten beinhalten, die aber nur von zwei Stunden Originalmusik begleitet werden. Spieler sind von der sich wiederholenden Musik genervt, ein Problem, das verhindert, dass diese Kunstform in allen Bereichen mit dem Kino konkurrieren kann. Aber mit Künstlicher Intelligenz lassen sich hunderte Stunden individuell angepasster Musik für Spiele komponieren.
Sie sind skeptisch? Dann hören Sie sich eine der Kreationen von AIVA an, die von 78 Musikern des CMG Orchesters in Hollywood gespielt wird: Among the Stars
So funktioniert AIVA
AIVA basiert auf dem Deep Learning: Einem Computersystem werden große Datenmengen zur Verfügung gestellt, damit es lernen und sein eigenes mathematisches Modell dieser Datensammlung erstellen kann. Alle diese Eingaben werden durch eine Reihe neuronaler Netze verarbeitet, einer künstlichen Darstellung der Funktionsweise unseres eigenen Gehirns.
Mit dem Lesen der 30.000 Partituren von Mozart, Bach oder Beethoven wurde AIVA trainiert, die Musiktheorie und die Muster hinter den Partituren der Genies zu verstehen. Die KI perfektioniert ihr Gespür dafür, was Musik ist, indem sie sich ein paar Takte vorhandener Partituren ansieht und voraussagt, welche Noten als nächstes in diesen Tracks kommen sollen. AIVAs Genauigkeit bei dieser Vorhersage bestimmt, wie schnell sie die Kunst des Komponierens erlernt.
Aber diese Kunst ist sehr subjektiv, und es reicht nicht aus, AIVA die Definition von Musik beizubringen. Um sicherzustellen, dass die KI die richtige Musik für die richtige Person und das richtige Projekt komponiert, haben wir unsere Algorithmen darauf trainiert, was jede Partitur emotional einzigartig macht. Dazu haben wir über 30 verschiedene Kategorien von Labels zu jeder Partitur in unserer Datenbank hinzugefügt. Diese Labels beinhalten die Dichte der in einem Stück vorhandenen Noten, die Stimmung einer Partitur, die Besetzung, den Komponistenstil und vieles mehr.
Sobald AIVA den emotionalen Aspekt der Musik und die Unterschiede zwischen den verschiedenen Stilen gelernt hat, können wir eine visuelle Cluster-Darstellung der musikalischen DNA erstellen, die so aussieht:

©AIVA
Im Bild oben wird jede Partitur durch einen Punkt visualisiert, und seine Farbe hängt davon ab, welcher Komponist das Stück geschrieben hat. Sie können sehen, dass ähnlich farbige Punkte dazu neigen, Cluster zu bilden, was darauf hinweist, dass AIVA in der Lage ist, Informationen über den Stil der Partituren herauszufinden.
Dieses Verständnis der Musik-DNA schließlich erlaubt es AIVA, auf konkrete Anforderungen zu reagieren, wenn wir mit dem Schreiben eines Stückes beauftragt werden, und so gelingt es ihr, die richtige Musik für das richtige Projekt zu komponieren.
Im Mai 2016 war AIVA die erste virtuelle Künstlerin, deren Werke bei einer Urheberrechtsgesellschaft (SACEM) registriert wurden. Das bedeutet, dass alle ihre Werke ebenso wie die von menschlichen Komponisten urheberrechtlich geschützt sind.

Im Juni 2017 schrieb AIVA das Eröffnungsstück zum Nationalfeiertag in Luxemburg . Dieses Stück wurde von den Luxemburger Philharmonikern und dem Chor aufgeführt, um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI darzustellen.
Seitdem ist AIVA auch für weitere Kompositionen bekannt, beispielsweise für die weltweit erste KI-komponierte Stadthymne “Ode to Dubai” , für Soundtracks für die Keynotes von Nvidia sowie Musik für Videospiele und Kurzfilme. Mit der Pop-Sängerin Taryn Southern, die unter anderem auch Komponistin ist, hat das AIVA-Team für die am 1. Mai 2018 veröffentlichte Single “Lovesick” zusammengearbeitet.
Was als nächstes kommt
Geschichtenerzähler, Filmproduzenten und die gesamte Unterhaltungsindustrie setzen auf Musik, um Momente in Magie zu verwandeln. Wir glauben, dass es mit AIVA möglich sein wird, sehr emotionale und individuelle Soundtracks für interaktive Medien wie Spiele oder VR zu produzieren.
Unsere Aufgabe beschränkt sich jedoch nicht darauf, personalisierte Musik ausschließlich für die Unterhaltungsindustrie zu kreieren. Genau wie Samantha, die KI, die in „Her“ ein Musikstück geschrieben hat, um bestimmte Momente festzuhalten, glauben wir an eine Zukunft, in der jeder Mensch einen Soundtrack für sein Leben haben kann, basierend auf seiner eigenen Geschichte und seiner Persönlichkeit.
Das Team von AIVA ist davon überzeugt, dass die Personalisierung von Musik eine neue Ära in der Musik einläuten und eine Welt voller neuer Möglichkeiten eröffnen wird.
Literaturnachweise:
TED Prof. Dr. Francisco Tigre Moura. AIVA Technology: An Extraordinary AI Music Start-Up (17. Okt. 2017) Marc Benioff. Livemint. Artificial Intelligence will be the Defining Tech of 21st Century (15. Sept. 2016) Khari Johnson: Venture Beat. AI Weekly: Machine-made Art does not Mean the End of Human Creativity (26. Jan. 2018) Chris Ward. D-Zone. AIVA – The Artificial Intelligence Composer (18. Feb. 2018) https://dzone.com/articles/aiva-the-artificial-intelligence-composer Tibi Puiu. ZME Science. Artificial intelligence can write classical music like a human composer. It’s the first non-human artist whose music is now copyrighted (15 März 2017)
Weitere Beiträge zum Künstliche Intelligenz und Musik:
Künstliche Intelligenz ist der neue Mozart: Willkommen in der Welt unendlicher Musik